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«Unbeteiligte» und Betroffene

Aspekte der Wahrnehmung der NS-Konzentrationslager während des Zweiten Weltkriegs sowie nach Kriegsende

by Bogusław Dybaś (Volume editor) Irmgard Nöbauer (Volume editor) Joanna Ziemska (Volume editor)
©2015 Edited Collection 254 Pages

Summary

Das Buch ist eine Bestandsaufnahme der KZ-Gedenkstättenlandschaft in Österreich und Polen und geht der Frage nach, wie die nationalsozialistischen Konzentrationslager von unterschiedlichen Gruppen erlebt und wahrgenommen wurden. Die «Unbeteiligten» und Betroffenen der Welt außerhalb der Konzentrationslager sowie ihr Wissen und Nichtwissen über deren Bestehen sind hierbei von besonderem Interesse. Das in Anführungszeichen gesetzte Wort «Unbeteiligte» soll dabei verdeutlichen, dass es kaum möglich war und ist, unbeteiligt am Rande zu stehen. Thematisiert werden im Buch daher auch Formen des Erinnerns und Gedenkens, Zeitzeugenprojekte sowie die Erfahrung, als Tochter eines ehemaligen KZ-Häftlings aufgewachsen zu sein.

Table Of Contents

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • Przedmowa
  • Die drei Welten von Stutthof: Kurort – Lager – Normalität
  • Trzy światy Stutthofu: kurort – obóz – normalność
  • Wechselbeziehungen zwischen dem Konzentrationslager Mauthausen und seinem lokalen Umfeld
  • Wzajemne kontakty pomiędzy obozem koncentracyjnym Mauthausen a jego lokalnym otoczeniem
  • Die Ausbeutung jüdischer Arbeitskräfte in den Zwangsarbeiterlagern im Warthegau
  • Eksploatacja żydowskiej siły roboczej w obozach pracy przymusowej w Kraju Warty
  • Kontakte der Häftlinge des Konzentrationslagers Groß-Rosen mit der Welt außerhalb des Lagers am Beispiel der inhaftierten polnischen Staatsbürger
  • Kontakty ze światem zewnętrznym więźniów obozu koncentracyjnego Groß-Rosen na przykładzie więźniów polskich
  • Deportationen in den „Osten“ – Kenntnis/Unkenntnis der Wiener Bevölkerung
  • Deportacje na „Wschód“ – wiedza/niewiedza mieszkańców Wiednia
  • Die Reaktionen der lokalen Bevölkerung auf den Massenausbruch aus dem KZ Mauthausen am 2. Februar 1945 – die „Mühlviertler Hasenjagd“
  • Reakcje lokalnej ludności na masową ucieczkę więźniów z obozu koncentracyjnego Mauthausen 2 lutego 1945 roku – tzw. „Mühlviertler Hasenjagd“
  • Das Kulturlandschaftspflegewerk für die Cultural Heritage and Memorial Landscape Gusen und dessen Teilrealisierung
  • Projekt ochrony krajobrazu kulturowego miejsca pamięci Gusen i jego częściowa realizacji
  • Stollen, Ruinen, Zäune erinnern an das Grauen von einst. Was blieb und erregte die Neugierde der dritten Generation? Die Entstehung einer Gedenkgruppe
  • Sztolnie, ruiny, płoty przypominają o strasznej przeszłości. Co zostało i pobudzało ciekawość trzeciego pokolenia? Powstanie grupy pamięci
  • „Du erinnerst dich daran und hast wieder Angst, vor allem in der Nacht.“ Befreiung – Rückkehr – Weiterleben: Aus den Berichten polnischer Häftlinge in Mauthausen
  • „Przypomnisz sobie tamto i znowu się boisz, zwłaszcza nocą.“ Wyzwolenie – powrót – dalsze życie: z relacji polskich więźniów Mauthausen
  • Aus der Perspektive der zweiten Generation. Erinnerungen der Tochter eines politischen Häftlings des KZ Gusen
  • Z perspektywy drugiego pokolenia. Wspomnienia córki więźnia politycznego obozu w Gusen
  • Über die Autoren

Vorwort

Nach dem Beginn des im Jahr 2010 initiierten internationalen Konferenzzyklus mit österreichisch-polnischem Schwerpunkt, der sich mit der Problematik der nationalsozialistischen Konzentrationslager zur Zeit des Zweiten Weltkriegs auseinandersetzt, legen wir nunmehr den zweiten Konferenzband dieser Reihe vor. War der erste im Jahr 2013 erschienene Band den Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus in Polen und Österreich gewidmet1, so dokumentiert der vorliegende Band die Konferenz, die vom 11. bis 12. Oktober 2012 im Wissenschaftlichen Zentrum der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien zum Thema „‚Unbeteiligte‘ und Betroffene. Aspekte der Wahrnehmung der NS-Konzentrationslager während des Zweiten Weltkrieges sowie nach Kriegsende“ stattgefunden hat. Die Konferenz wurde vom Wissenschaftlichen Zentrum der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien konzipiert und organisiert. Wie die vorangegangene Konferenz stand sie unter dem Ehrenschutz des Präsidenten der Republik Österreich Dr. Heinz Fischer. Seine Exzellenz Detlev Rünger, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Österreich, gab sich die Ehre, der Eröffnung der Konferenz beizuwohnen.

Der Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager sowie deren Funktionsweise im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaften wohnen zahlreiche wichtige Aspekte inne. Zum einen stellen sie gewissermaßen die Quintessenz der Funktionsweise des nationalsozialistischen totalitären Regimes dar, zum anderen sind sie ein Symbol für die bedauerlicherweise weit verbreitete Vorgangsweise totalitärer Systeme im Europa des 20. Jahrhunderts. Einer der wichtigsten Aspekte ist zweifelsohne jener der zunehmenden zeitlichen Entfernung sowie der mit dem Generationswechsel einhergehende Perspektivenwechsel in Bezug auf diese so tragischen Ereignisse, die mit so vielen Emotionen verbunden sind. In diesem Zusammenhang ist mit Sicherheit die Tatsache am bedeutendsten, dass zurzeit die letzten Zeugen dieser tragischen Ereignisse von uns gehen – ehemalige Häftlinge, Täter sowie auch Zeugen, die nicht unmittelbar der Welt der Konzentrationslager angehörten, jedoch aufgrund ihres Wohn- oder Arbeitsortes in der Umgebung eines Konzentrationslagers in einer gewissen Beziehung zu diesem standen. Die Welt der Konzentrationslager war naturgemäß in sich ← 7 | 8 → geschlossen, konnte jedoch aufgrund einer Reihe von Gründen nicht hermetisch von der Umgebung abgeschottet werden. Im Zentrum der Konferenz standen diese „Unbeteiligten” und Betroffenen, die Welt außerhalb der Konzentrationslager sowie die spezifische Atmosphäre von Vernichtung, die von den Konzentrationslagern sowohl während der Zeit ihres Bestehens auf ihre Umgebung sowie nach dem Krieg auf die nachfolgenden Generationen ausging. Das in Anführungszeichen gesetzte Wort „Unbeteiligte” vermittelt durchaus eindeutig, dass es kaum möglich war, unbeteiligt am Rande gestanden zu sein. Von einem Konzentrationslager betroffen war und ist auch heute noch, viele Jahrzehnte später, ein großer Personenkreis.

Das solcherart umrissene Thema konnte im Rahmen der Vorträge und Diskussionen einer zweitägigen Konferenz naturgemäß nicht erschöpfend behandelt werden. Der vorliegende Band stellt daher lediglich einen gewissen Beitrag zu dieser Thematik dar, berührt aber mit Sicherheit wichtige Themenbereiche. Im Verlauf der Konferenz wurden dreizehn Vorträge gehalten, von denen aus unterschiedlichen Gründen in diesem Band bedauerlicherweise nur zehn publiziert wurden. Von den Vortragstexten, die nicht in diesem Band vertreten sind, möchte ich lediglich an das ausgezeichnete Referat von Robert Kuwałek (Staatliches Museum Majdanek) über Erinnerung und Vergessen der lokalen Bevölkerung am Beispiel der Vernichtungslager in Bełżec und Sobibór sowie des Konzentrationslagers Majdanek erinnern. Robert Kuwałek, ein hervorragender Experte dieser Thematik, verstarb im Juni 2014 während einer Studienreise nach Lemberg.

Vier der in diesem Band publizierten Beiträge betreffen in unterschiedlichen ausgewählten Aspekten die Beziehungen zwischen den Konzentrationslagern und deren Umgebung während des Zweiten Weltkriegs. In diesem Kontext umfasst der Beitrag von Marcin Owsiński, der zu Beginn des Bandes steht, einen etwas größeren Zeithorizont, der über den Zeitraum des Bestehens des Konzentrationslagers während des Zweiten Weltkriegs hinaus auch die Geschichte der gleichnamigen Ortschaft vor dem Krieg und den Umgang mit dem historischen Erbe als Standort eines ehemaligen Konzentrationslagers nach dem Krieg ins Blickfeld rückt. Franz Pötscher stellt in seiner gründlichen Studie die Beziehungen zwischen dem bekanntesten Konzentrationslager im nationalsozialistisch besetzten Österreich, Mauthausen, in einer Vielzahl von Aspekten dar. Er zieht dabei nicht nur Archivmaterialien heran, sondern greift auch auf die Erinnerungen von ganz unterschiedlichen Zeugen (beispielsweise Schulkollegen der Kinder von SS-Angehörigen) zurück. Die nationalsozialistischen Konzentrationslager stellten nicht nur ein Instrument der Unterdrückung und Vernichtung ← 8 | 9 → von Gegnern des diktatorischen Regimes bzw. von jenen, die als solche erachtet wurden, dar. Sie waren auch ein wichtiges Element des Wirtschaftssystems des Dritten Reichs, in denen kostenlose Arbeit geleistet wurde. Die Beschäftigung von Häftlingen in Konzentrationslagern hatte naturgemäß Kontakte zur Welt außerhalb des Lagers zur Folge, da die zu verrichtende Arbeit häufig außerhalb des Lagers geleistet werden musste. Anna Ziółkowska setzt sich in ihrem Beitrag mit dem Problem der Zwangsarbeit von Juden im Warthegau auseinander. Vom Ausmaß der Heranziehung von Juden und deren Arbeitsleistung vor dem Beginn der systematischen Ermordung in den Vernichtungslagern zeugt am besten der Umstand, dass es lediglich im Warthegau 144 Lager dieser Art gab. Ein weiteres Themenfeld führt Dorota Sula in ihrem Beitrag aus. Sie stellt die Kontakte der Häftlinge des Konzentrationslagers mit der Welt außerhalb des Lagers am Beispiel des Konzentrationslagers Groß-Rosen und dessen Häftlinge, die polnische Staatsbürger waren, dar. Die Bevölkerung in der Umgebung dieses Konzentrationslagers befürwortete in hohem Maße das nationalsozialistische Regime, was sich auch in der Beziehung zu den polnischen Lagerhäftlingen widerspiegelte.

Zwei weitere Beiträge in diesem Band beziehen sich auf zwei ausgewählte Fallstudien. Eleonore Lappin-Eppel geht der Frage nach Wissen / Nichtwissen über die Deportation ihrer jüdischen Nachbarn unter der Wiener Bevölkerung nach sowie auch der Frage nach der Ursache des Nichtwissens bzw. des mangelnden Interesses daran. Matthias Kaltenbrunner widmet seinen Beitrag einem außergewöhnlich dramatischen Ereignis. Er analysiert die Einstellung der lokalen Bevölkerung zu jenen 500 sowjetischen Offizieren, die im Februar 1945 aus dem Konzentrationslager Mauthausen geflüchtet waren. Die darauffolgende Jagd nach den Flüchtlingen, die ebenso grausam wie perfide als „Mühlviertler Hasenjagd“ bezeichnet wurde, führte naturgemäß zur Einbeziehung der Zivilbevölkerung in diese „Aktion“ und rief ganz unterschiedliche Reaktionen hervor. Die Folgen dieser so genannten Jagd waren jedoch furchtbar. Namentlich sind lediglich nur acht überlebende sowjetische Offiziere bekannt.

Die vier verbleibenden Beiträge setzen sich mit verschiedenen Aspekten der Nachkriegszeit auseinander. Die ersten beiden Beiträge sind Gusen gewidmet, das in formaler Hinsicht ein Außenlager von Mauthausen, de facto jedoch größer als das Stammlager war. Gleichzeitig ist es vom polnischen Standpunkt aus betrachtet äußerst bedeutsam, da die Mehrheit der Häftlinge in Gusen Polen waren. Gusen stellt ein sehr interessantes Beispiel einer Initiative von unten dar, deren Ziel es ist, das ehemalige Konzentrationslager als Gedenkstätte zu bewahren. Dieses Thema wurde bereits im vorangegangenen Konferenzband im Beitrag ← 9 | 10 → von Rudolf A. Haunschmied behandelt.2 In der vorliegenden Publikation stellt Hans-Peter Jeschke das vom Gesichtspunkt des Denkmalschutzes interessante Konzept der Gestaltung eines Gedenkortes als Element der Kulturlandschaft dar. Martha Gammer kehrt in ihrem Beitrag zum Themenkreis „Erinnern und Gedenken“ zurück. Ihr Beitrag kann auch als Quellenbericht bezeichnet werden, da dessen Verfasserin eine der wichtigsten ProtagonistInnen des Gedenkdienstkomitees Gusen, des „furchtbaren Zwillings Mauthausens“, ist. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet handelt es sich um einen Bericht über die Einstellung der lokalen Bevölkerung zum Lager sowie die spätere Erinnerung daran, vor allem aber um das intensive Bemühen der Überlebenden – aus österreichischer Perspektive waren dies vor allem Ausländer – gemeinsam mit der lokalen Jugend in jenen Lebensjahren, in der sich ihre Interessen entwickeln, mit vereinten Kräften das Schweigen zu brechen. Aufmerksam geworden auf die Spuren der furchtbaren Vergangenheit in ihrer Umgebung konnten sie jedoch weder in der Schule noch von den Vertretern der älteren Generationen viel darüber in Erfahrung bringen. Piotr Filipkowski, ein herausragender Experte im Bereich der oral history, analysiert auf der Grundlage der im Rahmen des groß angelegten Projekts „Gerettet aus Mauthausen” gesammelten Materialien nicht nur die Erinnerungen der ehemaligen Häftlinge an die Erlebnisse in den Konzentrationslagern selbst, sondern auch die Konfrontation mit der Freiheit nach der Befreiung des Lagers sowie dessen lange Schatten in späteren Lebensjahren. Der letzte Beitrag von Joanna Ziemska verbindet gewissermaßen diese letzte Beitragsgruppe, da er zum einen – an die Überlegungen von Piotr Filipkowski über die Beziehungen der Häftlinge anknüpfend – die individuelle Geschichte ihres Vaters, eines Häftlings des Konzentrationslagers Gusen, erzählt, wie sie aus der Perspektive der nachfolgenden Generation wahrgenommen wurde. Zum anderen nimmt er aus individueller Perspektive auf die Beiträge von Hans Peter Jeschke und Martha Gammer Bezug und erörtert die Bemühungen eines ehemaligen Häftlings eines Konzentrationslagers, der nach dem Krieg in Österreich blieb, um Erinnern und Gedenken an Gusen.

Nach den beiden ersten Tagungen dieses Konferenzzyklus in den Jahren 2010 und 2012 fand im Dezember 2014 die dritte Konferenz zum Thema „Auschwitz im Kontext. Die ehemaligen nationalsozialistischen Konzentrationslager im gegenwärtigen europäischen Gedächtnis” statt. Der vorliegende Band begründet ← 10 | 11 → daher gewissermaßen eine informelle Serie des Peter Lang Verlags, dem wir für die Aufnahme dieser Publikation in sein Verlagsprogramm unseren Dank aussprechen möchten. Dem Zukunftsfonds der Republik Österreich möchten wir unseren Dank für die finanzielle Unterstützung dieses Publikationsvorhabens aussprechen.

Die HerausgeberInnen ← 11 | 12 →

 

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    1  Bogusław Dybaś / Tomasz Kranz / Irmgard Nöbauer / Heidemarie Uhl (Hrsg.), Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus in Polen und Österreich. Bestandsaufnahme und Entwicklungsperspektiven, Frankfurt am Main 2013.

    2  Rudolf A. Haunschmied, Die Bevölkerung von St. Georgen/Gusen und Langenstein. Umgang mit der Lagergeschichte, Ablehnung und Initiativen zur Bewahrung, in: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus in Polen und Österreich (wie Anm. 1), 135–171.

Przedmowa

Details

Pages
254
Publication Year
2015
ISBN (PDF)
9783653054521
ISBN (MOBI)
9783653971019
ISBN (ePUB)
9783653971026
ISBN (Hardcover)
9783631660683
DOI
10.3726/978-3-653-05452-1
Language
German
Publication date
2015 (May)
Keywords
Zwangsarbeit Holocaust Gedenkstätten Deportation
Published
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 254 S., 33 s/w Abb., 1 Tab.
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Peter Lang Group AG

Biographical notes

Bogusław Dybaś (Volume editor) Irmgard Nöbauer (Volume editor) Joanna Ziemska (Volume editor)

Bogusław Dybaś ist Direktor des Wissenschaftlichen Zentrums der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien. Irmgard Nöbauer ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Übersetzerin am Wissenschaftlichen Zentrum der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Wien. Joanna Ziemska ist Dolmetscherin, Übersetzerin sowie Lektorin an der Universität Wien.

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