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Gewährleistung und Vermögensbindung bei der AG

von Christian Holthaus (Autor:in)
©2017 Dissertation 274 Seiten

Zusammenfassung

Der Investor, der im Rahmen einer Kapitalerhöhung Aktien zeichnet, wird – wie bei Unternehmenskäufen üblich – ein Interesse daran haben, dass die AG die Gewährleistungen hierfür übernimmt. Der Grundsatz der Vermögensbindung bei der AG untersagt jedoch Leistungen an Aktionäre, soweit es sich nicht um Gewinnausschüttungen handelt. Der Autor befasst sich unter Aufarbeitung vorhandener Rechtsprechung und Literatur damit, ob die AG nach geltendem Recht gegenüber dem Investor Gewährleistungen übernehmen kann. Er kommt zu dem Ergebnis, dass dies nicht möglich ist. Im Folgenden werden Alternativgestaltungen analysiert. Die Ausarbeitung endet mit einer Betrachtung de lege ferenda, inwieweit der AG die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, eine Gewährleistungshaftung zu übernehmen. Der Autor spricht sich dafür aus, eine solche in Anlehnung an die Grundsätze der Börsenprospekthaftung zuzulassen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • A. Einleitung
  • I. Die Problematik
  • 1. Finanzierung durch Investoren
  • 2. Wunsch nach Absicherung
  • 3. Die Frage nach der Risikotragung
  • 4. Konflikt zwischen Investorenschutz und Vermögensbindung
  • II. Fallkonstellationen
  • 1. Grundfall (originärer Aktienerwerb)
  • 2. Abwandlung (Derivativer Erwerb)
  • 3. Anspruchsberechtigung?
  • III. Gegenstand der Arbeit und Gang der Darstellung
  • B. Unternehmenskauf und Kapitalschutz im Überblick
  • I. Ablauf eines Beteiligungserwerbs
  • 1. Vorbereitung und erste Schritte
  • 2. Due-Diligence-Prüfung
  • 3. Abschluss des Erwerbsvorgangs
  • 4. Beteiligungsvertrag als Sonderform des Unternehmenskaufvertrags
  • II. Ansprüche des Erwerbers einer Gesellschaftsbeteiligung
  • 1. Notwendigkeit einer eigenständigen Gewährleistungssystematik beim Beteiligungserwerb
  • a) Originärer Aktienerwerb
  • b) Derivativer Aktienerwerb
  • aa) Anwendbarkeit des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts
  • bb) Unzulänglichkeiten des gesetzlichen Mangelbegriffs beim Unternehmenskauf
  • (1) Rechtsmängel gemäß § 435 BGB
  • (2) Sachmängel gemäß § 434 BGB
  • (a) Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit
  • (b) Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung
  • cc) Unzulänglichkeiten der gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgen beim Unternehmenskauf
  • (1) Nacherfüllung
  • (2) Rücktritt
  • (3) Minderung
  • (4) Schadensersatz
  • 2. Vertragliche Gestaltung der Gewährleistung beim Beteiligungserwerb
  • a) Selbständige Garantieversprechen
  • aa) Rechtsnatur
  • bb) Rechtsfolgen
  • b) Arten von Gewährleistungen
  • aa) Bilanzgarantie
  • (1) Prozessuales Element
  • (2) Materielles Element
  • (3) Kompromisslösungen
  • (4) Besonderheiten bei den Rechtsfolgen
  • bb) Eigenkapitalgarantie
  • (1) Inhalt
  • (2) Besonderheiten bei den Rechtsfolgen
  • cc) Kursgarantie
  • dd) Freistellungen
  • III. Die Kapitalaufbringung
  • 1. Zweck und Bedeutung der Kapitalaufbringung
  • 2. Ablauf einer Kapitalerhöhung
  • 3. Wesentliche Ausprägungen der Kapitalaufbringung
  • a) Verbot der Unterpariemission
  • b) Überpariemission
  • c) Der Zeichnungsvertrag
  • aa) Bedeutung und Inhalt
  • bb) Die Bestandskraft des Zeichnungsvertrags
  • d) Verbot der Zeichnung eigener Aktien
  • e) Sicherung des Einlageanspruchs
  • IV. Kapitalerhaltung in Form der Vermögensbindung
  • 1. Zweck und Bedeutung
  • a) Gläubigerschutz
  • b) Schutz der Aktionäre
  • c) Wahrung der Organkompetenzen
  • d) Vollständiger Gewinnausweis
  • e) Eigeninteresse der Aktiengesellschaft
  • f) Gewichtung der Zwecke
  • 2. Ausprägungen des Grundsatzes der Vermögensbindung im Aktienrecht
  • a) Verbot der Einlagenrückgewähr
  • aa) Objektive Reichweite
  • bb) subjektive Reichweite
  • cc) Zinsverbot (§ 57 Abs. 2 AktG)
  • dd) § 57 Abs. 3 AktG
  • b) Verbot des Erwerbs eigener Aktien
  • c) Verbot der finanziellen Unterstützung des Aktienerwerbs
  • 3. Bilanzgewinn und Rücklagenbildung
  • a) Zusammensetzung des Bilanzgewinns
  • b) Gesetzliche Rücklage
  • c) Feststellung des Bilanzgewinns und Gewinnverwendung
  • 4. Ausnahmen vom Grundsatz der Vermögensbindung
  • a) Zulässiger Erwerb eigener Aktien
  • b) Leistungen im Rahmen eines Unternehmensvertrags
  • c) Bestehen eines vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs
  • d) Neutrale Drittgeschäfte
  • aa) Tatbestand
  • bb) Zweck
  • 5. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Vermögensbindung
  • V. Kapitalmarktrechtliche Ansprüche des Anlegers
  • 1. § 21 WpPG
  • 2. Ansprüche nach dem WpHG
  • a) Emittent von Finanzinstrumenten
  • b) Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen
  • c) Haftung wegen unterlassener Kapitalmarktinformation
  • d) Haftung wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation
  • 3. Vorrang gegenüber dem Verbot der Einlagenrückgewähr
  • a) Lex specialis
  • b) Lex posterior
  • C. Zulässigkeit einer Gewährleistungshaftung nach geltendem Recht
  • I. Verhältnis von Vermögensbindung und Aktionärsansprüchen in der Rechtsprechung
  • 1. Reichsgerichtliche Rechtsprechung
  • a) RGZ 54, 128: Vorrang der Kapitalerhaltung gegenüber Deliktsrecht
  • b) RGZ 62, 29: Vorrang der Kapitalerhaltung gegenüber vertraglichen Ansprüchen
  • c) RGZ 71, 97: Differenzierung zwischen originärem und derivativem Erwerb
  • d) RGZ 88, 271: Bestätigung von RGZ 71, 97
  • e) Fazit
  • 2. Neuere Rechtsprechung
  • a) LG Frankfurt vom 7. Oktober 1997
  • b) OLG Frankfurt vom 17.März 2005
  • c) Urteil des BGH vom 9. Mai 2005: EM.TV
  • d) Fazit
  • II. Der Meinungsstand in der Literatur
  • 1. Grundsatz: Unzulässigkeit von Gewährleistungen
  • a) Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr
  • b) Verstoß gegen die Bestandskraft des Zeichnungsvertrags
  • c) Sonderfall Kursgarantien
  • aa) Unzulässigkeit von Kursgarantien gemäß § 56 Abs. 3 AktG
  • bb) Sonderfall der Kursgarantie bei Sacheinlagen
  • d) Gleichbehandlungsgrundsatz
  • 2. Diskutierte Ausnahmen
  • a) Neutrales Drittgeschäft
  • aa) Voraussetzungen
  • bb) Berücksichtigung eines Aufgelds
  • cc) Einschränkungen
  • (1) Kein Verstoß gegen Bestandskraft des Zeichnungsvertrags
  • (2) Haftungsbegrenzung auf das nicht gebundene Vermögen
  • (3) Ausdrückliche Verknüpfung von Gewährleistung und Investitionshöhe
  • b) Ausschluss vertraglicher Gewährleistungsansprüche
  • c) Haftungsbegrenzung auf einen den geringsten Ausgabebetrag übersteigenden Wert der Einlage
  • d) Ausschluss der Gewährleistung erst nach erfolgter Kapitalerhöhung
  • e) Zulässigkeit bei gemischter Sacheinlage
  • f) Schadensersatz abhängig von der Art der Pflichtverletzung
  • 3. Zusammenfassung
  • III. Nicht praktikable Lösungsansätze
  • 1. Ausschluss vertraglicher Ansprüche
  • a) Kein ausreichender Schutz des Investors
  • b) Keine ausreichende Differenzierung
  • c) Beschränkung der Pflicht zum Aktienerwerb gemäß § 185 Abs. 4 AktG
  • 2. Gewährleistung bis zur Eintragung der Kapitalerhöhung
  • 3. Schadensersatz nur bei bestimmten Pflichtverletzungen
  • D. Systematisierung aktienrechtlicher Hindernisse für eine Gewährleistungshaftung
  • I. Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre (§ 53a AktG)
  • 1. Relevanz für diese Arbeit
  • 2. Inhalt des Gleichbehandlungsgrundsatzes
  • 3. Anwendbarkeit auf schuldrechtliche Verträge
  • 4. Die Investorenleistung als sachlicher Grund i.S. des § 53a AktG
  • a) Interesse der AG
  • b) Geeignetheit
  • c) Erforderlichkeit
  • d) Angemessenheit
  • aa) Gegenüberstehende Interessen
  • bb) Interessenabwägung
  • (1) Aufschlag für Gewährleistung
  • (2) Objekt der Einlage bzw. der Gegenleistung
  • (3) Sonstige Leistungen des Investors
  • (4) Anteilserwerb der Altaktionäre über die Börse
  • 5. Sachlicher Grund bei fehlender anderweitiger Möglichkeit der Kapitalbeschaffung
  • a) Notwendigkeit eines Interesses über die Kapitalbeschaffung hinaus
  • b) Fehlende Vergleichbarkeit der Gesamtumstände
  • c) Schutz der Altaktionäre durch Bezugsrecht
  • aa) Bezugsrecht als Ausgestaltung des Gleichheitsgebots
  • bb) Bezugsrechtsausschluss
  • cc) Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses und Ungleichbehandlung
  • d) Geltung auch bei Veräußerung eigener Aktien
  • 6. Verzicht auf den Schutz des § 53a AktG
  • a) Zustimmung aller betroffenen Aktionäre
  • b) Zweckmäßigkeit eines Verzichts
  • 7. Ergebnis
  • II. Financial Assistance (§ 71a Abs. 1 AktG)
  • 1. Inhalt des Verbots
  • a) Erfasste Rechtsgeschäfte
  • b) Zusammenhang zwischen Erwerb und Finanzierung
  • c) Beschränkung auf den derivativen Erwerb
  • d) Schutzzwecke
  • aa) Anwendung nur bei Kreditgeschäften
  • bb) Schutz vor Umgehung des Verbots des Erwerbs eigener Aktien
  • (1) Gefahr einer doppelten Schädigung des Gesellschaftsvermögens
  • (2) Einflussnahme auf die Aktionärsstruktur
  • cc) Keine Nutzung des Gesellschaftsvermögens zum Erwerb von Aktien
  • (1) Typische Finanzierungsweisen unter Verwendung des Gesellschaftsvermögens
  • (2) Gefährdung der AG
  • 2. Gewährleistungshaftung als Fall des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG?
  • a) Gewährleistungshaftung als Sicherheitsleistung
  • b) Funktionszusammenhang zwischen Erwerb und Gewährleistung
  • aa) Zweck der Gewährleistungshaftung: Schutz des Erwerbers
  • bb) Gefahren aus der Erwerbsfinanzierung durch die AG
  • (1) Gefahr der doppelten Schädigung
  • (2) Beeinflussung des Aktionärskreises durch Gewährleistungshaftung
  • (3) Gefährdung des Gesellschaftsvermögens durch Fremdfinanzierung des Erwerbs
  • c) Parallele zur Kursgarantie
  • aa) Vereinbarkeit von Kursgarantien mit § 71a Abs. 1 S. 1 AktG
  • (1) Meinungsstand
  • (2) Stellungnahme
  • (a) Bezug des § 71a Abs. 1 S. 1 AktG zu Finanzierungsgeschäften
  • (b) Schutzzweck nicht betroffen bei Absicherung gegen Spekulationsrisiken
  • bb) Vergleichbarkeit von Kursgarantie und Gewährleistungshaftung
  • 3. Ergebnis: Kein genereller Verstoß gegen § 71a Abs. 1 S. 1 AktG
  • III. Kapitalerhaltung
  • 1. Einstufung als neutrales Drittgeschäft
  • a) Anwendbarkeit der Lehre vom neutralen Drittgeschäft
  • aa) Allgemeine Anforderungen
  • bb) Problematik: Gewährleistung nur gegenüber Aktionären
  • cc) Konsequenz: Keine Anwendbarkeit
  • b) Angemessene Gegenleistung
  • aa) Geringster Ausgabebetrag
  • bb) Berücksichtigung eines Aufgelds
  • (1) Gesellschaftsrechtliches Aufgeld
  • (2) Schuldrechtliches Aufgeld
  • cc) Sonstige Leistungen als Gegenleistung
  • dd) Irrelevanz diskutierter Einschränkungen des neutralen Drittgeschäfts
  • c) Konsequenz: kein drittübliches Geschäft
  • 2. Das Verbot des Erwerbs eigener Aktien
  • a) Relevanz
  • b) Gewährleistungshaftung als zulässiger Erwerb eigener Aktien
  • aa) Rückabwicklung als Erwerb i.S.d. § 71 AktG
  • bb) Gewährleistungshaftung als Ausnahmetatbestand des § 71 Abs. 1 AktG
  • (1) Abwendung eines Schadens (§ 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG)
  • (2) Beschluss der Hauptversammlung (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG)
  • (3) Beschränkungen des Erwerbs eigener Aktien gemäß § 71 Abs. 2 AktG
  • (a) Zehnprozentschranke (§ 71 Abs. 2 S. 1 AktG)
  • (b) Kapitalgrenze (§ 71 Abs. 2 S. 2 AktG)
  • (c) Volle Leistung des Ausgabebetrags
  • c) Ergebnis: kein effektiver Schutz des Investors
  • IV. Kapitalaufbringung
  • 1. Bestandskraft des Zeichnungsvertrags
  • a) Gewährleistungsklauseln als Beschränkung i.S.d. § 185 Abs. 4 AktG
  • aa) Einlageleistung nach Maßgabe der Gewährleistungshaftung
  • bb) Geringster Ausgabebetrag und korporatives Aufgeld
  • cc) Schuldrechtliches Aufgeld
  • dd) Konsequenz: Diskutierte Ausnahmen unzulässig
  • b) Gewährleistungsübernahme im Zeichnungsschein
  • 2. Verbot der Zeichnung auf Rechnung der AG (§ 56 Abs. 3 AktG)
  • a) Gewährleistungshaftung als Fall der Zeichnung auf Rechnung der AG
  • aa) Vergleich mit der Kursgarantie
  • bb) Wirtschaftliches Risiko aus tatsächlicher Beschaffenheit
  • b) Gestaltungsmöglichkeit: Gemischte Sacheinlage
  • aa) Gemischte Sacheinlage bei Kapitalerhöhungen
  • bb) Voraussetzungen der gemischten Sacheinlage
  • (1) Publizität
  • (2) Externe Prüfung
  • (3) Prüfung durch das Registergericht
  • cc) Vergleichbarkeit von Gewährleistungshaftung und gemischter Sacheinlage
  • (1) Erforderlichkeit einer Ausgleichsleistung
  • (2) Unterschiedlicher Schutzzweck
  • c) Ergebnis: Verstoß gegen § 56 Abs. 3 AktG
  • V. Analoge Anwendung der §§ 21 WpPG, 37b, 37c WpHG
  • 1. Regelungslücke
  • 2. Planwidrigkeit der Regelungslücke
  • a) Keine Schaffung eigenen Haftungstatbestands
  • b) Ausschließlicher Schutz des Kapitalmarkts
  • 3. Ergebnis: Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke
  • VI. Ergebnis: Unzulässigkeit einer Gewährleistungshaftung
  • E. Schutz des Erwerbers durch Alternativgestaltungen
  • I. Gewährleistungshaftung nicht erforderlich bei anderweitigem Schutz
  • II. Gewährleistungen der Alt- und Großaktionäre
  • 1. Zulässigkeit
  • 2. Pflicht der Alt- und Großaktionäre zur Haftungsübernahme
  • 3. Vergleichbarkeit mit vertraglicher Gewährleistungshaftung
  • a) Bereitschaft zur Übernahme von Gewährleistungen
  • b) Bonität der übrigen Aktionäre
  • 4. Ergebnis
  • III. Dividendenvorzugsregelung
  • 1. Konzept
  • 2. Gesetzliche Vorgaben für die Gewinnverteilung
  • a) Grundsatz: Satzungsautonomie
  • b) Besonderheiten bei einzelnen Fallkonstellationen
  • aa) Reguläre Satzungsänderung
  • bb) Kapitalerhöhung als Satzungsänderung
  • cc) Kapitalerhöhung gegen Einlagen
  • (1) Berücksichtigung des Gewinnvorzugs bei Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses
  • (2) Schlussfolgerung
  • dd) Genehmigtes Kapital
  • (1) Ermächtigung des Vorstands zur Bestimmung des Gewinnbezugsrechts
  • (2) Schutz der Altaktionäre
  • (a) Grundsatz: Schutz durch Gewinnbezugsrecht und Anfechtungsklage
  • (b) Möglichkeiten des Ausschlusses des Bezugsrechts
  • (c) Kein effektiver Rechtsschutz bei Bezugsrechtsausschluss
  • (d) Auswirkung fehlenden Rechtsschutzes
  • (3) Ergebnis
  • ee) Bedingte Kapitalerhöhung
  • ff) Satzungsermächtigung
  • 3. Konkrete Gestaltung
  • 4. Ergebnis: Keine zweckmäßige Alternativgestaltung
  • IV. Gewährleistung durch zusätzliches nachträgliches Aufgeld
  • 1. Konzept
  • 2. Berechnungsmaßstab
  • 3. Risiken
  • a) Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung
  • b) Unangemessener Ausgabebetrag
  • aa) Anfechtung wegen zu niedrigen Ausgabebetrags (§ 255 Abs. 2 S. 1 AktG)
  • bb) Unangemessen niedriger Ausgabebetrag beim genehmigten Kapital
  • cc) Feststellung des unangemessen niedrigen Wertes
  • dd) Konsequenzen
  • 4. Nachteile gegenüber einer Gewährleistungshaftung
  • V. Treuhandmodell
  • 1. Konzept
  • 2. Kapitalaufbringung
  • 3. Kapitalerhaltung
  • 4. Ergebnis
  • VI. Due diligence
  • VII. Organhaftung
  • 1. Haftung gegenüber dem Investor
  • a) Grundsätze der Direkthaftung
  • aa) Haftungskonzentration bei der AG
  • bb) Der sog. Doppelschaden
  • cc) Direkthaftung im Kapitalmarktrecht
  • b) Einzelne Anspruchsgrundlagen
  • aa) Vertragliche Ansprüche
  • bb) § 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 3 BGB
  • (1) Wirtschaftliches Eigeninteresse
  • (2) Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens
  • (a) Allgemeines
  • (b) Haftung bei persönlichem Kontakt
  • (c) Kritik an dieser Rechtsprechung
  • (d) Gefahr der alleinigen Haftung des Vorstands
  • (e) Vertrauenshaftung auf Grund des Vertragsschlusses
  • (f) Keine Haftung bei individuellen Verhandlungen
  • (3) Ergebnis: Haftung des Vorstands nur in Ausnahmefällen
  • cc) § 823 Abs. 1 BGB
  • (1) Vermögensschaden des Aktionärs
  • (2) Mitgliedschaft als absolutes Recht
  • dd) § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz
  • (1) Erforderlichkeit einer Schutzvorschrift zu Gunsten des Investors
  • (2) Mögliche Schutzvorschriften
  • (a) § 93 Abs. 1 AktG
  • (b) § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG
  • (c) § 263 StGB
  • (3) Ergebnis: Ersatzanspruch stark einzelfallabhängig
  • ee) Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i.S. des § 826 BGB
  • 2. Haftung gegenüber der AG
  • a) Relevanz für den Investor
  • b) Grundsätze der Vorstandshaftung
  • aa) Pflichtverletzung
  • (1) Grundlegendes
  • (2) Legalitätspflicht
  • (a) Gesetzliche Pflichten der AG
  • (b) Vertragliche Pflichten der AG
  • (3) Nützliche Pflichtverletzung
  • bb) Verschulden
  • cc) Schaden
  • (1) Maßgeblichkeit der Differenzhypothese
  • (2) Vorteilsanrechnung
  • (3) Sonderfall § 93 Abs. 3 AktG
  • c) Gewährleistungshaftung als Pflichtverletzung
  • d) Schadenseintritt durch Gewährleistungshaftung
  • aa) Anwendbarkeit des § 93 Abs. 3 AktG
  • bb) Möglichkeit eines Schadens
  • cc) Berücksichtigung eines höheren Veräußerungserlöses
  • (1) Berechnung des anrechenbaren Vorteils
  • (2) Anrechenbarkeit des zusätzlichen Veräußerungserlöses
  • (a) Vereinbarkeit mit Sinn und Zweck der Ersatzpflicht
  • (b) Keine unbillige Entlastung des Schädigers
  • (3) Ergebnis
  • e) Haftung des Aufsichtsrats
  • 3. Ergebnis: Kein vollwertiger Schutz für den Investor
  • VIII. Einräumung eines Rücktrittsrechts
  • 1. Konzept
  • 2. Originärer Erwerb
  • a) Zulässigkeit eines Rücktrittsrechts
  • b) Verhinderung der Kapitalerhöhung
  • 3. Derivativer Erwerb
  • IX. Abschluss einer Versicherung
  • 1. Umfang des Deckungsschutzes
  • 2. Kostentragung
  • X. Ergebnis: Kein vollwertiger Ersatz
  • F. Gewährleistungshaftung de lege ferenda
  • I. Allgemeine rechtspolitische Erwägungen
  • 1. Strukturelle Überlegenheit von Drittgläubigern
  • 2. Gesamtwirtschaftlicher Nutzen
  • 3. Schaffung spezieller Rechtsinstitute zum Anlegerschutz
  • 4. Umwandlungsrecht
  • 5. Fehlende gesetzliche Anspruchsgrundlage
  • II. Interessenlage
  • 1. Investor
  • 2. Altaktionäre
  • a) Eröffnung weiterer Finanzierungsquellen
  • b) Reichweite des Aktionärsschutzes
  • aa) Keine Sicherung unverdienter Vermögensvorteile
  • bb) Gewährleistungshaftung als Nachteilsausgleich
  • cc) Konsequenz: Aktionäre nicht schutzwürdig
  • (1) Wegfall eines Vorteils der Altaktionäre
  • (2) Legitimes Interesse des Erwerbers
  • (3) Erhalt des Vorteils nicht gerechtfertigt
  • dd) Ergebnis
  • 3. Gläubiger
  • a) Verbesserung der Vermögenslage durch weiteren Eigenkapitalgeber
  • b) Abgestufter Vermögensschutz
  • aa) Grundkapital
  • bb) Gesetzliche Rücklage gemäß § 150 Abs. 1 AktG
  • cc) Bilanzgewinn
  • dd) Andere Gewinnrücklagen
  • ee) Kapitalrücklagen
  • (1) Kapitalrücklagen gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB
  • (2) Kapitalrücklagen gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB
  • (3) Ausweitung der Schutzwirkung des § 150 Abs. 3, 4 AktG
  • (a) Kein gesonderter Bilanzausweis innerhalb der Kapitalrücklage
  • (b) Konsequenzen
  • c) Rechtslage unabhängig von der Anerkennung von Gewährleistungsansprüchen
  • d) Ergebnis: Nur eingeschränkter Gläubigerschutz
  • 4. Kompetenzverteilung
  • 5. Sicherstellung des korrekten Gewinnausweises
  • 6. Ergebnis
  • III. Beschränkung der Gewährleistungshaftung auf das nicht gebundene Vermögen?
  • 1. Keine unangemessene Einschränkung der betroffenen Interessen
  • a) Gläubigerschutz
  • aa) Kein verringertes Schutzniveau
  • bb) Gewinnausschüttung als Gewährleistungshaftung
  • cc) Keine Besserstellung der Gläubiger
  • b) Investorenschutz
  • c) Gewährleistungsbegrenzung als im Grundsatz sinnvoller Interessenausgleich
  • 2. Modelle zur Durchführung einer Gewährleistungsbeschränkung
  • a) Sog. Streckungsmodell
  • b) Sog. Kappungsmodell
  • c) Sog. Insolvenzrechtliche Lösung
  • 3. Analyse der Modelle zur Gewährleistungsbegrenzung
  • a) Grundsätzliche Schwächen einer Gewährleistungsbegrenzung
  • aa) Konfliktpotential
  • bb) Mehrere Gewährleistungsgläubiger
  • b) Streckungsmodell
  • aa) Vollständige Befriedigung des Investors
  • bb) Bilanzielle Fragen
  • (1) Gefahr der bilanziellen und insolvenzrechtlichen Überschuldung
  • (2) Ratierliche Bilanzierung
  • (a) Vermeidung einer Überschuldung
  • (b) Zweckmäßigkeitserwägungen
  • (c) Bilanzrechtliche Unzulässigkeit
  • cc) Zwischenergebnis: Untauglichkeit
  • c) Kappungsmodell
  • aa) Zeitpunkt der Bestimmung des nicht gebundenen Vermögens
  • (1) Zeitpunkt der Anspruchsdurchsetzung
  • (2) Zeitpunkt der Anspruchsentstehung
  • bb) Keine langfristige Belastung der AG
  • cc) Ausfall des Ersatzanspruchs des Investors
  • dd) Fehlendes dogmatisches Vorbild
  • ee) Übermäßige Bildung gebundenen Vermögens
  • ff) Übermäßige Gewinnausschüttungen
  • gg) Insolvenzrechtliche Fragestellungen
  • (1) Insolvenzrechtlicher Rang des Ersatzanspruchs
  • (2) Benachteiligung der Gläubiger in der Insolvenz
  • hh) Zwischenergebnis: Untauglichkeit
  • d) Insolvenzrechtliche Lösung
  • aa) Der Begriff „lebensfähig“
  • bb) Kein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung
  • cc) Eigenkapitalcharakter des Aktienerwerbs
  • dd) Kein Schutz des gesetzlichen Haftungsfonds
  • ee) Insolvenzrechtlicher Rang
  • ff) Zwischenergebnis: Untauglichkeit
  • 4. Ergebnis: Umsetzung der Gewährleistungsbeschränkung nicht tunlich
  • IV. Übernahme von Wertungen des Kapitalmarktrechts
  • 1. Identischer Grundkonflikt
  • 2. Vergleichbarkeit der Interessenlagen
  • a) Vertragliche Gewährleistungen und § 21 WpPG
  • aa) Voraussetzungen einer Haftung
  • bb) Unterschiede bei den Rechtsfolgen
  • b) Vertragliche Gewährleistungen und §§ 37b, 37c WpHG
  • c) Ergebnis: Vergleichbarkeit von Gewährleistungs- und Prospekthaftung
  • 3. Gleichbehandlung von Erwerb über die Börse und außerbörslichem Erwerb
  • a) Falschinformation als jeweilige Anspruchsvoraussetzung
  • b) Unterschiedliche Informationsquellen
  • aa) Öffentlich zugängliche Informationen beim Erwerb über die Börse
  • bb) Due Diligence bei außerbörslichem Erwerb
  • c) Erforderlichkeit eines Schutzes vor Falschinformation in beiden Fällen
  • aa) Ersatzanspruch als Sanktion für falsche Information bei Erwerb über den Kapitalmarkt
  • bb) Due Diligence bei außerbörslichem Erwerb als nur vorgelagerter Schutz
  • cc) Gewährleistungshaftung als wesentliches Schutzelement beim außerbörslichen Erwerb
  • d) Gewährleistungshaftung als individueller Schutz bei außerbörslichem Erwerb
  • e) Vergleichbare Schutzrichtung
  • f) Vorstellungen vom Erwerbsobjekt
  • 4. Ergebnis: Gleichlauf zwischen Prospekt- und Gewährleistungshaftung wünschenswert
  • V. Anforderungen an eine Gewährleistungshaftung
  • 1. Ausgangspunkt: § 21 WpPG
  • 2. Lieferung einer Falschinformation
  • a) Falsche oder unterlassene Angabe im Prospekt
  • b) Aktive Falschinformation durch AG
  • c) Problemfall „Standard-Garantien“
  • d) Einfaches Schweigen der AG ohne Vereinbarung einer Gewährleistung
  • 3. AG als Verantwortliche für die Falschinformation
  • 4. Fehlende Kenntnis der AG
  • a) Rechtslage bei der Prospekthaftung (§ 23 Abs. 1 WpPG)
  • b) Konsequez: Verschuldensabhängige Gewährleistungshaftung der AG
  • aa) Haftung nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz
  • bb) Darlegungs- und Beweislast
  • (1) Vermutetes Verschulden der AG
  • (2) Dokumentation durch Vorstand erforderlich
  • 5. Besondere Haftungsausschlüsse der Prospekthaftung
  • a) Fehlende Ursächlichkeit des Prospekts für den Erwerb (§ 23 Abs. 2 Nr. 1 WpPG)
  • b) Falsche Angabe hat nicht zu Verminderung des Börsenpreises geführt (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 WpPG)
  • c) Kenntnis des Erwerbers (§ 23 Abs. 2 Nr. 3 WpPG)
  • d) Richtigstellung vor Erwerb der Wertpapiere (§ 23 Abs. 2 Nr. 4 WpPG)
  • e) Falsche Angabe in Zusammenfassung (§ 23 Abs. 2 Nr. 5 WpPG)
  • 6. Betrachtung der Rechtsfolgen
  • a) Rückabwicklung als Rechtsfolge bei § 21 WpPG
  • b) Keine Beschränkung auf Rückabwicklung bei Gewährleistungshaftung
  • aa) § 21 WpPG als standardisierter Ersatzanspruch
  • bb) Individuelle Anforderungen außerhalb des Kapitalmarkts
  • cc) Ergebnis: Rechtsfolge des § 21 WpPG ist nicht maßgeblich
  • 7. Zweckwidrige Einschränkung der Gewährleistungshaftung?
  • a) Schutzlücke bei einfacher Fahrlässigkeit
  • b) Fehlender Schutz bei einfacher Fahrlässigkeit als Wesensmerkmal des Aktienerwerbs
  • c) Gleichbehandlung beider Erwerbswege
  • VI. Keine europarechtlichen Komplikationen
  • 1. Gewährleistungshaftung als Ausschüttung i.S.d. Art. 15 Abs. 1 lit. d) der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie
  • a) Keine Anwendung nur auf formale Ausschüttungen
  • b) Unterschiedlicher Zweck
  • c) Unterschiedliche Wirkung
  • 2. Art. 15 Abs. 1 lit. c) der zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie
  • 3. Konflikt mit der Prospektrichtlinie
  • 4. Ergebnis: Keine europarechtlichen Bedenken
  • VII. Vorschlag einer Gesetzesformulierung
  • 1. Ergänzung von § 185 Abs. 4 AktG
  • 2. Keine Ergänzung von § 56 Abs. 3 AktG erforderlich
  • 3. Verbot der Einlagenrückgewähr
  • 4. Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG)
  • 5. Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG)
  • G. Zusammenfassung der Ergebnisse
  • I. Vereinbarkeit von Gewährleistungen mit dem geltenden Aktienrecht
  • II. Alternativen zu einer Gewährleistungshaftung
  • III. Gewährleistungshaftung de lege ferenda
  • Literaturverzeichnis
  • Reihenübersicht

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A.   Einleitung

I.   Die Problematik

1.   Finanzierung durch Investoren

Für eine AG ist die Frage ihrer Finanzierung von größter Bedeutung. Zum einen steht ihr die Möglichkeit einer Fremdfinanzierung offen, indem sie etwa ein Darlehen aufnimmt. Entsprechend erhöht sich ihr Verschuldungsgrad, während die Eigenkapitalquote sinkt. Inwieweit dieser Weg gegangen werden soll, muss der Vorstand abhängig von den Gegebenheiten des Einzelfalls entscheiden.

Die Alternative zur Fremdfinanzierung stellt die Einwerbung von Eigenkapital dar, insbesondere durch Ausgabe neuer Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung. Diese können durch die bisherigen Aktionäre erworben werden, denen ja auch ein Bezugsrecht hinsichtlich der durch eine Kapitalerhöhung geschaffenen neuen Aktien zusteht. Neben der Möglichkeit einer Eigenkapitalfinanzierung durch die bisherigen Unternehmenseigner spielt in diesem Zusammenhang natürlich die Gewinnung neuer Investoren eine gewichtige Rolle.

2.   Wunsch nach Absicherung

Solche Investoren werden sich in aller Regel nicht aus altruistischen Motiven an einer AG beteiligen, sondern eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen. Einem Finanzinvestor wird es darum gehen, sein eingesetztes Kapital zu mehren. Dieses Motiv wird natürlich auch für einen strategischen Investor eine Rolle spielen. Auch wenn dieser weitere Ziele mit der Beteiligung verfolgt, beispielsweise Zugriff auf das Know-How der AG oder Nutzung von deren Vertriebskanälen, wird es ihm nicht recht sein, das investierte Kapital zu verlieren. In diesem Falle werden wohl zudem seine weiteren Ziele gefährdet sein. Gemeinsam ist beiden Gruppen von Investoren in jedem Fall, dass sie bestimmte Erwartungen an ihre neu erworbene Beteiligung haben, mögen sich diese auch entsprechend ihrer Motivation zum Erwerb der Aktien im Einzelnen unterscheiden. Hinsichtlich dieser Erwartungen werden die Investoren danach trachten sich abzusichern. Denn ihnen ist nicht geholfen, wenn sie in Abstimmung mit der AG bestimmte Erwartungen an diese definieren, die sich nachträglich als nicht zutreffend herausstellen, ohne dass dies Folgen hat. Die Investoren haben doch vielmehr ein Interesse daran, dass ihnen Ansprüche zum Ausgleich erlittener Nachteile zustehen, wenn ihre Erwartungen an die AG enttäuscht werden. ← 27 | 28 →

Die AG kann neue Investoren dabei, eine entsprechende Notierung vorausgesetzt, über den Kapitalmarkt gewinnen. Dann wird ein gewisses Schutzniveau durch die öffentlich-rechtlichen Sanktionen, wie z. B. Bußgelder des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG), des Gesetzes über den Wertpapierhandel (WpHG) und des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) erreicht. Außerdem sehen diese Gesetze unter bestimmten Voraussetzungen auch Schadensersatzansprüche eines geschädigten Anlegers vor. Es werden vor allem die Erwartungen abgesichert, die ein Investor auf Grund der öffentlichen Verlautbarungen der AG haben darf.

Demgegenüber nimmt der weit überwiegende Teil der Aktiengesellschaften nicht am Kapitalmarkt teil.1 Die spezialgesetzlichen Vorschriften sind bei diesen folglich nicht direkt anwendbar. Die Investoren haben aber selbstverständlich auch dann ein Interesse an einem Ausgleich ihnen aus dem Aktienerwerb entstandener Nachteile. Gegenüber einem Erwerb über den Kapitalmarkt wird dieses eher noch ausgeprägter sein. Denn für am Kapitalmarkt notierte Unternehmen gelten weiterreichende Publizitätspflichten, insbesondere die Pflicht zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen. Dem Investor stehen somit umfangreichere Informationsquellen zur Verfügung, die er im Vorfeld des Aktienerwerbs nutzen kann, um sich ein umfassendes Bild von der AG zu machen, so dass schon kein „Gewährleistungsfall“ eintritt. Zudem werden viele Risiken die Gesellschaft betreffend bereits in den Börsenkurs eingepreist sein. Zuletzt hat ein Investor beim Erwerb über die Börse die Möglichkeit, die gesetzlichen Ersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Aktienerwerb geltend zu machen.

3.   Die Frage nach der Risikotragung

Bei der Frage, wem die Risiken aus solch enttäuschten Erwartungen aufgebürdet werden können, ist zum einen daran zu denken, diese den bisherigen Aktionären aufzuerlegen. Für den Investor kann es aber auch sinnvoll sein, einen direkten Anspruch gegen die AG zu erwerben. Die Altaktionäre weisen möglicherweise kein genügend hohes Vermögen auf oder es gibt viele Aktionäre mit nur geringfügigen Beteiligungen, so dass der Investor seinen vollen Schaden u.U. nur ersetzt bekommen kann, wenn er gegen diese alle vorgehen würde, was erheblichen Aufwand bedeuten kann.

Ein Instrument zur Absicherung gegen enttäuschte Erwartungen ist die Übernahme einer Gewährleistungshaftung durch die AG entsprechend der Haftung ← 28 | 29 → des Verkäufers bei einem Unternehmenskauf. Denn auch mit dem Erwerb der Aktien versucht der Investor, sich an dem Unternehmen der AG zu beteiligen und an dessen wirtschaftlichem Erfolg zu partizipieren. Der in das Gewand eines Aktienerwerbs von der AG gekleidete Vorgang stellt somit nichts anderes als den Erwerb eines Teils eines Unternehmens dar. Insofern wäre es grundsätzlich sinnvoll, das in vielen Unternehmenskaufverträgen bewährte Haftungssystem auch hier anzuwenden.

Die Gleichsetzung von Aktienerwerb von der AG und Unternehmenskauf ist nicht in jedem Fall gerechtfertigt, da insbesondere der Erwerb einer kleineren Beteiligung wegen der damit verbundenen relativen „Machtlosigkeit“ nicht als Eintritt in die Stellung eines Unternehmers verglichen werden kann. Solche kleineren Beteiligungen werden allerdings wohl eher über den Kapitalmarkt erworben und sind insoweit nicht Gegenstand dieser Arbeit. Wenn hingegen außerhalb des Kapitalmarkts eine Beteiligung erworben wird, bei welcher sich die AG zur Übernahme einer Gewährleistungshaftung bereit erklärt, wird diese regelmäßig einen Umfang haben, der eine unternehmerische Stellung des Erwerbers begründet. Denn eine Gewährleistungshaftung wird die AG gegenüber einem Kleinanleger wohl kaum übernehmen, da dieser sich in den seltensten Fällen in einer entsprechenden Verhandlungsposition befinden wird.

Der Investor wird die Übernahme einer Gewährleistungshaftung durch die AG, ggf. eben zusätzlich zu derjenigen der Aktionäre, verlangen. Erklärt sich die AG dazu bereit, erbringt sie damit neben den Aktien zusätzliche Leistungen an den Investor, einmal die Haftung als solche2 und zudem mögliche Ersatzleistungen im Rahmen der Haftung.

4.   Konflikt zwischen Investorenschutz und Vermögensbindung

Tragendes Prinzip des deutschen Gesellschaftsrechts, insbesondere auch des Aktienrechts, ist die Kapitalerhaltung. Diese erfährt im Recht der Aktiengesellschaft ihre besondere Ausprägung durch den Grundsatz der Vermögensbindung.3 Dieser findet sich nicht in einer einzelnen Vorschrift, sondern ergibt sich aus einer Zusammenschau diverser Regelungen des Aktiengesetzes.4 Dies sind insbesondere das Verbot der Einlagenrückgewähr und das Gebot der Ausschüttung nur des Bilanzgewinns gemäß § 57 AktG, die Regelung zur Leistung von ← 29 | 30 → Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn gemäß § 59 AktG, die Haftung der Aktionäre beim Empfang verbotener Leistungen gemäß § 62 AktG und das Verbot des Erwerbs eigener Aktien gemäß § 71 AktG.5 Ziel der Kapitalerhaltung ist insoweit v.a. der Erhalt eines Haftungsfonds zu Gunsten der Gläubiger der AG.6 Den Aktionären soll es nicht ohne weiteres gestattet sein, der AG Vermögenswerte zu Lasten der Gläubiger zu entziehen. Zudem haben die Aktionäre ein Interesse daran, dass nicht nur einem Einzelnen von Ihnen Vermögen der AG zugewendet wird. Flankiert wird die Vermögensbindung durch die Vorschriften der Kapitalaufbringung. Diese sollen dafür sorgen, dass der Haftungsfonds in dem aus dem Handelsregister ersichtlichen Umfang aufgebaut wird.7 Daraus ergibt sich, dass das Aktienrecht Leistungen der AG an ihre Aktionäre nicht schrankenlos zulassen kann, da andernfalls die Existenz eines solchen Haftungsfonds nicht gesichert wäre.

Zwischen dem Aktienrecht in seinen Ausprägungen Kapitalerhaltung und Kapitalaufbringung sowie den Interessen der Investoren an einer möglichst umfassenden Kompensation möglicher Nachteile aus der Beteiligung besteht somit ein grundsätzlicher Konflikt. Dieser lässt sich kurz zusammenfassen:

Vermögensbindung versus Investorenschutz

Der Streit darum, welchem dieser Rechtsgüter der Vorrang gebührt, beschäftigte bereits vor mehr als 100 Jahren das Reichsgericht.8 Er hat zwischenzeitlich aber nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Denn auch heute noch möchten Investoren die Erwartungen an ihr Investment absichern, auch bei einem Erwerb außerhalb des Kapitalmarkts.

II.   Fallkonstellationen

1.   Grundfall (originärer Aktienerwerb)

Zur Verdeutlichung der vorstehend beschriebenen Problematik sollen die folgenden Beispiele dienen.

Die X-AG ist auf dem Maschinenbausektor tätig. Sie hat eine Bilanzsumme von 50 Mio. € bei einem Jahresüberschuss von 1 Mio. €. Das Grundkapital der X-AG beträgt 3,75 Mio. €, aufgeteilt in 3.750 Nennbetragsaktien zu einem Wert von je 1.000,- €. ← 30 | 31 →

Die X-AG erwarb im Jahre 2010 alle Anteile an der Y-GmbH, die ebenfalls auf dem Gebiet des Maschinenbaus tätig ist. Bei der Y-GmbH bestanden zum Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligung durch die X-AG durch den Abgang einiger Mitarbeiter erhebliche Probleme in der Produktionsplanung und –steuerung und im Qualitätsmanagement. Diese ließen den Umsatz und den Gewinn der Y-GmbH in den Folgejahren erheblich einbrechen. Diese Probleme wären im Rahmen einer ordnungsgemäßen Due Diligence für den Vorstand der X-AG erkennbar gewesen. Auf eine solche verzichtete der Vorstand, weil er diese für nicht erforderlich hielt. Auch in der Zeit bis zur Erstellung des Jahresabschlusses der X-AG zum 31.12.2010 erkannte der Vorstand der X-AG dies in fahrlässiger Weise nicht. Die erforderliche Abwertung des Anteils an der Y-GmbH erfolgte im Jahresabschluss der X-AG zum 31.12.2010 daher nicht.

Zu Beginn des Jahres 2011 nahm die X-AG mit A Verhandlungen über eine Beteiligung auf. Letztlich kam es am 15.02.2011 zum Abschluss eines Beteiligungsvertrages zwischen der X-AG und A. Letzterer erklärte sich bereit, im Rahmen einer Kapitalerhöhung 1.250 Aktien der X-AG im Nennwert von je EUR 1.000,- zu beziehen. A verpflichtete sich, zusätzlich zu dem Nennbetrag der von ihm zu übernehmenden Aktien zu jeder Aktie ein Aufgeld von EUR 500,- in die AG einzuzahlen. Insgesamt zahlte A also EUR 1.875.000,- an die X-AG. Im Gegenzug garantierte die X-AG die Richtigkeit ihres Jahresabschlusses zum 31.12.2010.

Am 31.03.2011 beschloss die Hauptversammlung der X-AG einstimmig eine Kapitalerhöhung in Höhe des in dem Vertrag mit A festgelegten Betrags. Alle Altaktionäre verzichteten auf ihr Bezugsrecht. Die neuen Aktien zeichnete A am 10.04.2011. Die Kapitalerhöhung wurde am 30.04.2011 in das Handelsregister eingetragen.

Nachdem die Probleme der Y-GmbH Ende 2011 bekannt werden, verlangt A, dass ihm die Nachteile von der AG erstattet werden, die ihm daraus entstanden sind, dass er die Aktien auf Grundlage des garantierten Jahresabschlusses gezeichnet hat. Zum einen wäre nach der Abwertung der Beteiligung an der Y-GmbH nur noch ein Aufgeld in Höhe von EUR 400,- angemessen gewesen. Der angemessene Erwerbspreis hätte sich also auf EUR 1.750.000,- belaufen. Zudem hat A den Erwerb fremdfinanziert. A hätte bei Zugrundelegung des korrekten Jahresabschlusses also auch ein geringeres Darlehen aufgenommen, was ihn entsprechend weniger Zinsen gekostet hätte. ← 31 | 32 →

2.   Abwandlung (Derivativer Erwerb)

Die X-AG hat einige Zeit vor dem Erwerb der Beteiligung an der Y-GmbH in zulässiger Weise 1.250 ihrer eigenen Aktien erworben. Anstelle A im Wege der Kapitalerhöhung eine Beteiligung einzuräumen, veräußert sie diesem die von ihr selbst gehaltenen eigenen Aktien. Nach Bekanntwerden der Probleme bei der Y-GmbH verlangt A wiederum den Ersatz der ihm entstandenen Schäden.

3.   Anspruchsberechtigung?

In beiden Fallkonstellationen ist es offensichtlich, dass die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des A grundsätzlich vorliegen. Eine schuldrechtliche Sonderverbindung, welche die Anwendbarkeit der Schadensersatznorm des § 280 BGB ermöglicht, liegt mit dem Beteiligungsvertrag zwischen der X-AG und A (Grundfall) bzw. dem Kaufvertrag über die Aktien (Abwandlung) vor. Eine Pflichtverletzung ist darin zu erblicken, dass der Jahresabschluss der X-AG zum 31.12.2010 entgegen der Versicherung des Vorstandes der X-AG falsch war. Diese Pflichtverletzung hat die AG auch zu vertreten, da bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die Probleme der Y-GmbH aufgefallen wären, so dass im Jahresabschluss der X-AG zum 31.12.2010 eine entsprechende Wertberichtigung hätte vorgenommen werden können. Würde es sich um einen „normalen“ Unternehmenskauf handeln, würde wohl – vorbehaltlich besonderer vertraglicher Regelungen – niemand auf die Idee kommen, A einen Ersatzanspruch zu verweigern.

Da es sich aber eben nicht um einen „normalen“ Unternehmenskauf handelt, sondern die Aktien direkt von der AG erworben werden, stellt sich die Frage, ob diesen Gewährleistungsansprüchen nicht die Vorgaben des Aktienrechts entgegenstehen.

III.   Gegenstand der Arbeit und Gang der Darstellung

Diese Arbeit befasst sich mit einer Gewährleistungshaftung der AG bei einem Aktienerwerb außerhalb des Kapitalmarkts. Einem Investor stehen dabei zwei Möglichkeiten zum Aktienerwerb offen. Er kann diese originär durch Zeichnung neuer Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung erwerben. Daneben besteht die Möglichkeit, Aktien derivativ von der AG zu erwerben, v.a. durch Kauf, wenn diese eigene Aktien veräußert.

Im letzteren Fall wird es sich regelmäßig um einen normalen Kaufvertrag handeln, der nach den Regeln eines Unternehmenskaufs abgewickelt werden wird. In diesen Kaufvertrag können entsprechende Gewährleistungsklauseln ← 32 | 33 → aufgenommen werden. Beim originären Erwerb wird neben dem aktienrechtlich erforderlichen Zeichnungsvertrag ein schuldrechtlicher Beteiligungsvertrag zwischen Erwerber und AG geschlossen werden. An diesem können auch noch die Altaktionäre beteiligt werden. In dem Beteiligungsvertrag können bestimmte Zusagen der AG hinsichtlich ihres Zustands vereinbart werden. Bei solchen Beteiligungsverträgen finden die für den klassischen Unternehmenskauf geltenden Grundsätze zu Verfahren und Gestaltung ebenfalls Anwendung.9 Dieser Arbeit liegt somit nicht die klassische Konstellation bei Unternehmenskaufverträgen zu Grunde, in der ein Aktionär seine Beteiligung an einen Anderen veräußert. Vielmehr „veräußert“ das Erwerbsobjekt selbst und übernimmt für seinen eigenen Zustand Gewährleistungen. Fraglich ist dann nur, ob und inwieweit es das unter Berücksichtigung der aktienrechtlichen Besonderheiten tun darf.

Für etwaige Gewährleistungsansprüche des Erwerbers ist die Erwerbsphase von entscheidender Bedeutung, da die Beteiligten sich dort über den Zustand des Unternehmens verständigen und bereits bestimmte Rechtsfolgen für den Fall des negativen Abweichens des Ist- vom Soll-Zustand bestimmen. Zu Beginn werden typische Abläufe und Gestaltungen beim Kauf eines Unternehmens beschrieben. Im ersten Schritt wird der typische Ablauf des Erwerbs einer Beteiligung durch einen Investor dargestellt. Folgend werden mögliche Ansprüche eines Unternehmenskäufers aus dem Erwerbsvorgang erläutert. Es folgt eine Darstellung der beiden Säulen der Finanzverfassung der AG, der Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung bzw. Vermögensbindung.

Zunächst wird untersucht, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen nach der bisherigen Rechtsprechung und Literatur die Übernahme einer Gewährleistungshaftung seitens der AG möglich ist. Ausgehend davon wird überprüft, inwieweit sich dieses Ergebnis unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorschriften halten lässt. Im nächsten Schritt ist dann zu analysieren, ob aus Wertungsgründen eine Korrektur des gefundenen Ergebnisses sinnvoll ist und wie eine solche gegebenenfalls erfolgen kann. ← 33 | 34 →


1 Anzahl der AGs insgesamt: 17.357 (Stand: Juni 2010); Anzahl börsennotierter AGs: 1.149 (Stand 2010); vgl. Hirte in Heidel, Aktienrecht, Geleitwort.

Details

Seiten
274
Erscheinungsjahr
2017
ISBN (PDF)
9783631726495
ISBN (ePUB)
9783631726501
ISBN (MOBI)
9783631726518
ISBN (Hardcover)
9783631725849
DOI
10.3726/b11344
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Juni)
Schlagworte
Kapitalerhöhung Garantiehaftung Kursgarantie Unternehmenskauf Kapitalschutz Aktienrecht
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 274 S.

Biographische Angaben

Christian Holthaus (Autor:in)

Christian Holthaus studierte Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität in Bochum und wurde an der Fernuniversität in Hagen promoviert. Nach mehrjähriger Arbeit als Rechtsanwalt in Wirtschaftskanzleien ist er inzwischen als Richter in Nordrhein-Westfalen tätig.

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Titel: Gewährleistung und Vermögensbindung bei der AG