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Digitale Machtkonzentration von Google Search

Eine Untersuchung der Auswirkungen der 10. GWB-Novelle

by Steffen Uphues (Author)
©2023 Thesis 376 Pages

Summary

Zu Beginn der Untersuchung arbeitet der Verfasser die Faktoren für die marktübergreifende Machtkonzentration von Google Search heraus. Darauf aufbauend geht er der Frage nach, inwiefern die Änderungen, die durch die 10. GWB-Novelle vorgenommen wurden, zum Abbau dieser Machtkonzentrationen geeignet sind. Im Zentrum der Arbeit steht dabei die neue Form der kartellrechtlichen Macht – die „überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ aus § 19a GWB. Den Abschluss bildet ein Blick auf den Digital Markets Act, der auf EU-Ebene entwickelt wurde. Hier stellt sich insbesondere die Frage, wie sich das nationale Recht zum Digital Markets Act verhält.

Table Of Contents

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Anlass der Untersuchung
  • B. Themeneingrenzung
  • C. Gang und Ziel der Untersuchung
  • Kapitel 1: Technische und ökonomische Betrachtung von Google Search
  • A. Teilelement von Google LLC im Mutterkonzern Alphabet Inc.
  • B. Technische Abläufe der Suchmaschine
  • I. Crawling
  • II. Indexierung
  • III. Ranking
  • C. Ökonomische Einordnung
  • I. Netzwerkeffekte
  • 1. Theorie der Netzwerkeffekte
  • 2. Netzwerkeffekte bei Google Search
  • a) Suchende und Suchende
  • b) Suchende und Werbende
  • c) Suchende und Webseitenbetreiber
  • d) Werbende und Werbende
  • e) Werbende und Webseitenbetreiber
  • f) Webseitenbetreiber und Webseitenbetreiber
  • g) Fazit
  • II. Einordnung unter den Plattformbegriff
  • 1. Plattformverständnis in der Ökonomie
  • a) Zusammenführung mehrerer Nutzergruppen
  • b) Erfordernis wechselseitiger Netzwerkeffekte
  • c) Orientierung an der Preisstruktur
  • d) Würdigung der Ansätze
  • 2. Einordnung von Google Search
  • D. Geschäftsmodell
  • I. Modell der Quersubventionierung
  • II. Zusammenspiel von Google Search und Google Ads
  • E. Wettbewerber
  • F. Zusammenfassung von Kapitel 1
  • Kapitel 2: Faktoren für die Machtkonzentration von Google Search
  • A. Google Search als zentraler Bestandteil im Google-Ökosystem
  • I. Angebotsseitige Faktoren
  • II. Nachfrageseitige Faktoren
  • III. Fazit
  • B. Fehlende Schlagkraft der Missbrauchsaufsicht
  • I. Plattformmärkte als „Winner-Takes-It-All-Märkte“
  • 1. Daten als Innovationsrohstoff
  • 2. Geringe Angriffsfläche für Wettbewerber
  • 3. Fazit
  • II. Folgen einer unangreifbaren Machtkonzentration
  • 1. Preise und Konditionen
  • a) Werbende
  • b) Suchende
  • 2. Qualität der Dienste
  • 3. Innovationsentwicklung
  • III. Fazit
  • C. Ausnutzen der Gatekeeper-Stellung
  • I. Ökonomische Bedeutung der Gatekeeper-Stellung für die Nutzergruppen von Google Search
  • 1. Werbende
  • 2. Suchende
  • 3. Webseitenbetreiber
  • II. Mögliche Gefahren für den Wettbewerb
  • 1. Bevorzugung eigener Dienste
  • 2. Unangemessene Konditionen für Inhalteanbieter
  • 3. Meinungsmacht
  • D. Überlegenheit beim Zugriff auf Daten
  • I. Merkmale von Daten
  • 1. Nicht-Rivalität
  • 2. Nicht-Exklusivität
  • 3. Auswirkungen
  • II. Faktoren zur Wertbestimmung
  • 1. Analysefähigkeiten des Unternehmens
  • 2. Zuordnung zu einer Person
  • 3. Aktualität
  • III. Nutzen für Google Search
  • 1. Datenbedingte Lerneffekte
  • 2. Entwicklung neuer Dienste
  • 3. Zielgerichtete Werbung
  • IV. Fazit
  • E. Vorteile beim Zugang zu Suchnutzern
  • I. Singlehoming und Multihoming bei Suchenden
  • 1. Maßgebliche Faktoren
  • a) Wechselkosten
  • b) Leben im Google-Ökosystem
  • c) Vertrauen in die Plattform
  • d) Gewöhnungseffekt
  • e) Mehrwert einer Parallelnutzung
  • f) Lock-In durch Vorinstallationen und Voreinstellungen
  • 2. Fazit für Suchnutzer
  • II. Geringe Angriffsfläche für Wettbewerber
  • III. Fazit
  • F. Abbau von Wettbewerbsdruck durch Übernahmen
  • I. Machtkonzentration durch Übernahmen
  • 1. Killer Acquisitions und Digital Conglomerates Acquisitions
  • 2. Alphabets Übernahmepraxis
  • II. Auswirkungen auf den Wettbewerb
  • G. Gesamtbewertung zu Kapitel 2
  • Kapitel 3: Tauglichkeit der 10. GWB-Novelle zum Abbau der Machtkonzentration von Google Search
  • A. Neue Missbrauchsaufsicht für digitale Ökosysteme
  • I. Konzept der überragenden marktübergreifenden Bedeutung
  • II. Alphabet und Google als Normadressaten des § 19a Abs. 1 GWB
  • 1. Tätigkeit in erheblichem Umfang auf Märkten i.S.v. § 18 Abs. 3a GWB
  • a) Tätigkeit auf Märkten i.S.v. § 18 Abs. 3a GWB
  • b) Tätigkeit in erheblichem Umfang
  • 2. Überragende marktübergreifende Bedeutung
  • a) Kriterium einer marktbeherrschenden Stellung
  • aa) Sinn und Zweck der Norm
  • bb) Systematische Stellung
  • cc) Wille des Gesetzgebers
  • dd) Würdigung
  • b) Weitere Kriterien
  • aa) Finanzkraft und Zugang zu sonstigen Ressourcen
  • bb) Vertikale Integration und Tätigkeit auf in sonstiger Weise miteinander verbundenen Märkten
  • cc) Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten
  • dd) Intermediationsmacht
  • ee) Vorschlag zur Aufnahme der Nutzerzeit
  • 3. Fazit
  • III. Untersagungsvarianten nach § 19a Abs. 2 GWB
  • 1. Fehlende Generalklausel
  • 2. Rechtfertigungsmöglichkeiten
  • IV. Notifizierungspflicht aus Art. 5 Abs. 1 RL 2015/1535
  • 1. Rechtsfolge bei Verletzung der Notifizierungspflicht
  • 2. Einordnung von § 19a GWB unter den Begriff der technischen Vorschrift
  • a) Dienste der Informationsgesellschaft als Regelungsgegenstand
  • b) Rechtliche oder faktische Verbindlichkeit
  • aa) Rechtliche Verbindlichkeit
  • bb) Faktische Verbindlichkeit
  • c) Ergebnis
  • V. Bewertung der neuen Missbrauchsaufsicht
  • B. Beschleunigung der Missbrauchsaufsicht
  • I. Beschleunigung durch § 19a GWB
  • 1. Ex-ante-Ansatz
  • a) Zweistufiges Verfahren in § 19a GWB
  • aa) „Aktivierung“ statt Verbotsgesetz
  • bb) Rechtssicherheit durch zweistufigen Aufbau
  • cc) Rechtssicherheit durch Befristung der Feststellungsverfügung
  • dd) Rechtssicherheit durch Übergangsfrist
  • ee) Fazit
  • b) Legitimation des ex-ante-Ansatzes
  • 2. Verkürzter Instanzenzug
  • II. Beschleunigung durch einstweilige Maßnahmen
  • 1. Änderungen in § 32a GWB
  • a) Anordnungsanspruch
  • b) Anordnungsgrund
  • aa) Schutzrichtung
  • bb) Anforderungen an den drohenden Schaden
  • 2. Kritische Würdigung der Änderungen zum Anordnungsgrund
  • a) Schutzrichtung
  • b) Anforderungen an den drohenden Schaden
  • aa) Regelung im britischen Recht
  • bb) Regelung im französischen Recht
  • cc) Schlussfolgerung
  • 3. Schwierigkeiten bei der Anordnung einstweiliger Maßnahmen bei dynamischen Geschäftsmodellen
  • a) Beispielsfall Broadcom
  • b) Beispielsfall Google Shopping
  • c) Fazit
  • 4. Fazit zu den einstweiligen Maßnahmen
  • III. Fazit zur Beschleunigung der Missbrauchsaufsicht
  • C. Erfassung von Google Search als Gatekeeper
  • I. Konzept der Intermediationsmacht in § 18 Abs. 3b GWB
  • 1. Position der Intermediationsmacht
  • 2. Meinungsbild zur Normierung der Intermediationsmacht
  • 3. Fazit
  • II. Bevorzugung eigener Dienste
  • 1. Google-Shopping-Verfahren der EU-Kommission
  • a) Entscheidung
  • aa) Positionierung der Suchergebnisse
  • bb) Art und Weise der Anzeige
  • cc) Von der EU-Kommission angenommener Schaden
  • b) Compliance-Mechanismus
  • 2. Neue ex-ante-Untersagung der Selbstbevorzugung
  • a) Selbstbevorzugung nach § 19a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GWB
  • aa) Regelbeispiele
  • bb) Immanente Behinderung der Wettbewerber
  • cc) Abgrenzung zur Missbrauchsaufsicht aus § 19 GWB
  • (1) Marktübergreifende Relevanz der Selbstbevorzugung
  • (2) Abgrenzung zu § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Var. 2 GWB
  • (3) Abgrenzung zu § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 GWB
  • (4) Schlussfolgerung
  • dd) Möglichkeit der sachlichen Rechtfertigung
  • b) Mögliches Alternativverhalten
  • aa) Anordnung der eingeblendeten Suchergebnisse
  • bb) Einsatz der Shopping Unit
  • (1) Entfernung der Shopping Unit
  • (2) Vergabe der gesamten Shopping Unit über Auktionsverfahren
  • (3) Weitere Alternativen
  • (4) Bewertung
  • c) Fazit zur Untersagung der Selbstbevorzugung
  • III. Unangemessene Konditionen für Inhalteanbieter
  • 1. Anzeige von Snippets zu Presseveröffentlichungen
  • a) Leistungsschutzrecht für Presseverleger
  • aa) Vorgängerregelung aus § 87f UrhG-a.F.
  • bb) Neues Leistungsschutzrecht aus § 87g UrhG
  • (1) Begriff der Presseveröffentlichung
  • (2) Kleinteileausnahme
  • (a) Meinungsstand zu § 87f Abs. 1 S. 1 UrhG-a.F.
  • (b) Auslegung von § 87g Abs. 2 Nr. 4 UrhG
  • (c) Bewertung
  • b) Untersagung einer Snippet-Nutzung nach § 19a Abs. 2 S. 1 Nr. 7 GWB
  • aa) Das Fordern von Vorteilen
  • (1) Vorteil
  • (2) Forderung
  • bb) Unangemessenes Verhältnis zwischen den Vorteilen und dem Grund der Forderung
  • (1) Abstrakte Kriterien zur Beurteilung des Verhältnisses
  • (a) Angemessene Vergütung
  • (b) Verhältnis in der Gesamtschau
  • (2) Konkretisierung der Unangemessenheit
  • (a) Konkretisierung durch das Erforderlichkeitsmerkmal in lit. a
  • (b) Anwendung von lit. a auf die Snippet-Konstellation
  • (3) Fazit
  • cc) Möglichkeit der sachlichen Rechtfertigung
  • (1) Aufrechterhaltung des Geschäftsmodells
  • (2) Abgrenzung zwischen Inhaltevermittler und Inhalteanbieter
  • (3) Fazit
  • dd) Gesamtfazit zur Snippet-Nutzung
  • 2. Google-News-Showcase-Verfahren nach § 19a GWB
  • D. Zugang zu historischen Suchdaten für konkurrierende Suchmaschinenanbieter
  • I. Änderungen zum Datenzugang in § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB
  • II. Google als potentieller Normadressat
  • III. Voraussetzungen für die Anordnung eines Datenzugangs
  • 1. Zugangsverweigerung
  • a) Angemessenheit des Entgelts
  • b) Unentgeltlicher Datenzugang
  • c) Fazit
  • 2. Unerlässlichkeit der Daten
  • a) Fehlende Substituierbarkeit
  • b) Fehlende Duplizierbarkeit
  • c) Fazit
  • 3. Möglichkeit der sachlichen Rechtfertigung
  • a) Datenschutzrecht
  • aa) Art. 6 Abs. 1 Uabs. 1 lit. c DSGVO als Erlaubnisgrundlage
  • bb) Einwilligungslösung
  • cc) Anonymisierung durch Google
  • dd) Fazit
  • b) Innovation
  • c) Fazit
  • IV. Bewertung des neuen § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB
  • E. Zugang zu Suchnutzern
  • I. Erleichterung des Nutzerzugangs durch Datenportabilität
  • 1. Abgrenzung zu Datenzugangsansprüchen
  • 2. Datenportabilität als Mittel gegen Lock-In-Effekte
  • 3. Recht auf Datenportabilität gemäß Art. 20 DSGVO
  • a) Voraussetzungen
  • b) Eingeschränkte Effektivität
  • aa) Begriff der Bereitstellung
  • (1) Orientierung an Art. 4 Nr. 2 DSGVO
  • (2) Auslegung nach Sinn und Zweck
  • (a) Souveränität der betroffenen Person
  • (b) Wettbewerbsförderndes Mittel gegen Lock-In-Effekte
  • (3) Fazit
  • bb) Keine Anwendung bei Datenverarbeitungen aufgrund berechtigten Interesses
  • cc) Drittbezug
  • 4. Bewertung von § 19a Abs. 2 S. 1 Nr. 5 Alt. 2 GWB mit Blick auf Google
  • II. Erleichterung des Nutzerzugangs durch die Untersagung ausschließlicher Vorinstallationen und Voreinstellungen
  • 1. Untersagungsmöglichkeiten durch die neue Missbrauchsaufsicht nach § 19a GWB
  • a) Erfassung durch § 19a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. b GWB
  • aa) Vermittlung zum Absatzmarkt
  • bb) Ausschließliche Integration eigener Angebote
  • cc) Bewertung
  • b) Erfassung durch § 19a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GWB
  • aa) Reichweite der Norm
  • bb) Zu untersagende Vereinbarungen
  • c) Fazit zu den Untersagungsvarianten aus § 19a Abs. 2 GWB
  • 2. Design zur Auswahl von Suchmaschinen
  • a) Früheres Design des von Google verwendeten Choice Screen
  • b) Neues Design
  • c) Bewertung
  • 3. Fazit
  • III. Gesamtfazit zum Nutzerzugang
  • F. Erfassung und Bewertung wettbewerbsschädlicher Übernahmen
  • I. Erfassung wettbewerbsschädlicher Übernahmen
  • 1. Geltungsbereich der Zusammenschlusskontrolle
  • 2. Neues Aufgreifinstrument in § 39a GWB
  • 3. Bewertung der Gesetzesänderung
  • 4. Vorschlag einer generellen Anmeldepflicht für Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung
  • II. Beurteilung von Übernahmen
  • 1. Grundsätze für die Beurteilung
  • 2. Ansätze zur Verschärfung der Beurteilungskriterien
  • a) Vorschlag von Schweitzer et al.
  • b) Vorschlag für spezielle Regelungen für Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung
  • c) Idee zur Beweislastumkehr aus dem US-amerikanischen Recht
  • d) Würdigung der Ansätze
  • III. Alternative der missbrauchsunabhängigen Entflechtung
  • IV. Fazit
  • G. Gesamtbewertung zu Kapitel 3
  • Kapitel 4: Entwicklungen auf EU-Ebene – Der Digital Markets Act
  • A. Ziele des DMA
  • B. Design des DMA und Verbesserungsvorschläge
  • I. Einordnung eines Unternehmens als Gatekeeper
  • 1. Qualitativer Ansatz
  • 2. Quantitativer Ansatz
  • a) Schwellenwert zur Ermittlung des erheblichen Einflusses auf den Binnenmarkt
  • b) Schwellenwert zur Ermittlung der Gatekeeper-Position
  • c) Schwellenwert zur Ermittlung der gefestigten und dauerhaften Position
  • 3. Ergänzung um das Kriterium „Ökosystem“?
  • 4. Fazit
  • II. Mögliche Rechtsinstrumente gegen Gatekeeper
  • 1. Ge- und Verbote
  • 2. Zusammenschlusskontrolle
  • 3. Geldbußen und Abhilfemaßnahmen
  • C. Bewertung der Regelungen mit Blick auf Google und Google Search
  • I. Einordnung von Google als Gatekeeper i.S.d. DMA
  • 1. Einordnung nach dem qualitativen Ansatz
  • 2. Einordnung nach dem quantitativen Ansatz
  • 3. Fazit
  • II. Mögliche Ge- und Verbote mit Blick auf Google
  • 1. Voreinstellung eigener Dienste
  • 2. Selbstbevorzugung
  • 3. Datenportabilität
  • 4. Datenzugang
  • 5. Fazit
  • D. Zusammenspiel zwischen DMA und § 19a GWB
  • I. § 19a GWB als Regulierung
  • II. § 19a GWB als Wettbewerbsrecht
  • III. Bewertung
  • E. Fazit
  • Kapitel 5: Abschlussbetrachtung
  • A. Google Search als Gatekeeper strengere Vorgaben erteilen
  • B. Wettbewerbern den Zugang zu Nutzern erleichtern
  • C. Passendes Design für ex-ante-Ansatz ermitteln
  • D. Anpassung der Zusammenschlusskontrolle vornehmen
  • Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

AEUV
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
DMA
Digital Markets Act
DMA-E
Entwurf zum Digital Markets Act
DSA
Digital Services Act
FKVO
Fusionskontrollverordnung
FRAND
fair, reasonable and non-discriminatory
GAFA
Akronym für Google, Apple, Facebook und Amazon
GAFAM
Akronym für Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft
GRCh
Charta der Grundrechte der Europäischen Union
i.S.v.
im Sinne von
OEM
Original Equipment Manufacturers
PVN
Pressevertrieb Nord KG
TRLPI
Texto Refundido de la Ley de Propiedad Intelectual
URL
Uniform Resource Locator
ZWeR
Zeitschrift für Wettbewerbsrecht

Siehe für die übrigen Abkürzungen:

Kirchner (Begr.), Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 10. Aufl. Berlin 2021

Einleitung

A. Anlass der Untersuchung

Im Jahr 1995 trafen Larry Page und Sergey Brin an der Stanford University aufeinander. Sie entwickelten die Suchmaschine BackRub, die kurz darauf in Google umbenannt wurde.1 Angetrieben wurden die beiden Gründer zunächst von dem Gedanken, die im Internet verfügbaren Inhalte für Nutzer zu sortieren und die Suche nach relevanten Informationen zu erleichtern. Bald darauf merkten sie jedoch, welchen Wert die Verarbeitung von Daten mit sich bringt und dass sich Google Search über Werbeanzeigen finanzieren lässt.2 Aufgrund dieser Erkenntnis konnte die zunächst kleine Google-Suche über die Jahre zu einem unter dem Namen Alphabet verbundenen Konglomerat aus diversen Tochterunternehmen gestaltet werden. Das Tochterunternehmen Google verbindet mittlerweile alle Internetdienste. Im Jahr 2020 – also gut zwei Jahrzehnte, nachdem Brin und Page den Wert der Werbung erkannt haben – hat allein Google 146,92 Milliarden US-Dollar durch Werbeanzeigen generiert.3 Dass dies möglich ist, kann auf ein riesiges Ökosystem aus verschiedenen Google-Diensten zurückgeführt werden. Im Zentrum dieses Ökosystems steht Google Search.

Die Suchmaschine hat in Deutschland seit über einem Jahrzehnt einen Anteil von über 90 % an allen Suchanfragen.4 Zwar wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Nutzung alternativer Suchmaschinen „nur einen Klick entfernt“ sei.5 Es mehren sich jedoch die Stimmen, die darauf hinweisen, dass auf einzelnen Märkten ein Konkurrieren mit Diensten großer Digitalunternehmen wie Google nicht möglich sei.6

Der Gesetzgeber und die zuständigen Behörden haben lange Zeit versucht, der soeben gezeichneten wettbewerblichen Macht von Google mit den herkömmlichen Mitteln des Kartellrechts beizukommen. Eine große Herausforderung lag darin, den strukturellen und ökonomischen Aufbau digitaler Plattformen wie Google Search in seiner gesamten Ausprägung und seiner Bedeutung für das Wettbewerbsgeschehen zutreffend zu erfassen. Beispielhaft hierfür ist die Diskussion darüber, ob ein relevanter Markt angenommen werden kann, wenn die Nutzer von Diensten wie Google Search kein Entgelt für die Nutzung erbringen müssen.7

Nunmehr herrscht weltweit Einigkeit, dass der wirtschaftlichen Macht digitaler Konglomerate entgegengewirkt und das Kartellrecht zu diesem Zweck neu gefasst werden muss. Ob in den USA oder der EU, wo jüngst der Digital Markets Act (DMA) verabschiedet wurde – Änderungen im Kartellrecht lassen sich weit oben auf der politischen Agenda finden.8 Insofern steht das Kartellrecht inmitten einer Zeitenwende.9 In dieser Bewegung nimmt Deutschland eine „Vorreiterrolle“ ein.10 Nachdem die ECN+-Richtlinie11 den Gesetzgeber zu einer 10. GWB-Novelle gezwungen hat, ergriff dieser die Gelegenheit, das Kartellrecht in Anknüpfung an die 9. GWB-Novelle für die Auseinandersetzung mit den großen Digitalunternehmen aufzustellen. Mitunter wurden die gesetzgeberischen Tätigkeiten so bewertet, dass Ziel der 10. GWB-Novelle sei, deutsche und weitere europäische Unternehmen im Verhältnis zu den dominierenden US-amerikanischen Unternehmen zu stärken.12 Diesen Eindruck erweckte der Gesetzgeber durch eigene Äußerungen.13 Gerade mit Blick auf das rasante Wachstum dominanter Plattformen strebte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eine schnellere Kartellrechtsdurchsetzung an. Dieser Plan sei nicht zuletzt durch die langjährigen Verfahren gegen die großen digitalen Plattformen gereift.14 Für viel Aufsehen sorgte dabei insbesondere die neue kartellrechtliche Machtform der überragenden marktübergreifenden Bedeutung in § 19a GWB.15 Dies stellt den Versuch dar, die über zahlreiche Märkte hinweg bestehende Dominanz der GAFA-Unternehmen (Akronym für Google, Apple, Facebook und Amazon)16 in der kartellrechtlichen Bewertung besser berücksichtigen zu können. Durz sprach bei der Verabschiedung der 10. GWB-Novelle von nicht weniger als der „Geburtsstunde der sozialen digitalen Marktwirtschaft“.17 Wie weitreichend die Regelungen der 10. GWB-Novelle und des DMA sein könnten, zeigt sich auch an der Reaktion von Google selbst. Das Unternehmen gibt laut einer Untersuchung von Lobby Control jährlich fast sechs Millionen Euro für Lobbyarbeit bei EU-Institutionen aus – so viel wie kein anderes Unternehmen.18

B. Themeneingrenzung

Die Untersuchung bezieht sich auf Google Search und die Stellung des Dienstes im Google-Ökosystem sowie im Alphabet-Konzern. Die Stellung von Google Search erfährt demnach in zweierlei Hinsicht eine Konkretisierung. Zum einen wird Google Search als marktbeherrschende Plattform auf dem Markt der allgemeinen Suche untersucht. Zum anderen wird eine Analyse von Google Search als Stabilisator des Google-Ökosystems und als Vermittler für zahlreiche speziellere Suchdienste von Google wie etwa Google Shopping vorgenommen.

In rechtlicher Hinsicht knüpft die Untersuchung an die 10. GWB-Novelle und die damit einhergehenden Änderungen des Kartellrechts an. Insofern dienen als Untersuchungsgegenstand die Normen, die für die rechtliche Erfassung der herausgearbeiteten Faktoren zur Machtkonzentration maßgeblich sind.

C. Gang und Ziel der Untersuchung

Zunächst wird Google Search in einem kurzen Grundlagenteil als digitale Plattform näher beleuchtet. Hierdurch wird ein Verständnis für die technischen und ökonomischen Abläufe der Plattform geschaffen. Insbesondere fokussieren die Ausführungen auf die Einordnung von Google Search als Plattform und die dafür maßgeblichen Netzwerkeffekte, die zwischen den Nutzergruppen der Suchenden, Werbenden und Webseitenbetreiber wirken.

Hierauf folgen Kapitel 2 und 3, die thematisch miteinander verbunden sind. Zunächst werden in Kapitel 2 sechs Faktoren herausgearbeitet, die für die kartellrechtliche Macht von Google Search und die zentrale Rolle des Dienstes im Google-Ökosystem maßgeblich sind. Im Anschluss wird untersucht, ob der Gesetzgeber diese Faktoren im Rahmen der 10. GWB-Novelle berücksichtigt hat. Dabei wird mit der Untersuchung weder beabsichtigt, eine reine Kommentierung der neuen Normen, noch, eine allumfassende Analyse der Google-Dienste vorzunehmen. Vielmehr konzentriert sich die Arbeit auf die sechs identifizierten Faktoren für die Machtkonzentration und auf die Frage, inwiefern durch die gesetzlichen Änderungen diesen Faktoren begegnet wird. Das Ziel der Untersuchung ist somit die Beantwortung der Frage, ob die Änderungen zu einer Reduzierung der herausgearbeiteten Machtkonzentration führen und für bessere Wettbewerbsbedingungen sorgen. Nicht berücksichtigt werden konnten hierbei mögliche Transparenzpflichten von Google gegenüber Werbenden hinsichtlich der im Zusammenhang mit der Werbung verlangten Konditionen und der anfallenden Daten. Ebenfalls nicht in die vorliegende Untersuchung eingeschlossen ist die Frage, inwiefern Google datenschutzrechtliche Vorgaben bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und insbesondere bei der Einholung von Einwilligungen missachtet.19

Zum Ende der Untersuchung wird angesichts der aktuellen Entwicklungen auf EU-Ebene ein Blick auf die Regelung des jüngst verabschiedeten DMA geworfen. Die vorliegende Arbeit kann keine umfassende Würdigung des Regelungswerks bieten. Vielmehr stehen die Auswirkungen des DMA auf Google Search sowie eine mögliche Kollision mit der neuen Missbrauchsaufsicht aus § 19a GWB im Fokus.


1 McAlone auf „Business Insider“, http://go.wwu.de/ar22e.

2 Martens, S. 16; Schulz, S. 47; Zuboff, S. 96 f. Da es Google Search als erste Suchmaschine verstanden hat, das Einblenden von Werbeanzeigen effektiv in den Dienst einzubauen, bezeichnet Zinndorf die Plattform als „First Mover“, Zinndorf, S. 194.

3 Werbeumsätze von Google in den Jahren 2001 bis 2020, http://go.wwu.de/he09h.

4 Marktanteile der allgemeinen Suchmaschinen, http://go.wwu.de/a-anc.

5 Crane, Journal of Competition Law & Economics 2012, 459 (464); Körber, WRP 2012, 761 (762); Nolte, ZUM 2017, 552 (563); Pohlmann/Lindhauer/Peter, NZKart 2021, 466 (473); Varian, Rivista di Politica Economica 2006, 177 (178).

6 Hoffmann-Riem, in: Augstein (Hrsg.), 121 (130); Larouche/de Streel, S. 13. In diese Richtung ebenfalls: Podszun, in: Deutscher Juristentag (Hrsg.), F 1 (F 71); Schweitzer, ZEuP 2021, 503 (519).

7 Siehe hierzu: Klotz, WuW 2016, 58 (58 ff.); Podszun/Franz, NZKart 2015, 121 (121 ff.); Topel, in: Klose/Klusmann/Thomas (Hrsg.), 57 (57); Volmar, S. 86 ff.; Volmar, WRP 2019, 582 (582 ff.); Wismer/Bongard/Rasek, Journal of European Competition Law & Practice 2017, 257 (260).

8 Käseberg, in: Bien et al. (Hrsg.), Kapitel 1, Rn. 176; Podszun, in: Deutscher Juristentag (Hrsg.), F 1 (F 44); Podszun/Kreifels, in: Mak/Tjong Tjin Tai/Berlee (Hrsg.), 183 (192 f., 195); Scholz, WuW 2019, 619 (619 ff.). Für die Entwicklungen in den USA siehe: Guggenberger, WuW 2021, 633 (633); Kopf, MMR 2021, 449 (450); Stigler Committee on Digital Platforms; Subcommittee on Antitrust, Commercial, and Administrative Law of the Committee on the Judiciary. Für die Entwicklungen auf EU-Ebene siehe: BMWi, Ein neuer Wettbewerbsrahmen für die Digitalwirtschaft. Schweitzer/Gutmann sehen die EU als Vorbild für die Durchsetzung von Kartellrecht in Ländern wie Russland, Brasilien, der Türkei oder Südkorea, Schweitzer/Gutmann, S. 35 f. Für die Entwicklungen in Großbritannien siehe: Furman et al. Für die Entwicklungen in Australien siehe: Australian Competition & Consumer Commission. Für die Entwicklungen in Indien siehe: Kathuria, Ex-ante Regulation for Digital Markets in India, go.wwu.de/abwow. Für die Entwicklungen in Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika siehe: BRICS.

9 Aus Sicht von Körber bewegt sich der „political zeitgeist“ in Richtung Regulierung, Körber, NZKart 2021, 379 (379). Podszun spricht in Anbetracht einer möglichen Zeitenwende von einem „kartellrechtlichen Schlüsselmoment“, Podszun, Stellungnahme für den Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags, S. 6.

10 Brandenburger/Janssens, in: Klose/Klusmann/Thomas (Hrsg.), 3 (11); Immenga, K&R 2021, Heft 3, Editorial; Jovanovic/Greiner, MMR 2021, 678 (678); Kopf, MMR 2021, 449 (449); Lettl, WRP 2021, Heft 3, Editorial. Weitere Zuschreibungen lauten „Pionierwirkung“, (Hoeren, MMR-Aktuell 2021, 442061), „Eisbrecher“ (Käseberg/Brenner/Fülling, WuW 2021, 269 (270)) sowie „Testlabor“ (Kühling, NZKart 2020, 157 (157)).

11 Richtlinie (EU) 2019/1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts.

12 Podszun, WRP 2019, Heft 11, Editorial.

13 BMWi, Referentenentwurf zur 10. GWB-Novelle, S. 1.

14 BMWi, Referentenentwurf zur 10. GWB-Novelle, S. 1.

15 Grünwald, MMR 2020, 822 (826); Immenga, K&R 2021, Heft 3, Editorial.

16 Das Akronym wird verwendet, um die Macht und Einflussnahme der vier Konzerne zu verdeutlichen: Gerpott, NZKart 2021, 273 (273); Grünwald, MMR 2020, 822 (822); Paal, NZKart 2018, 157 (157); Podszun/Bongartz/Langenstein, EuCML 2021, 60 (60); Polley/Kaup, NZKart 2020, 113 (116); Schwalbe, in: Klose/Klusmann/Thomas (Hrsg.), 389 (398); Todd, Nebraska Law Review 2019, 486 (488). Die Einführung des Akronyms geht wohl auf Simon Andrews zurück, der den Begriff schon im Jahr 2011 gebraucht hat, als er die Marketing-Strategien dieser Unternehmen analysierte, siehe hierzu: Miguel/Casado, in: Gómez-Uranga/Zabala-Iturriagagoitia/Barrutia (Hrsg.), 127 (127 ff.). Teilweise wird auch Microsoft in die Aufzählung miteinbezogen und das Akronym zu „GAFAM“ erweitert: Budzinski/Mendelsohn, S. 4; Franck/Peitz, in: Richter/Straub/Tuchtfeld (Hrsg.), 84 (84); Haucap, Wirtschaftsdienst 2020, 20 (20); Mendelsohn, MMR 2021, 857 (857); Parker/Petropoulos/Van Alstyne, S. 4; Schweitzer/Gutmann, S. 35.

17 Plenarprotokoll 19/204, S. 25642.

18 Bank et al., S. 6.

19 Siehe zum hierzu mit Blick auf § 19a Abs. 2 S. 1 Nr. 4 lit. a GWB und das gegen Google eingeleitete Verfahren: Bundeskartellamt, Pressemitteilung v. 25.05.2021, http://go.wwu.de/502pj.

Kapitel 1: Technische und ökonomische Betrachtung von Google Search

A. Teilelement von Google LLC im Mutterkonzern Alphabet Inc.

Im Jahr 1998 haben Larry Page und Sergey Brin das Unternehmen Google Inc. gegründet.20 Siebzehn Jahre später, 2015, ist daraus Alphabet Inc.21 hervorgegangen. Dabei handelt es sich um eine übergeordnete Holding-Gesellschaft, die verschiedene Geschäftsbereiche des ursprünglichen Unternehmens Google in einzelne Tochterunternehmen aufgeteilt hat.22 In einem dieser Tochterunternehmen sind unter dem Namen Google LLC23 alle Internetdienste zusammengefasst.24 Neben Google Search zählen hierzu unter anderem die Google-Dienste Ads, Android, Chrome, Cloud, Maps, Play, Hardware und die Plattform YouTube.25 Weitere Tochterunternehmen von Alphabet sind unter anderem DeepMind (Anwendungen mittels Künstlicher Intelligenz), Waymo (autonomes Fahren) und X (Forschungsabteilung).26

Google ist das Tochterunternehmen, das mit weitem Abstand am meisten Gewinn generiert.27 Dieser Gewinn setzt sich im Wesentlichen aus Werbeeinnahmen zusammen, die wiederum zu einem großen Teil durch Werbung über Google Search generiert werden.28 Die anderen Tochterunternehmen von Alphabet dienen zum einen der „hauseigenen“ Forschung und Entwicklung. Zum anderen helfen sie, die Google-Dienste zu monetarisieren. Dies kann durch das Sammeln oder Erzeugen wertvoller Daten erfolgen, die zur Optimierung der Suchdienste oder zur Personalisierung der Werbeanzeigen genutzt werden.

Darüber hinaus stehen einige Geschäftsbereiche mittelbar in Zusammenhang zu Google Search. Exemplarisch hierfür steht das Loon-Projekt, mit dem Alphabet beabsichtigt, Personen rund um die Welt den Zugang zum Internet zu ermöglichen.29 Die Idee entstammt der „Moonshot-Fabrik“ des Tochterunternehmens X.30 Nach einigen Jahren der Entwicklung wurde Loon im Juli 2018 ein selbstständiges Tochterunternehmen von Alphabet.31 Inzwischen finden – nach langen Forschungsarbeiten – die ersten Einsätze in der Praxis statt: Seit 2020 wird in Kenia der Netzbetreiber Telkom Kenya durch Loon bei der Internetversorgung unterstützt.32 Die Idee hinter dem Projekt ist keinesfalls einem altruistischen Ansatz von Alphabet geschuldet. Vielmehr lassen sich die Einnahmen aus dem Segment der Online-Werbung durch eine größere Anzahl potentieller Werbekunden erhöhen. In Anbetracht der Tatsache, dass bisher nur etwa die Hälfte der Weltbevölkerung das Internet nutzt,33 bietet die Internetversorgung einen vielversprechenden Hebel.34 Google Search ist weltweit die mit weitem Abstand meistgenutzte Suchmaschine.35 Es ist zu erwarten, dass der Suchmaschinenanbieter auch neue räumliche Märkte schnell dominieren würde. Insofern eröffnen sich Google Search enorme Potentiale, was die Erzielung von Werbeeinnahmen anbelangt. Etwas vereinfacht klingt die Rechnung wie folgt: Je mehr Personen Zugang zum Internet haben, desto mehr Personen nutzen Google Search. Umso öfter einem Suchenden Suchergebnisse und Werbeanzeigen präsentiert werden, umso mehr Werbeanzeigen werden geklickt und umso höhere Einnahmen werden generiert.36

Die vorangegangene Einordnung von Google Search in den Gesamtkontext – also die Stellung im Alphabet-Konzern – ist bei der Bewertung der Gesetzesänderungen und der Identifizierung von weiterem gesetzgeberischem Handlungsbedarf zu berücksichtigen. Ein gutes Beispiel sind die von Alphabet und Google ausgehenden Unternehmensübernahmen. Einige dieser Zusammenschlüsse wirken sich – wenngleich auf mittelbarem Wege – folgenschwer auf den Suchmaschinenmarkt aus.37 Ein Verständnis für die Struktur von Alphabet und die diesbezüglich erhebliche wirtschaftliche Bedeutung von Google Search ist somit Grundvoraussetzung für die effektive Ausübung der Zusammenschlusskontrolle.

B. Technische Abläufe der Suchmaschine

Google Search bietet Internetnutzern an, sie auf schnellem und einfachem Wege zu einer gesuchten Webseite zu leiten. Zur Beantwortung einer Suchanfrage bedient sich die Suchmaschine eines Indexes und präsentiert anschließend die zur Suchanfrage passenden Inhalte. Im Regelfall wird bei der Präsentation der Suchergebnisse eine an der Relevanz dieser Inhalte orientierte Auflistung vorgenommen. Der technische Ablauf im Rahmen der Suche wird im Folgenden kurz skizziert. Er besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: Crawling, Indexierung und Ranking.38

I. Crawling

Für den Nutzen einer Suchmaschine sind zwei Aspekte maßgeblich. Zum einen müssen möglichst viele Inhalte vermittelt werden können. Zum anderen sollte die Suchanfrage auf Grundlage der zum konkreten Zeitpunkt auch tatsächlich im Internet befindlichen Inhalte beantwortet werden.39 Um diese Voraussetzungen zu erfüllen, bedienen sich Suchmaschinen sogenannter Crawler40. Diese nutzen die im Internet vorhandene Link-Struktur, um sich einen Weg zu bahnen und möglichst alle Inhalte zu erfassen.41 Für die Berücksichtigung neuer, geänderter sowie gelöschter Inhalte ist es wichtig, dass sich die Crawling-Prozesse ständig wiederholen.42 Dabei werden die im Internet verfügbaren URL unterschiedlich oft gecrawlt.43 Die Crawling-Abstände bestimmen sich danach, welche Relevanz die URL für das allgemeine Informationsinteresse haben44 und in welchen Abständen inhaltliche Änderungen an der Webseite vorgenommen werden.45

Die Betreiber von Webseiten müssen in den allermeisten Fällen nicht tätig werden, um von einer Suchmaschine gecrawlt zu werden. Es steht ihnen aber offen, manuell auf einen Crawling-Vorgang einzuwirken. Dies kann unter Verwendung und durch Ausgestaltung einer „robots.txt“-Datei erfolgen.46 In einer solchen Datei kann ein Robots Exclusion Protocol angelegt werden.47 Hiermit bringt der Webseitenbetreiber zum Ausdruck, dass bestimmte oder alle Suchmaschinen die Webseite oder Teile davon nicht crawlen sollen. An mehreren Stellen ist zu lesen, dass sich auf diese Weise das Crawling der eigenen Webseite einschränken oder verhindern ließe.48 Um genau zu sein, handelt es sich dabei aber um eine Konvention zwischen Webseitenbetreiber und Crawler, nach der die Webseite nicht gecrawlt werden soll.49 Der Crawling-Prozess kann somit technisch gesehen nicht unterbunden werden. Der Einsatz einer „robots.txt“-Datei erfolgt häufig aus dem Grund, dass das Crawling der eigenen Webseite zu einer hohen Serverauslastung führen kann.50

Neben dem Verhindern oder Einschränken des Crawling-Vorgangs bleibt einem Webseitenbetreiber die Möglichkeit, seine Webseite bewusst auf den Crawling-Prozess einer Suchmaschine auszurichten.51 Das Motiv einer solchen Suchmaschinenoptimierung liegt darin, gegenüber der Suchmaschine eine hohe Relevanz der dargebotenen Inhalte zu suggerieren und die Position in den Suchergebnissen zu verbessern.52 Daneben kann eine gezielte Ausrichtung bewirken, dass Neuerungen und Änderungen in kürzeren Intervallen erfasst werden.53

II. Indexierung

Auf den Crawling-Vorgang folgt die Indexierung der Webseiten. In einem ersten Schritt werden hierzu alle durch das Crawling lokalisierten Daten in ein einheitliches Format umgewandelt.54 Im Anschluss werden diese Daten dem Index zugeführt. Der Index bietet die Grundlage, aus der sich der Algorithmus zur Beantwortung einer Suchanfrage bedienen kann.

III. Ranking

Der dritte und letzte Schritt vor der Anzeige der Suchergebnisse ist das Ranking der einzelnen Ergebnisse. Während die Indexierung bestimmt, auf welche Inhalte Google Search überhaupt verweisen kann, bestimmt das Ranking die Sichtbarkeit für die Nutzer. Im Regelfall nimmt der Nutzer nur die Inhalte wahr, die relativ weit oben angezeigt werden.55

Ursprünglich nutzte Google Search den von Larry Page und Sergey Brin entwickelten „PageRank“.56 Dabei wurde hinsichtlich der Relevanz einer Webseite im Wesentlichen auf die Anzahl vorhandener Verlinkungen durch andere Webseiten abgestellt.57 Mittlerweile berücksichtigen die Algorithmen neben dem Verlinkungsgrad viele weitere Faktoren.58 Insbesondere untersuchen sie die Suchergebnisse auf ihre Relevanz für die eingegebenen Suchbegriffe und teilweise auch für den suchenden Nutzer.59 Dabei kann sowohl der Standort des Nutzers als auch dessen Endgerät berücksichtigt werden.60 Darüber hinaus können die Aufrufe einer Webseite und die Zeit, die Nutzer auf dieser Webseite verbringen, berücksichtigt werden.61 Insgesamt fließen über 200 verschiedene Faktoren in die Bewertung mit ein.62

Da der Algorithmus aus den indexierten Inhalten ein Ranking relevanter Informationen erstellt, ist der Begriff des Suchalgorithmus irreführend.63 Prägnanter erscheint der Begriff des Bewertungsalgorithmus64, der auch in der vorliegenden Arbeit verwendet wird.

C. Ökonomische Einordnung

In den vergangenen Jahren kam es im Zusammenhang mit digitalen Plattformen immer wieder zu Fallkonstellationen, die einen kartellrechtlichen Handlungsbedarf aufdeckten, ohne dass sich dieser mit den bisherigen Mitteln des Kartellrechts erfassen ließ. Um die neuen Regelungen des GWB dahin gehend zu prüfen, ob sie die ökonomischen Zusammenhänge und wettbewerblichen Gefahren rund um Google Search angemessen adressieren, ist ein Blick auf die ökonomischen Grundzüge zu werfen. Zunächst werden die bei der Suche auftretenden Netzwerkeffekte herausgearbeitet (I.). Im Anschluss erfolgt unter Berücksichtigung der Netzwerkeffekte eine Einordnung von Google Search unter den Begriff der Plattform (II.).

I. Netzwerkeffekte

Im Folgenden wird zunächst die Theorie der Netzwerkeffekte dargestellt, um diese im Anschluss auf die einzelnen Verbindungen im Rahmen von Google Search anzuwenden. Die Identifikation der dort auftretenden Netzwerkeffekte hilft dabei, wettbewerbliche Gefahren zu identifizieren. Darüber hinaus geben die Netzwerkeffekte Aufschluss über das hinter Google Search stehende Geschäftsmodell.65

1. Theorie der Netzwerkeffekte

Die Erkenntnis, dass Netzwerkeffekte eine elementare Rolle für die Ökonomie digitaler Plattformen einnehmen, wurde durch eine Arbeit von Rochet/Tirole66 einer breiter angelegten Diskussion zugeführt.67 Die grundlegenden Gedanken beider Autoren fanden im Jahr 2000 in Form eines Working Papers Eingang in die Wissenschaft.68 Seitdem wurden die Annahmen zur Wirkung von Netzwerkeffekten durch viele Autoren ausdifferenziert.69 Mitunter werden die Begriffe Netzeffekte,70 Netzwerkexternalitäten71 oder nachfrageseitige Skaleneffekte72 als Synonyme für Netzwerkeffekte genutzt.73 Die vorliegende Arbeit folgt allerdings dem Begriff der Netzwerkeffekte.74 Diese können sowohl in direkter als auch in indirekter Weise auftreten.75

Ein direkter Netzwerkeffekt entsteht, wenn sich eine Person einer Nutzerseite der Plattform anschließt und hierdurch den Nutzen für diese Nutzerseite unmittelbar beeinflusst.76 Klassisches Beispiel für das Entstehen direkter Netzwerkeffekte ist das Telefon.77 Jeder zusätzliche Anschluss im Funknetz ermöglicht es dem Einzelnen, eine weitere Person zu erreichen. Aus heutiger Sicht ist das prägnanteste Beispiel für direkte Netzwerkeffekte das soziale Netzwerk Facebook.78 Der grundlegende Sinn des Netzwerks liegt darin, mit anderen Nutzern in Verbindung zu treten. Die Anzahl möglicher Kommunikationspartner und somit auch der Nutzen steigt mit jedem hinzutretenden Nutzer. Neben einer positiven Wirkung können direkte Netzwerkeffekte den Nutzen auch negativ beeinflussen.79 Als Beispiel dient etwa der Wertverlust einer Marke, wenn (zu) viele Personen ein Produkt der Marke besitzen.80

Wenn sich das Hinzutreten von Personen auf der einen Nutzerseite auf den Nutzen für die Personen der anderen Nutzerseite auswirkt, liegen indirekte Netzwerkeffekte vor.81 Diese wirken etwa zwischen Käufern und Verkäufern auf Auktionsplattformen wie Ebay oder zwischen Männern und Frauen auf Online-Dating-Plattformen für heterosexuelle Personen.82

2. Netzwerkeffekte bei Google Search

Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Netzwerkeffekte im Rahmen von Google Search zu berücksichtigen sind. Mit den Suchenden, den Werbenden und den Webseitenbetreibern liegen drei relevante Nutzergruppen vor.83 Die Wirkungen innerhalb der einzelnen Nutzergruppen sind ebenso zu erörtern wie die Beziehungen zwischen den Nutzergruppen.

a) Suchende und Suchende

Anders als etwa bei Facebook ist eine Registrierung für die Nutzung von Google Search nicht erforderlich. Dadurch ist es schwierig, festzulegen, wann überhaupt ein Hinzutreten eines Nutzers anzunehmen ist. Hinzu kommt, dass die Suchenden nicht interagieren. Der Nutzen von Google Search wird durch die Charakteristika der anderen Suchenden nicht beeinflusst. Es erscheint vielmehr sinnvoll, statt der Anzahl der Suchenden auf die Anzahl der Suchanfragen abzustellen.

Eine Suchanfrage dient der Weiterentwicklung des Bewertungsalgorithmus.84 Jede weitere Suchanfrage kann sich somit positiv auf künftige Suchanfragen auswirken. Zuweilen werden hierin direkte85 oder auch indirekte Netzwerkeffekte86 gesehen. Gegen eine solche Annahme spricht jedoch, dass der Nutzen in Bezug auf künftige Suchanfragen nicht unmittelbar zunimmt.87 Die Zunahme erfolgt erst durch die von Google Search betriebene Datenanalyse und die hierauf basierenden Änderungen an den für das Ranking maßgeblichen Parametern.88 Gegen die Annahme direkter Netzwerkeffekte spricht zudem der Umstand, dass zwischen den Suchenden keinerlei Interaktion stattfindet.89 Die positiven Wirkungen auf die Lernfähigkeit des Bewertungsalgorithmus sind demnach als nachfrageseitige Größenvorteile90 oder als Lerneffekte91 einzuordnen.

Details

Pages
376
Year
2023
ISBN (PDF)
9783631903568
ISBN (ePUB)
9783631903575
ISBN (Hardcover)
9783631902035
DOI
10.3726/b20920
Language
German
Publication date
2023 (August)
Keywords
Google Kartellrecht Datenmacht Gatekeeper Nutzerzugang Digitale Märkte
Published
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2023. 376 S.

Biographical notes

Steffen Uphues (Author)

Steffen Uphues studierte Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Während der Erstellung seiner Dissertation war er am Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht, Zivilrechtliche Abteilung, tätig. Sein Referendariat absolviert er im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm, unter anderem mit Stationen beim Bundespräsidialamt sowie beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Previous

Title: Digitale Machtkonzentration von Google Search