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Binnendifferenzierung im Alphabetisierungskurs im Bereich Deutsch als Zweitsprache

von Anja Böttinger (Autor:in)
©2023 Dissertation 304 Seiten
Open Access

Zusammenfassung

Alphabetisierungskurse im Bereich Deutsch als Zweitsprache sind von Heterogenität geprägt. Die Lehrkräfte sind methodisch herausgefordert, da die Teilnehmenden unterschiedliche Ausgangsbedingungen mitbringen und der Unterricht entsprechend angepasst werden muss. Handlungsbedarf sieht das Buch unter anderem in der Verbesserung der Qualität von Alphabetisierungskursen, wobei Binnendifferenzierung als Schwerpunkt der Unterrichtsgestaltung identifiziert wird.
In diesem Band werden die Grundlagen zum Thema Binnendifferenzierung aufbereitet und erprobte binnendifferenzierenden Maßnahmen für den Alphabetisierungsbereich erörtert. Die Ergebnisse einer breit angelegten Lehrkräftebefragung belegen, dass Binnendifferenzierung in Alphabetisierungskursen zwar punktuell eingesetzt wird, aber als Unterrichtsprinzip nicht durchgängig verankert ist. Auf Grundlage der gewonnenen Datenbasis liefert dieses Buch konkrete Beispiele in Form von Unterrichtsmaterialien und Stundenentwürfen für den Transfer in den Unterricht.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • Ziele der Arbeit
  • Aufbau der Arbeit
  • Teil I: Grundlagen
  • 1 Alphabetisierung in der Zweitsprache Deutsch
  • 1.1 Zweitspracherwerb
  • 1.1.1 Hypothesen des Zweitspracherwerbs
  • 1.1.2 Einflussfaktoren auf den Zweitspracherwerbs
  • 1.1.3 Zusammenfassung
  • 1.2 Schriftspracherwerb
  • 1.2.1 Analphabetismus und Zweitschriftlernen
  • 1.2.2 Schrift und verschiedene Alphabete
  • 1.2.3 Phonologische Bewusstheit
  • 1.2.4 Modelle des Schriftspracherwerbs
  • 1.3 Methoden der Alphabetisierung
  • 1.3.1 Analytische, synthetische und analytisch-synthetische Methoden
  • 1.3.2 Silbenmethode
  • 1.3.3 Lesen durch Schreiben
  • 1.3.4 Morphemmethode
  • 1.3.5 Spracherfahrungsansatz
  • 1.3.6 Kontrastive Alphabetisierung
  • 1.4 Forschungsstand zur Alphabetisierung in der Zweitsprache Deutsch
  • 1.5 Zusammenfassung
  • 2 Binnendifferenzierung
  • 2.1 Begriffsklärung
  • 2.1.1 Binnendifferenzierung – eine Begriffsbestimmung
  • 2.1.2 Abgrenzung zur äußeren Differenzierung
  • 2.1.3 Abgrenzung zur Individualisierung
  • 2.1.4 Zusammenfassung
  • 2.2 Ziele der Binnendifferenzierung
  • 2.3 Möglichkeiten der Binnendifferenzierung
  • 2.4 Zur Binnendifferenzierung geeignete Unterrichtsverfahren
  • 2.4.1 Einsatz von Sozialformen
  • 2.4.2 Einsatz offener Unterrichtsmethoden
  • 2.4.3 Einsatz von Selbstkorrektur
  • 2.4.4 Einsatz von Helferprinzip
  • 2.5 Lern- und Lehrprozesse beim Konzept Binnendifferenzierung
  • 2.5.1 Erwachsene Lernende
  • 2.5.2 Anforderungen an Lehrkräfte
  • 2.5.3 Förderung der Lernerautonomie
  • 2.5.4 Förderung von Kooperation
  • 2.6 Diagnose und Lernstanddokumentation
  • 2.6.1 Kriterien und Kompetenzbereiche
  • 2.6.2 Phasen eines Diagnose- und Förderprozesses
  • 2.6.3 Instrumente der Lernstanddokumentation
  • 2.7 Forschungsstand zu Binnendifferenzierung
  • 2.8 Zusammenfassung
  • 3 Besondere Rahmenbedingungen des Unterrichts in Alphabetisierungskursen
  • 3.1 Lernziele und Lerninhalte des Alphabetisierungskurses
  • 3.1.1 Lernziele
  • 3.1.2 Lerninhalte
  • 3.2 Die Lernenden
  • 3.2.1 Soziodemografische Merkmale
  • 3.2.2 Lernvoraussetzungen und Lernerfolge
  • 3.2.3 Lebenssituation
  • 3.3 Die Lehrenden
  • 3.3.1 Ausbildung, Qualifikation und Unterrichtserfahrung
  • 3.3.2 Beschäftigungsbedingungen
  • 3.3.3 Alter, Geschlecht, Mutter- und Fremdsprachen
  • 3.3.4 Herausforderungen für Kursleitende
  • 3.4 Das Konzept Binnendifferenzierung im Rahmencurriculum
  • 3.4.1 Schrittweise Öffnung des Unterrichts und offene Unterrichtsmethoden
  • 3.4.2 Ausbau des selbstständigen Arbeitens und Förderung der Lernerautonomie
  • 3.5 Lehrwerke und Unterrichtsmaterialien
  • 3.5.1 Lehrwerke und Binnendifferenzierung
  • 3.5.2 Lehrwerksanalyse Schritte plus Alpha neu
  • 3.5.3 Weiteres Unterrichtsmaterial und Binnendifferenzierung
  • 3.5.4 Materialien zur Diagnose und Lernfortschrittermittlung
  • 3.6 Zusammenfassung
  • 4 Verortung, Ziele und Fragestellungen der Arbeit
  • 4.1 Verortung der Arbeit in der Forschungslandschaft
  • 4.2 Forschungsinteressen und Zielsetzung der Untersuchung
  • 4.3 Forschungsfragen
  • Teil II: Methodologie
  • 5 Empirische Untersuchung: Methode und Daten
  • 5.1 Forschungsmethode
  • 5.2 Befragung
  • 5.3 Messinstrument: Der Fragebogen
  • 5.3.1 Aufbau des Fragebogens
  • 5.3.2 Frageformen und Antwortvorgaben
  • 5.3.3 Entwicklung der Fragen
  • 5.3.4 Wissenschaftliches Feedback und Pretest
  • 5.4 Datenerhebung und Datenerfassung
  • 5.4.1 Durchführung und Beteiligung an der Befragung
  • 5.4.2 Gütekriterien und Probleme der Befragung
  • 5.4.3 Quantitative und qualitative Datenanalyse
  • Quantitative Datenanalyse
  • Qualitative Datenanalyse
  • 5.5 Beschreibung der Stichprobe
  • 5.5.1 Demografische Daten der Stichprobe
  • 5.5.2 Unterschiede zwischen schriftlicher und Online-Befragung
  • 5.5.3 Fehlende Werte des Datensatzes
  • Teil III: Ergebnisse
  • 6 Ergebnisse der Lehrkräftebefragung
  • 6.1 Quantitative Datenanalyse: Auswertung der Themenblöcke
  • 6.1.1 Lerngruppe
  • 6.1.2 Einsatz von Unterrichtsmaterial
  • 6.1.3 Einsatz von Sozialformen
  • 6.1.4 Einsatz von Differenzierungsmaßnahmen
  • 6.1.5 Einsatz von Unterrichtsverfahren
  • 6.1.6 Diagnose und Dokumentation des Lernfortschritts
  • 6.1.7 Einstellung der Lehrkraft
  • 6.2 Zusammenfassung der quantitativen Ergebnisse
  • 6.3 Quantitative Datenanalyse: Einflussfaktoren binnendifferenzierenden Unterrichtens
  • 6.4 Zusammenfassung der Einflussfaktoren
  • 6.5 Qualitative Datenanalyse: Kategorisierung und Auswertung
  • 6.5.1 Kursdeterminierte Grenzen
  • 6.5.2 Lernerdeterminierte Grenzen
  • 6.5.3 Unterrichtsdeterminierte Grenzen
  • 6.5.4 Lehrerdeterminierte Grenzen
  • 6.5.5 Trägerdeterminierte Grenzen
  • 6.6 Zusammenfassung der qualitativen Ergebnisse
  • Teil IV: Diskussion
  • 7 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
  • 7.1 Inwieweit nehmen Lehrkräfte die Lerngruppe in Alphabetisierungskursen als heterogen wahr? Welche Aspekte werden unterschiedlich wahrgenommen?
  • 7.2 Welche binnendifferenzierenden Maßnahmen werden im Unterricht praktiziert?
  • 7.3 Wo sehen Lehrkräfte Grenzen der Binnendifferenzierung?
  • 7.4 Welche konkreten Differenzierungsmaßnahmen und Handlungsempfehlungen sind aus den gewonnenen Erkenntnissen abzuleiten, damit Lehrkräfte ihren Unterricht binnendifferenziert gestalten können?
  • Teil V: Didaktik
  • 8 Handlungsempfehlungen für binnendifferenzierendes Unterrichten
  • 8.1 Schwerpunktsetzung und Auswahl der Vorschläge
  • 8.2 Vorschläge für konkrete Unterrichtsverläufe
  • 8.2.1 Vorschläge zu differenzierenden Aufgaben
  • 8.2.2 Vorschläge zur Gruppenarbeit
  • 8.2.3 Vorschläge zum Stationenlernen
  • 8.2.4 Vorschläge zum Projektunterricht
  • 8.2.5 Vorschläge zur Arbeit mit Wochenplänen
  • 8.3 Umsetzung im Unterricht
  • Fazit und Ausblick
  • Erkenntnisse und Reflexion der Arbeit
  • Limitationen und Generalisierbarkeit der Studie
  • Ansatzpunkte für weitere Forschungsarbeiten
  • Fazit
  • Literaturverzeichnis
  • Anhang

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

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Einleitung

Binnendifferenzierung ist als didaktische Maßnahme in jedweden Unterricht nicht mehr wegzudenken. Schon seit mehr als 50 Jahren sind Wissenschaft und Praxis auf der Suche nach Konzepten, wie mit der zunehmenden Heterogenität in den Klassenzimmern umgegangen werden sollte (vgl. Budde 2012: 1 f.). In der Schulforschung wurde Binnendifferenzierung in dieser Zeit mehr und mehr zum festen Bestandteil und erreichte im weiteren Verlauf ebenfalls die Erwachsenenbildung. Aber findet dieses Prinzip auch im Deutsch als Zweitsprache-Unterricht, auch in der Alphabetisierung von Migrant*innen Anwendung? Heterogenität ist kennzeichnend für die Zielgruppe dieser Kurse, wie primäre und funktionale Analphabeten sowie Zweitschriftlernende mit und ohne Deutschkenntnisse. So zeigen sich in solchen Alphabetisierungskursen beispielsweise aufgrund des häufig fehlenden Schulbesuchs sowie kaum erworbener Lernstrategien und damit einhergehender geringer Selbstständigkeit und Eigenverantwortung beim Lernen, besondere pädagogische Bedingungen. Die Umsetzung des binnendifferenzierenden Unterrichtens in Alphabetisierungskursen kann sich daher in der Praxis, trotz theoretischer Nachvollziehbarkeit, mitunter schwierig gestalten. Der Wunsch von Kursleitenden, Lernende individuell zu fordern und zu fördern sowie ein effektives und zielführendes Interagieren in der Gruppe zu ermöglichen, erfordert von der Lehrkraft viel Geduld und Ausdauer. Jedoch ist dieses Bemühen um Binnendifferenzierung in der Unterrichtsgestaltung unabdingbar, damit sich Lernende ohne Motivationseinbußen aktiv ins Unterrichtsgeschehen einbringen können.

Neben den verstärkten positiven Lernbedingungen ist die Auseinandersetzung mit Binnendifferenzierung für einen produktiven Umgang mit Heterogenität in Alphabetisierungskursen aufgrund der hohen Nachfrage dieser Kurse notwendig. Seit Inkrafttretens des Zuwanderungsgesetzes 2005 werden Integrationsangebote für Migrant*innen bundesweit durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert und von lokalen Trägern durchgeführt. Mit Einführung der Integrationskurse mit Alphabetisierung, sogenannter Alphabetisierungskurse, konnten im Jahr 2007 auch wenig literalisierte Personen erreicht werden. Die Bedeutung dieser Kurse im Kontext aller Integrationskursmaßnahmen nahm in den darauffolgenden Jahren stetig zu und erreichte in den Jahren 2016 und 2017 den Höhepunkt. Nach Angaben der Integrationskursstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge besuchten 2016 bundesweit 62.688 neue Kursteilnehmenden einen Alphabetisierungskurs, was←18 | 19→ ←19 | 20→18,5 Prozent aller Integrationskursteilnehmenden ausmacht. 2017 lag die Zahl sogar bei 76.889 neuen Teilnehmenden (26,3 Prozent), wohingegen sie in den Jahren davor bei etwa 10,3 Prozent lag (vgl. BAMF 2017). In den letzten Jahren ging die Nachfrage wieder etwas zurück, sodass 2019 eine neue Kursteilnehmerzahl von 28.875 (16,4 Prozent) zu verzeichnen war (vgl. BAMF 2019).

Die Bedeutung binnendifferenzierender Unterrichtsgestaltung wurde jedoch nicht nur für Kursleitende durch die enorme Nachfrage nach Alphabetisierungskursen zunehmend präsenter. Die Erkenntnisse der leo.-Studie im Jahr 2011, der ersten repräsentativen Erhebung „zum Ausmaß geringer Literalität in Deutschland“ (Grotlüschen/Riekmann 2011), richteten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Thema Alphabetisierung in der Muttersprache wie in der Zweitsprache und machten das Ausmaß der in Deutschland lebenden gering literalisierten Personen (7,5 Millionen Personen im Jahr 2011, 6,2 Millionen im Jahr 2018) sichtbar (vgl. Grotlüschen/Riekmann 2011; Grotlüschen et al. 2019). Im Folgenden wurde u. a. die Alpha-Dekade um weitere zehn Jahre verlängert, die zum Ziel hat, Literalität von Erwachsenen zu verbessern. Seitdem steigt die Zahl der Projekte und Forschungsarbeiten zum Analphabetismus. So möchte ebenfalls die vorliegende Arbeit zum Bereich der Alphabetisierung in der Zweitsprache Deutsch einen Forschungsbeitrag leisten, indem Möglichkeiten der Binnendifferenzierung für die Alphabetisierungskurse untersucht und entsprechend der Zielgruppe angepasst werden.

Bestehende Ideen, Erfahrungen und Konzepte zur Binnendifferenzierung sind vielfältig. Es existiert eine hohe Anzahl Ratgeberbücher für Lehrkräfte, was die Auswahl geeigneter Differenzierungsmaßnahmen und -strategien für den eigenen Unterricht zur Herausforderung werden lässt. Die Vielzahl verschiedener Bedingungen im und außerhalb des Unterrichts muss beachtet werden und beeinflusst die Entscheidung für bestimmte Unterrichtsmethoden. Diese Arbeit untersucht die Ausgangslage in den Alphabetisierungskursen und erörtert sowohl die Rahmenbedingungen, als auch die wissenschaftlichen Grundlagen zu Binnendifferenzierung. Ziel dieser Arbeit ist es, aus den verschiedenen Möglichkeiten der Binnendifferenzierung diejenigen zu identifizieren, die für Alphabetisierungskurse geeignet sind, und Lehrkräften eine Unterstützung zur Entscheidung für bestimmte Differenzierungsmaßnahmen anzubieten.

Die persönliche Motivation für die vorliegende Forschungsarbeit kommt aus meiner praktischen Tätigkeit im Bereich Deutsch als Zweitsprache. Meine Zugänge zum Thema lassen sich aus drei Erfahrungsbereichen ableiten:

  1. 1. als Lehrwerksautorin: Ein kurstragendes Lehrwerk richtet sich als roter Faden an die gesamte Lerngruppe. In heterogenen Lerngruppen ist es ←20 | 21→herausfordernd, den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden und Materialien für alle zu entwickeln. Bei meiner Lehrwerksreihe Schritte plus Alpha (Hueber Verlag) musste zum einen die inhaltliche Progression berücksichtigt werden, zum anderen auch die Progression der im Kurs zunehmenden Lernerfahrung und Kompetenzentwicklung der Lernenden. Trotz des Fakts, dass Lernen unterschiedlich schnell und intensiv verläuft und jede bzw. jeder Lernende einen eigenen Rhythmus und eigene Interessen hat, soll das Individuum in der Gruppe lernen und auch von den Kompetenzen der Gruppe profitieren. Daher war es mir wichtig, auf die unterschiedlichen Facetten der Lernenden bei der Lehrwerksentwicklung einzugehen und Aspekte der Binnendifferenzierung, beispielsweise bei der Textgestaltung, der Entwicklung von Aufgabenformaten und der grafischen Gestaltung, einfließen zu lassen.
  2. 2. als Fortbildnerin für Lehrkräfte in Alphabetisierungskursen: In der Zusatzqualifizierung für Lehrkräfte in Integrationskursen mit Alphabetisierung berichteten Kursleitende in Alphabetisierungskursen von Herausforderungen ihres Unterrichtsalltags. Dabei stand u. a. der Umgang mit der heterogenen Lerngruppe im Fokus. Nach Aussagen der Lehrkräfte würde es nicht immer gelingen, alle Lernenden zu erreichen und wären die zu bearbeitenden Lerninhalte für manche Lernende zu schwer, sodass diese kaum Lernfortschritte machen und andere Kursteilnehmenden aufhalten würden. Darüber hinaus wurde von Lernenden im Kurs berichtet, die zu weit fortgeschritten sind und die Motivation verlieren, da sie weniger gefordert werden. Unter Kursleitenden gab es demnach häufig Fragen bezüglich der praktischen Umsetzung von Binnendifferenzierung: Wie mache ich den Unterricht für alle interessanter? Wie kann ich individuell fördern? Wie beziehe ich die Fähigkeiten der Lernenden mit ein? Welche Aufgaben sind für die Binnendifferenzierung geeignet? Wie kontrolliere ich die Aufgaben, wenn jeder an etwas anderem gearbeitet hat? Mit den bisherigen Methoden konnten die Lehrkräfte nicht adäquat mit den Herausforderungen umgehen und suchten daher nach neuen methodisch-didaktischen Impulsen und Unterrichtskonzepten.
  3. 3. als Kursleiterin in Alphabetisierungskursen: Aus meiner eigenen Erfahrung als Kursleiterin in Alphabetisierungskursen ist mir die heterogene Zusammensetzung der Kursteilnehmenden bekannt. In meiner praktischen Tätigkeit gestaltete ich meinen Unterricht binnendifferenziert und probierte unterschiedliche Prinzipien aus. Daher ist mir bewusst, wie viel Durchhaltevermögen als Lehrkraft benötigt wird, um Methoden zu etablieren, die den Teilnehmenden unbekannt sind. Dazu zählt zum Beispiel die selbstständige ←21 | 22→Auswahl durch Lernende aus dem Angebot an Zusatzmaterialien, da die Hinführung zum selbstständigen Lernen für binnendifferenzierende Phasen im Unterricht elementar ist. Kleine Erfolge zeigten mir, wie wichtig es ist, in diesem Prozess nicht aufzugeben. Als Kursleiterin machte ich in jedem Kurs neue Lehrerfahrungen und passte Unterrichtsmethoden an die jeweilige Lerngruppe an.

All die Lernenden, die sich als Erwachsene das Lesen und Schreiben aneignen und all die Lehrkräfte, die mit viel Engagement die Lernenden bei der Alphabetisierung unterstützen, sind der Ansporn und Grund für die vorliegende Arbeit.

Ziele der Arbeit

Ziel der Forschungsarbeit ist es, Grundlagen zum Thema Binnendifferenzierung aufzubereiten, die erprobten binnendifferenzierenden Maßnahmen in Schulen und Erwachsenenbildung für den Alphabetisierungsbereich zu erörtern und durch eine Lehrkräftebefragung zu überprüfen. Aufgabe ist es, die tatsächliche Umsetzung von binnendifferenzierenden Maßnahmen in der Unterrichtspraxis in Alphabetisierungskursen mit Hilfe der empirischen Untersuchung zu analysieren und Handlungsempfehlungen und methodisch-didaktische Unterrichtsvorschläge für einen binnendifferenzierenden Unterricht herauszuarbeiten. Diese Arbeit soll somit einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Unterrichts mit lernungewohnten Teilnehmenden leisten sowie weitere wissenschaftliche Bezugsfelder eröffnen. Dabei steht sowohl die Reflektion bisheriger Praxis von Binnendifferenzierung als auch das Herausstellen weiterer, potentieller wissenschaftlicher Forschungsfelder im Fokus dieser Arbeit, um neue Impulse zur Binnendifferenzierung im Alphabetisierungskurs zu setzen.

Aus diesen Zielen ergeben sich folgende Forschungsfragen:

  1. 1. Inwieweit nehmen Lehrkräfte die Lerngruppe in Alphabetisierungskursen als heterogen wahr? Welche Aspekte werden unterschiedlich wahrgenommen?
  2. 2. Welche binnendifferenzierenden Maßnahmen werden im Unterricht praktiziert?
  3. 3. Wo sehen Lehrkräfte Grenzen der Binnendifferenzierung?
  4. 4. Welche konkreten Differenzierungsmaßnahmen und Handlungsempfehlungen sind aus den gewonnenen Erkenntnissen abzuleiten, damit Lehrkräfte ihren Unterricht binnendifferenziert gestalten können?

←22 | 23→Neben der theoretischen Auseinandersetzung mit der Umsetzung von Binnendifferenzierung zielt diese Arbeit darauf ab, die Lehrenden im Empowerment von Lernenden zu unterstützen. Die Lernenden sollen in den Kursen befähigt werden, Verantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen und einen Teil ihrer Lernziele selbstbestimmt zu verfolgen. Die Lehrkräfte werden daher angeleitet, ihren Unterricht in Teilen zu öffnen, um differenziert auf Lernende einzugehen und den Lernenden ein Vorankommen entsprechend des individuellen Leistungsniveaus zu ermöglichen. Die in dieser Arbeit entworfenen Unterrichtsvorschläge, Arbeitsmaterialien und methodischen Hinweise sollen diesen Schritt einleiten und damit eine binnendifferenzierte Arbeit unterstützen.

Details

Seiten
304
Erscheinungsjahr
2023
ISBN (PDF)
9783631896488
ISBN (ePUB)
9783631896495
ISBN (Hardcover)
9783631896471
DOI
10.3726/b20749
Open Access
CC-BY
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (Mai)
Schlagworte
Kurse für Deutsch als Zweitsprache Verbesserung der Unterrichtsgestaltung Lehrmaterialien und Unterrichtspläne
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2023. 304 S., 2 farb. Abb., 78 s/w Abb., 12 Tab.

Biographische Angaben

Anja Böttinger (Autor:in)

Anja Böttinger studierte Soziologie, Erziehungswissenschaft und Deutsch als Fremdsprache an der Universität Leipzig und promovierte an der Technischen Universität Berlin. Sie ist Autorin der Lehrwerksreihe Schritte plus Alpha beim Hueber Verlag München und leitet am Institut für Interkulturelle Kommunikation Berlin den Bereich Fort- und Weiterbildung.

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Titel: Binnendifferenzierung im Alphabetisierungskurs im Bereich Deutsch als Zweitsprache