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Vertragsvorbehalte in urheberrechtlichen Schranken

Eine kritische Untersuchung anhand des Urheber-Wissensgesellschafts-Gesetzes (UrhWissG)

von Julian Schemmann (Autor:in)
©2022 Dissertation 634 Seiten

Zusammenfassung

Der Autor nimmt die Bildungs- und Wissenschaftsschranken des Urheberrechts als Anlass, das hoch umstrittene Verhältnis von Verträgen und Schranken zu diskutieren. Die Untersuchung greift die dogmatische Frage auf, ob die gesetzlichen Nutzungserlaubnisse durch Vereinbarungen ausgehebelt werden können oder Grenzen der Privatautonomie bilden. Weil Schranken urheberrechtlich zwingendes Recht darstellen, kann sich ein Vertragsvorrang nur aus einer gesetzlichen Anordnung ergeben. Die Abhandlung bejaht die Verfassungs- und Unionsrechtskonformität eines solchen Vertragsvorbehalts und legt seine rechtspolitischen Vor- und Nachteile dar. Im Ergebnis lehnt der Autor die Rechtsfigur ab und präsentiert einen alternativen Lösungsansatz, urheberrechtlichen Vergütungsproblematiken zu begegnen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhalt
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A Einleitung
  • I Untersuchungsgegenstand, -anlass und -ziel
  • II Gang der Untersuchung
  • III Stand der Forschung
  • B Der Begriff der Schranken vor ihrem historischen und philosophischen Hintergrund
  • I Das Urheberrecht vor 1965
  • 1. Antike bis zum Spätmittelalter
  • 2. Privilegien und Verlagseigentum
  • 3. Autoreneigentum
  • 4. Lehre vom geistigen Eigentum
  • 5. Persönlichkeitsrecht und Immaterialgut
  • a) Lehre vom Urheberrecht als Persönlichkeitsrecht
  • b) Immaterialgüterrecht: Dualistische Theorie
  • c) Immaterialgüterrecht: Monistische Theorie
  • 6. Das Urheberrecht im 20. Jahrhundert in Deutschland
  • a) Weimarer Republik
  • b) Nationalsozialismus
  • II Das Urheberechtsgesetz von 1965
  • 1. Konzeption des Gesetzes
  • 2. Begriff und Inhalt der Schranken
  • 3. Konzeption und Systematik der Schranken
  • 4. Zweck der Schranken
  • 5. Vergütung der Verleger für gesetzlich erlaubte Nutzungen
  • a) Die Reprobel-Entscheidung des EuGH
  • b) Die Verlegeranteil-Entscheidung des BGH
  • III Ergebnis des historischen Abrisses
  • IV Einfluss der philosophischen Grundlagen
  • 1. Utilitaristische Begründung
  • 2. Personalistische Begründung
  • 3. Fortgeltung des Naturrechts
  • 4. Auswirkung der Fortgeltung
  • V Ergebnis des philosophischen Abrisses
  • VI Fazit
  • C Grundrechtsrelevanz der Schranken
  • I Grundrechtsschutz des Urhebers
  • 1. Das Urheberpersönlichkeitsrecht, Art. 2 I iVm Art. 1 I GG
  • 2. Die Verwertungsrechte, Art. 14 I GG
  • II Grundrechtsschutz der Schrankenprivilegierten und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums
  • 1. Die Rechtfertigung der Schranken
  • a) Die Informationsfreiheit, Art. 5 I 1 Hs. 2 GG
  • b) Die Kunstfreiheit, Art. 5 III 1 Var. 1 GG
  • c) Die Meinungsfreiheit, Art. 5 I 1 Hs. 1 GG
  • d) Die Wissenschaftsfreiheit, Art. 5 III GG
  • e) Die Kriterien der Rechtfertigung
  • 2. Die Gebotenheit der Schranken
  • 3. Zwischenergebnis
  • III Funktionen des Urheberrechts
  • 1. Kommunikationsfunktion
  • 2. Schutzfunktion
  • 3. Vergütungsfunktion
  • 4. Innovationsfunktion
  • IV Gesamtergebnis
  • D Auslegung von urheberrechtlichen Schranken und Verträgen
  • I Auslegung von urheberrechtlichen Schranken
  • 1. Starre Auslegungsregeln
  • 2. Verfassungskonforme und europarechtskonforme Auslegung
  • 3. Zusammenfassung
  • II Auslegung von Vereinbarungen
  • 1. Auslegung von Vereinbarungen allgemein
  • 2. Auslegung von Vereinbarungen im Anwendungsbereich urheberrechtlicher Schranken
  • III Gesamtergebnis
  • E Schrankendogmatik: Vertragsvorrang im UrhG?
  • I Grundlagen eines Vertragsvorrangs
  • 1. Begriff der Abdingbarkeit
  • a) Zwingendes und dispositives Recht: Abgrenzung und Ermittlung
  • b) Grammatikalische Auslegung urheberrechtlicher Schranken
  • c) Unterscheidung der Wirkungen vertraglicher Nutzungsbeschränkungen
  • 2. Urheberrechtliche Wirksamkeit vertraglicher Nutzungsbeschränkungen
  • a) Meinungsstand
  • b) Dogmatische Konstruktionsmöglichkeiten
  • aa) Ausschluss durch den Rechteinhaber
  • bb) Verzicht des Privilegierten
  • c) Zusammenfassung
  • II Die Rechtsnatur der Schranken
  • 1. Nutzungsrechte
  • a) Begriffserläuterung
  • b) Erscheinungsformen
  • c) Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten
  • aa) Gestattung und Einwilligung
  • bb) Geschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte
  • d) Rechteeinräumung
  • 2. Schranken als gesetzliche Vermutung einer vertraglichen Nutzungsrechtseinräumung?
  • a) Erschöpfungsgrundsatz als Argument?
  • aa) Patentrechtliche Lizenztheorie
  • bb) Urheberrechtliche Monopoltheorie
  • cc) Situation nach der Einführung von § 17 II UrhG
  • b) Schranken nach §§ 44a ff. UrhG als Argument?
  • aa) Auslegung der §§ 44a ff. UrhG ob einer rechtsgeschäftlichen Konstruktion
  • bb) Ausnahme durch § 60 UrhG als Auslegungsregel?
  • c) Weitere Schranken außerhalb §§ 44a ff. UrhG als Argument?
  • d) Ergebnis
  • 3. Schranken als gesetzliche Nutzungsrechtseinräumung?
  • a) Erschöpfungsgrundsatz als Argument?
  • b) Historische und teleologische Auslegung der Schranken gemäß §§ 44a ff. UrhG als Argument?
  • c) Systematische Auslegung der Schranken gemäß §§ 44a ff. UrhG als Argument?
  • aa) Systematische Stellung
  • bb) Vergleichbarkeit mit den rechtsgeschäftlichen Nutzungsrechten?
  • (i) Argumente für eine Vergleichbarkeit
  • (ii) Argumente gegen eine Vergleichbarkeit
  • cc) Vergütungsansprüche als Argument?
  • (i) Argumente für abgeschwächte Verwertungsrechte
  • (ii) Argumente gegen abgeschwächte Verwertungsrechte
  • (iii) Zwischenergebnis
  • d) Ausnahme durch § 49 I 1 UrhG als inkohärenter Nutzungsvorbehalt?
  • aa) Argumente für den Nutzungsvorbehalt als negatives Tatbestandsmerkmal der Nutzungsrechtseinräumung
  • bb) Argumente gegen den Nutzungsvorbehalt als negatives Tatbestandsmerkmal der Nutzungsrechtseinräumung
  • cc) Zwischenergebnis
  • e) Ergebnis
  • 4. Schranken als originäres Nutzerrecht?
  • a) Definition des subjektiven Rechts
  • aa) Bedeutung des subjektiven Rechts
  • bb) Begriff des subjektiven Rechts
  • (i) Rechts- und Willensmacht
  • (ii) Rechtlich geschütztes Interesse
  • (iii) Der Zuweisungsgehalt subjektiver Rechte
  • b) Subsumtion der Schrankenprivilegierungen unter den Begriff des subjektiven Rechts
  • aa) Kompetenz
  • bb) Recht auf etwas
  • cc) Rechtliche Freiheit
  • (i) Vorliegen einer Nutzungsfreiheit?
  • (ii) Deren subjektive Bewehrung?
  • (iii) Deren objektive Bewehrung?
  • c) Ergebnis
  • 5. Ergebnis zur Rechtsnatur
  • III Schlussfolgerungen aus der Rechtsnatur auf den Vertragsvorrang
  • IV Vertragsvorrang unter der Annahme von Nutzerrechten de lege ferenda?
  • 1. Untersuchungsmethodik
  • 2. Übertragbarkeit sachenrechtlicher Grundsätze auf das Urheberrecht als Argument?
  • a) Numerus clausus und Typenzwang
  • b) Auswirkung ihrer Übertragung je nach dogmatischer Konstruktion der Schrankenregelungen
  • aa) Schrankenerlaubnis als originäres Nutzerrecht
  • bb) Schrankenerlaubnis als unbewehrte Freiheit
  • cc) Schrankenerlaubnis als abgeleitetes Nutzungsrecht
  • c) Versuch der Übertragung des sachenrechtlichen Numerus clausus auf das Immaterialgüterrecht anhand vergleichbarer Eigenschaften der Rechte
  • aa) Dinglichkeit als Begründung der Übertragbarkeit?
  • (i) Argumentation gegen eine (Quasi-)Dinglichkeit
  • (ii) Argumentation für eine (Quasi-)Dinglichkeit
  • (iii) Zwischenergebnis
  • bb) Absolutheit als Begründung der Übertragbarkeit?
  • cc) Ergebnis
  • d) Übertragung des sachenrechtlichen Numerus clausus auf das Immaterialgüterrecht anhand vergleichbarer Argumente ob seiner Geltung
  • aa) Persönlichkeitsrechte und Strukturverwandtschaft zum Sachenrecht als Argument
  • bb) Verfassungsrecht als Argument
  • cc) Historische Entwicklung als Argument
  • dd) Gesetzesstruktur als Argument
  • ee) Rechtssicherheit und Verkehrsschutz als Argument
  • ff) Ergebnis
  • 3. Schlussfolgerungen für die Abdingbarkeit urheberrechtlicher Schranken aus der Übertragbarkeit
  • 4. Ergebnis
  • V Auswirkungen der Annahme eines Vertragsvorrangs
  • 1. Auswirkungen auf den Deliktsaufbau des § 97 UrhG
  • a) Bedeutung der Schranken im Rahmen von § 97 UrhG
  • b) Auswirkung der Bedeutung
  • 2. Auswirkungen auf den Deliktsaufbau der §§ 106 ff. UrhG
  • a) Bedeutung der Schranken im Rahmen von §§ 106 ff. UrhG
  • b) Auswirkung der Bedeutung
  • 3. Auswirkungen des Verstoßes gegen die abbedingende Vereinbarung
  • 4. Ergebnis
  • VI Gesamtergebnis
  • F Verhältnis der Schranken zu Vereinbarungen in der Informationsgesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts
  • I Hintergrund der Diskussion um Vertragsvorbehalte: Vergleich zum 20. Jahrhundert
  • II Grundsatz des Gesetzesvorrangs
  • 1. Vorinstanzen zur EuGH-Entscheidung „VG Wort/Kyocera“
  • 2. Die Vorlageentscheidung
  • 3. Die EuGH-Entscheidung „VG Wort/Kyocera“
  • 4. Die BGH-Entscheidung „Drucker und Plotter III“
  • 5. Urteilsbewertung
  • 6. Ergebnis
  • III Ausnahmen zum Gesetzesvorrang
  • 1. Vorrang des Vertrags: Die EuGH Entscheidung „TU Darmstadt/Ulmer“
  • a) Ausgangsverfahren und Vorlagebeschluss
  • b) Die EuGH-Entscheidung „TU Darmstadt/Ulmer“
  • c) Die BGH-Entscheidung „Elektronische Leseplätze II“
  • d) Ergebnis
  • 2. Vorrang des Angebots
  • a) § 53a UrhG aF
  • b) § 52a UrhG aF
  • c) Ergebnis
  • 3. Bewertung des Vorbehalts des Angebots
  • a) Unionsrechtliche Argumentation
  • b) Rechtspolitische Argumentation
  • c) Ergebnis
  • IV Gesamtergebnis
  • G Das UrhWissG
  • I Reformbedürfnis
  • 1. Regelungssystematik
  • 2. Bestimmtheit und Rechtssicherheit
  • 3. Zweckerreichung
  • 4. Interessenausgleich
  • 5. Lösung durch Vorrangregelungen?
  • II Lösungsvorschläge aus der Wissenschaft
  • 1. Ausgewählte Literaturmeinungen
  • 2. Bewertung der Lösungsvorschläge
  • III Gesetzgebungsverfahren
  • 1. Koalitionsvertrag
  • 2. Unionsrechtlicher Rahmen
  • 3. Referentenentwurf
  • 4. Regierungsentwurf
  • IV Vorstellung des UrhWissG
  • 1. Binnenstruktur und Regelungstechnik
  • 2. Neue Tatbestände
  • 3. Angemessene Vergütung der gesetzlich erlaubten Nutzungen, § 60h UrhG
  • V Gesamtergebnis
  • H Auslegung von § 60g UrhG und seine Erstreckung auf § 60h I UrhG
  • I Praktische Auswirkungen eines Vertragsvorbehalts
  • 1. Allgemeine Erwägungen
  • 2. Vergütungsansprüche unter der Anwendung verschiedener Schrankenmodelle
  • a) Modell 2
  • b) Modell 3
  • 3. Vergleich zu Art. 17 DSM-RL
  • II § 60g II UrhG
  • 1. Auslegung von § 60g II UrhG
  • 2. Erstreckung auf § 60h I UrhG
  • 3. Ergebnis
  • III § 60g I UrhG
  • 1. Auslegung von § 60g I UrhG
  • a) Auslegungsmöglichkeiten von „nicht berufen“
  • aa) Vergleich zu § 444 BGB
  • bb) Vergleich zu § 32 III 1 UrhG
  • cc) Vergleich zu § 45d UrhG
  • dd) Ergebnis
  • b) Literaturmeinungen
  • aa) Regelung als Ausdruck des Vorrangs des Gesetzes
  • bb) Regelung als Ausdruck des Vorrangs des Vertrags
  • cc) Zusammenfassung
  • c) Eigene Auslegung von § 60g I UrhG
  • aa) Zulässigkeit von Vereinbarungen
  • bb) § 60g I UrhG als Ausdruck eines Vorbehalts?
  • cc) Ergebnis
  • 2. Erstreckung auf § 60h I UrhG
  • a) Literaturansichten
  • b) Eigene Ansicht
  • aa) These
  • bb) Bestehen des vertraglichen Vergütungsanspruchs
  • cc) Bestehen des gesetzlichen Vergütungsanspruchs
  • dd) Ergebnis
  • IV Gesamtergebnis
  • I Vor- und Nachteile des § 60g UrhG zugrunde gelegten Schrankenverständnisses
  • I Vor- und Nachteile eines Vertragsvorbehalts wie nach § 60g II UrhG
  • 1. Argumente für einen Vertragsvorbehalt
  • a) Ökonomische Argumente
  • aa) Selbstorganisation zu Marktbedingungen
  • bb) Marktgerechte Zahlungsströme
  • cc) Senkung der Primärmarktrelevanz
  • dd) Wohlfahrtsförderung durch Anreizwirkungen
  • ee) Innovationsfunktion des Urheberrechts
  • ff) Flexibilität und Offenheit unter Wahrung des angemessenen Interessenausgleichs
  • gg) Gesetzgeberische Regelungsfreiheit
  • hh) Rechtssicherheit und -bestimmtheit
  • ii) Erweiterung des räumlichen Geltungsbereichs
  • b) Bereiche angemessener oder angestrebter Vergütungsfreiheit
  • aa) Abgeltungstheorie im Arbeitnehmerurheberrecht
  • bb) Online-Angebote
  • cc) Unentgeltliche Zugangskultur im Netz
  • c) Zusammenfassung
  • 2. Argumente gegen einen Vertragsvorbehalt
  • a) Gegenargumentation bezüglich der Bereiche angemessener oder angestrebter Vergütungsfreiheit
  • aa) Vorzugswürdigkeit der Trennungstheorie im Arbeitnehmerurheberrecht
  • bb) Praktische Berechnungs- und Ausschüttungsschwierigkeiten
  • cc) Keine monetäre Privilegierung staatlicher Institutionen
  • dd) Trennung schuld- und urheberrechtlicher Problematiken
  • b) Gegenargumentation bezüglich der ökonomischen Vorteile
  • aa) Schutzlandprinzip als Achtung nationaler Hoheitsbefugnisse
  • bb) Keine Delegierung staatlicher Aufgaben an Privatpersonen: Rechtssicherheit durch die Wahl der Gesetzestechnik und einen Reformwillen
  • cc) Einheitlichkeit des Schrankensystems
  • dd) Offenheit und Sicherheit als Ausschlusskriterien
  • ee) Sachgerechtigkeit zwingender, gesetzlicher Vergütungsansprüche
  • (i) Perspektive der Schrankenbegünstigten
  • (ii) Perspektive der Verwerter
  • (iii) Perspektive der Urheber
  • ff) Naturrechtliche Philosophie
  • gg) Angemessener und grundrechtskonformer Interessenausgleich durch zwingende Schranken
  • c) Zusammenfassung
  • II Vor- und Nachteile schuldrechtlich wirksamer Verträge wie nach § 60g I UrhG
  • 1. Nutzersicht
  • 2. Urhebersicht
  • 3. Verwertersicht
  • 4. Zusammenfassung
  • III Stellungnahme zu ausgewählten Argumenten
  • 1. Bezüglich § 43 UrhG
  • 2. Bezüglich § 60h III 1 UrhG
  • 3. Ergebnis
  • J Unionsrechts- und Verfassungsrechtskonformität
  • I Zulässigkeit von § 60g I UrhG
  • II Zulässigkeit des Vertragsvorbehalts in Schrankenregelungen
  • 1. Unionales Sekundärrecht als Maßstab
  • a) DSM-RL
  • b) InfoSoc-RL
  • aa) Art. 5 I InfoSoc
  • bb) Art. 5 II–IV InfoSoc
  • cc) Art. 5 V InfoSoc
  • (i) Erste Teststufe
  • (ii) Zweite Teststufe
  • (iii) Dritte Teststufe
  • c) Ergebnis
  • 2. Unionales Primär- und Verfassungsrecht als Maßstab
  • a) Vorüberlegungen zum Prüfungsmaßstab
  • b) Abwägung der Nutzergrundrechte
  • c) Abwägung der Urhebergrundrechte
  • d) Staatsprinzipien
  • e) Ergebnis
  • 3. Ergebnis: Regelmäßige Zulässigkeit von Vertragsvorbehalten in Schrankenbestimmungen
  • III Zulässigkeit von § 60g II UrhG
  • 1. § 60g II UrhG iVm §§ 60e IV, 60f I UrhG
  • 2. § 60g II UrhG iVm § 60e V UrhG
  • IV Gesamtergebnis
  • K Stellungnahme
  • I Stellungnahme zum Ziel des Verlegerschutzes
  • 1. Rechtsrahmen zur Verlegerbeteiligung zum Zeitpunkt der Einführung des UrhWissG
  • 2. Öffentlichkeitswirksame Wahrnehmung der wirtschaftlichen Lage
  • a) Besorgnis der Verlegervertreter
  • b) Zweifel von Urhebervertretern an den vorgetragenen Sorgen
  • c) Zweifel von Vergütungsschuldnern an den vorgetragenen Sorgen
  • 3. Reale Wirtschaftslage: Verlags- und Buchhandelssterben in Deutschland
  • a) Wirtschaftszahlen von 2003
  • b) Übertragbarkeit der Zahlen auf heute
  • 4. Ergebnis
  • II Stellungnahme zu § 60g II UrhG
  • 1. Bewertung des Vertragsvorbehalts
  • a) Ausbau des Verwerterschutzes zulasten der Urheber als erste strukturelle Veränderungstendenz
  • aa) Entwicklungszusammenhang der verwerterorientierten Schutztendenz an Beispielen der bisherigen Rechtslage
  • (i) Interessenpriorisierung beim Softwareschutz
  • (ii) Interessenpriorisierung bei § 93 UrhG
  • (iii) Interessenpriorisierung bei den §§ 87f ff. UrhG
  • bb) Entwicklungszusammenhang der verwerterorientierten Schutztendenz an Beispielen im UrhWissG
  • (i) Interessenpriorisierung bei den Bereichsausnahmen
  • (ii) Interessenpriorisierung beim Strukturmerkmal fester Prozentsätze
  • cc) Entwicklungszusammenhang der verwerterorientierten Schutztendenz in der Literatur
  • dd) Entwicklungszusammenhang der verwerterorientierten Schutztendenz im Unionsrecht
  • ee) Die Kritik an der verwerterorientierten Schutztendenz
  • b) Vergesellschaftung des Urheberrechts zulasten der Urheber als zweite strukturelle Veränderungstendenz
  • aa) Entwicklungszusammenhang der Vergesellschaftungstendenz
  • (i) Geisteshaltung des § 60h III UrhG
  • (ii) Geisteshaltung des § 60e IV 2 UrhG
  • bb) Die Kritik an der Vergesellschaftung des Individualrechts
  • c) Privatisierung des Urheberrechtsgesetzes als dritte strukturelle Veränderungstendenz
  • aa) Die Kritik an der Gesetzesprivatisierung
  • bb) Auswirkungen der Gesetzesprivatisierung
  • (i) Bedenken in Bezug auf die Rechtssicherheit
  • (ii) Bedenken in Bezug auf die Grundrechtsrelevanz und den Telos der Schranken
  • (iii) Bedenken in Bezug auf die Selbstregulation des Markts
  • 2. Konsequenz der Bewertung: Abschaffung von Vertragsvorbehalten
  • III Stellungnahme zu § 60g I UrhG
  • IV Lösungsvorschlag: Verlegerbeteiligung als Ersatz für Vorbehaltsbestimmungen
  • 1. Problemlösung mittels eines originären Beteiligungsanspruchs der Verleger
  • a) Vorwurf der Unionsrechtswidrigkeit der Verlegerbeteiligung
  • b) Rechtsprechungskorrektur durch Art. 16 DSM-RL
  • c) Nationale Umsetzungsmöglichkeiten
  • d) § 63a II UrhG-E als Lösungsansatz
  • 2. Die Vorzüge der Verlegerbeteiligung gegenüber den Nachteilen von Vertragsvorbehalten im Überblick
  • 3. Ergebnis
  • V Gesetzesvorschlag
  • VI Fazit
  • Literaturverzeichnis
  • Quellennachweis

←20 | 21→

Abkürzungsverzeichnis

a.A.

anderer Ansicht

a.E.

am Ende

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

Abschn.

Abschnitt

Abt.

Abteilung

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

ACTA

Anti-Counterfeiting Trade Agreement

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

aF

alte Fassung

AfP

Zeitschrift für das gesamte Medienrecht. Archiv für Presserecht

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingung

Alt.

Alternative

Anm.

Anmerkung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

ArbnErfG

Gesetz über Arbeitnehmererfindungen

ArchFunkR

Archiv für Funkrecht

BAG

Bundesarbeitsgericht

BB

Betriebs-Berater. Zeitschrift für Recht und Wirtschaft

Bd.

Band

Beck-RS

Beck-Rechtsprechung

Begr.

Begründer

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BMJV

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

BR

Bundesrat←21 | 22→

BRD

Bundesrepublik Deutschland

BR-Drs.

Bundesratsdrucksache

BT

Bundestag

BT-Drs.

Bundestagsdrucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts

bzw.

beziehungsweise

CC

Creative Commons

CD

Compact Disc

CDU

Christlich Demokratische Union Deutschlands

Computerprogramm-RL

Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen

CR

Computer und Recht. Zeitschrift für die Praxis des Rechts der Informationstechnologien

CSU

Christlich-Soziale Union in Bayern e.V.

Datenbank-RL

Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken

DB

Der Betrieb. Wochenschrift für Betriebswirtschaft, Steuerrecht, Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht

DDR

Deutsche Demokratische Republik

ders.

derselbe

DesignG

Designgesetz

dies.

dieselbe

DiskE

Diskussionsentwurf

DJZ

Deutsche Juristen-Zeitung

dpa

Deutsche Presseagentur

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

DSM-RL

Richtlinie 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG←22 | 23→

Durchsetzungs-RL

Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums

DVD

Digital Versatile Disc

DZPhil

Deutsche Zeitschrift für Philosophie. Zweimonatsschrift der internationalen philosophischen Forschung

-E

Entwurf

Einf.

Einführung

Einl.

Einleitung

EIPR

European Intellectual Property Review

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EU-GrCh

Charta der Grundrechte der Europäischen Union

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

f.

folgende Seite

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

ff.

folgenden Seiten

FG

Festgabe

Fn.

Fußnote

Frhr.

Freiherr

FS

Festschrift

GEMA

Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte

GeschGehG

Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen

ghM

ganz herrschende Meinung

GRUR Int.

Zeitschrift der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Internationaler Teil

GRUR

Zeitschrift der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht

GRUR-Prax

Zeitschrift der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht←23 | 24→

GRUR-RR

Zeitschrift der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Rechtsprechungs-Report

hM

herrschende Meinung

Hs.

Halbsatz

i.S.d.

im Sinne des

IIC

international review of intellectual property and competition law

InfoSoc

Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft

InsO

Insolvenzordnung

iSv

im Sinne von

iVm

In Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter

JIPITEC

Journal of Intellectual Property. Information Technology and Electronic Commerce Law

JJ

Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts

JR

Juristische Rundschau

Jur. Diss.

Juristische Dissertation

JuS

Juristische Schulung. Zeitschrift für Studium und praktische Ausbildung

JZ

Juristenzeitung

K&R

Kommunikation & Recht. Betriebsberater für Medien, Telekommunikation, Multimedia

Kap.

Kapitel

KG

Kammergericht

KMK

Kultusministerkonferenz

KUG

Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie

LG

Landgericht

LUG

Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst

MarkenG

Markengesetz←24 | 25→

Marrakesch-RL

Richtlinie 2017/1564 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2017 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung bestimmter urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Werke und sonstiger Schutzgegenstände zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen und zur Änderung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft

MMR

Multimedia und Recht

mwN.

mit weiteren Nachweisen

n. Chr.

nach Christus

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

Neue Juristische Wochenschrift. Rechtsprechungsreport Zivilrecht

NSDAP

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

NZA-RR

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht. Rechtsprechungsreport

OLG

Oberlandesgericht

PatG

Patentgesetz

PDF

Portable Document Format

RBÜ

Revidierte Berner Übereinkunft

RefE

Referentenentwurf des BMJV zum UrhWissG vom 01.02.2017

RegE

Regierungsentwurf zum UrhWissG vom 12.04.2017

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RGZ

Entscheidungssammlung des Reichsgerichts in Zivilsachen

RL elektronischer Geschäftsverkehr

Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt←25 | 26→

Rn.

Randnote

rtr

Nachrichtenagentur Reuters

sog.

sogenannt

SortG

Sortenschutzgesetz

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

StGB

Strafgesetzbuch

stRspr

ständige Rechtsprechung

TRIPS

Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights

Tz.

Teilziffer

u.a.

und andere

UAbs.

Unterabsatz

URG Schweiz

Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte der Schweiz, Inkrafttreten am 01.07.1993

URG

Gesetz über das Urheberrecht in der DDR

UrhG

Urheberrechtsgesetz

UrhR

Urheberrecht

UrhWG

Urheberrechtswahrnehmungsgesetz

UrhWissG

Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz

USA

Vereinigte Staaten von Amerika

USB

Universal Serial Bus

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v. Chr.

vor Christus

v.

von

Var.

Variante

VerlG

Verlagsgesetz

Vermiet- und Verleih-RL

Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums

VG

Verwertungsgesellschaft

VGG

Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (Verwertungsgesellschaftengesetz)←26 | 27→

vgl.

vergleiche

VG-RL

Richtlinie 2014/26/EU vom 26.02.2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten

Vorb.

Vorbemerkung

WCT

WIPO Copyright Treaty

WIPO

World Intellectual Property Organization

WM

Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankenrecht. Wertpapiermitteilungen

WPPT

WIPO Performances and Phonograms Treaty

WRP

Wettbewerb in Recht und Praxis

WRV

Weimarer Reichsverfassung

ZEuP

Zeitschrift für Europäisches Privatrecht

ZfPW

Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft

ZGE

Zeitschrift für Geistiges Eigentum

ZGS

Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

zit.

zitiert

ZPO

Zivilprozessordnung

ZProt

Zusatzprotokoll

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZUM

Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht

ZUM-RD

Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht. Rechtsprechungsdienst

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A Einleitung

I Untersuchungsgegenstand, -anlass und -ziel

Der technische Fortschritt löst fortwährend einen Reformationsdruck auf das Urheberrecht aus. Dieser Fortschritt ist der Schlüssel zum Tor, hinter dem unzählige Nutzungsmöglichkeiten bisher versperrt gelegen haben. So kennt beispielsweise das Urheberrechtsgesetz mit § 60d UrhG heutzutage eine Privilegierung zugunsten des Text und Data Minings,1 wohingegen diese Nutzungsform wohl vor wenigen Jahren den meisten noch unbekannt gewesen ist. Jene Nutzungsmöglichkeiten können innerhalb oder außerhalb des Interesses verschiedener Funktionssysteme liegen. Denn es bestehen zahlreiche Bezugspunkte zu kulturellen, wirtschaftspolitischen und sozialen Fragestellungen. Das Rechtsgebiet schwebt nicht in einer abgeschlossenen Blase. Vielmehr ist es von einer vielschichtigen Umwelt umgeben2 und ist folglich auf Kommunikation ausgelegt.3 Somit kann unbegrenzte Exklusivität seinem Wesen nicht gerecht werden. Jedoch zeichnet sich das Urheberrecht durch ebendiese Exklusivität aus: Es ordnet geistige Schutzgegenstände Rechteinhabern zu.4 In der Zuweisung von subjektiven Rechten ist eine genuine Verteilungsentscheidung zu sehen.5

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Diese Gegensätze prägen mithin das Dilemma des Urheberrechts, das folglich dem Streben nach einem Ausgleich verpflichtet ist. Subjektive Rechte führen vordergründig zu einem Ausschluss, während die Kommunikationsfunktion des Urheberrechts im Interesse der Nutzer und der Allgemeinheit, aber ebenso der Urheber selbst nach Zugangsregeln6 verlangt.

Der technische Fortschritt führt weiterhin zu einer Erhöhung der Reichweite der Kommunikation. Früher konnten Schrankenbestimmungen im Interesse des Nutzers sein, weil er aufgrund der Entfernung zum Rechteinhaber sonst nur mit hohen Transaktionskosten Nutzungsbefugnisse vertraglich erwerben konnte. Die Schranken konnten jedoch ebenso den Belangen des Urhebers dienen, weil es diesem aufgrund der Entfernung zum Nutzer unmöglich war, die Rechtmäßigkeit von Massennutzungen zu überwachen. Die gesetzlichen Ansprüche haben ihm als Ausgleich eine Vergütung garantiert.

Heutzutage ermöglicht der Fortschritt der Kommunikationstechnik einen direkten Kontakt zwischen Rechteinhabern und Nutzern ohne hohe Transaktionskosten. Der Zugang zu digitalisierten Werken wird mittels Online-Verträgen unmittelbar vom Rechteinhaber gewährt. Die weltweiten Entfernungen werden damit überbrückt, Handelsketten werden entbehrlich, Zwischenhändler entfallen. Die Möglichkeit des direkten Vertragsschlusses eröffnet die Option des Bestehens vertraglicher Beziehungen in Bereichen, in denen früher die Notwendigkeit nach gesetzlichen Privilegierungen bestand. Anders ausgedrückt ist es nunmehr möglich, Verträge unmittelbar zwischen Endnutzern und Rechteinhabern zu schließen, die Nutzungshandlungen zum Regelungsgegenstand haben, die bereits Gegenstand gesetzlicher Nutzungserlaubnisse sind. Infolgedessen ist in den letzten Jahren eine Diskussion darüber aufgekommen, wie das konkrete Verhältnis zwischen vertraglicher und gesetzlicher Nutzungserlaubnis ausgestattet sei.7

Mit der Einführung des Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft (UrhWissG)8 zum 1. März 2018 wurde mit § 60g UrhG erstmalig eine Norm geschaffen, deren Regelungsinhalt ausschließlich das Verhältnis zwischen vertraglicher Vereinbarung und gesetzlicher ←30 | 31→Privilegierung ist. Aus diesem Anlass beschäftigt sich vorliegende Untersuchung mit der Rechtsfigur des Vorbehalts des Vertrags. Diese befindet sich im eingangs dargelegten Spannungsverhältnis zwischen Ausschluss und Zugang.

§ 60g UrhG bildet zugleich den Anstoß dazu, den Schwerpunkt auf die Bildungs- und Wissenschaftsschranken zu legen und zur Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands gewisse Regelungen nicht einzubeziehen. Leistungsschutzrechte sowie zeitliche, fremdenrechtliche und räumliche Schranken sind in der Betrachtung nicht inbegriffen. Thematisiert wird lediglich das Verhältnis der Vereinbarungen zu den inhaltlichen Schranken des Urheberrechts, von denen wiederum die besonderen Bestimmungen für Computerprogramme, § 69a UrhG–§ 69g UrhG, aufgrund ihrer Spezialität nicht berücksichtigt werden.

Der erläuterte Ausschluss von der Nutzung kann unproblematisch über Verbotsrechte sichergestellt werden. Die wesentlichste Überlegung, die das Urheberrecht daher beantworten muss, ist, wie der Werkzugang ausgestaltet werden soll. Aufgrund der genuinen Verteilungsentscheidung steht dabei die Frage im Vordergrund, wie die Vergütung der originären und derivativen Rechteinhaber sichergestellt werden kann. Dass das Urheberrecht gehalten ist, den Urhebern eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke zu gewährleisten, ist als Normzweck des Urheberrechtsgesetzes im urheberrechtlichen Beteiligungsgrundsatz gemäß § 11 S. 2 UrhG verankert.9 Dieses Bestreben kann auf zwei verschiedenen Wegen realisiert werden, nämlich durch die Zuweisung von gesetzlichen oder vertraglichen Ansprüchen. Welche Ansprüche letztendlich bestehen, ist das Resultat daraus, welchen methodischen Weg das Gesetz einschlägt. Methodisch stehen dabei zwei Wege offen: property rights und liability rules.10

Übertragen auf die urheberrechtliche Dogmatik sind unter dem ersten Begriff Ausschließlichkeitsrechte zu verstehen. Der Nutzer kann im Rahmen vertraglicher Transaktionen Nutzungsbefugnisse vom Rechteinhaber eingeräumt bekommen, ansonsten steht diesem ein Verbotsrecht zu. Die Vergütung für die Nutzungshandlung ist demzufolge an den Rechteinhaber als Vertragspartner zu zahlen. Das Urheberrecht basiert grundsätzlich auf dieser Ausgestaltung. Daher konzipiert das BVerfG das Urheberrecht als Freiheitsrecht: Zum „grundgesetzlich geschützten Kern des Urheberrechts“ gehöre die „Freiheit, in eigener Verantwortung unter Ausschließung anderer über dieses Recht zu verfügen“, denn zu den „konstituierenden Merkmalen des Urheberrechts als Eigentum im Sinne der Verfassung gehört die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung“.11 Dem Grundsatz des Urheberrechts entspricht es mithin, den Zugang ←31 | 32→zur Nutzung durch marktkonforme, individuelle Transaktionen zu ermöglichen. Exklusivität und Eigentumsfreiheit stehen hierbei im Vordergrund. Voraussetzung dafür sind starke Ausschließlichkeits- und Verbotsrechte. Diese garantieren die Möglichkeit, vertragliche Einnahmen zu generieren. Ebendieser liberalen, marktwirtschaftlichen Konzeption will sich gleichermaßen für den Bereich gesetzlich erlaubter Nutzungen derjenige anschließen, der den Vorrang des Vertrags propagiert. Im Gegensatz dazu erfordert die dialektische Wechselbeziehung zwischen Individuum und Gesellschaft wider die Eigenlogik des Markts Grenzziehungen des Ausschließlichkeitsrechts.

Ausschließlichkeitsrechte können beispielsweise den Besonderheiten der Wissenschaft, Bildung, Forschung, Kunst, gesellschaftlichen Alltagskultur oder Interaktion im Internet teilweise nicht gerecht werden. Im Wege der liability rules hat das Urheberrecht daher Schrankenbestimmungen herausgebildet. Diese erlauben die Nutzung ohne Zustimmung des Rechteinhabers auf gesetzlichem Weg. Dafür steht dem Urheber im Regelfall ein gesetzlicher Vergütungsanspruch zu. Hierbei kann indes nur eine angemessene Vergütung erzielt werden, die geringer als die vertragliche ausfallen dürfte.

Daher ist nur vordergründig die Auslegung und das Verständnis einer einzelnen Norm, nämlich § 60g UrhG, der vorliegende Untersuchungsgegenstand. Im Ergebnis wirft die Rechtsfigur des Vertragsvorbehalts die großen Fragen eines jeden Privatrechtsgebiets auf: Wer soll durch das Gesetz primär geschützt und gefördert werden? Wessen Interessen stehen im Vordergrund? Wie können die anderen Interessen verhältnismäßig berücksichtigt werden?

Wie diese Fragen beantwortet werden, wird in der Zukunft die Tendenz vorgeben, in welche Richtung sich urheberrechtliche Reformen bewegen werden. Es sei die Prognose gewagt, dass es die Frage nach der Schutzrichtung des Urheberrechts ist, die in Zukunft die Entwicklung des Rechtsgebiets maßgeblich vorantreiben wird.

Methodisch gesehen muss sich das Urheberrecht fragen, welchen Weg es einschlagen möchte. Möchte es im Zuge der property rights die Bedeutung von Eigentum, Markt, Ökonomie, Wettbewerb, Exklusivität und Verfügungsfreiheit betonen? Oder möchte es im Wege von liability rules eine rechtssichere Zugangskultur schaffen, die die gesellschaftlichen Interessen und Bedingungen seiner multilateralen Umwelt im Informationszeitalter stärker reflektiert? Zu denken sei beispielsweise an „Wissensgenerierung als Ergebnis sozialer Prozesse und medialer Produktionskontexte“12. Wissensgenerierung strebt nach Wissensteilung, die wiederum die Wissensgenerierung befördert. Gerade die Imperative von Bildung und Wissenschaft erfordern eine weitreichende, schnelle und transaktionskostenarme Verbreitung von Erkenntnissen.13 Doch die Verhältnisse sind kompliziert. ←32 | 33→Während das Kommunikationsanliegen des Wissenschaftlers das Zugangsanliegen des Nutzers trifft, ist das Verwertungsanliegen des Rechteinhabers naturgemäß ein anderes.

Um allen Interessen gerecht zu werden, wird rechtspolitisch die Einführung von Vertragsvorbehalten in Schranken gefordert, die diese subsidiär gegenüber der vertraglichen Vereinbarung werden lassen.14 Würden unter der Voraussetzung Verträge vorliegen, würden die gesetzlichen Schranken infolge ihrer Disponibilität nicht greifen. Dadurch möchte ein Raum entstehen, der es ermöglicht, mittels Verträgen den Interessen aller Beteiligten im Einzelfall optimal gerecht werden zu können. Im Wissenschaftsbereich zum Beispiel könnten vertraglich vergütete, verlagsmäßig aufgearbeitete digitale Produkte den Interessen aller eher gerecht werden als selbst gescannte und gesetzlich vergütete Vorlagen. Die Förderung von vertraglichen Vereinbarungen könnte insbesondere dort sinnvoll erscheinen, wo ein Kräftegleichgewicht zwischen den Verhandlungspartnern und zusätzlich ein Bedürfnis nach vertraglicher Ausgestaltung aufgrund gesetzlicher Unklarheiten bezüglich der exakten Modalitäten der Nutzung besteht.15

Wenn das Urheberrechtsgesetz keinen Vorbehalt als Subsidiaritätsklausel in der konkreten Schrankenbestimmung oder als allgemeine Vorschrift zur Schrankenanwendbarkeit ausdrücklich vorsieht, obliegt es der Rechtsprechung und der Rechtswissenschaft sich dazu zu positionieren, ob vertragliche Vereinbarungen grundsätzlich als vorrangig gegenüber gesetzlichen Nutzungserlaubnissen anzusehen sind. Die dies mit urheberrechtlicher Wirkung bejahende Rechtsfigur wird im Gegensatz zum Schrankenvorrang als Vertragsvorrang bezeichnet. Der Unterschied zwischen dem Vertragsvorbehalt und dem Vertragsvorrang besteht mithin darin, dass erster als Klausel gesetzlich explizit vorgesehen ist, während sich zweiter aus dem systematischen Verständnis von Schranke und Vertrag ergibt. Beide thematisieren jedoch das Verhältnis zwischen Vereinbarung und Gesetz und führen im Fall ihres Vorliegens zur Subsidiarität der Schrankenbestimmung. Daher werden beide Rechtsfiguren gleichermaßen untersucht werden. Hinter dem Vertragsvorrang steht die dogmatische Frage, ob Schranken zwingendes Recht darstellen oder ob sie mit urheberrechtlicher Wirkung abdingbar sind, damit die Frage nach den Grenzen der Privatautonomie im Anwendungsbereich urheberrechtlicher Schrankenbestimmungen.

Es stellt sich überdies nicht nur die Frage, welche Auswirkungen der Vertrag auf die Anwendbarkeit der Schrankenregelung hat, sondern ebenfalls, wie er sich auf das Bestehen der gesetzlichen Vergütungsansprüche auswirkt. Nicht untersucht wird dabei, inwieweit der Inhalt der gesetzlichen Vergütungsansprüche als Rechtsfolge der gesetzlich erlaubten Handlung individuell ausgestaltet werden kann.16 Im Vordergrund steht nur die Abdingbarkeit der Tatbestandsseite.

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Stets getrennt davon ist die Frage nach der schuldrechtlichen Wirksamkeit vertraglicher Beschränkungen zu sehen.17 Diese ist nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung, die sich auf die Auslotung sachgemäßer Grenzen des absoluten Schutzrechts konzentrieren will. Wenn im Nachfolgenden also die Wirksamkeit von Vereinbarungen, die die gesetzliche Nutzungserlaubnis beschränken oder untersagen, ohne weitere Konkretisierung in Rede steht, ist damit die urheber- und nicht die schuldrechtliche Wirksamkeit gemeint.

II Gang der Untersuchung

Die aufgeworfenen Fragen werden anhand der Rechtsfigur des Vorbehalts des Vertrags diskutiert. Dazu werden zunächst einführend die Grundlagen der Schranken dargelegt. Denn die Geschichte und Philosophie (Teil B) haben ebenso wie die Grundrechte (Teil C) Auswirkung auf das Verständnis der Schrankendogmatik. Für Schranken werden eigene Auslegungsregeln diskutiert. Wie sich ein Vorbehalt des Vertrags auf diese auswirken würde, wird in Teil D untersucht. Ziel der Ausführungen ist es, ein Verständnis von Sinn und Zweck der Schrankenregelungen im historischen Kontext auszubilden. Das ermöglicht später eine mit dem Fortschritt der Technologie einhergehende Offenbarung von Entwicklungstendenzen, an deren vorläufigem Ende sich der Vertragsvorbehalt befindet. Die Ziele und Vorteile des Vertragsvorbehalts müssen letztlich im Gesamtzusammenhang evaluiert werden.

Der nachfolgende Hauptteil gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil des Hauptteils (Teil E) stehen allgemeine Überlegungen zur Schrankendogmatik im Vordergrund. Urheberrechtlich betrachtet bedeutet der Vorrang des Vertrags nämlich eine Abbedingung der Schrankenregelung. Würde der Charakter der Vorschriften über Nutzungsprivilegierungen den Vertragsparteien diese Option eröffnen, würde das die Einführung von Vertragsvorbehalten in das Urheberrecht redundant werden lassen.

Würde es sich bei den Schranken hingegen um urheberrechtlich zwingendes Recht handeln, würde aus dem Wesen des Urheberrechts heraus die Existenz eines Vertragsvorrangs ausscheiden. Das wäre die initiale Voraussetzung für die Notwendigkeit der Diskussion ob der Sinnhaftigkeit eines Vertragsvorbehalts. Denn erst aus einem solchen Schrankenverständnis folgt, dass die Schrankenprivilegierungen der privatautonomen Modifizierbarkeit im Einzelfall entzogen sind, solange eine solche nicht eigens gesetzlich angeordnet wird. Ein angeordneter Vertragsvorbehalt allerdings stünde folglich stets im Widerspruch zum Verständnis ←34 | 35→aller sonstigen Schrankenbestimmungen und würde die Geschlossenheit der Schrankeninterpretation aufbrechen.

Ebendiese schleichende Entwicklung bietet sich in der urheberrechtlichen Rechtsprechung und Gesetzgebung des 21. Jahrhunderts partiell dar. In Teil F werden demgemäß die diesbezüglichen Tendenzen vor Einführung des UrhWissG, mithin losgelöst von § 60g UrhG, herausgestellt. Anschließend wird die Gesetzesreform des UrhWissG an sich vorgestellt (Teil G) und die Norm § 60g UrhG kontextualisiert ausgelegt (Teil H). Dabei stehen praktische und rechtspolitische Abwägungen im Vordergrund. Es wird sodann allgemein ausführlich nach den Vor- und Nachteilen sowie den Interessen rund um den Vertragsvorbehalt gefragt werden (Teil I). Anhand der Auswirkungen des Vorbehalts ist anschließend eine Überprüfung seiner Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht möglich (Teil J). Den Abschluss der Untersuchung bildet eine kritische Würdigung des Auslegungsergebnisses (Teil K).

Während also zunächst überprüft wird, ob und wie sich die Rechtsfigur abstrakt in die allgemeine Schrankendogmatik einbettet, wird sie nachfolgend konkret anhand von § 60g UrhG mit ihren Vor- und Nachteilen bewertet. Eine gelungene Regelung sollte sowohl in der konkreten Ausgestaltung lobenswert sein (Schutzrichtung, Abwägung, Umsetzung), als sich gleichfalls in das gesamte System, in die Dogmatik eines Rechtsgebiets passend einfügen.

III Stand der Forschung

Die Dogmatik der Schrankenregelungen ist in gehaltvollem Ausmaß erstmalig 2009 von Stieper18 untersucht worden. Die Bedeutung der Schrankendogmatik scheint in den letzten zehn Jahren gleichwohl nicht ausreichend besprochen worden zu sein. Zahlreiche Diskussionen zum Verhältnis von Vertragsangeboten oder -vereinbarungen zu gesetzlichen Schrankenregelungen werden seitdem weiterhin interessengeleitet geführt, ohne auf dogmatische Grundlagen einzugehen.19 Weitere Publikationen, die die Schrankendogmatik seit der Veröffentlichung von Stieper besprechen, widersprechen seinen Ansichten überdies grundlegend.20 Daher soll sich im Vorfeld der Untersuchung des Vertragsvorbehalts aus dogmatischer Perspektive mit dem Vertragsvorrang beschäftigt werden. Falls ein solcher dem Urheberrechtsgesetz fremd ist, stünden die unter einen Vertragsvorbehalt gestellten Regelungen im Widerspruch zur Schrankendogmatik. Der Vorbehalt müsste mithin auf rechtspolitischer Ebene überzeugen können, obgleich er sich konträr zu der Funktion jeglicher Dogmatik positioniert. Sie besteht darin, die Gesamtheit ←35 | 36→der Bestimmungen einem einheitlichen und stringenten Überbau zu unterwerfen, der dazu führt, dass das Verständnis des Gesetzes aufgrund der eindeutigen Zielvorstellung ersichtlich wird und die einzelnen Auslegungsergebnisse konstruktiv nachvollziehbar sind. Andererseits würde es der Vertragsvorbehalte nicht bedürfen, würden Schranken grundsätzlich mit urheberrechtlicher Wirkung abbedungen werden können. Insofern ist es angebracht, sich erneut mit der Schrankendogmatik zu beschäftigen.

Die junge Regelung des § 60g UrhG selbst ist naturgemäß bisher wenig thematisiert worden. Erste aktualisierte Kommentare setzen sich mit ihrer Auslegung auseinander. Doch noch finden sich nicht in allen Kommentaren und Lehrbüchern Ausführungen dazu wieder. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung diesbezüglich besteht noch nicht. Die nachfolgende Untersuchung möchte daher einen Beitrag zur Interpretation liefern. Über die gesamte Untersuchung hinweg steht aber nicht die Interpretation im Vordergrund, sondern die Bewertung der Interpretation. Aufgrund der technologischen Weiterentwicklung wird die nächste Reform des Urheberrechts in naher Zukunft bevorstehen. Im Übrigen sind die Vorschriften des UrhWissG befristet und nach § 142 II UrhG ab dem 1. März 2023 nicht mehr anzuwenden. Daher werden die gefundenen Ergebnisse kritisch betrachtet, um Anstöße für eine weitere Reform des Urheberrechts zu geben. Im Ergebnis wird eine Stellungnahme zum Vorbehalt des Vertrags erfolgen, auf deren Grundlage Vorschläge zur Gesetzesänderung basieren. Die Empfehlungen orientieren sich an der Frage, inwiefern Verwerter21 angemessen beteiligt werden können, wenn auf gesetzlicher Grundlage genutzt wird. Denn sensibel müssen die Interessen aller betroffenen Gruppen, ebenso der derivativen Rechteinhaber, umfassend berücksichtigt werden. Dem System der Schranken obliegt es, sich nicht nur auf die Interessen der Urheber und Nutzer zu konzentrieren, obwohl sie als Inhaber der gesetzlichen Vergütungsansprüche beziehungsweise als Nutzungsprivilegierte bei Überlegungen rund um Schrankenbestimmungen naturgemäß im Vordergrund der Aufmerksamkeit stehen. Bei der wirtschaftlichen Partizipation der Verwerter ist dabei ein Neudenken zu fordern. Denn es wird sich im Rahmen der Untersuchung zeigen, dass Verträge im Anwendungsbereich gesetzlicher Erlaubnisse nicht der richtige Weg sind, alle Bedürfnisse angemessen auszutarieren. Gleichwohl sind Vorbehalte wiederholt Gegenstand rechtspolitischer Forderungen und in Rechtsprechung sowie Gesetzgebung finden sie vermehrt Berücksichtigung. Eine detaillierte und tiefgehende Untersuchung von Vertragsvorbehalten in urheberrechtlichen Schranken scheint hingegen im deutschen Recht soweit ersichtlich bisher zu fehlen.


1 Text und Data Mining ist ein Sammelbegriff für automatische Analyseverfahren, mit deren Hilfe große Mengen an Informationen durchsucht und verglichen werden können.

2 Infolgedessen ist bei der konkreten Ausgestaltung des Rechts zu fordern, dass das Urheberrecht sich seiner Mehrsystemzugehörigkeit bewusst ist und diese angemessen zu berücksichtigen versucht, so zutreffend ebenfalls Grünberger, ZGE 2017, 188, 209.

3 Das hebt ebenso das BVerfG ZUM 2016, 626, 633, Rn. 87 – Metall auf Metall hervor: Mit der Veröffentlichung stünde ein Werk „nicht mehr allein seinem Inhaber zur Verfügung, sondern tritt bestimmungsgemäß in den gesellschaftlichen Raum und kann damit zu einem eigenständigen, das kulturelle und geistige Bild der Zeit mitbestimmenden Faktor werden.“.

4 Der erste Satz der Gesetzesbegründung des UrhG formuliert 1962 als Ziel des Rechtsgebiets: „Aufgabe des Urheberrechts ist es, den Schöpfer eines Werkes der Literatur, der Musik oder der bildenden Künste (Urheber) gegen eine unbefugte wirtschaftliche Auswertung seiner schöpferischen Leistung und gegen Verletzung seiner ideellen Interessen am Werk zu schützen.“, BT-Drs. IV/270, S. 27.

5 Grünberger, ZGE 2017, 188, 189. Über diese Grundsatzentscheidung des Rechts wird seit langem gestritten, vgl. nur Hansen, Warum Urheberrecht?, S. 87 ff.; Stallberg, Urheberrecht und moralische Rechtfertigung, S. 57 ff., wobei sie stark kritisiert worden ist. Wielsch, ZGE 2013, 274, 274 beispielsweise sieht in der Ausgestaltung des Urheberrechts ein „Eigentümermarktmodell“, das sich „der wirtschaftlichen Rationalität ohne hinreichende Rücksicht auf die Anforderungen der jeweiligen Eigenlogik kultureller Kommunikation“ unterworfen hat, was durch die Rechtswissenschaft „durch eine unilaterale ökonomische Interpretation“ abgesichert wird, anstatt „die multilateralen Wirkungen von Schutzrechten in den unterschiedlichen Umwelten des Rechts“ zu ermitteln.

6 Dieser methodische, nicht dogmatische Begriff wurde von Wielsch, Zugangsregeln, S. 60 ff. grundlegend für die Festlegung und Grenzziehung der Gesamtheit der Sachverhalte, in denen das Urheberrecht Wirkung entfaltet, geprägt.

7 Vgl. grundlegend Stieper, Rechtfertigung der Schranken, S. 178 ff.

Details

Seiten
634
Erscheinungsjahr
2022
ISBN (PDF)
9783631889237
ISBN (ePUB)
9783631889244
ISBN (MOBI)
9783631889251
ISBN (Paperback)
9783631889084
DOI
10.3726/b20159
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (Oktober)
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2022. 634 S.

Biographische Angaben

Julian Schemmann (Autor:in)

Julian Conrad Schemmann studierte Rechtswissenschaften, im Schwerpunkt Immaterialgüterrecht, an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort erfolgte auch seine Promotion beruhend auf vorliegender Dissertation.

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Titel: Vertragsvorbehalte in urheberrechtlichen Schranken