Jenseits von Unterwerfung
Den Islam theologisch beantworten
Summary
Excerpt
Table Of Contents
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Zusammenfassung
- Abstract
- Inhalt
- Vorwort
- 1. Die Quellen des Korans
- 1.1 Der Koran im historischen Kontext
- Muhammad und der Koran
- Die literarische Eigenart des Korans
- Christliche und jüdische Einflüsse
- Ein realistischer Blick auf die Koranentstehung
- Die Frage nach den Quellen des Korans
- 1.2. Judenchristliche Spuren
- Indizien für judenchristliche Einflüsse
- Das Siegel der Propheten und die Herabsendung durch einen Engel
- Der Vorwurf der Schriftverfälschung
- Identifizierbare Elemente
- Die Relevanz der Frage nach judenchristlichen Einflüssen
- 1.3. Manichäische Elemente
- Der Manichäismus im Umfeld des entstehenden Islam
- Manichäische Textanklänge im Koran
- Inhaltliche Konvergenzen und eine Divergenz
- 1.4. Weitere Einflüsse auf Koran und entstehenden Islam
- Die Einheit von Politik und Religion im byzantinischen Reich
- Innerchristliche theologische Abspaltungen
- Theologische Analogien zum Nestorianismus
- Einflüsse aus antik-römischem Rechtsdenken
- 1.5. Der spezifisch islamische Akzent
- Traditionelle Urteile christlicher Theologen zum Koran
- Die Verschmelzung von Poesie und Überlegenheitsbewusstsein
- Die spezifisch muslimische Akzentuierung
- 2. Antijudaismus im Koran?
- 2.1 Die Brisanz der Frage
- Zwei aktuelle Schlaglichter
- Ein exemplarischer Surenvers
- Die Umformung biblischer Inhalte im Koran
- Aussagen im Koran zur Pluralität der Religionen
- 2.2 Abraham und Mose im Koran
- Vom biblischen Abraham zum Prototyp des frommen Muslim
- Mose – vom biblischen Gesetzgeber zum koranischen Ankläger der Juden
- 2.3 Anfragen an den koranischen Antijudaismus
- Innerislamische Ansätze
- Eine exemplarische jüdische Stimme zum Koran
- Ein Auftrag aus christlicher Perspektive
- 3. Jesus im Koran
- 3.1 Quellen des koranischen Jesusbildes
- Der Rückgriff auf apokryphe Quellen
- Theologischer Voluntarismus in den apokryphen Quellen
- 3.2. Grundzüge des koranischen Jesusbildes
- Die Darstellungen Jesu
- Die Verteidigungsrede des Neugeborenen in Sure 19
- Jesus als präfigurierter Muhammad und Prophetentypus
- Ablehnung der Kreuzigung Jesu
- Rückgriff auf den Doketismus
- Jesus-Isa als endzeitlicher Ankläger der Christen
- 3.3. Die koranische Argumentation gegen die Göttlichkeit Jesu
- Argumentationsmuster
- Der Sohn-Gottes-Titel
- 3.4 Jesus in einer aktuellen muslimisch-christlichen Annäherung
- Der Ansatz der Komparativen Theologie
- Der komparative Ansatz und die koranische Frage nach Jesus
- Anfragen an den komparativen Ansatz
- 3.5. Ein vertieftes Verstehen Jesu
- Die Herausforderung durch unterschiedliche Kulturen
- Die Tradition Israels als Korrektiv
- Die Wiederentdeckung der freien Willenseinung
- 4. Franz Rosenzweig und Joseph Ratzinger zum Islam
- 4.1 Der Islam als Gesamtphänomen
- 4.2 Franz Rosenzweigs Sicht auf den Islam
- Biographischer Kontext
- Natürliches Heidentum in Offenbarungsgestalt
- Das Fehlen von Umkehr
- Der orientalische Gewaltherrscher
- Parallelen zu einer innerislamischen Reformbewegung
- Erlösung und Offenbarung
- Ein separater religiöser Wissensbezirk
- Folgerungen aus der Sicht Rosenzweigs
- 4.3 Die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI.
- Kontext der Rede
- Weite der Vernunft
- Vertiefendes Erkennen Gottes
- Hindernisse beim Verstehen
- 4.4 Zusammenschau und Ausblick
- Literaturverzeichnis
Vorwort
Das Wort Islam bedeutet übersetzt Unterwerfung – auch wenn andere Übersetzungen möglich sind. Die Grundlage dafür ist der Koran. Ist es möglich, darauf zu blicken, ohne sich ebenfalls einer solchen Logik zu unterwerfen? Jenseits von Unterwerfung unternimmt diesen Versuch. Dieses Buch ist aus einer jahrelangen theologischen Beschäftigung mit dem Islam entstanden. Der Autor weiß sich der jüdisch-christlichen Aufklärung und der auf ihr ruhenden Freiheitsordnung sowie dem Schutz der Würde jedes Menschen verpflichtet.
Die öffentliche Diskussion zum Islam schwankt zwischen Verharmlosung des Phänomens und Dämonisierung von Personen. Wie ist angesichts dessen vorzugehen?
Dieses Buch greift Grundeinsichten heutiger Islamwissenschaft auf und macht sie einem Nicht-Fachpublikum zugänglich. Dabei werden auch solche Zusammenhänge benannt, die nach einer Logik von Unterwerfung und „politisch korrekter“ Konventionen gar nicht geäußert werden dürften.
Es gilt, einen Schritt aus der Tagespolitik zurückzutreten, um theologische Antworten auf den Islam zu geben. Das ist ebenfalls ein weitgehend verpöntes Unternehmen, weil darin zumeist eine Rückkehr zu unseligen Religionsvergleichen und dementsprechenden Polemiken vergangener Tage vermutet wird.
Allerdings ist der in islamischer Tradition als Prophet bezeichnete Muhammad einst mit einem theologischen Programm in theokratischer Gestalt angetreten. Der Koran spricht an unzähligen Stellen Christen und Juden direkt an ←13 | 14→und fordert sie zu Stellungnahmen auf. Warum also den Koran und den Islam nicht auch theologisch beantworten?
Dazu wurden vier Themen ausgewählt:
– Die Quellen des Korans und was auf seine Entstehung Einfluss genommen hat
– Wie sein durchgängiger Antijudaismus das Verhältnis zu den Juden bis heute prägt
– Das Jesus-Bild des Korans und welche Anfrage für Christen sich daraus ergibt
– Zwei philosophisch-theologische Versuche, den Islam als Ganzen zu beantworten
Dieses Buch ist also keine Einführung in den Islam, kein islamwissenschaftlicher Sonderbeitrag, keine Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Fragen zum Islam und auch kein Religionsvergleich.
Ein Beispiel soll das Gemeinte illustrieren: Muhammad verfolgte das Wachsen seiner Gemeinschaft und seiner Familie mit wachem Interesse. So bringt etwa sein Adoptivsohn Zaid eine schöne Frau ins Haus. Sollte sie ihm als dem berufenen Propheten Allahs versagt bleiben? Im 4. Jahr der islamischen Zeitrechnung erblickte Muhammad die Frau des Zaid „unverschleiert und verfiel auf der Stelle ihren Reizen. Er drängte seinen Adoptivsohn, sich von ihr zu trennen, und ehelichte sie danach.“1 Deswegen legt ein „göttliches“ Wort an Muhammad – und an alle, die nach ihm in die gleiche Lage kommen sollten – in der Koransure 33 fest: „Und es ziemt sich nicht für einen gläubigen Mann oder eine gläubige Frau, wenn Allah und Sein Gesandter eine Sache entschieden haben, dass sie in ihrer Angelegenheit eine Wahl haben sollten… Als Zaid tat, ←14 | 15→was er mit seiner Frau zu tun wünschte, verbanden Wir [= Allah] sie ehelich mit dir [= Muhammad]… Allahs Ratschluss muss vollzogen werden.“2
Dieses Detail aus dem Koran zeigt, dass „Allahs Ratschluss“ offenbar ein Zugriffsrecht gegenüber allen Personen legitimiert. Dieses „Recht“ wurde dementsprechend auch gegenüber allen vorangegangenen Religionen und Traditionen praktiziert.
Diese Zusammenhänge aus historischer und theologischer Perspektive aufzuklären, ist dringend notwendig. Dass dies heute höchst relevant ist, zeigt eine Bemerkung des Philosophen Franz Rosenzweig – mehr dazu im 4. Kapitel –, dass die Auseinandersetzung mit dem Islam das dritte Jahrtausend prägen werde.
←15 | 16→1 Nagel, Tilman: Was ist der Islam? Grundzüge einer Weltreligion. Duncker&Humblot: Berlin 2018, S. 127.
Details
- Pages
- 138
- Publication Year
- 2020
- ISBN (PDF)
- 9783631835159
- ISBN (ePUB)
- 9783631835166
- ISBN (MOBI)
- 9783631835173
- ISBN (Softcover)
- 9783631830956
- DOI
- 10.3726/b17792
- Language
- German
- Publication date
- 2020 (November)
- Keywords
- Islamkritik Koranquellen Kritische Rückfragen Benedikt XVI. Antijudaismus Theologische Antwort Franz Rosenzweig Koranisches Jesusbild
- Published
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 138 S., 2 s/w Abb.