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Wege der Germanistik in transkultureller Perspektive

Akten des XIV. Kongresses der Internationalen Vereinigung für Germanistik (IVG) (Bd. 10) - Jahrbuch für Internationale Germanistik - Beihefte

von Laura Auteri (Band-Herausgeber:in) Natascia Barrale (Band-Herausgeber:in) Arianna Di Bella (Band-Herausgeber:in) Sabine Hoffmann (Band-Herausgeber:in)
©2022 Konferenzband 758 Seiten
Open Access

Zusammenfassung

SprachwissenschaftlerInnen und DaF-ForscherInnen konfrontieren sich hier, auch kontrastiv, über diachronisch und synchronisch aufgefasste Themen wie Mehrsprachigkeit und Mehrsprachenlernen, Variabilität des Deutschen etc.
 
Der zehnte Band enthält Beiträge zu folgenden Themen:
-Fachkommunikationsforschung;
-Das historische Wort und seine lexikologischen und lexikografischen Beschreibungsdimensionen;
- Variabilität des Deutschen: Phonetik und Phonologie;
- Der Beitrag der kleinen Sprachen zum Fortschritt der Linguistik;
- Mehrsprachigkeit und Mehrsprachenlernen;
- Linguistik und DaF: Deutsch und romanische Sprachen kontrastiv: Brückenschlag zwischen kontrastiv-typologischer Grammatikforschung und Fremdsprachendidaktik

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Fachkommunikationsforschung
  • Terminologische Integration in akademischen Fachkulturen Ein korpuspragmatischer Zugang (Michael Bender, Marcus Müller (Darmstadt))
  • Unterdrückung der Nationalterminologien oder Unifizierungsidee? (am Beispiel der Terminologie der medizinischen Ästhetologie) (Daniil Danilets (Odessa))
  • Bildungssprache – eigenständiges Register, Fachsprache light oder reines Konstrukt? oder: Hat der Modebegriff Bildungssprache einen Mehrwert? (Christian Efing (Aachen))
  • Gibt es die „Nischenfächer“ noch? Deutsch als internationale Wissenschaftssprache in Klassischen Archäologie (Karl Gerhard Hempel (Lecce))
  • Fehler in der beglaubigten Übersetzung. Fallstudien (Artur Dariusz Kubacki (Krakau))
  • Neurolinguistische Erkenntnisse zur Fachsprachenkompetenz (Magdalena Olpińska (Warschau))
  • Didaktischer Fachstil – Muster, musterbezogene und individuelle Varianz am Beispiel der Textsorte „Einführung“ (Mikaela Petkova-Kessanlis (Sofia))
  • Textsorten und Translate in deutschen Strafakten (Tinka Reichmann (Leipzig))
  • Faktoren effizienter Fachkommunikation (Thorsten Roelcke (Berlin))
  • Terminologie und Kultur: Können Wissensdatenbanken mehrsprachige Prozesse im Hinblick auf die Kulturspezifik unterstützen? (Christoph Rösener (Mainz))
  • Fachsprachliche Terminologie: kontrastiv und theorieübergreifend (Christian Lang, Roman Schneider (Mannheim))
  • Asynchrone (Fach-)Kommunikation im Internet: einige Ergebnisse der kontrastiven deutsch-polnischen Studien am Beispiel der Social-Media-Kommunikation (Paweł Szerszeń (Warschau))
  • Wissenschaftliche Texte im Vergleich – thematische Analyse der deutschen und chinesischen linguistischen Zeitschriftenartikel (Jin Zhao (Shanghai))
  • Zur Entwicklung der fachsprachlichen Hörkompetenz der chinesischen Studierenden (Yu Zheng (Shanghai))
  • Das historische Wort und seine lexikologischen und lexikografischen Beschreibungsdimensionen
  • Historische Lexikologie und Lexikografie – zur Einführung (Laura Balbiani (Mailand), Jochen A. Bär (Vechta), Anja Lobenstein-Reichmann (Göttingen/Prag))
  • Fiktionalität und Pragmatik im Frühneuhochdeutschen Wörterbuch (Oskar Reichmann (Heidelberg/Götingen))
  • Wortgeschichte digital. Artikelinterne Verweise und ihre Visualisierung (Volker Harm (Göttingen))
  • Sprachkontakt und etymologische Forschung: die Arbeit am LEI-Germanismi / Wörter germanischen Ursprungs (Elda Morlicchio (Neapel))
  • Beziehungslexikografie – Lexikografische Aufbereitung von gesellschaftsgeschichtlichen Anerkennungsrelationen am Beispiel des Frühneuhochdeutschen (Anja Lobenstein-Reichmann (Göttingen/Prag))
  • Wie hast du’s mit der Religion? Zur Beschreibung religiös-biblischen Wortgebrauchs im Althochdeutschen Wörterbuch (Almut Mikeleitis-Winter (Leipzig))
  • Lexikografische Beschreibungsdimensionen von Gender im Frühneuhochdeutschen (Andrea Moshövel (Göttingen))
  • FWB-online – Eine Fallstudie zur Digitalisierung von historischen Wörterbüchern (Henning Wolf (Göttingen))
  • Die onomasiologischen Felder des Frühneuhochdeutschen als digitale Netzwerke (Jan Christian Schaffert (Göttingen))
  • Interjektionen in Wörterbüchern und in Texten (Simona Leonardi (Genua))
  • Mehrsprachige historische Wörter aus semantischer Perspektive (Jana-Katharina Mende (Halle-Wittenberg))
  • „Nur ein blutiger Franzosenhaß kann die deutsche Kraft vereinigen“ Die deutsch-französische „Erbfeindschaft“ in ihren lexikalischen Ausprägungen (Sebastian Rosenberger (Göttingen))
  • Variabilität des Deutschen: Phonetik und Phonologie
  • Einleitung (Beata Grzeszczakowska-Pawlikowska (Łodz), Anke Sennema (Mainz), Klaus Geyer (Odense))
  • Zum phonologischen Status von r/ im Deutschen (Klaus Geyer (Odense))
  • Die Variabilit[e:]t der 〈ä〉-Lautung in der deutschen Standardaussprache: Ein Bildungslaut mit Leseaussprache? (Adriana Rosalina Galván Torres (Guadalajara), Moritz Drehsen (Guadalajara))
  • The pronunciation of <j> in German: Fricative or Approximant? (Macià Riutort Riutort, Joaquín Romero Gallego, Kai A. Voltmer (Tarragona))
  • Sylvia Moosmüllers Forschung zur Variation des Deutschen in Österreich (Maria Paola Bissiri (Como), Brigitte Eisenwort (Wien), Livia Tonelli (Genua))
  • L2-Aussprache und fremder Akzent: Einstellungen italienischer Germanistikstudierender (Peter Paschke (Venedig))
  • Authentisches im Aussprachetraining: Lesen(d) lernen (Zuzana Bohušová, (Banská Bystrica))
  • Die Rolle der Aussprachekompetenz in internationalen Deutsch-als-Fremdsprache-Prüfungen. Ansätze und Erfahrungen am Beispiel des Österreichischen Sprachdiploms Deutsch (ÖSD) (Manuela Glaboniat (Klagenfurt), Karoline Janicek (Wien))
  • Mut zum Sprechen – Die Entwicklung lebendiger Interaktion im System einer japanischen Anfängerklasse (Markus Rude (Tsukuba))
  • Die Variation des deutschen /r/-Lautes im interlingualen Spannungsfeld (Artur Tworek (Wrocław/Breslau))
  • Der Beitrag der kleinen Sprachen zum Fortschritt der Linguistik
  • Sektionsbeschreibung (Heinrich Siemens (Bonn), Mark Louden, Göz Kaufmann (Freiburg))
  • Axiomatische Syntax (Heinrich Siemens (Bonn))
  • Mehrsprachigkeit und Mehrsprachenlernen
  • Vorwort (Cristina Flores (Braga), Britta Hufeisen (Darmstadt), Aldona Sopata (Posen))
  • Sprachkulturen und Kommunikation: Identitäten zwischen Erwartung und Aushandlung (Veronika Elisabeth Künkel (Bayreuth))
  • Wege der deutsch-polnischen Zweisprachigkeit anhand der Sprachbiographien der deutschen Minderheit – Regional geprägte Sprachenpolitik nach 1945 und ihr Einfluss auf die Herausbildung der Bilingualität (Barbara A. Jańczak (Posen))
  • „Pattern Replication“ im Sprachgebrauch der deutsch-polnischen Bilingualen – ein Generationenvergleich (Felicja Księżyk (Opole))
  • Gebrauch und Aneignung von Anglizismen (anhand des Deutschen und des Aserbaidschanischen) (Günel Mehdizade (Baku))
  • Mit offenen Armen aufnehmen. Zur Nutzung von Ressourcen im Fremdsprachenunterricht (Ulrike Simon (Bari))
  • Mehrsprachigkeit als Ressource beim Lernen im Tandem aus der Perspektive der Teilnehmenden (Sabine Grasz (Oulu))
  • Die aktuelle Situation und Perspektiven des bilingualen Unterrichts in Serbien (Ana Djordjevic (Niš))
  • Linguistik und DaF. Deutsch und romanische Sprachen kontrastiv: Brückenschlag zwischen kontrastiv-typologischer Grammatikforschung und Fremdsprachendidaktik
  • Vorwort (Angelika Wöllstein (Mannheim), Marina Foschi Albert (Pisa), María José Domínguez Vázquez (Santiago de Compostela))
  • Umsetzung theoretischen Wissens über Vorfeld- und Außenfeldbesetzung von DaF-Lernenden ins gesprochene Deutsch. Eine Interventionsstudie anhand kollaborativer mündlicher Referate (Marta Fernández-Villanueva (Barcelona))
  • Das grammatische Genus im Deutschen und im Italienischen: Formale Kriterien, praktische Anwendungen und didaktische Implikationen aus kontrastiver Sicht (Nicolò Calpestrati (Siena))
  • Modalpartikeln als Unterrichtsproblem: Ein Vorschlag für ihre Vermittlung im universitären DaF-Unterricht in Italien (Martina Lemmetti (Pavia))
  • Das erweiterte Partizip Präsens als Attribut in sprachvergleichender Perspektive: Ein Blick auf das Sprachenpaar Deutsch-Italienisch (Patrizio Malloggi (Pisa))
  • Eine kontrastive Studie der Diskursmarkernutzung im DaF- und EFL-Kontext (José Javier Martos Ramos (Sevilla))
  • Deutsche da(r)-Pronominaladverbien. Empirische Untersuchung und Implikationen für die DaF-Didaktik (Miriam Ravetto (Vercelli))
  • Das mehrsprachige Kind als Ausgangspunkt für eine optimale Lernergrammatik: Ergebnisse von simultan bi- und trilingualen Kindern (Natascha Müller (Wuppertal))
  • Syntaktische Strategien zur Kodierung der Informationsstruktur im Sprachenpaar Deutsch-Italienisch. Eine vergleichende Darstellung mit didaktischem Ausblick (Gianluca Cosentino (Cagliari))
  • Fehlerannotation und Fehleranalyse am Beispiel des deutsch-ungarischen Lernerkorpus Dulko (Andreas Nolda (Berlin))
  • Reihenübersicht

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Terminologische Integration in akademischen Fachkulturen.1 Ein korpuspragmatischer Zugang

Michael Bender (Darmstadt), Marcus Müller (Darmstadt)

Abstract: Der Beitrag beschäftigt sich damit, wie Termini in wissenschaftliche Texte eingeführt werden. Dabei gibt es grundsätzlich zwei Fälle: Erstens kann ein bestehender Terminus in einen Text eingeführt werden; zweitens kann ein Terminus neu eingeführt und im Fachdiskurs vorgeschlagen werden. In diesem Beitrag wird untersuchen wir den ersten, wesentlich häufigeren Fall. Unser Fokus liegt dabei auf den Textroutinen der Implementierung von Termini - bspw. unterschiedlichen Referenzierungspraktiken, Relevanzmarkierungen, Formen der Differenzierung, Strukturierung, Einordnung und Abgrenzung sowie der Kontextualisierung. Wir beleuchten Gemeinsamkeiten und Unterschiede solcher Fälle in der Breite der akademischen Fachkulturen.

Keywords: terminologische Integration, Terminologiesierung, Korpuspragmatik, Kollaborative Korpus- Annotation

1. Einleitung

Dieser Beitrag widmet sich der Frage, wie Termini in wissenschaftliche Texte eingeführt werden. Im Fokus stehen dabei textpragmatische Verfahren, mit denen bspw. durch die explizite oder implizite Darstellung des Bedarfs an Terminologisierung, also etwa an Präzisierung, Abgrenzung, Kontextualisierung oder Referenzierung, die Relevanz der jeweiligen Forschung markiert wird. Dieser Bereich stellt insbesondere mit Blick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede solcher Praktiken in der Breite der akademischen Fachkulturen im Sinne von „epistemic cultures“ (Knorr-Cetina 1999) eine Forschungslücke dar. Für die hier vorgestellte Studie wird ein Korpus von 65 Dissertationen aus 13 Fachbereichen untersucht, die dem TUprints-Server der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt entnommen sind. Die Dissertationen wurden bereinigt, strukturell ausgezeichnet (XML) und im Hinblick auf hier relevante textpragmatische Kategorien annotiert und analysiert. Analyseziel ist es, die fachspezifische ←13 | 14→Kombinatorik der unterschiedlichen Textpraktiken der Begriffsintegration darzustellen. Der Beitrag ist im Methodenrahmen der Korpuspragmatik (Müller 2015; Bender im Druck) verortet und schließt an empirisch-digitale Untersuchungen zu wissenschaftlichen Termini der soziopragmatischen Richtung an (vgl. Temmerman 2000). Allerdings werden hier im Unterschied zu diesen Studien keine konkreten Terminologien analysiert und es wird kein lexikologisches Interesse verfolgt, vielmehr untersuchen wir textpragmatische Verfahren der Terminologieintegration. Diese wiederum können als indirekter Hinweis darauf gedeutet werden, welche implizite Theorie der Terminologisierung (im Sinne von Roelcke 2013a: 2) in den unterschiedlichen Fachdiskursen wirksam wird.

Im folgenden Beschreibungs- und Kategorisierungsansatz für solche Praktiken wird auf eine kollaborative Methodenvariante der digitalen, manuellen Annotation zurückgegriffen. Dieser Ansatz ist vor dem Hintergrund eines Projekts entstanden, in dem es um wissenschaftliche, heuristische Textpraktiken bzw. Textroutinen (Feilke 2012: 11) geht (vgl. Bender & Müller 2020; Becker et al. 2020) – zunächst ohne die spezifischere Perspektive auf Terminologieeinbettung, die erst auf der Basis der umfassenderen Untersuchung entwickelt wurde. Nachdem der vorliegende Untersuchungsansatz in die bisherige Terminologieforschung eingeordnet wurde, wird diese Hintergrundfolie der heuristischen Textpraktiken kurz erläutert. Dazu gehört auch die digitale Annotationsmethode, die im Anschluss beschrieben und dann mit Blick auf die Terminologieintegration angewendet wird. In einem anschließenden Analyseabschnitt wird an Beispielen gezeigt, welche sprachlichen Phänomene als Indikatoren für solche Praktiken identifiziert werden können und nach welchen Kriterien Kategorien gebildet und Zuordnungen getroffen werden. Das daraus entstandene Kategoriensystem stellt ein zentrales Ergebnis des Beitrags dar. Im Zuge der Entwicklung dieses Kategorienschemas konnten aber auch weitergehende Befunde gewonnen werden – etwa Abweichungen von Terminologisierungsnormen, Tendenzen der Variation in Fachkulturen, prototypische Zusammenhänge von Phänomenen – auf die im Rahmen der Analyse und im Fazit eingegangen wird.

2. Einordnung in die Terminologieforschung

Der hier entwickelte Ansatz lässt sich wie folgt in die Terminologieforschung einordnen (vgl. Müller & Mell 2020; Roelcke 2013a: 1–18). Ausgangspunkt der Terminologieforschung ist die Terminologiearbeit in Folge der Industrialisierung, die Standardisierung und Normierung notwendig gemacht hat. Die Ziele der Vereinheitlichung von Konzepten und Begriffssystemen, der Definition von Konzepten, der Reduktion von Homonymität und der Beseitigung von Synonymien wurden durch die Terminologienormung in der Wiener Schule verfolgt, die von dem Ingenieur Eugen Wüster begründet wurde (vgl. Wüster 1991).

←14 | 15→Für die vorliegende Studie ist jedoch eine sprachgebrauchsorientierte Perspektive von besonderer Relevanz (in der Terminologieforschung erstmals von Sager (1990: 46) vorgeschlagen, vgl. auch Temmerman 2000: 23 ff.), in der auch Termini als Wörter in Texten verstanden und mit Blick auf ihre kommunikative Dimension analysiert werden können. Aus dieser Perspektive hat sich die dezidiert linguistische Terminologieforschung entwickelt, die – seit Ende der 1990er Jahre – Termini als Ausdrücke mit einer bestimmten Verteilung und einem spezifischen Kotextprofil in Texten eines bestimmten Fachdiskurses bzw. -kontextes versteht (vgl. z.B. Temmerman 2000). Das in unserer Forschungsgruppe geprägte Label „Terminologiedynamik“ schließt daran an und bezieht sich auf „Wanderwege wissenschaftlicher Termini“ (Müller & Mell 2020: 198) zwischen den Alltags- und Fachdiskursen wie auch zwischen unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen. Typische Beispiele dafür wären hochproduktive Termini wie „System“, „Struktur“ oder „Norm“. Müller et al. (2020) haben eine diachrone korpuspragmatische Studie zu dem Terminus „Regime“ vorgelegt, der als französisches Lehnwort über das Seerecht in den politikwissenschaflichen Diskurs über internationalen Beziehungen gelangt ist und dort ein Terminus mit einer Spezialbedeutung wurde. Als weiteres Beispiel-Projekt aus unserer Gruppe kann die Untersuchung der Dynamik sprach- und literaturtheoretischer Termini in Poetiken vom 18.–20. Jhd. angeführt werden (vgl. Alscher & Bender 2016).

Eine weitere Perspektive auf Termini bietet die Analyse von Verfahren der Terminologisierung, wie sie von Roelcke (2013b) vorgeschlagen wurde. Er beschreibt, wie terminologische Systeme in der Linearität des Textes entwickelt und expliziert werden. Dabei werden auch – allerdings nur in Form von Hypothesen und mit Vorsichtsmarkierung – verschiedenen Definitionsarten Funktionen zugeschrieben, bspw. werden Realdefinitionen mit der Funktion der Einführung von Termini in Verbindung gebracht (vgl. Roelcke 2013b: 111 f.). Dies bietet Anknüpfungsmöglichkeiten für den im Folgenden beschriebenen textpragmatischen Ansatz.

3. Theoretische und methodische Grundlagen

3.1 Heuristische Textpraktiken in wissenschaftlichen Texten als theoretische Hintergrundfolie für Praktiken der Terminologieintegration

Die hier vorgestellte Studie ist wie schon erwähnt vor dem Hintergrund eines umfassenderen Projekts zu heuristischen Textpraktiken in wissenschaftlichen Texten – am Beispiel von Dissertationen – entwickelt worden. Unter heuristischen Textpraktiken werden in diesem Zusammenhang Formulierungsverfahren verstanden, mit denen in institutionell verankerten Routinen neue, in der ←15 | 16→Aushandlung befindliche Wissensaspekte an ausgehandeltes, etabliertes Wissen angeschlossen werden – und zwar mit epistemischer und komplexitätsreduzierender Funktion (vgl. Bender & Müller 2020: 2–5). Mit heuristischen Textpraktiken wird immer Komplexität reduziert, da sie in Fachdiskursen etablierte Selektions- und Entscheidungsroutinen beinhalten, mit denen aus der Menge an möglichen Daten und Forschungsgegenständen die jeweils relevant gesetzten ausgewählt werden.

Dazu gehören z.B. „die Relevanz eines Forschungsthemas markieren“ in Form einer Sachbeschreibung oder des Aufzeigens eines Desiderats durch Referenzierung des Forschungsdiskurses, ein Ziel oder eine Fragestellung formulieren, „einen Begriff definieren“ oder „eine Aussage argumentativ stützen“. Das umfassendere Projekt zielte darauf zu erforschen, in welchem Ausmaß, in welcher Verteilung und mit welcher Kombinatorik solche Textpraktiken in verschiedenen Fachkontexten vorkommen und welche Effekte Fachkulturen auf heuristische Textpraktiken haben.

Durch die Kategorienbildung bzw. die Ausdifferenzierung verschiedener Praktiken-Typen und die entsprechende Annotation unserer Daten konnten bestimmte fachspezifische Zusammenhänge und Tendenzen aufgezeigt werden, zum Beispiel, inwiefern in geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Arbeitern mehr Diskursreferenzierung betrieben wird und in natur- und ingenieurswissenschaftlichen mehr Sachverhaltsbeschreibung. Eine detaillierte Beschreibung dieses Kategorienschemas (zu finden in Bender & Müller 2020: 22–29 und Becker et al. 2020: 437–441) kann im hier vorgegebenen Rahmen nicht erfolgen, ist im Sinne des Ziels der Darstellung der aktuellen Studie aber auch nicht notwendig. Auf einige der Kategorien zu heuristischen Textpraktiken im Allgemeinen wird jedoch noch eingegangen.

3.2 Kollaborative Korpus-Annotation als Methode

Kategorien, wie sie im vorigen Abschnitt beispielhaft aufgeführt wurden, werden bei der hier angewendeten Methode nicht einfach im Vorfeld gesetzt, sondern im Zuge des kollaborativen, manuellen Annotierens digitaler Texte sukzessive entwickelt. Kategorien werden gebildet, um Phänomene, die untersucht werden sollen, systematisch zu erfassen und voneinander abzugrenzen. Sie werden bestimmten Textsegmenten zugewiesen, die Indikatoren für die kategorisierten Phänomene darstellen. Kategorien werden einerseits deduktiv vor dem Hintergrund theoretischer Ansätze der Terminologieforschung gebildet, aber auch induktiv anhand der untersuchten Korpusdaten bzw. -texte ausdifferenziert, um auch unkonventionelle Praktiken zu erfassen. Die abduktive Neukonstruktion und Umkonfigurierung von Kategorien kann im Zuge der Schemaentwicklung ebenfalls angewendet werden. Solche Kategoriensysteme werden kollaborativ im Team ausgehandelt, wodurch im ←16 | 17→Zuge des Vergleichens und der Diskussion von Abgrenzungsentscheidungen und Zweifelsfällen bei der Zuordnung auch Qualitätssicherung betrieben wird. Auch die Mehrfachannotation derselben Textsegmente durch verschiedene Annotierende ist ein Mittel, das dafür genutzt wird. Für diese Studie haben drei Annotatoren2 – mit Expertenwissen im dargestellten Gebiet oder entsprechender Schulung – die Annotationen mit dem Tool INCEpTION, das an der TU Darmstadt entwickelt wurde (Eckart de Castilho et al. 2018), durchgeführt. Aus dem eingangs kurz beschriebenen Korpus (65 Dissertationen aus 13 Fachbereichen, online publiziert) wurden zunächst die zwei neuesten Arbeiten pro Fachbereich ausgewählt und unter den Annotatoren aufgeteilt. Annotiert wurden nicht nur die Einleitungen (wie im umfassenderen Textpraktiken-Projekt), sondern auch weitere Kapitel, die einen besonders hohen Anteil an Terminologisierung enthielten. Die annotierten Stellen wurden im Team diskutiert und besonders problematische Abschnitte doppelt oder von allen drei Teammitgliedern annotiert und verglichen.

Bei diesem Verfahren bleibt das Kategoriensystem also länger offen. Annotation wird als inkrementeller bzw. iterativer Prozess konzipiert und umgesetzt. Kategoriedefinitionen und Zuweisungsrichtlinien sowie die bei der Ausdifferenzierung gewonnenen Erkenntnisse werden als Ergebnisdimension angesehen, nicht nur als Voraussetzung für die Analyse im Sinne eines vorab festgelegten Kriterien- und Kategorienstandards. Bevor das Kategoriensystem als Zwischenergebnis zusammen mit einem Ausblick im Schlussteil beschrieben wird, soll im folgenden Abschnitt die Analyse mittels Annotation anhand von Beispielen gezeigt werden.

4. Analysebeispiele

Die folgenden beiden Beispiele zeigen, welche Phänomene durch die Annotation erfasst und wie diese analysiert werden. Es wurden Beispiele ausgewählt, an denen besonders gut prototypisch naturwissenschaftliche und geistes- bzw. sozialwissenschaftliche Praktiken kontrastiv dargestellt werden können.

Das erste – typisch naturwissenschaftliche – Beispiel wird in Abbildung 1 als Screenshot aus dem digitalen Annotationswerkzeug INCEpTION gezeigt, um die Annotation besser zu veranschaulichen. Die annotierten Kategorien stehen jeweils farblich markiert über dem Text, die Klammer darunter umfasst das annotierte Textsegment. Die Annotationen können digital ausgewertet werden, bspw. hinsichtlich Frequenz und Distribution.

Abb. 1:Auszug aus der annotierten Physikarbeit (Talluto 2016: 5) im Annotationstool INCEpTION

←17 | 18→In diesem Beispiel wird zunächst die Relevanz der Bestimmung des Terminus „Flüssigkeit“ für das Ziel der Arbeit explizit gemacht, der Terminologisierungsbedarf markiert. Es folgt eine explikative Definition (vgl. Roelcke 2013b: 108) – auch in Verbindung mit einer Abgrenzungspraktik, hier vom Terminus „Festkörper“, die sehr alltagsweltlich gehalten ist („dass sie fließt“). Anschließend werden weitere Fachwörter wie „Schubspannung“ benutzt, die selbst nicht erklärt, sondern vorausgesetzt werden. An solchen Fällen von terminologischer Integration durch Existenzpräsupposition lässt sich der Common Ground einer Fachkultur rekontextualisieren. Für die sozusagen wirklich fachliche Definition wird letztlich das Zeichensystem gewechselt und zu Formeln übergegangen – eine ebenfalls typisch naturwissenschaftliche Praktik.

Das zweite Beispiel ist einer Arbeit im Fach Psychologie entnommen, in der der Terminus „Sucht“ definiert wird.

„Eine allgemeine Definition von ‚Sucht‘ lässt sich in der Literatur nicht finden. Das Wort ‚Sucht‘ leitet sich aus dem germanischen ‚siech‘ ab, ein Begriff ←18 | 19→der ursprünglich auf Siechtum und Krankheit hinwies. Vermutlich hat sich der Begriff erst im 19. Jahrhundert zu einem moralisch besetzten Begriff gewandelt (Schulz, 2000).

Nach der World Health Organisation (1969) wird Sucht definiert als: […]“ (Hess 2015: 5)

Die Autorin steigt mit der Etymologie des Alltagsworts „Sucht“ ein und thematisiert den Bedeutungswandel. Dazu referiert sie die Gebrauchsgeschichte des Terminus und sichert die Aussage mit einer gerichteten Diskursreferenz (vgl. Bender & Müller 2020: 24), also den Verweis auf einen wissenschaftlichen Vortext ab, hier ist es die Verweisung auf „Schulz, 2000“.

Vor diesem Hintergrund wechselt die Autorin in den Fachdiskurs und referiert eine erste institutionell abgesicherte Fachdefinition der WHO.

Im Anschluss an diese – hier im Beleg nicht mehr gezeigt – diskutiert die Autorin in den nachfolgenden Abschnitten begriffsgeschichtlich verschiedene weitere konkurrierende Definitionen. Dabei wird das Einbeziehen verschiedener Merkmale abgewogen. Es findet auch Metakommunikation über die Bestimmung des Terminus statt. Im anschließenden Teil der Arbeit kommt sie zu einer eigenen Arbeitsdefinition. Durch dieses diskursreferenzielle Verfahren stellt sie die Dynamik und Diskursabhängigkeit des Terminus „Sucht“ heraus und zeigt, dass das explizierte Konzept von den Gebrauchsbedingungen des Terminus abhängig ist. Das ist ein vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften etabliertes Verfahren. Dieses diskursreferentielle Verfahren ist eingebettet in ein Kapitel, das auch abseits der Bestimmung von Termini durch Diskursreferenzierung als Textpraktik geprägt ist, praktisch die Anbindung der Arbeit an der Forschungsstand darstellt.

Das Konzept „Sucht“ wird aber auch kontextualisiert mit eher an den Naturwissenschaften orientierten Integrationspraktiken medizinischer Termini, wie im folgenden Auszug zu sehen.

„Immunglobuline setzen sich aus zwei schweren (Alpha-, auch H[eavy]-Kette) und zwei leichten Polypeptidketten (Kappa oder Lambda-, auch L[ight]-Kette) zusammen. Die Struktur dieser ‚Schenkel‘ ist für die spezifische Antigenerkennung von Bedeutung. An der Basis hat die schwere Kette eine konstante Region (Fc für ‚constant fragment‘), welche für die funktionellen Unterschiede sorgt und die Bindung anderer Komponenten des Immunsystems ermöglicht (vgl. Hennig, 1994).“ (Hess 2015: 22)

Hier werden Termini durch Verfahren der Merkmalsexplikation wie explikative Definition, explikative spezifizierende Nachsätze und Angabe von Übersetzungen mittels Appositionen („hier z.B. constant fragment“) integriert und durch eine einfache gerichtete Diskursreferenz abgesichert.

←19 | 20→5. Das Kategorienschema – Zwischenergebnis und Ausblick

Die folgende Abbildung zeigt die kollaborativ herausgearbeiteten Kategorien zur Unterscheidung textpragmatischer Praktiken der Terminologieintegration im Überblick. Eingeteilt wurde das Kategorienschema in zwei Rubriken. Die erste umfasst die Praktiken der Benennung und Beschreibung bzw. Bestimmung von Termini, mit denen einerseits die Aufgaben der Auswahl und Darstellung von Aspekten und Merkmalen, aber auch die der Abgrenzung von anderen Termini geleistet werden, an denen andererseits aber auch sichtbar wird, wo Wissen im Fachkontext vorausgesetzt wird. Die zweite Rubrik erfasst metakommunikative Praktiken, einerseits alle Verweisungsverfahren auf den bisherigen Forschungsdiskurs und die Gebrauchsgeschichte zum jeweiligen Terminus, andererseits die Thematisierung des Terminusgebrauchs, also die Markierung des Bedarfs, der Relevanz und der Angemessenheit des Terminusgebrauchs.

Abb. 2:Kategoriensystem: Praktiken der Terminologieintegration

Diese Rubriken können mit den erwähnten, nicht nur auf Terminologieintegration ausgerichteten heuristischen Textpraktiken in Zusammenhang gebracht werden. So steht die erste Rubrik (Benennung/Beschreibung/Bestimmung) in Bezug zur Textpraktik „Relevanzmarkierung durch Sachbeschreibung“ (vgl. Bender & Müller 2020: 23), die zweite Rubrik (Metakommunikation) in Bezug zur Textpraktik „Relevanzmarkierung durch Diskursreferenzierung“ (vgl. Bender & Müller 2020: 24).

Definitionen auf der Sachebene kommen vermehrt in Abschnitten vor, die durch Relevanzmarkierung in Form von Sachbeschreibung geprägt sind, ←20 | 21→oder sind eingebettet in die anderen Praktiken. Diskursreferenzierungen mit Terminologiebezug sind oft eingebettet in Forschungsstand-Kapitel, metakommunikative Integrationspraktiken oft in Theorie- oder Methodenkapitel, in denen die Begriffe erst ausgehandelt bzw. diskutiert werden.

Bzgl. der Variation in Fachkulturen kann die Tendenz festgestellt werden, dass der Sachbeschreibungsbezug in ingenieurs- und naturwissenschaftlichen Kontexten stärker ausgeprägt ist, der Forschungsdiskursbezug hingegen eher in geisteswissenschaftlichen Fächern – sowohl im Hinblick auf allgemeinere heuristische Textpraktiken (wenn hier auch weiter differenziert werden muss, vgl. Bender & Müller 2020: 39–41) als auch auf die Terminologieintegration. Die dargestellte Parallelität zu genau diesen heuristischen Textpraktiken legt nahe, dass bei den Praktiken der Terminologieintegration nicht nur die Funktion der Einführung von Benennungen und Beschreibungen auf der Sachverhaltsebene im Mittelpunkt steht, sondern auch die Funktion der Relevanzmarkierung. Wo Termini eingeführt werden, sei es in Form der Diskussion bestehender Definitionen oder der Neu- oder Weiterentwicklung von Termini, wird Terminologisierungsbedarf indiziert und dadurch auch eine Forschungslücke aufgezeigt. Hier ließe sich evtl. anschließen an funktionale Perspektiven in der Terminologisierungsforschung wie z.B. bei Roelcke (2013b: 109–112). Die hier dargestellten Zwischenergebnisse in Form eines Kategorienschemas müssen allerdings zunächst durch die (evtl. (teil-) automatisierte) Annotation größerer Textmengen inklusive Qualitätssicherung validiert werden, was Gegenstand der noch laufenden Studie ist.

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Unterdrückung der Nationalterminologien oder Unifizierungsidee? (am Beispiel der Terminologie der medizinischen Ästhetologie)

Daniil Danilets (Odessa)

Abstract: Der vorliegende Artikel verschafft einen Einblick über die Ergebnisse, insbesondere die Heterogenität des fachsprachlichen Inventars der medizinischen Ästhetologie im Deutschen, Französischen, Polnischen und Ukrainischen. Die Parametrisierung der Fachsprache bietet gute Grundlage, anhand sprachtypologischer Prinzipien und kontrastiver Grammatik weiter qualitativ untersucht zu werden. Terminologie als subjektivierungs- und linguizismuskritisches Gebiet konfrontiert dabei mit Monolingualität und Unifizierung. Die Mehrstimmigkeit, Mehrschichtigkeit und Serialität dieser Terminologie lassen sich durch die Berücksichtigung entsprechender lexikografischer Mikrostrukturen wiedergeben. Abschließend werden lexikografische Gestaltungsversuche angeboten.

Keywords: Fachsprache, medizinische Ästhetologie, Lexikografie, Typologie, Unifizierung, Linguizismus

1. Einleitung: Sprachtypologische Prinzipien

Dass sich die Fachsprache der Medizin einer sogenannten Lingua franca bedient, ist bekannt und zweifellos. Die Terminologie der medizinischen Ästhetologie ist reich an Neoklassizismen und Anglizismen, weist eine mehrschichtige Struktur auf (Ischreyt 1965 und Hoffmann 1985, Kalverkämper 1988: 112, Roelcke 2010: 30) und somit hält sich an terminologische Exaktheit und Ökonomie anhand angemessener für jeweilige Sprache Darstellungsformen (morphologische Besonderheiten). Ein besonderer Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Frage nicht nach allgemeinen, sondern nach distinktiven sprachtypologischen Prinzipien und Regularitäten der Fachsprache der Medizinischen Ästhetologie, die sich nach unserer Auffassung eine eindeutige Kontrastivität behufs weiterer lexikografischer Arbeit gewährleisten können.

Die gesetzgeberischen Grundlagen und die tragenden Säulen der vergleichenden Sprachwissenschaft sind die suprasprachlichen Faktoren, die nicht zwischen Sprachen vermitteln, sondern über Sprachen stehen und die gemeinsamen Merkmale widerspiegeln. Bevor die einzelnen Widersprüche, ihre Überwindung bzw. Gemeinsamkeiten der zu untersuchenden Fachsprache im Allgemeinen und in den Zielsprachen (Deutsch, Französisch, Polnisch, ←23 | 24→Ukrainisch) exemplifiziert werden, müssen die fundamentalen Gerüste der Typologie erwähnt werden.

Die unerschöpflichen Übersichtsarbeiten bzw. -typologien (genetische Klassifikation, Sprachbau (Humboldt/Schlegel), grammatische Typen (Talmy/Slobin)) stellen die Parametrisierung der zu untersuchenden Fachsprache dar: Fachsprache(n) als System von Prinzipien mit fixierten Parametern (Universalgrammatik; vgl. Chomsky 1981). Die lexikalische und syntaktische Verschiedenheit kann aus Variationen in der Fixierung von Parametern resultiert werden (vgl. Grewendorf 1992: 15).

Gesellschaftliche Gegebenheiten, funktionale Eigenschaften und andere dazugehörige Faktoren lassen uns nicht nur über die Quantifizierung des (Abstraktions)Grades sprechen (vgl. Jäkel 1997, Stålhammar 1997 und Budin 1996), sondern über die duale Struktur der Repräsentation in zwei getrennten Ebenen: implizite vs. explizite Darstellungsformen. Die Wechselwirkung und Interaktion zwischen Implizitem und Explizitem ist kognitive Architektur der Terminologie: Die Bewegungsarten und Switching des Kodes (Unidirektionalitätsthese der kognitiven Metaphern-Theorie (Jäkel)) sind Ergebnisse jeweiliger Umgebungsbedingungen und können konkrete Ziele der Didaktisierung erfolgen.

2. Regularitäten der Fachsprache der Medizinischen Ästhetologie

2.1 Morphologie

Das Ergebnis der vorläufigen Untersuchungen (Danilets) erfolgt durch ein empirisch korpuslinguistisch zu überprüfendes Kriterium. Die Terminologie der medizinischen Ästhetologie als Teilsystem jeweiliger (Fach)Sprache spiegelt die ganzheitliche Charakterisierung in den zu untersuchenden Sprachen wider. Allgemein besteht das Fachsprachinventar der medizinischen Ästhetologie zu einem Großteil aus Komposita und syntagmatischen Verbindungen (Tab. 1). Die ersten beweisen behufs der Transparenz, Explizit- und Eindeutigkeit meistens den Grad der vollen morphosemantischen Motiviertheit. Bei der syntagmatischen Kombinatorik der Begriffe sind in der Regel die paradigmatisch (in)variablen nominalen Kollokationen (*Determinativkomposita) gemeint.

Tab. 1: Morphologischer Bestand bei Terminusbildung im Bereich der medizinischen Ästhetologie

Sprache

Verfahren morphologischer Wortbildung

Syntaktische Strukturen

Entlehnte, nicht assimilierte Begriffe

Gesamt

Komposition

Derivation / Ableitung

Abkürzung (Abbriviation)

Präfigierung

Suffigierung

Zirkumfigierung

Rückbildung

Terminologische Syntagmen (Mehrworttermini)

Dtsch.

481 (65,89 %)

2 (0,27 %)

11 (1,5 %)

18 (2,46 %)

20 (2,73 %)

108 (14,79 %)

90 (12,32 %)

730 (100 %)

Frz.

179 (29,63 %)

19 (3, 14 %)

15 (2,48 %)

18 (2,98 %)

12 (1,98 %)

320 (52, 98 %)

41 (6,78 %)

604 (100 %)

Poln.

135 (24, 07 %)

1 (0,17 %)

23 (4,04 %)

9 (1,58 %)

7 (1,23 %)

6 (1,05 %)

324 (56,59 %)

64 (11,24 %)

569 (100 %)

Ukr.

146 (30,7 %)

4 (0,8 %)

8 (1,7 %)

14 (2,9 %)

8 (1,7 %)

240 (50,5 %)

55 (11,5 %)

475 (100 %)

←24 | 25→←25 | 26→Im Deutschen als einer synthetischen (analytisch-synthetischen) Sprache lassen sich die folgenden Grundprinzipien feststellen: 1. Große Kompositafähigkeit (z.B. Umbikoplastik „Nabelplastik“ / Mammaaugmentation / Fettabsaugung / Brachioplastik / Bauchdeckenstraffung); 2. Syntagmatische Verbindungen (z.B. bivektorielles Facelift; subperiostales Lifting; ultraschallbasierte Liposuktion / Methode); 3. Entlehnungen (z.B. Laser Subsurfacing; Facelifting; Graft).

Details

Seiten
758
Erscheinungsjahr
2022
ISBN (PDF)
9783034346009
ISBN (ePUB)
9783034346016
ISBN (MOBI)
9783034346023
ISBN (Paperback)
9783034336642
DOI
10.3726/b20294
Open Access
CC-BY-NC-ND
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2023 (Februar)
Schlagworte
Mehrsprachigkeit und Mehrsprachenlernen Der Beitrag der kleinen Sprachen zum Fortschritt der Linguistik Fremdsprachendidaktik
Erschienen
Bern, Berlin, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2022. 758 S., 134 s/w Abb., 61 Tab.

Biographische Angaben

Laura Auteri (Band-Herausgeber:in) Natascia Barrale (Band-Herausgeber:in) Arianna Di Bella (Band-Herausgeber:in) Sabine Hoffmann (Band-Herausgeber:in)

Laura Auteri ist Ordentliche Professorin für deutsche Literatur an der Universität Palermo und war 2015-2021 Vorsitzende der Internationalen Vereinigung für Germanistik. Natascia Barrale ist Associate Professorin für deutsche Literatur an der Universität Palermo Arianna Di Bella ist Associate Professorin für deutsche Literatur an der Universität Palermo Sabine Hoffmann ist Ordentliche Professorin für deutsche Sprache und DaF-Didaktik an der Universität Palermo

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Titel: Wege der Germanistik in transkultureller Perspektive