Das Benediktinerstift Seitenstetten zur Zeit der Äbte Hugo und Theodor Springer (1908 – 1958)
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhalt
- Abkürzungsverzeichnis
- Einleitung und Hinführung
- Kapitel I Abt Hugo Springer (1908 ‒ 1920) Leben und Wirken des Abtes im Stift Seitenstetten – der Mensch Hugo Springer und der Umgang mit dem I. Weltkrieg
- 1. Herkunft, Schulausbildung, Studium und Priesterweihe
- 2. Wissenschaftliche Arbeiten von Abt Hugo Springer
- 3. Mitgliedschaften
- 4. Die Wahl von P. Hugo zum Abt von Seitenstetten
- 4.1. Die Wahlvorbereitung
- 4.2. Ankunft des Präses
- 4.3. Oremus – Aufruf zum Gebet
- 4.4. Die Wahl des Abtes
- 4.5. Abgabe der Stimmen
- 4.6. Konfirmation und Investitur
- 4.7. Wappen von Abt Dr. Hugo Springer
- 4.8. Das Wappen von Abt Dr. Hugo Springer
- 4.9. Deutung der Symbole des persönlichen Wappens von Abt Hugo Springer
- 5. Korrespondenz- und Repräsentationstätigkeit
- 6. Finanzierungen und Investitionen in der Amtszeit von Abt Hugo 1909–1920
- 7. Die Seelsorge in der Amtsperiode von Abt Hugo
- 7.1. Fahnenweihe der Marianischen Jungfrauen Kongregation
- 7.2. Feldkapellen
- 7.3. Spendenbeträge für verschiedene christliche Vereinigungen und Institutionen
- 7.4. Die heilige Volksmission
- 7.5. Seelsorge des Abtes Hugo in der Heimatgemeinde Behamberg
- 8. Die Konventualen unter Abt Hugo (1908–1920)
- 8.1. Die Konventualen
- 8.2. Erkenntnisse aus der Personalentwicklung von 1909 ‒ 1920
- 9. Abt Hugo als Vertreter des Abtpräses
- 10. Die Stiftschronik von 1911–1918
- 10.1. Erkenntnisse aus dem Stiftsalltag
- 10.1.1. Alltagsleben des Abtes
- 10.1.2. Wesentliche Ereignisse im Stiftsalltag bis zum Ausbruch des I. Weltkrieges
- 10.1.3. Der I. Weltkrieg und sein Einfluss auf das Stift Seitenstetten
- 11. Der Tod Abt Hugos
- 11.1. Krankheit und Tod
- 11.2. Der Tod von Abt Hugo und die damit verbundenen Ereignisse
- 11.3. Totenoffizium und Nachruf
- 11.4. Kondolenzen
- 11.5. Ehrungen
- 12. Anhang: Tagebuch Abt Hugos aus der Studienzeit in Rom 1893–1896
- Kapitel II Abt Theodor Springer (1920 ‒ 1958) Leben und Wirken des Abtes im Stift Seitenstetten – der Mensch Theodor Springer und die besondere Herausforderung der NS-Zeit, des II Weltkrieges und der Nachkriegszeit
- 1. Biografie und Persönliches zu Abt Dr. Theodor Johann Springer
- 1.1. Herkunft, Schulausbildung, Studium und Priesterweihe
- 1.2. Wissenschaftliche Arbeiten
- 2. Die Wahl P. Theodor Springers zum Abt
- 2.1. Vorbereitungen
- 2.2. Die Abtwahl
- 2.3. Das Wappen von Abt Dr. Theodor Springer
- 2.3.1. Deutung der Wappensymbole
- 3. Theodor Springer wird zum Abtpräses gewählt
- 3.1. Wahl des Abtpräses für die neue österreichische Benediktinerkongregation
- 3.2. Der Abtpräses und seine Tätigkeiten
- 3.2.1. Visitationen
- 3.2.2. Der Abtpräses und das Benediktinerkolleg
- 3.2.3. Das Reform ‒ Priorat Maria Zell
- 3.2.4. Errichtung der Universität Salzburg
- 3.2.5. Sonstige Tätigkeiten
- 3.2.6. Rückblick auf die Tätigkeiten von Abpräses Theodor Springer (1931–1958)
- 4. Korrespondenz- und Repräsentationstätigkeit
- 5. Abt Theodor Springer und seine Publikationen
- 5.1. Satzungen für die Laienbrüder der Benediktinerabtei Seitenstetten
- 5.2. Benediktinerregel in der Pfarrseelsorge
- 5.3. Jubiläumsgedanken zur 800 – Jahrfeier von Mariazell
- 6. Investitionen, Bauvorhaben und wirtschaftliche Leistungen
- 6.1. Investitionen und Verkäufe
- 7. Die Konventualen unter Abt Theodor Springer (1920–1958)
- 7.1. Die Konventualen
- 7.2. Erkenntnisse aus der Dynamik der Konventmitglieder von 1920 ‒ 1958
- 7.2.1. Überblick
- 7.2.2. Das Laienbrüderinstitut
- 7.2.2.1. Die Stellung der Laienbrüder im Konvent des Stiftes Seitenstetten
- 7.2.2.2. Leben und Tagesablauf der Laienbrüder in Seitenstetten
- 7.2.3. Die Konventualen, ihre Aufgabengebiete und ihre herausragenden Leistungen
- 8. Abt Theodor Springer und die monastische Reform im Stift Seitenstetten
- 8.1. Die Äbtekonferenz von 1930 und die Umsetzung der monastischen Reform
- 8.2. Die Durchführung der monastischen Reform im Stift Seitenstetten
- 8.2.1. Deutsche Übersetzung des Dekretes
- 8.2.2. Vita communis perfecta
- 8.2.3. Die Ämter der Officialen
- 8.2.4. Novizenerziehung und das Noviziat
- 8.2.5. Die Disziplin und ihre Einhaltung
- 8.2.6. Die praktische Umsetzung der monastischen Reform in Seitenstetten
- 8.2.7. Die Statuten für die Mitbrüder, welche sich nicht der Reform anschlossen
- 8.2.8. Die Statuten für die außerhalb des Klosters befindlichen Mönche
- 9. Die Seelsorge in der Amtsperiode von Abt Theodor Springer
- 9.1. Die Benediktinerregel in der Pfarrseelsorge
- 9.2. Die Praxis der Pfarrseelsorge in Seitenstetten unter Abt Theodor
- 9.2.1. Historische Entwicklung der Pfarrseelsorge in Seitenstetten
- 9.2.2. Abt Theodor und seine seelsorgerische Tätigkeit in den stiftseigenen Pfarren
- 9.2.3. Wandel der Seelsorge während der Amtszeit von Abt Theodor Springer
- 10. Das Stift Seitenstetten in der Zeit des Nationalsozialismus (1938–1945)
- 10.1. Die schwierige Situation durch die Verwendung der Stiftsräumlichkeiten von den Nationalsozialisten in den Jahren 1938–1945
- 10.2. Verfolgung von Seitenstettner Ordensleuten durch die Nationalsozialisten in den Jahren 1938–1945.
- 10.2.1. Der Fall P. Georg Michael Mayr
- 10.3. Zusammenfassung und Folgen des Nationalsozialismus und des II. Weltkrieges auf das Stift Seitenstetten (1938–1945)
- 10.4. Exkurs: Der „Klostersturm“ im Gau „Niederdonau“ unter Gauleiter Dr. Hugo Jury
- 11. Die Nachkriegszeit im Stift Seitenstetten
- 11.1. Exkurs: Nachkriegszeit Stift Göttweig
- 11.2. Weitere Tätigkeiten der Nachkriegszeit
- 12. Hauschronik des Benediktinerstiftes Seitenstetten von 1922–1958
- 13. Tod von Abtpräses und Abt Dr. Theodor Springer
- 14. Die Auszeichnungen, Ehrungen und Jubiläen von Abt Theodor
- Abschlussbemerkungen
- Abbildungsverzeichnis
- Literaturverzeichnis
Einleitung und Hinführung
Ein Edelfreier namens Udalschalk gründete im Jahre 1112 das Benediktinerkloster Seitenstetten zu Ehren der Gottesmutter; er schenkte der Neugründung seinen ganzen Erbbesitz und übergab sie dem Bistum Passau. 1114 zogen 12 Mönche aus dem Stift Göttweig in Seitenstetten ein. Bischof Ulrich von Passau übergab dem Kloster 1116 die Großpfarre Aschbach, sowie die Pfarre Wolfsbach. Aus diesen beiden Mutterpfarren gingen alle weiteren 14 Pfarren hervor, die bis heute von den Mönchen aus Seitenstetten betreut werden. 1180 überließ Erzbischof Wichmann von Magdeburg dem Stift seinen Erbbesitz und verlieh ihm so eine tragfähige wirtschaftliche Grundlage. Diese Schenkung war an die Auflage gebunden, dort täglich einen Gottesdienst zu feiern. Im Mittelalter kam das Stift trotz dieser guten wirtschaftlichen Ausstattung nie zu größerer Bedeutung. 1347 zählte der Konvent 22 Mitglieder. Unter Abt Benedikt I. wurde die Melker Reform umgesetzt, es gab einen kulturellen und religiösen Aufschwung. Der Ungarnsturm des Mathias Corvinus, die Türkensteuern und die Reformation setzten dem Stift hart zu, die Zahl der Brüder im Kloster nahm rasch ab. Abt Christoph Held (1572 ‒ 1602) leitete die geistige Wiedergeburt ein. Unter den darauffolgenden Äbten hielt die Barockkunst Einzug. Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg gelang es Abt Gabriel Sauer (1648 -‒ 1704) das Stift wieder zu festigen und den Konvent religiös zu einem neuen Höhepunkt zu führen. 1718 bis 1747 wurde der heutige Stiftsbau nach den Plänen des Klosterbaumeisters Joseph Munggenast errichtet. Der Erwerb eines Kupferbergwerkes in der Steiermark und eines Messingwerkes in Oberösterreich ermöglichten eine großzügige künstlerische Ausstattung des barocken Klosters. Nach den Nöten des Josephinismus und der Franzosenkriege wurde die Klosterschule zu einem öffentlichen Gymnasium ausgebaut, wodurch Seitenstetten in Ostösterreich großes Ansehen gewann. Um 1900 erlebte das Stift mit mehr als 70 Mönchen eine personelle, sowie eine geistliche und wirtschaftliche Hochblüte.1 Das Kloster hatte während der beiden Weltkriege die existenzbedrohendsten Jahre in seiner jahrhundertelangen Geschichte zu überstehen. Zwei Äbte, ein Brüderpaar aus Behamberg, erwiesen sich in der Zeit von 1908 bis 1958, als die herausragenden Kräfte, welche das Kloster durch diese schicksalsträchtigen 50 Jahre, mit gutem Ausgang führten. Die Herausforderungen waren sehr komplex, neben den verschärften Bedingungen während der Weltkriege, galt es auch Wirtschaftskrisen, Reformen und politische Machtverhältnisse, insbesondere die Zeit des NS-Regimes mit ihrer antireligiösen Einstellung, zu überstehen. Bemerkenswert dabei ist, dass das Benediktinerstift Seitenstetten eines der wenigen Klöster war, welches während der NS-Zeit bzw. während des II. Weltkrieges nicht aufgelöst wurde.
1. Ziel der Arbeit
Ziel der Arbeit ist es, einen detaillierten Einblick in die Geschichte des Stiftes Seitenstetten, in die Zeitspanne von 1908 bis 1958 zu gewähren. Es soll dem Leben und Wirken der beiden Brüder Hugo (Karl) und Theodor (Johann) Springer, ein Schwerpunkt gesetzt werden. Sie hatten die Führung als Äbte des Stiftes, während der beschriebenen Zeitspanne inne. Ferner ist es Ansinnen der Arbeit, eine durchgehende Hauschronik des Stiftes (von 1908 bis 1958) anzufertigen. Ein wichtiges Kapitel stellt auch die Personaldynamik innerhalb der Klostergemeinschaft dar. An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Studie um eine Innenbetrachtung handelt, also aus Sicht des Klosters auf seine Geschichte, innerhalb der beschriebenen Zeitspanne.
2. Struktur und Aufbau
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei Abschnitte. Der erste Abschnitt behandelt das Leben und Wirken von Abt Hugo Springer (1908 ‒ 1920). Unter anderem werden persönlicher Werdegang, Herkunft, Schulzeit, Studium, Studienzeit in Rom (inklusive Transkription eines Tagebuches) beschrieben. Weitere Höhepunkte wie, Priesterweihe, Primiz, Abt-Wahl und Mitgliedschaften in Vereinen runden dieses Bild ab. Die Leistungen während seiner Amtszeit als Abt, sowohl in wirtschaftlicher als auch in seelsorgerischer Hinsicht, werden genauso dokumentiert, wie seine wissenschaftlichen Tätigkeiten. Beziehungen zu Politik und Klerus werden beleuchtet. Das Alltagsleben und die Personaldynamik im Kloster sind weitere wichtige Kapitel. Den Abschluss dieses Abschnittes bilden die Bereiche Auszeichnungen, Tod und Nachruf.
Im zweiten Abschnitt wird das Leben und Wirken des jüngeren Bruders von Abt Hugo, Theodor Springer (1920 ‒ 1958), beleuchtet. Neben dem persönlichen Werdegang werden Höhepunkte wie, Priesterweihe, Primiz, Abt-Wahl, Wahl zum Abtpräses, Tod und Nachruf dokumentiert. Auf Grund der besonderen wirtschaftlichen und politischen Umstände, welche während der Amtszeit des Abtes Theodor auftraten, verdienen folgende Bereiche besondere Aufmerksamkeit:
- die Wirtschaftskrise der frühen 1920-iger Jahre und deren Überwindung
- die Einführung der monastischen Reform und der Umgang mit dieser im Konvent
- die NS-Zeit, der II. Weltkrieg und die damit verbundene Verfolgung von Mitbrüdern, sowie die Okkupationen von Stiftseinrichtungen
- seelsorgerische und soziale Tätigkeiten
Die Personaldynamik und eine Hauschronik, die das Alltagsleben im Kloster beschreibt, runden das Bild ab.
An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass die transkribierten Originaltexte unverändert mit der damals verwendeteten Orthographie dargestellt werden.
3. Stand der Quellenlage und der wissenschaftlichen Bearbeitung
Die für die zu untersuchende Zeitspanne vorhandenen Primärquellen sind in großem Umfang im Stiftsarchiv vorhanden und in einem tadellosen Zustand archiviert.
Der Großteil der Primärquellen ist unbearbeitet und unveröffentlicht. An Sekundärliteratur sind die Werke: Das Benediktinerstift Seitenstetten – ein Gang durch seine Geschichte, von Dr. P. Petrus Ortmayr und Dr. P. Aegid Decker.2 Zwei Weltkriege und ihre Folgen von P. Benedikt Wagner und P. Jacobus Tisch,3 als Aufsatz im Buch Seitenstetten – Udalschalks Erbe im Wandel der Zeit und die Diplomarbeit von P. Jacobus Tisch mit dem Thema „Theodor Springer und die monastische Reform“,4 zu erwähnen.
1 Vgl. Wagner, P. Benedikt: Das Stift, seine Bauten und Sammlungen. In: Seitenstetten – Udalschalks Erbe im Wandel der Zeit. Hrsg. Marktgemeinde Seitenstetten. Linz 2009. 49–77.
2 Ortmayr, P. Petrus & Decker, P. Aegid: Das Kloster im Zeitalter der beiden Weltkriege. In: Das Benediktinerstift Seitenstetten – ein Gang durch seine Geschichte. Wels 1955, 328–355.
3 Wagner, P. Benedikt & Tisch, P. Jacobus: Zwei Weltkriege und ihre Folgen In: Seitenstetten – Udalschalks Erbe im Wandel der Zeit. Linz 2009, 78–81.
4 Tisch, P. Jacobus: Theodor Springer und die monastische Reform. Diplomarbeit Uni Salzburg 1993.
Kapitel I Abt Hugo Springer (1908 ‒ 1920) Leben und Wirken des Abtes im Stift Seitenstetten – der Mensch Hugo Springer und der Umgang mit dem I. Weltkrieg
1. Herkunft, Schulausbildung, Studium und Priesterweihe
Karl Springer (Abb. 1) wurde am 9. Jänner 1873 als ältester Sohn des Landwirtehepaares Johann und Maria Springer vom Zehetmeyrgut in Behamberg geboren. Am 1. Juli 1892 maturierte er im Stiftsgymnasium Seitenstetten (Abb. 2a., 2b. und 2c.)5, er trat im gleichen Jahr ins Kloster ein (Abb. 3)6, wo er den Ordensnamen Hugo7 (Abb. 4) erhielt.8 1893 legte er seine „zeitlichen Gelübde“ ab und inskribierte Theologie an den Universitäten Innsbruck (Abb. 5)9 und San Anselmo in Rom. 1896 legte er die „ewigen Gelübde“ ab. Nach dem Theologiestudium in Rom (1893–1896) und Innsbruck (Abb. 6)10 wurde er 1897 zum Priester geweiht (Abb. 7).11 Seine Primiz, also die erste selbst zelebrierte heilige Messe, feierte er am 3. August 1897 (Abb. 8) in der Pfarrkirche seiner Heimatgemeinde Behamberg.12 Bis 1899 wurde er als Kaplan in Allhartsberg eingesetzt.13 Da im Stiftsgymnasium ein erhöhter Bedarf an Gymnasiallehrern herrschte, wurde Hugo Springer zum Lehramtsstudium für Mathematik und Physik, an die Leopold Franzens Universität Innsbruck, entsandt. Das Studium schloss er 1903 erfolgreich ab (Abb. 9).14 1905 erwarb er den Doktortitel in Philosophie mit dem Dissertationsthema, „Die Entwicklung der Theorie des Lichtes von den alten Griechen bis auf unsere Zeit“. Von 1903–1908 unterrichtete Hugo als Gymnasialprofessor Mathematik und Physik, sowie die französische Sprache. Die Sprachkenntnisse in Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch eignete er sich bei seinem Studienaufenthalt, in San Anselmo, in Rom an.15 Aus seiner „Römerzeit“ (1893–1896) existiert ein Tagebuch. Dieses wurde aus dem Kurrent transkribiert und befindet sich als Anhang am Ende des 1. Kapitels.16 Im Wesentlichen enthält das Tagebuch Eintragungen über Besichtigungen sakraler Bauwerke in Rom. Erwähnt werden dabei auch Teilnahmen an Papstmessen, sowie ein mehrtätiger Ausflug ins Kloster von Monte Cassino. Der Text des Tagebuches war sehr sachlich gehalten, es lässt sich aber auf Grund der Vielzahl der Besichtigungen ein hohes Interesse und eine Passion für kultur- und kunsthistorische Darstellungen und Bauten erkennen. Diese Vorliebe ist es auch, die Hugo während seines Abtamtes antreibt die Kirchenausstattung in Seitenstetten umfangreich renovieren und wertvolle Ornate revitalisieren zu lassen. Weitere Details aus dem Tagebuch sind die sporadisch beschriebenen Wettererscheinungen. So berichtete P. Hugo immer wieder von sehr kalten Temperaturen und heftigen Gewittern in Rom. Dieses Interesse am Wettergeschehen finden wir auch in den persönlichen Anmerkungen während seiner Amtszeit.
Am 29. Dezember 1908 wurde P. Hugo als Nachfolger von Abt Dominik Hönigl zum 58. Abt des Stiftes Seitenstetten gewählt. Er leitete das Stift bis zu seinem Tod am 18. Juni 1920. Sein leiblicher jüngerer Bruder Theodor Springer folgte ihm als Abt nach.
2. Wissenschaftliche Arbeiten von Abt Hugo Springer
P. Hugo war vor seiner Wahl zum Abt im Bereich der Physik auch wissenschaftlich tätig. Einerseits verfasste er eine Dissertation mit dem Thema „Die Entwicklung der Theorie des Lichtes von den alten Griechen bis auf unsere Zeit“ (1905). Die Dissertation ist leider nicht mehr verfügbar, weder als Gesamttext noch als Abstract.28 Daneben veröffentlichte P. Hugo zwei wissenschaftliche Arbeiten mit dem Thema „Die Lichttheorie in ihrer geschichtlichen Entwicklung“, im Programm des Gymnasiums Seitenstetten von 190729 und 1908.30 Dabei geht es um die geschichtliche Entwicklung der Lichttheorie vom Altertum bis in die Neuzeit. P. Hugo hält in seinen Ausführungen fest, dass es im Altertum zwei Lichttheorien gab, die eine durch die meisten Philosophen vertreten, die andere durch Aristoteles. Aristoteles meinte, dass das Licht ein Akzidens sei, also eine Qualität. Die Gegenseite vertrat die Meinung, dass das Licht eine feste Substanz sei. Im Mittelalter wurde die Theorie von Aristoteles eher bestätigt, in der Neuzeit hingegen mehrten sich die Gegner der Theorie von Aristoteles. Im 16. und 17. Jahrhundert entwickelten sich Untersuchungen und Bestimmungen der Lichtgeschwindigkeit durch Galileo Galilei (1564–1642). Kepler beschäftigte sich mit der Lichtbrechung und Optik. Der Franzose Rene Descartes (1596–1650) entwickelte formelle Theorien zum Licht. Er stellte die erste mechanische Lichttheorie auf. Bernoulli stellte im weiteren Verlauf die Vereinigung von der Wellentheorie des Lichtes mit der Lichterklärung von Descart dar.31 In der zweiten Veröffentlichung setzte P. Hugo die geschichtliche Entwicklung der Lichttheorie fort. Es ging dabei zuerst um die Farbenerklärung und um das allmähliche Auftreten einer Wellentheorie. Aristoteles und Descartes waren der Meinung, dass die Farben des Lichtes durch eine Mischung aus Weiß und Schwarz, sowie aus Licht und Schatten entstünden. Marcus Marci dachte, dass jede Farbe durch Kondensation in eine andere umgewandelt werden kann und, dass das Sonnenlicht eine Farbe ist. Francesco Grimaldi (1618–1663) entdeckte die Beugung des Lichtes. Er nahm in weiterer Folge an, dass das Licht in der Wellenbewegung als eine äußerst feine Flüssigkeit besteht und, dass sich die Farben nur durch die Art und Geschwindigkeit der Wellenbewegung voneinander unterscheiden. Der Physiker Römer definierte zum ersten Mal die Lichtgeschwindigkeit mit 42.000 Meilen. Diese Berechnung wurde später von Newton und Huygens als erwiesen bestätigt, sie nahmen diese Erkenntnis als Grundvoraussetzung ihrer Lichttheorien. Zuletzt ging P. Hugo in seiner Arbeit noch auf die Emissions- und Undulationstheorie ein. Welche von Newton, Huygens, Euler und Young bearbeitet und weiter erforscht wurden.32 Auf Grund der Inhalte und der Themenbeschreibung dieser beiden Aufsätze kann man annehmen, dass es sich inhaltlich um die Dissertation von P. Hugo handelt (Anm. des Verfassers).
3. Mitgliedschaften
Abt Hugo war als aktives Mitglied einigen Vereinen beigetreten. Im Stiftsarchiv fanden sich die dazu gehörigen Dokumente bzw. Ausweise. Der Heimatverband von Seitenstetten (Abb. 10) nahm am 24. Februar 1920 Abt Hugo und einige Kapitulare als Mitglieder auf.33
Als natur- und kunstgeschichtlich Interessierter war Abt Hugo Mitglied des Vereines des Museum Francisco Carolinum in Linz (Abb. 11).34 Dieses Museum, welches 1833 als vaterländisches Museum für Österreich ob der Enns gegründet wurde, erhielt 1854 eine Ergänzung durch die Gründung der Oberösterreichischen Landesgalerie. Beide Sammlungen wurden später, im Jahre 1895, in einem neuen Gebäude in der Museumsstraße in Linz zusammengeführt.35
Wie aus den persönlichen Notizen des Abtes ersichtlich ist, wanderte Abt Hugo gerne, auch über größere Distanzen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass er Mitglied beim Touristen-Klub (Abb. 12) und beim deutschen und österreichischen Alpenverein, Sektion Waidhofen an der Ybbs (Abb. 13) war.36/37
4. Die Wahl von P. Hugo zum Abt von Seitenstetten
Nach dem Tod des 57. Abtes Dominik Hönigl wurde eine Verordnung zur Abhaltung der Wahl für seinen Nachfolger, die „Ordo pro Electione Abbatis in Monasterio Seitenstettensi Ordinis S. Benedicti in Austria Inferiore Auctoritate Apostolica MCMVIII“38, von Abtpräses Adalbert I. Dungel, verfasst39 (Abb. 14).
4.1. Die Wahlvorbereitung
Am 23. September 1908 unterrichtete der Prior des Stiftes Seitenstetten die k.k. niederösterreichische Statthalterei über das Ableben von Abt Dominik Hönigl. Dieser war am Vortag, dem 22. September, verstorben. Die k.k. n.ö. Statthalterei ersuchte schriftlich am 26. September das Bischöfliche Ordinariat in St. Pölten das Stiftskapitel mit der Einsetzung von Interimsadministratoren zu beauftragen.40 Bereits am 28. September 1908 wurden Prior P. Clemens Lietz, Kämmerer P. Ildefonsus Märkinger, Waldmeister P. Placidus Bachinger und Schaffner P. Raphael Hochwallner, zu interimistischen Administratoren der Temporalien des Stiftes Seitenstetten, durch das Kapitel bestellt. Das Ergebnis wurde dem Bischöflichen Ordinariat mitgeteilt. In weiterer Folge ersuchte das Ordinariat die Administratoren ein Verzeichnis der wahlberechtigten Mitglieder zu erstellen und um die Durchführung einer Vermögensaufnahme im Stift.41 Das Verzeichnis der wahlberechtigten Mitglieder wurde am 8. Oktober 1908 dem Bischöflichen Ordinariat und der k.k. n.ö. Statthalterei mitgeteilt. Die Vermögenszusammenstellung erfolgte am 14. Dezember 1908 unter den Zeugen P. Clemens Lietz (Prior), P. Ildefonsus Märkinger (Kämmerer), P. Placidus Bachinger (Waldmeister) und P. Raphael Hochwallner (Schaffner). Das Ergebnis war sehr erfreulich. Abt Hönigl konnte das Vermögen innerhalb seiner 40-jährigen Amtszeit (1868–1908) erheblich vergrößern (Tab. 1). Der neu gewählte Abt hatte somit für seine Amtszeit eine sehr gute wirtschaftliche Ausgangslage. Das Protokoll zu den Vermögenswerten findet sich unter St.Zl: III-3527/7-1908 im Stiftsarchiv.42
Inventar Stift Seitenstetten | |
---|---|
1868 | 1908 |
Obligationen: 580.997,00 Kronen | Obligationen: 647.047,00 Kronen |
Grundstücke: 334.962,87 Kronen | Grundstücke: 730.000,00 Kronen |
Wiener Häuser: 439.252,80 Kronen | Wiener Häuser: 1.112.887,40 Kronen |
Passiva: 613,20 Kronen | Passiva: 32.450,00 Kronen |
Das Stiftskapitel schlug den 29. Dezember 1908 als Wahltag vor. Dieser Termin wurde von allen beteiligten Institutionen angenommen. Zur Wahlvorbereitung wurde ein Verzeichnis sämtlicher wahlberechtigter Mitglieder, welche das aktive und passive Wahlrecht besitzen, angefertigt. Es wurden Wahllisten für mehrere Wahlgänge vorbereitet. Danach erfolgte die „Zitation“.43 Dabei wurden alle wahlberechtigten Mitglieder zur Wahl und zum vorausgehenden Skrutinium nach der folgenden Formel zitiert: „Referendis Patribus Monasterii Vorname Nachname, OSB Congr. de Imm. Conceptione, Salutem in Dominum“ Dieses Dekret wurde mit folgendem Begleitschreiben den hochwürdigen Herren Kapitularien durch einen Boten überbracht und von ihnen unterschrieben.44
Begleitschreiben:
„Die hochwürdigen Herren Kapitularen werden per beiliegendem Zitationsdekret eingeladen, schon am 27.12.1908, im Stifte zu erscheinen. Das Zitationsdekret ist von jedem Herrn Kapitular eigenhändig zu unterschreiben.
Stift Seitenstetten, am 25.12.1908
Details
- Seiten
- 354
- Erscheinungsjahr
- 2024
- ISBN (PDF)
- 9783631923115
- ISBN (ePUB)
- 9783631923122
- ISBN (Hardcover)
- 9783631923108
- DOI
- 10.3726/b22079
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2024 (September)
- Schlagworte
- Laienbrüderinstitut Ordensreform Nationalsozialismus Zwischenkriegszeit I. und II. Weltkrieg Äbte Hugo und Theodor Springer Benediktinerstift Seitenstetten
- Erschienen
- Berlin, Bruxelles, Chennai, Lausanne, New York, Oxford, 2024., 354 S., 42 s/w Abb., 203 Tab.
- Produktsicherheit
- Peter Lang Group AG