Pflegequalität im Institutionenmix
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhalt
- Einleitung (Prof. Dr. Astrid Wallrabenstein)
- Staatliche Schutzpflichten gegenüber Personen in stationärer Pflege – Eine Zwischenbilanz (Prof. Dr. Alexander Graser)
- Diskussionsbericht im Anschluss an Prof. Dr. Alexander Graser: „Verfassungsrechtliche Gewährleistungspflichten als Qualitätsziele der Pflege“ (Madeleine Beul, Maurice Skowronek)
- Qualitätssicherung im und durch den Markt für Pflege (Prof. Dr. Stefan Greß)
- Diskussionsbericht im Anschluss an Prof. Dr. Stefan Greß: „Qualitätssicherung im und durch den Markt für Pflege“ (Jubin Dejam, Paul Lorenz)
- Vertragliche Sanktionen für Qualitätsverstöße – unausgeschöpfte Potentiale? (Nadine-Michèle Szepan)
- Diskussionsbericht im Anschluss an Nadine-Michèle Szepan: „Vertragliche Sanktionen für Qualitätsverstöße – unausgeschöpfte Potentiale?“ (Madeleine Beul, Maurice Skowronek)
- Ansätze zur Implementierung interner Qualitätsentwicklung als Aufgabe und Chance einer modernen Heimaufsicht (Dr. Karlheinz Börner)
- Diskussionsbericht im Anschluss an Dr. Karlheinz Börner: „Ansätze zur Implementierung interner Qualitätsentwicklung als Aufgabe und Chance einer modernen Heimaufsicht“ (Jonas Bördner, Florian Schuch)
- Angebote und Interventionsmöglichkeiten des Sozialstaates in der häuslichen Pflege – effektiver Gewaltschutz als Qualitätsgradmesser (Prof. Dr. Dr. h.c. Gisela Zenz)
- Diskussionsbericht im Anschluss an Prof. Dr. Dr. h.c. Gisela Zenz „Angebote und Interventionsmöglichkeiten des Sozialstaates in der häuslichen Pflege – effektiver Gewaltschutz als Qualitätsgradmesser“ (Jubin Dejam, Paul Lornez)
- Qualifikation und Weiterbildung: Welche Schlüssel zur Qualitätssicherung bietet das neue Pflegeberufsgesetz? (Dr. Matthias von Schwanenflügel, LL.M. (EuR))
- Diskussionsbericht im Anschluss an Dr. Matthias von Schwanenflügel, LL.M. (EuR)„Qualifikation und Weiterbildung: Welche Schlüssel zur Qualitätssicherung bietet das neue Pflegeberufegesetz?“ (Jonas Bördner, Florian Schuch)
- Schlusswort: Qualitätssicherung von Pflegeleistungen im Wettbewerb (Prof. Dr. Indra Spiecker gen. Döhmann, LL.M. (Georgetown Univ.))
- Autorenverzeichnis
- Reihenübersicht
Das Institut für Europäische Gesundheitspolitik und Sozialrecht (ineges) befasst sich bereits zum zweiten Mal mit dem Thema Pflege. Im März 2012 war die damals noch als Zukunftsfrage behandelte „Reform der Pflegeversicherung – praktische und rechtliche Herausforderungen“ Gegenstand zahlreicher Vorträge und Diskussionen.1 Im Zentrum standen damals insbesondere der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, der inzwischen im Zweiten Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften – kurz: Zweites Pflegestärkungsgesetz (PSG II) – umgesetzt ist, die Unterstützung und Hilfe für demenzkranke Menschen, die in der Pflegeversicherung seitdem verbessert wurde, aber weiterhin aktuell ist. Außerdem wurde die Pflegeberatung damals relativ neu diskutiert und – heute weniger aktuell – die Förderung einer privaten Pflegezusatzversicherung. Schließlich war auch damals bereits die Qualitätssicherung ein intensiv diskutiertes Feld. Oliver Blatt vom Verband der Ersatzkassen (vdek) sprach zur „Qualitätssicherung der Qualitätssicherung: Evaluierung der Instrumente des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes“.
Seitdem hat sich das Thema Qualitätssicherung deutlich weiterentwickelt und neue Anstöße erhalten. Die Etablierung eines einfach verständlichen Gradmessers der Qualität von Pflegeeinrichtungen, die Pflege-Noten, wurden nach anhaltender Kritik ausgesetzt. Dies ändert freilich nichts daran, dass die Information über die Qualität von Pflegeeinrichtungen wünschenswert und in einem ökonomischen Modell, das auf Steuerung durch qualitätsorientiertes Nachfrageverhalten setzt, notwendig ist. Freilich ist bei weitem nicht der Mangel an aussagekräftigen Informationen allein der Grund dafür, dass ein Qualitätswettbewerb und eine dadurch gewissermaßen „am Markt“ von allein gesicherte Qualität der Pflege eher Wunsch als Realität ist. Zu viele Faktoren be- oder verhindern außerdem einen echten Nachfragewettbewerb, der relevanten Einfluss auf die Pflegequalität ausüben könnte. ← 7 | 8 →
Die Antwort auf mangelnde Steuerungskraft des Marktes ist Regulierung. Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren durchaus beachtliche Kreativität bewiesen, im Gesundheitswesen allgemein und im Pflegesektor speziell qualitätsorientierte Regulierungen einzuführen und weiterzuentwickeln. Die Grundidee dieser Regulierung ist es, den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Anbietern – hier also den Pflegeinstitutionen (Einrichtungen und Diensten) auf einen Qualitätswettbewerb hin auszurichten. Andere Wettbewerbsfaktoren müssten dafür grundsätzlich ausgeblendet, egalisiert werden. Gerade im Gesundheitssektor findet sich dieser Ansatz: Für eine bestimmte Leistung erhält der Leistungserbringer eine feste und – grundsätzlich für alle gleiche – Pauschalzahlung. Da – oder wenn – gute Qualität der Leistung „mehr Gesundheit“ und „weniger – behandlungsbedürftige – Krankheit“ mit sich bringt, liegt gute Qualität auch im wirtschaftlichen Eigeninteresse der Anbieter. Hier ist nicht der Ort, diese Konzeption zu hinterfragen. Denn im vorliegenden Band liegt der Fokus nicht auf der Krankenbehandlung, sondern der Pflege. Gleichwohl ist es nützlich, sich die grundsätzlichen Konzeptionen von Qualitätswettbewerb zu vergegenwärtigen. Denn für den Pflegesektor kann schon im Ansatz die Vorstellung nicht tragen, dass gute Qualität der Pflegeleistung den Pflegebedarf mindert und damit die Gewinnmarge des Anbieters erhöht. Nicht einmal für aktivierende Pflege, die Selbständigkeit der Gepflegten fördert und damit auch grundsätzlich in der Lage ist, den Pflegebedarf geringer zu halten, lässt sich sagen, dass sie in „weniger Pflege“ auszahlt, weil sie – gerade – oft zeitintensiv ist. Qualitätssteuerung durch Nachfrageverhalten kann daher schon im Ansatz nur dann gelingen, wenn ein Überangebot besteht, so dass die Nachfrage nach guter Qualität qualitativ schwächere Anbieter verdrängen könnte. Unabhängig von aller Fragwürdigkeit dessen, ob Pflegebedarfe überhaupt einen Qualitätswettbewerb auslösen können, dürfte das in der gegenwärtigen Situation auch schon daran scheitern, dass für den Pflegesektor nicht von einem Überangebot, sondern vielmehr umgekehrt von einem Unterangebot auszugehen sein dürfte – jedenfalls legt die Diskussion um einen Pflegenotstand dies nahe.
Wie kann Regulierung zur Qualitätssicherung in einem grundsätzlich wettbewerblich organisierten Pflegemarkt gelingen? Es werden wohl unterschiedliche Ansätze, unterschiedliche Instrumente sein müssen, die in einem abgestimmten Zusammenspiel verschiedene Aspekte berücksichtigen, die für eine erfolgreiche Qualität und Qualitätssicherung relevant sind. In diesem Sinne hat diese zweite Tagung des ineges zum Thema Pflege die Vielfalt der Qualitätssicherungsinstrumente und ihren „Mix“ zum Gegenstand. ← 8 | 9 →
In einem ersten Zugriff sollen allerdings zunächst Grundlagen gelegt und eine übergreifende Perspektive eingenommen werden. Ihm dienen die ersten zwei Beiträge von Alexander Graser und Stefan Greß. Graser entfaltet dabei den verfassungsrechtlichen Hintergrund der Debatte um die Frage, warum sich der Staat um die Qualität der Pflege überhaupt „kümmern muss“. Aus den grundrechtlichen Schutzpflichten entwickelt Graser Anknüpfungspunkte für die Bewertung staatlicher Regulierung als hinreichend. Grundlage hierfür ist eine Verfassungsbeschwerde, die zwar nicht zur Entscheidung angenommen wurde,2 aber gleichwohl aufzeigt, dass bestimmte empirisch feststellbare Defizite in der Pflege dem Gesetzgeber als unzulängliche gesetzliche Sicherstellung des notwendigen Mindestmaßes an Pflegequalität – in einem weiten Sinne – vorgeworfen werden können.3 Der zweite Beitrag von Greß setzt an den ökonomischen Grundannahmen wettbewerblicher Steuerung an und analysiert die systematischen und strukturellen Defizite des Pflegemarktes.
Details
- Seiten
- 132
- Erscheinungsjahr
- 2017
- ISBN (PDF)
- 9783631720226
- ISBN (ePUB)
- 9783631720233
- ISBN (MOBI)
- 9783631720240
- ISBN (Hardcover)
- 9783631720219
- DOI
- 10.3726/b10969
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2017 (Juni)
- Schlagworte
- Pflegeversicherung Qualitätssicherung Regulierungsrecht Pflegeberufereform Gesundheitsrecht Wettbewerbsrecht
- Erschienen
- Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 132 S., 1 s/w Abb., 1 farb. Abb., 2 s/w Tab.
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