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Strafrechtlicher Vertrauensschutz durch Absicherung unternehmerischer Entscheidungen

Zugleich ein Vorschlag zur Bestimmung der untreuerelevanten Pflichtwidrigkeit bei Vorstandsentscheidungen einer Aktiengesellschaft

von Maximilian Heim (Autor:in)
©2017 Dissertation 242 Seiten
Reihe: Criminalia, Band 60

Zusammenfassung

Im Fokus des Buches steht das nach wie vor ungeklärte und aktuelle Problem, inwiefern bei unternehmerischen Entscheidungen ein für das Strafrecht wirksamer Vertrauensschutz entstehen kann, der insbesondere die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB ausschließt.
Dabei unterbreitet der Autor einen konkreten Vorschlag, in welchen Fällen bzw. unter welchen Voraussetzungen eine erfolgte Absicherung der unternehmerischen Entscheidung durch die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft dazu führt, dass aufgrund schützenswerten Vertrauens eine Strafbarkeit ausgeschlossen ist. Denn Risikoentscheidungen laufen immer Gefahr, sich nachträglich als betriebswirtschaftlich falsch herauszustellen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Kapitel: Einleitung
  • § 1 Arbeitsteilung als Voraussetzung des modernen Wirtschaftens innerhalb eines Unternehmens
  • § 2 Der Vertrauensgrundsatz in Literatur und Rechtsprechung
  • A. Der Vertrauensgrundsatz im Straßenverkehr
  • B. Der Vertrauensgrundsatz bei arbeitsteiligem Zusammenwirken
  • I. Arbeitsteilige medizinische Maßnahmen
  • II. Strafrechtliche Produkthaftung
  • III. Bauwesen
  • IV. Fahrlässige Mitwirkung an Vorsatztaten Dritter
  • C. Der Vertrauensgrundsatz bei Vorsatzdelikten
  • 2. Kapitel: Vertrauen bei unternehmerischen Entscheidungen einer Aktiengesellschaft in rechtstatsächlicher Hinsicht
  • § 1 Gestaltung der Organisation eines Unternehmens und damit einhergehendes Vertrauen
  • A. Arbeitsteilung im Unternehmen
  • I. Begriffsbestimmung
  • 1. Unternehmensorganisation als Tätigkeit
  • 2. Unternehmensorganisation als Zustand
  • a. Aufbauorganisation
  • b. Ablauforganisation
  • II. Betriebswirtschaftliche Grundsätze
  • 1. Gestaltungsparameter der Organisation
  • a. Parameter 1: Aufgabenspezialisierung
  • aa. Mengenteilung
  • bb. „Echte“ Spezialisierung
  • (1) Artenteilung
  • (2) Funktionale Spezialisierung
  • (3) Objektorientierte Spezialisierung
  • b. Parameter 2: Weisungsbefugnisse
  • aa. Einliniensystem
  • bb. Mehrliniensystem
  • c. Parameter 3: Entscheidungsaufgaben (Dezentralisation und Zentralisation)
  • 2. Idealtypen der Organisation
  • a. Funktionale Organisation
  • b. Divisionale Organisation
  • c. Matrixorganisation
  • III. Vorteile und Schwächen der jeweiligen Organisationsform
  • 1. Funktionale Organisation
  • 2. Divisionale Organisation
  • 3. Matrixorganisation
  • IV. Organisatorische und geographische Verlagerung: „Outsourcing“ und „Offshoring“
  • 1. „Outsourcing“
  • 2. „Offshoring“
  • B. Notwendigkeit von Vertrauen innerhalb der Organisation eines Unternehmens
  • I. Horizontale Ebene
  • 1. Funktionale Organisation
  • a. Vertrauen innerhalb des Gesamtvorstands bzw. zwischen den Funktionsleitern
  • aa. Vorbetrachtung: Gesamtvorstandsbeschlüsse einer AG / Einzelentscheidungen der Vorstandsmitglieder
  • (1) Gesamtgeschäftsführung vs. Geschäftsverteilung
  • (2) Grenze der Geschäftsverteilung
  • (3) Die Rolle des Vorstandsvorsitzenden
  • bb. Vertrauen innerhalb des Gesamtvorstands
  • cc. Vertrauen zwischen den Funktionsleitern
  • b. Vertrauen zwischen den Abteilungsleitern
  • c. Vertrauen zwischen den Mitarbeitern
  • 2. Divisionale Organisation
  • a. Vertrauen innerhalb des Gesamtvorstands
  • b. Vertrauen zwischen den Divisionsleitern
  • c. Vertrauen zwischen den Abteilungsleitern bzw. den Mitarbeitern
  • 3. Matrixorganisation
  • a. Vertrauen innerhalb der Unternehmensführung
  • b. Vertrauen zwischen den Funktions-/Divisionsleitern
  • c. Vertrauen zwischen den Mitarbeitern „im Kreuz“
  • 4. Zwischenfazit: Vertrauen als Voraussetzung horizontaler Arbeitsteilung
  • II. Vertikale Ebene
  • 1. Funktionale Organisation
  • a. Vertrauen zwischen dem Gesamtvorstand und den Funktionsleitern
  • b. Vertrauen zwischen den Funktionsleitern und den Abteilungsleitern
  • c. Vertrauen zwischen den Abteilungsleitern und den Mitarbeitern
  • 2. Divisionale Organisation
  • 3. Matrixorganisation
  • a. Vertrauen zwischen dem Gesamtvorstand und den Funktionsleitern/Divisionsleitern
  • b. Vertrauen zwischen den Funktionsleitern/Divisionsleitern und den Mitarbeitern
  • 4. Zwischenfazit: Vertrauen als Voraussetzung vertikaler Arbeitsteilung
  • III. Outsourcing und Offshoring
  • 1. Outsourcing
  • 2. Offshoring
  • § 2 Ausgewählte Absicherungsarten bei unternehmerischen Entscheidungen
  • A. Entscheidung ohne Absicherung
  • B. Entscheidung nach Absicherung
  • I. Kompetenz eines spezialisierten Kollegen
  • II. Ausgewählte „Kontrollmechanismen“
  • 1. Konkrete interne Vorschriften
  • 2. Interne Rechtsabteilung
  • 3. Externe rechtliche Beratung
  • 4. Aufsichtsrat
  • 5. Hauptversammlung
  • 6. Externe Unternehmensberatung
  • 7. Einschätzung von Behörden (BaFin, Staatsanwaltschaft etc.)
  • C. Keine Entscheidung möglich
  • 3. Kapitel: Vertrauensschutz bei unternehmerischen Entscheidungen einer Aktiengesellschaft in rechtsdogmatischer Hinsicht
  • § 1 Negativabgrenzung
  • A. Individuelle Fehler
  • B. Mitwirkung an Kollegialentscheidungen
  • § 2 Dogmatische Realisierung von Vertrauensschutz im Tatbestand der Untreue
  • A. § 266 StGB als typisches Wirtschaftsdelikt
  • B. Dogmatische Verortung des Vertrauensschutzes im Straftatbestand der Untreue
  • I. Objektiver Tatbestand: Ausschluss der Pflichtwidrigkeit
  • 1. Akzessorietät des Untreuetatbestands (insbesondere Business Judgement Rule)
  • a. Haftung von Organmitgliedern als Ausgangspunkt der Business Judgement Rule
  • b. Business Judgement Rule in den USA
  • c. Umsetzung in Deutschland
  • aa. Tatbestandsmerkmale der „deutschen Business Judgement Rule“
  • (1) Unternehmerische Entscheidung
  • (2) Keine Sonderinteressen
  • (3) Zum Wohle der Gesellschaft
  • (4) Angemessene Informationsbasis
  • (5) Guter Glaube
  • bb. Dogmatische Einordnung der „deutschen Business Judgement Rule“
  • cc. Darlegungs- und Beweislast
  • dd. Rechtslage vor kodifizierter Business Judgement Rule
  • d. Zwischenergebnis
  • 2. Das Erfordernis der gravierenden Pflichtverletzung (Asymmetrische Akzessorietät)
  • 3. Eigener Vorschlag zur Feststellung der Pflichtverletzung bei unternehmerischen Entscheidungen: Das „Risiko-Punkte-System“
  • a. Ausgangspunkt des Ansatzes
  • b. Überleitung zum „Risiko-Punkte-System“
  • c. Risikobeherrschung anhand des „Risiko-Punkte-Systems“
  • aa. Ermittlung der „Risiko-Basispunkte“
  • bb. Absicherung mit Hilfe der „Beherrschungspunkte“ (2-Stufen-System)
  • (1) Stufe 1: „Risiko-Absicherungs-Relation“
  • (2) Stufe 2: Anforderungen an die gewählte Art der Absicherung
  • d. Zwischenergebnis
  • II. Subjektiver Tatbestand: Ausschluss des Vorsatzes
  • 1. Grundkonstellation: Risikoermittlung und Risikobeherrschung objektiv richtig
  • 2. Irrtumskonstellationen
  • a. Streit- und Meinungsstand zur Abgrenzung von Tatbestands- und Verbotsirrtum bei der Untreue
  • b. Anwendung auf das „Risiko-Punkte-System“
  • III. Schuld: Unvermeidbarer Verbotsirrtum
  • IV. Zwischenfazit
  • C. Anforderungen an die Absicherungsarten / „Vertrauenstatbestände“ des „Risiko-Punkte-Systems“ im Einzelnen
  • I. Vertrauensschutz nach Inanspruchnahme von „Kontrollmechanismen“
  • 1. Vertrauen auf externe rechtliche Beratung
  • a. Zivilrechtliche Beurteilung
  • aa. Kein Anwendungsbereich der Business Judgement Rule
  • bb. Voraussetzungen des BGH für einen unvermeidbaren Rechtsirrtum
  • b. Strafrechtliche Beurteilung / Eigener Vorschlag im Lichte des „Risiko-Punkte-Systems“
  • 2. Vertrauen auf die interne Rechtsabteilung
  • a. Zivilrechtliche Beurteilung
  • aa. Merkmal der „Unabhängigkeit“
  • bb. Merkmal der „fachlichen Qualifikation“
  • b. Strafrechtliche Beurteilung / Eigener Vorschlag im Lichte des „Risiko-Punkte-Systems“
  • 3. Vertrauen auf externe Unternehmensberater
  • a. Zivilrechtliche Beurteilung
  • b. Strafrechtliche Beurteilung / Eigener Vorschlag im Lichte des „Risiko-Punkte-Systems“
  • 4. Vertrauen auf konkrete interne Vorschriften
  • a. Zivilrechtliche Beurteilung
  • b. Strafrechtliche Beurteilung / Eigener Vorschlag im Lichte des „Risiko-Punkte-Systems“
  • 5. Vertrauen auf die Zustimmung des Aufsichtsrats
  • a. Zivilrechtliche Beurteilung
  • b. Strafrechtliche Beurteilung / Eigener Vorschlag im Lichte des „Risiko-Punkte-Systems“
  • 6. Vertrauen auf Beschlüsse der Hauptversammlung
  • a. Zivilrechtlicher Hintergrund
  • b. Strafrechtliche Beurteilung / Eigener Vorschlag im Lichte des „Risiko-Punkte-Systems“
  • 7. Vertrauen auf die Einschätzung von Behörden
  • II. Vertrauensschutz im Zwei-Personen-Verhältnis
  • 1. Vertikale Arbeitsteilung
  • a. Aktienrechtliche Vorstandspflichten bei vertikaler Delegation
  • b. Strafrechtliche Beurteilung / Eigener Vorschlag im Lichte des „Risiko-Punkte-Systems“
  • c. Beibehaltung oder Anpassung der Kriterien bei unterschiedlichen Organisationsformen (funktional/divisional/Matrix)
  • 2. Horizontale Arbeitsteilung
  • a. Aktienrechtliche Vorstandspflichten bei horizontaler Delegation
  • aa. Aktienrechtliche Vorstandspflichten bei Entscheidung eines Kollegen mit Einzelgeschäftsführungsbefugnis im exklusiven Bereich seines Ressorts (Konstellation 1)
  • bb. Aktienrechtliche Vorstandspflichten bei Zuarbeit eines Vorstandskollegen bei Leitungsentscheidung des Gesamtvorstands (Konstellation 2)
  • b. Strafrechtliche Beurteilung / Eigener Vorschlag im Lichte des „Risiko-Punkte-Systems“
  • aa. Anforderungen bei Vertrauen auf die Einzelentscheidung (Konstellation 1)
  • bb. Anforderungen bei Vertrauen auf die Zuarbeit (Konstellation 2)
  • c. Beibehaltung oder Anpassung der Kriterien bei unterschiedlichen Organisationsformen (funktional/divisional/Matrix)
  • aa. Entscheidung eines Kollegen mit Einzelgeschäftsführungsbefugnis im exklusiven Bereich seines Ressorts
  • bb. Zuarbeit eines Vorstandskollegen bei Leitungsentscheidung des Gesamtvorstands
  • (1) Beibehaltung der gefundenen Kriterien im Falle einer Entscheidung im Kern eines Ressorts bei funktionaler Organisation, divisionaler Organisation und Matrixorganisation
  • (2) Anpassung der gefundenen Kriterien im Falle einer divisionalen Entscheidung bei funktionaler Organisation bzw. im Falle einer funktionalen Entscheidung bei divisionaler Organisation
  • (3) Beibehaltung/Anpassung der gefundenen Kriterien bei Entscheidung in der Schnittmenge der Ressorts bei Matrixorganisation
  • III. Vertrauensschutz bei „Outsourcing“ und „Offshoring“
  • 1. Aktienrechtlicher Meinungsstand
  • 2. Anwendung der Kriterien der vertikalen Arbeitsteilung
  • 4. Kapitel: Schlussbetrachtung; praktische Anwendung der gefundenen Ergebnisse
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

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1.   Kapitel: Einleitung

§ 1   Arbeitsteilung als Voraussetzung des modernen Wirtschaftens innerhalb eines Unternehmens

Was bereits im Jahre 1776 von Adam Smith in seinem ökonomischen Standardwerk „Der Wohlstand der Nationen“ aufgegriffen wurde,1 ist heutzutage gängige Praxis: Arbeitsteiliges Zusammenwirken in Wirtschaftsunternehmen ist in der modernen Berufswelt nicht mehr wegzudenken. Eine Konsequenz der Arbeitsteilung ist es, dass sich individuelle Personen gegenseitig Vertrauen schenken müssen, da sie in aller Regel ein gemeinsames berufliches Ziel verfolgen. Wurde innerhalb eines Unternehmens eine „falsche Entscheidung“ getroffen, stellt sich in der heutigen Zeit im Nachgang oftmals die Frage, wer dafür zivil- oder sogar strafrechtlich verantwortlich ist, vor allem, wenn dem Unternehmen ein finanzieller Schaden entstanden ist. Bei der Aufarbeitung spielt es dann auch häufig eine Rolle, ob die Entscheidungsträger möglicherweise zu Recht oder zu Unrecht einem anderen Menschen bzw. auf tatsächliche oder rechtliche Umstände vertraut haben.

Aus diesem Grund ist auch die so genannte „Managerhaftung“ ein Thema, das die Presse Tag für Tag beherrscht. Dass es sich dabei um hochaktuelle Probleme handelt, zeigt auch die Tatsache, dass sich die Abteilung Wirtschaftsrecht des 70. Deutschen Juristentags in Hannover im September 2014 mit Fragen in diesem Umfeld beschäftigt hat.2 Dabei ging es vor allem um die mögliche Reform der gesellschaftsrechtlichen Organhaftung. Die wirtschaftsrechtliche Abteilung hat dabei unter anderem beschlossen, dass klargestellt werden sollte, „dass ein Vorstandsmitglied grundsätzlich auf die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Ressortverantwortlichkeit eines anderen Vorstandsmitglieds vertrauen darf, solange keine konkreten Anhaltspunkte für Fehlentwicklungen vorliegen“.3 Dass diese Forderung nicht unumstritten ist, zeigt nicht zuletzt das Abstimmungsergebnis, wonach der Beschluss mit 46:28:9 Stimmen gefasst wurde.4 ← 17 | 18 →

Pressewirksame Strafverfahren im Kontext der „Managerhaftung“ waren in jüngerer Zeit beispielsweise die Verfahren gegen ehemalige Verantwortliche der Bayerischen Landesbank (BayernLB) vor dem Landgericht München I5 und gegen ehemalige Verantwortliche der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) vor dem Landgericht Stuttgart6. Bei den meisten Angeklagten wurden die Verfahren gemäß § 153a StPO gegen die Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Ziel solcher Verfahren ist unter anderem die Klärung der Streitfrage, ob die Verantwortlichen in einer konkreten Situation eine bestimmte – meist riskante – Entscheidung treffen durften, die sich später als betriebswirtschaftlich falsch herausgestellt hat, sodass eine Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB in Betracht gezogen werden kann. Im Fokus der Ermittlungen stehen dann regelmäßig Entscheidungsträger, die solche Risikoentscheidungen getroffen haben. Ein bedenkenswerter Aspekt ist es dabei, dass die betroffenen Entscheidungsträger lediglich die Spitze des (Unternehmens-)Eisbergs darstellen. Informationen und Hintergrundwissen, um etwaige Entscheidungen überhaupt treffen zu können, erhalten sie von ihren Kollegen und Mitarbeitern im Wege organisierter Arbeitsteilung im Unternehmen, aber auch von unternehmensexternen Stellen. Arbeitsteilung und Delegation sind schließlich anerkannte Notwendigkeit für das effektive Wirtschaften innerhalb eines modernen Unternehmens, genauso wie die externe Absicherung problematischer Fragestellungen.

Diese Überlegungen gaben letztlich den Anstoß für das Entstehen der vorliegenden Arbeit.

Gegenstand der nachfolgenden Untersuchung ist „Strafrechtlicher Vertrauensschutz durch Absicherung unternehmerischer Entscheidungen“. Im Fokus der Arbeit steht das nach wie vor ungeklärte und aktuelle Problem, inwiefern bei unternehmerischen Entscheidungen ein für das Strafrecht wirksamer Vertrauensschutz entstehen kann, der insbesondere die Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 StGB ausschließt. Dabei wird ein konkreter Vorschlag unterbreitet, in welchen Fällen bzw. unter welchen Voraussetzungen eine erfolgte Absicherung der unternehmerischen Entscheidung durch die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft dazu führt, dass aufgrund schützenswerten Vertrauens eine Strafbarkeit der Entscheidungsträger ausgeschlossen ist, sie also aufgrund der erfolgten Absicherung beim Treffen der Entscheidung nicht „pflichtwidrig“ gehandelt haben. Alle Überlegungen erfolgen anhand des Straftatbestands der Untreue und bringen im Ergebnis einen neuen Vorschlag zur Bestimmung der ← 18 | 19 → untreuerelevanten Pflichtwidrigkeit bei Risikoentscheidungen einer Aktiengesellschaft hervor.

Die Arbeit gliedert sich in zwei wesentliche Hauptteile, nämlich in einen rechtstatsächlichen (2. Kapitel) und in einen rechtsdogmatischen Teil (3. Kapitel).

Im 2. Kapitel erfolgt zunächst eine Darstellung, wie die Organisation eines Unternehmens betriebswirtschaftlich ausgestaltet werden kann und welche Konsequenzen dies für gegenseitiges Vertrauen hat, wo Vertrauen aufgrund der Organisationsform eines Unternehmens also tatsächlich erforderlich ist. Beleuchtet werden dabei verschiedene Parameter der betrieblichen Struktur, beispielsweise der unterschiedliche Bezugspunkt der Spezialisierung im Rahmen der Arbeitsteilung bei funktionaler, divisionaler und Matrix-Organisation.

Im 3. Kapitel der Arbeit wird ein Vorschlag unterbreitet, wie das tatsächlich erforderliche Vertrauen im Rahmen einer Prüfung des Straftatbestands der Untreue dogmatisch geschützt werden kann und welche Voraussetzungen für diesen Schutz erfüllt sein müssen. Im Zentrum stehen dabei vor allem die unterschiedlichen Möglichkeiten (Bausteine) der Absicherung unternehmerischer Entscheidungen und die Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sich der Entscheidungsträger auf den gewählten Absicherungsbaustein verlassen darf. Im Rahmen der Darstellung des Vertrauensschutzes durch diverse Absicherungsmöglichkeiten wird an geeigneten Stellen der integrierte Versuch unternommen, den für Teile der Fahrlässigkeitsdelikte entwickelten so genannten „Vertrauensgrundsatz“ fruchtbar zu machen. Die Überlegungen dieses Grundsatzes sind für Zwei-Personen-Verhältnisse entwickelt und werden daher auch im Rahmen der Untersuchung in entsprechenden Konstellationen vergleichend beleuchtet.

Im Ergebnis werden bei alledem strafrechtliche Kriterien zu entwickeln sein, anhand derer eine Bestimmung erfolgen kann, ob strafrechtlicher Vertrauensschutz durch die im Einzelfall gewählte Absicherung entstanden ist und aus diesem Grund gegebenenfalls die untreuerelevante Pflichtwidrigkeit entfällt.

§ 2   Der Vertrauensgrundsatz in Literatur und Rechtsprechung

Um den Vertrauensgrundsatz im weiteren Verlauf der Untersuchung fruchtbar machen zu können, ist es einleitend erforderlich, einen allgemeinen Überblick voranzustellen.7 Der Grundsatz wurde ursprünglich für den Bereich des Straßenverkehrs diskutiert, ist heute aber auch in anderen Konstellationen von Literatur und Rechtsprechung anerkannt. ← 19 | 20 →

A.   Der Vertrauensgrundsatz im Straßenverkehr

In seinem originären Anwendungsbereich im Straßenverkehr besagt der Vertrauensgrundsatz, dass derjenige, der selbst sorgfaltsgemäß am Straßenverkehr teilnimmt, darauf vertrauen darf, dass sich auch die anderen Verkehrsteilnehmer sorgfaltsgemäß verhalten; mit deren Fehlverhalten muss er erst dann rechnen, wenn er dafür konkrete Anhaltspunkte hat.8 Oder anders gesagt: Wer keine Fehler macht, muss unter normalen Umständen auch nicht damit rechnen, dass dies andere tun.

Diese Grundhaltung ist letztlich zur Sicherung des reibungslosen Zusammenlebens in der Gesellschaft auch nötig, käme doch andernfalls der zügige Straßenverkehr zum Erliegen.9 Der Vertrauensgrundsatz in diesem Bereich ist heute nahezu einhellig anerkannt,10 auch wenn es gute Gründe gäbe, die eine gegenteilige Auffassung plausibel erscheinen lassen. Schließlich ist menschliches Fehlverhalten allgegenwärtig und sehr häufig anzutreffen, sodass sich durchaus auch vertreten ließe, dass nur derjenige sorgfältig handelt, der dafür Vorsorge trifft, dass es auch unter der Bedingung des Fehlverhaltens anderer nicht zu Gefahren oder Schäden kommt.11 Anerkannt ist deshalb auch, dass der Vertrauensgrundsatz an seine Grenzen stößt, wenn Anhaltspunkte für das Fehlverhalten anderer ersichtlich sind.12 Denkbar sind hier verschiedenste Konstellationen: Wer beispielsweise innerhalb einer Ortschaft zunächst mit ordnungsgemäßer Geschwindigkeit fährt, muss seine Geschwindigkeit dennoch deutlich verringern, wenn sich Personen am Straßenrand befinden, bei denen erkennbar die Gefahr besteht, dass sie aus Unachtsamkeit die Fahrbahn betreten werden.13 Ein weiteres Beispiel ist, dass ein korrekt Fahrender mit dem Entgegenkommen unbeleuchteter Fahrzeuge zwar nicht bei Dunkelheit, wohl aber bei bloßer Dämmerung rechnen muss, obwohl § 17 Abs. 1 S. 1 StVO in beiden Fällen gleichermaßen ← 20 | 21 → das Licht einzuschalten gebietet.14 In derartigen Fällen stellt das mögliche Fehlverhalten anderer Personen eine Zäsur dar, die ein neuer Anknüpfungspunkt für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit sein kann, auch wenn sich der Verkehrsteilnehmer an sich ordnungsgemäß verhält bzw. bis hierher verhalten hat. Derartige Zäsuren sind in verschiedenster Form denkbar, sodass im Ergebnis der Inhalt der Sorgfaltspflicht doch wieder anhand der Umstände des Einzelfalls bestimmt werden muss,15 der Inhalt der Sorgfaltspflicht also auch gerade Vorkehrungen gegen Sorgfaltspflichtverletzungen anderer Verkehrsteilnehmer mitumfasst.16

Einen weiteren sehr interessanten Gedanken formuliert in diesem Zusammenhang Kaspar17, der ebenfalls Zweifel an der Allgemeingültigkeit des Vertrauensgrundsatzes begründet:

„Auch der betrunkene Fahrer darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine erwachsene Person nicht unvermittelt als Fußgänger die Fahrbahn betritt oder als Autofahrer Vorfahrtsregeln missachtet. Anders ist nur zu entscheiden, wenn gerade die eigene Sorgfaltspflichtverletzung die Gefahr erhöht. (…) Das folgt dann aber letztlich aus allgemeinen Erwägungen, ohne dass dafür der Vertrauensgrundsatz einschließlich seiner Ausnahmen bemüht werden müsste.“

Vor diesem Hintergrund kann der Vertrauensgrundsatz im Straßenverkehr allenfalls als Faustformel verstanden werden. Im Ergebnis ist richtigerweise immer das Verhalten in der konkreten Situation Anknüpfungspunkt einer Strafbarkeit. Die Frage, ob „vorwerfbares Verhalten“ vorliegt, bleibt daher eine Einzelfallentscheidung.

Die Rechtsfolge des Vertrauensgrundsatzes ist es, dass ein Fahrlässigkeitsvorwurf nicht damit begründet werden kann, dass der Täter sich auf das Fehlverhalten des anderen hätte einstellen müssen; insofern muss ein Verkehrsteilnehmer, der sich auf einer vorfahrtsberechtigten Straße mit zulässiger Geschwindigkeit einer Kreuzung nähert, nicht ohne triftigen Anlass abbremsen, um für den Fall einer Vorfahrtsverletzung einen Unfall vermeiden zu können.18

Die Anwendung des Vertrauensgrundsatzes führt im Ergebnis also bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zunächst zur Ablehnung eines Fahrlässigkeitsvorwurfs.19 ← 21 | 22 →

B.   Der Vertrauensgrundsatz bei arbeitsteiligem Zusammenwirken

Während die Anwendung des Vertrauensgrundsatzes (sowie dessen Ausnahmen) im Straßenverkehr weitgehend anerkannt ist, stellt sich die Frage, ob daraus ein allgemeiner Rechtsgedanke in Bezug auf alle Formen des arbeitsteiligen Zusammenwirkens entwickelt werden kann.20 Dies wird bisher vor allem bei arbeitsteiligen medizinischen Maßnahmen,21 bei der strafrechtlichen Produkthaftung,22 im Bauwesen23 und bei der fahrlässigen Mitwirkung an Vorsatztaten anderer24 diskutiert.

I.   Arbeitsteilige medizinische Maßnahmen

Die moderne Medizin ist ohne arbeitsteiliges Zusammenwirken mehrerer Personen nicht mehr vorstellbar; dies gilt sowohl aufgrund des erhöhten Patientenaufkommens in Krankenhäusern als auch für niedergelassene Ärzte, da auch diese nur noch in den seltensten Fällen ohne jede fremde Hilfe auskommen können.25 Die mit Arbeitsteilung verbundene Erweiterung und Vertiefung von Spezialwissen und die besonderen Erfahrungen auf dem jeweiligen Fachgebiet bringen neben all den positiven Aspekten für die medizinische Versorgung aber auch neue Risiken in Gestalt spezifischer Gefahrenquellen mit sich.26 Denn „je größer die Zahl der an Diagnose und Therapie beteiligten Ärzte, Techniker und Hilfskräfte, je komplizierter und gefährlicher die apparativen und medikamentösen Mittel, je komplexer das arbeitsteilige medizinische Geschehen in einem großen Betrieb, desto mehr Umsicht und Einsatz erfordern die Planung, die Koordination und die Kontrolle der klinischen Abläufe“.27 Mit einfachen Worten nimmt das Fehlerrisiko zu, je mehr Personen im Einzelfall in die Betreuung des ← 22 | 23 → Kranken eingeschaltet werden.28 Denkbar sind dabei vielfältige Fehlerquellen, was dazu führt, dass die Zusammenarbeit von Ärzten untereinander sowie des nichtärztlichen Personals nicht nur Gefahren für die zu behandelnden Patienten birgt, sondern auch alle Behandlungsakteure Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken aussetzt.29 Im Hinblick auf die im Rahmen dieser Arbeit interessante strafrechtliche Verantwortlichkeit ist die Zusammenarbeit in der Medizin von zwei Grundsätzen geprägt, nämlich dem Prinzip der Einzel- und Eigenverantwortlichkeit (Prinzip der strikten Arbeitsteilung) und dem Vertrauensgrundsatz.30 Neben seiner Anwendung im Straßenverkehr soll der Vertrauensgrundsatz nämlich überall dort zu einer Begrenzung der Sorgfaltsanforderungen führen, wo gefahrträchtige Handlungen arbeitsteilig vorgenommen werden,31 und somit auch im Medizinrecht im Falle ärztlicher Arbeitsteilung.32

Nach dem Prinzip der strikten Arbeitsteilung ist bei der Zusammenarbeit von Ärzten untereinander als auch bei der hierarchischen Kooperation zwischen Ärzten und nicht-ärztlichem Personal die Verantwortung teilbar und jeder Einzelne für die ihm jeweils zur eigenständigen Erledigung übertragenen Aufgaben und Tätigkeiten vollumfänglich verantwortlich.33

Es geht also mit dem Übergang der fachlichen Zuständigkeit auch die rechtliche Verantwortung über:34 „Jeder Arzt hat grundsätzlich nur den Facharztstandard desjenigen medizinischen Fachbereichs zu gewährleisten, in den die von ihm übernommene Behandlung fällt“,35 da strafrechtliches Einstehenmüssen für fremdes Verschulden unserer Rechtsordnung fremd ist.36

Der Vertrauensgrundsatz bei arbeitsteilig medizinischen Maßnahmen besagt als Kehrseite des Grundsatzes der Eigenverantwortlichkeit, dass jeder bei der Krankenbehandlung Beteiligte sich darauf verlassen darf, dass der oder die anderen den ihnen obliegenden Aufgabenteil mit den dazu erforderlichen Kenntnissen und der gebotenen Sorgfalt erfüllen.37

Der BGH hat in diesem Zusammenhang folgendermaßen formuliert: ← 23 | 24 →

„Jeder Arzt hat denjenigen Gefahren zu begegnen, die in seinem Aufgabengebiet entstehen. Solange keine offensichtlichen Qualitätsmängel oder Fehlleistungen erkennbar werden, muss er sich darauf verlassen dürfen, dass auch der Kollege des anderen Fachgebiets seine Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt erfüllt. Eine gegenseitige Überwachungspflicht besteht insoweit nicht.“38

Dieser Vertrauensgrundsatz stößt aber dann an seine Grenze, gilt also nicht, wenn man beim jeweils anderen Mängel erkennen kann, die das Vertrauen notwendigerweise zerstören müssen,39 wenn also der Partner in der konkreten Situation erkennbar seinen Aufgaben nicht gewachsen ist, sich in einer Verfassung befindet, die ihm nicht mehr gestattet, seine Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen, oder wenn aufgrund bestimmter Anhaltspunkte „ernsthafte Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Vorarbeiten des Kollegen erkennbar“ sind.40 In diesem Fall kann man sich nicht mehr auf den Vertrauensgrundsatz berufen, sondern es gilt der Grundsatz der Gesamtverantwortung.41 An die Stelle der Eigenverantwortung für den jeweiligen Teilbereich tritt dann für den an sich unzuständigen Arzt die Gesamtverantwortung für die gesamte – im Wege der Arbeitsteilung separierte – ärztliche Tätigkeit, da jeder Arzt unabhängig von der jeweiligen Fachkompetenz und Aufgabenstellung aufgrund seiner Verantwortung gegenüber dem Patienten verpflichtet bleibt, bei erkennbaren Fehlleistungen eines Kollegen den Eintritt eines Schadens zu verhindern.42

Diese Grundsätze gelten im medizinischen Bereich sowohl im Rahmen der horizontalen als auch der vertikalen Arbeitsteilung.

Für den Fall der horizontalen Aufgabenverteilung zwischen Ärzten verschiedener Fachgebiete hat der BGH in zwei hervorzuhebenden Entscheidungen43 Grundsätzliches geklärt: Im ersten Urteil am 02.10.1979 hat der BGH den Vertrauensgrundsatz insofern bestätigt, „dass im Interesse eines geordneten Ablaufs der Operation sich die dabei beteiligten Fachärzte grundsätzlich auf die fehlerfreie Mitwirkung des Kollegen aus der anderen Fachrichtung verlassen können“44, da andernfalls, „jede Form der Zusammenarbeit im Operationssaal fragwürdig und mit zusätzlichen Risiken für den Patienten verbunden (wäre), wenn Operateur und Anästhesist ihre Kräfte zugunsten einer wechselseitigen Überwachung ← 24 | 25 → zersplittern (würden)“.45 Im zweiten Urteil am 16.10.1979 forderte der BGH eine „konkrete Verteilung der Zuständigkeiten, um Überschneidungen und Lücken in der ärztlichen Betreuung zu vermeiden“.46

Maßgebend für die Aufgabenverteilung sei dabei eine im Krankenhaus bestehende „Zuständigkeitsverteilung (…), von der nur ausnahmsweise und aufgrund besonderer Vereinbarung zwischen Chirurg und Anästhesist wegen der Bedürfnisse des Einzelfalles abgegangen werden wird“.47

Der Vertrauensgrundsatz ist daneben auch bei vertikaler Arbeitsteilung im medizinischen Bereich anerkannt, da auch der Weisungsberechtigte und Übergeordnete im Sinne einer funktionierenden Medizin darauf vertrauen können muss, dass der Untergeordnete die ihm übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt.48 Der nachgeordnete Arzt ist haftungsrechtlich insofern geschützt, als er nur bei einem ausschließlich von ihm zu verantwortenden Verhalten (etwa bei Überlassung zur selbstständigen Ausführung oder voreiligem Handeln) weisungswidrig tätig wird.49

Daneben kommt aber auch der Vorwurf des Übernahmeverschuldens in Betracht, da auch der Weisungsunterworfene keineswegs die erteilten Anweisungen „blind“ ausführen darf, sondern sich im Rahmen seiner jeweiligen fachlichen Qualifikation ein eigenes Urteil bilden und sich bei Zweifeln rückversichern muss, wobei zu beachten ist, dass eine eindeutig sorgfaltswidrige Anweisung in keinem Fall ausgeführt werden darf, selbst wenn der Vorgesetzte darauf besteht.50

Im Rahmen der vertikalen Arbeitsteilung bei medizinischen Maßnahmen ist ferner zu beachten, dass der Chefarzt im Sinne einer Allzuständigkeit den gesamten fachlich-medizinischen Bereich seiner jeweiligen Abteilung zu verantworten hat und ihm deshalb Fehler, die gerade durch die unzureichende Organisation dieses Bereichs entstehen, als eigenes Verschulden zur Last fallen.51 Zusätzlich ist der Abteilungsleiter aber auch für die Risiken verantwortlich, die sich gerade aus der Arbeitsteilung ergeben: Nur wenn er seine untergeordneten Mitarbeiter sorgfältig auswählt, anleitet und überwacht, wird ihm im Sinne des Vertrauensgrundsatzes ein Sorgfaltsverstoß des Mitarbeiters nicht als eigener ← 25 | 26 → Verstoß angelastet, da er sich in diesem Fall auf die ordnungsgemäße Erfüllung der dem Untergeordneten übertragenen Aufgaben verlassen darf.52

II.   Strafrechtliche Produkthaftung

Abseits der Medizin stellt sich auch innerhalb eines arbeitsteilig organisierten Produktions- und Vertriebsprozesses die Frage, wer jeweils für einen bestimmten Pflichtverstoß strafrechtlich verantwortlich ist.53 Relevant ist das unter anderem im Bereich der strafrechtlichen Produkthaftung. Auch hier sollen nach vorzugswürdiger Auffassung54 die allgemeinen Grundsätze zur Begrenzung von Sorgfaltspflichten durch den auf die ordnungsgemäße Erfüllung rollenspezifischer Anforderungen seitens Dritter bezogenen Vertrauensgrundsatz gelten:55

Weisungsabhängige Arbeitnehmer können sich danach auf ordnungsgemäße Anweisungen ihrer Vorgesetzen verlassen und diese wiederum auf die ordnungsgemäße Ausführung ihrer Vorgaben durch Untergebene. Begrenzt wird der Vertrauensgrundsatz auch hier – nach den allgemeinen Regeln, ebenso wie im Straßenverkehr oder in der Medizin – bei konkretem Anlass zur Annahme unsorgfältigen Verhaltens anderer, wie etwa im Falle von Nachlässigkeiten durch Arbeitnehmer bei der Fertigung, erkennbar fehlerhaften Weisungen durch Vorgesetzte, Gefahrschaffung durch in den Warenvertrieb Eingeschaltete oder bei einer für den Händler klar erkennbaren Fehlerhaftigkeit des Produkts oder bei ihm eingehenden Schadensmeldungen.56

Details

Seiten
242
Erscheinungsjahr
2017
ISBN (PDF)
9783631722541
ISBN (ePUB)
9783631722558
ISBN (MOBI)
9783631722565
ISBN (Hardcover)
9783631722183
DOI
10.3726/b11121
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (März)
Schlagworte
Vertrauensgrundsatz Risikoentscheidungen Managerhaftung Compliance Untreue Vorstandshaftung
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 242 S., 4 Graf.
Produktsicherheit
Peter Lang Group AG

Biographische Angaben

Maximilian Heim (Autor:in)

Maximilian Heim studierte Rechtswissenschaft an der Universität München. Nach dem Referendariat im Oberlandesgerichtsbezirk München wurde er an der Universität Augsburg promoviert. Er ist in einer wirtschaftsstrafrechtlich ausgerichteten Anwaltskanzlei tätig.

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