Darstellung der Tuareg-Rebellionen in Mali in deutschsprachigen Massenmedien
Eine text- und diskurslinguistische Medienanalyse anhand ausgewählter Zeitungsartikel
Summary
Excerpt
Table Of Contents
- Cover
- Titel
- Copyright
- Herausgeberangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- 1 Vorwort
- 2 Einleitung
- 3 Begriffskontextualisierungen
- 3.1 Irredentismus und/oder Irredentist oder Autonomist?
- 3.1.1 Merkmale des Irredentismus
- 3.1.2 Irredentismus und ethnische Zugehörigkeit im Kontext der Tuareg-Rebellionen
- 3.1.3 Irredentismus und territoriale Ansprüche im Kontext der Tuareg-Rebellionen
- 3.2 Aufstand, Kleinkrieg oder Guerilla?
- 3.3 Rebellion: Rebell oder Separatist?
- 4 Forschungsgegenstand
- 4.1 Forschungsstand
- 4.2 Hauptthesen für die vorliegende Forschungsarbeit
- 4.2.1 Feindbild
- 4.2.2 Historische Kontextualisierung
- 4.3 Forschungsfragen
- 4.4 Zielsetzungen der Forschung
- 4.5 Die Theoretischen Konzepte: Repräsentation, (Sozial-)Konstruktivismus und Feindbild
- 4.5.1 Das Konzept von Repräsentation
- 4.5.2 Das Konzept von (Sozial-)Konstruktivismus
- 4.5.3 Das Konzept von Feindbild
- 5 Das methodologische Vorgehen
- 5.1.1 Das methodologische Vorgehen im ersten Forschungsteil: Historische Kontextualisierung der Tuareg-Rebellionen in Mali
- 5.1.2 Das methodologische Vorgehen im empirischen Forschungsteil: qualitative Diskursanalyse von Korporadaten
- 6 Der Aufbau der Arbeit
- 6.1 Der Aufbau des theoretischen Forschungsteils
- 6.2 Der Aufbau des Forschungsteils II: Qualitative Diskursanalyse von Korporadaten
- Teil I: Historische Kontextualisierung der Tuareg-Rebellionen in Mali
- 7 Kapitel 1: Die Bevölkerungsgruppen im Norden Malis
- 7.1 Einleitung
- 7.2 Die nomadischen Bevölkerungen im Norden Malis
- 7.2.1 Die Tuareg-Gruppen im Norden Malis
- 7.2.1.1 Polysemische Benennungen
- 7.2.1.2 Toponymische Bezeichnungen
- 7.2.1.3 Soziokulturelle und politische Strukturen der Tuareg-Gesellschaft
- 7.2.1.4 Die politischen Strukturen der Tuareg-Gesellschaft
- 7.2.1.5 Die soziokulturellen Hierarchien der Tuareg-Gesellschaft
- 7.2.1.6 Die Stammesverbände der Tuareg in Mali
- 7.2.1.7 Der Stammesverband der Kel Ullemmedden
- 7.2.1.8 Der Stammesverband der Kel Adagh
- 7.2.1.9 Der Stammesverband der Kel Tademaket
- 7.2.2 Die anderen nomadischen Bevölkerungsgruppen im Norden Malis
- 7.2.3 Die sesshaften Bevölkerungen im Norden Malis
- 7.3 Fazit von Kapitel 1
- 8 Kapitel 2: Darstellung der Tuareg-Rebellionen in Mali von 1916 bis 2006
- 8.1 Einleitung
- 8.2 Überblick über die Tuareg-Rebellionen in Mali
- 8.2.1 Der Aufstand der Kel Ullemmeden gegen die Kolonialmacht im Jahr 1916
- 8.2.1.1 Der Erste Weltkrieg: günstiger Zeitpunkt für den Aufstand
- 8.2.1.2 Die Konsequenzen des Aufstands der Ullemmeden
- 8.2.2 Der Aufstand von 1963 bis 1964 oder der Aufstand von Kidal
- 8.2.2.1 Der Kontext der Unabhängigkeit
- 8.2.2.2 Westlich orientierte Regierungsform gegen Kampf um traditionelle Machtverhältnisse
- 8.2.2.3 Keine simple und unvorbereitete Revolte von armen Kämpfern
- 8.2.2.4 Bereits existierende Spannungen zwischen der Partei und der Kel Adagh-Gruppe
- 8.2.2.5 Die Konsequenzen des Aufstands von 1963/1964
- 8.2.3 Die Rebellion von 1990 bis 1996
- 8.2.3.1 Problematische Bezeichnungen der Rebellion von 1990 bis 1996
- 8.2.3.2 Die verschiedenen Phasen der Rebellion von 1990 bis 1996
- 8.2.3.3 Die Phase der „richtigen“ Rebellion
- 8.2.3.4 Die Phase der konfusen Rebellion
- 8.2.3.5 Die Phase der Herren des Landes
- 8.2.3.6 Die Phase des Friedensprozesses
- 8.2.4 Die Rebellion von 2006 bis 2007
- 8.2.5 Die Beweggründe der Rebellionen in Mali von 1960 bis heute
- 8.2.5.1 Der wissenschaftliche Diskurs über die Beweggründe der Tuareg-Rebellionen
- 8.2.5.2 Der politische Diskurs über die Beweggründe der Tuareg-Rebellionen
- 8.2.6 Fazit von Kapitel 2
- 9 Kapitel 3: Die Kolonialherrschaft Frankreichs im Norden Malis
- 9.1 Einleitung
- 9.2 Kontextualisierung des Begriffs Kolonialismus
- 9.3 Die Phasen der Kolonialherrschaft Frankreichs in Mali
- 9.3.1 Phase 1: Die koloniale Eroberung und der Widerstand der Tuareg-Gruppen im Norden Malis
- 9.3.1.1 Einflussnahme Frankreichs gegenüber anderen europäischen Kolonialmächten im Norden Malis
- 9.3.1.2 Die Unterstützung der Senusiya im Tuareg-Widerstand gegen Frankreich
- 9.3.1.3 Strategien des französischen Militärs während der Eroberung: divide et impera
- 9.3.1.4 Entstehung der Polarisierungen „schwarz“ vs. „weiss“, „Bauern“ vs. „Nomaden“ und „Norden“ vs. „Süden“ im kolonialen Kontext
- 9.3.2 Phase 2: Die koloniale Praxis Frankreichs im Norden Malis
- 9.3.2.1 Die administrativen Regelungen der kolonialen Verwaltung im Norden Malis
- 9.3.2.2 Die offizielle Abschaffung des Sklavenhandels
- 9.3.3 Phase 3: Die pax gallica: die Periode der Unabhängigkeiten und die Errichtung der OCRS
- 9.4 Fazit von Kapitel 3
- Teil II: Qualitative Diskursanalyse von Korporadaten ausgewählter deutschsprachiger Zeitungsartikel
- 10 Kapitel 4: Die Diskursbestimmung und die Korporabildung für die linguistische qualitative Diskursanalyse
- 10.1 Die Diskursbestimmung im vorliegenden Projekt
- 10.1.1 Einleitung
- 10.1.2 Diskurs im Sinne von „Fundstellen für Argumente“ bzw. „Topoi“ und/oder „Aussagen“
- 10.2 Die Bildung der Datenkorpora
- 10.2.1 Allgemeines
- 10.2.2 Die Materialsammlung und die Recherchen in Mali
- 10.2.3 Die Bildung der Datenkorpora im Rahmen einer qualitativen Diskursanalyse von Zeitungsartikeln
- 10.3 Die Analysekriterien der Textkorpora
- 10.3.1 Die semantische Analyse
- 10.3.2 Die Argumentationsanalyse
- 10.3.3 Analyse sprachlicher Mittel
- 11 Kapitel 5: Die qualitative diskurslinguistische Pilotanalyse eines ausgewählten deutschsprachigen Zeitungsartikels
- 11.1 Einleitung
- 11.2 Qualitative diskurslinguistische Pilotanalyse eines ausgewählten deutschsprachigen Zeitungsartikels
- 11.2.1 Die Strukturanalyse des ausgewählten Zeitungsartikels
- 11.2.2 Die diskurslinguistische semantische Analyse der Nominationen des ausgewählten Zeitungsartikels
- 11.2.3 Die diskurslinguistische syntaktische Feinanalyse des ausgewählten Zeitungsartikels
- 11.2.3.1 Konstruktionen von Verbalphrasen im ausgewählten Zeitungsartikel
- 11.2.3.2 Konstruktionen von Präpositionalphrasen im ausgewählten Zeitungsartikel
- 11.2.3.3 Infinitivkonstruktionen im ausgewählten Zeitungsartikel
- 11.2.3.4 Konjunktionen im ausgewählten Zeitungsartikel
- 11.3 Schlussfolgerungen der qualitativen diskurslinguistischen Pilotanalyse des ausgewählten Zeitungsartikels
- 12 Kapitel 6: Linguistische Diskursanalyse Teil I: Die qualitative Diskursanalyse von Korpora deutschsprachiger Zeitungsartikel über die Tuareg-Rebellion der Jahre 1990 bis 1996 mithilfe von MAXQDA
- 12.1 Einleitung
- 12.2 Methodologische Vorgehensweise in der qualitativen Analyse mit MAXQDA
- 12.2.1 Reduktion des Forschungsmaterials und Formulierung neuer Forschungsfragen
- 12.2.2 Das Design der qualitativen Analyse mit MAXQDA
- 12.3 Die qualitative Auswertung der ausgewählten Zeitungsartikel mit MAXQDA
- 12.3.1 Die diskursiven Themenschwerpunkte ausgewählter deutschsprachiger Zeitungsartikel
- 12.3.2 Darstellung der Anthroponyme in den ausgewählten deutschsprachigen Zeitungsartikeln
- 12.3.2.1 Darstellung der Hauptakteurinnen und -akteure in den ausgewählten deutschsprachigen Zeitungsartikeln
- 12.3.2.2 Individualisierungsstrategien in den ausgewählten deutschsprachigen Zeitungsartikeln
- 12.3.2.3 Kollektivierungsstrategien in den ausgewählten deutschsprachigen Zeitungsartikeln
- 12.3.2.4 Toponymisierungs- und Lokalisierungsstrategien in den ausgewählten deutschsprachigen Zeitungsartikeln
- 12.3.2.5 Argumente und sprachliche Mittel in ausgewählten deutschsprachigen Zeitungsartikeln
- 12.4 Schlussfolgerungen der qualitativen Analyse mit MAXQDA
- 13 Kapitel 7: Linguistische Diskursanalyse Teil II: Die qualitative Diskursanalyse deutschsprachiger Korpora von Zeitungsartikeln über die Tuareg-Rebellionen im Zeitraum 2000 bis 2014 mit COSMAS II
- 13.1 Einleitung
- 13.2 Die Kookkurrenzanalyse im Diskurshistorischen Ansatz (DHA)
- 13.2.1 Die Datenerhebung für die qualitative Analyse deutschsprachiger Zeitungsartikel
- 13.2.2 Die Vorgehensweise für die qualitative Datenanalyse von Kookkurrenzdaten im Diskurshistorischen Ansatz (DHA)
- 13.2.3 Die qualitative Diskursanalyse der ausgewählten Kookkurrenzdaten aus dem Korpus „Tuareg*_2000_2014“
- 13.2.4 Die semantische Analyse ausgewählter nominaler Kookkurrenzpartner „Tuareg*_2000_2014“
- 13.2.4.1 Die syntaktische Analyse ausgewählter Kookkurrenzpartner
- 13.2.4.1.1 Allgemeine Satzstrukturen
- 13.2.4.1.1.1 Erweiterungen mit Genitivbildungen
- 13.2.4.1.1.2 Erweiterungen von Nominalphrasen mit Attributsätzen
- 13.2.4.1.2 Infinitivkonstruktionen
- 13.2.4.1.3 Konstruktionen mit Präpositionalphrasen
- 13.2.4.1.4 Konstruktionen mit Verbalphrasen ausgewählter Kookkurrenzpartner
- 13.2.4.1.5 Die Analyse weiterer Kookkurrenzpartner wie Konjunktionen
- 13.2.4.1.6 Fazit der syntaktischen Analyse
- 13.2.4.2 Die lexikalische Analyse ausgewählter Wortformen
- 13.2.4.2.1 Diskursive Merkmale der ausgewählten Wortformen aus dem Korpus „Tuareg*_2000_2014“
- 13.2.4.2.1.1 Anthroponyme der ausgewählten Wortformen aus dem Korpus „Tuareg*_2000_2014“
- 13.2.4.2.1.2 Typologie der Wortbildungsformen der ausgewählten Wortformen aus dem Korpus „Tuareg*_2000_2014“
- 13.3 Schlussfolgerungen
- 14 Schlussbetrachtungen der Forschungsarbeit
- 14.1 Schlussfolgerungen Forschungsteil I: Historische Kontextualisierung
- 14.2 Schlussfolgerungen Forschungsteil II
- 14.2.1 Schlussfolgerungen linguistische Diskursanalyse Teil I mit MAXQDA
- 14.2.2 Schlussfolgerungen linguistische Diskursanalyse Teil II mit COSMAS II
- 14.3 Ausblick
- 15 Literaturverzeichnis
- 16 Anhang
- 16.1 Korpora ausgewählter Zeitungsartikel
- 16.2 Ausgewählter Zeitungsartikel
- 16.3 Codebuch Analyse_Teil_I (Deutsch) MAXQDA
- 16.3.1 Liste der Dokumente MAXQDA
- 16.4 Kontexte des Auftretens des Toponyms „Azawad“ in den untersuchten Zeitungsartikeln
- 16.5 Tabellenverzeichnis
An der Kreuzung zwischen Nord- und Westafrika symbolisiert Mali eine Drehscheibe zwischen diesen Teilen des Kontinents. Städte wie Timbuktu und Djénné waren wichtige kommerzielle, intellektuelle und spirituelle Zentren während der Ära der Reiche von Ghana (ca. 700-1200), Mali (ca. 1234-1670) und Songhoy (ca. 1464-1591), die sich im Verlauf der transsaharischen Handelsbeziehungen weiterentwickeln konnten. Wertvolle Handelswaren wie Gold wurden aus dem Süden über Karawanen von Kamelen bis zum Mittelmeer exportiert. Allerdings wurde dieselbe Route auch zum Sklavenhandel genutzt. Infolge dieser Handelsbeziehungen ist eine Tradition friedlichen Zusammenlebens und politischer Einheit entstanden, die sich durch die Existenz großer politischer Instanzen der eben erwähnten multiethnischen Königreiche herausgebildet hat. Der Handel zwischen dem Nigerfluss und dem Mittelmeer hat zugleich die Islamisierung der Region befördert. Die Entstehung des nachkolonialen Landes Mali war freilich von zahlreichen Schwierigkeiten begleitet.
Im Jahr 1960 erlangte Mali seine Unabhängigkeit von dem Kolonialimperium Frankreichs. Die Aufgaben der Staatsgründung und Bildung einer malischen Nation, des Aufbaus eines Gesundheits-, Bildungs-, Rechts- und Wirtschaftssystems, der Modernisierung der maroden Infrastrukturen haben das Land in seinem Entstehungsprozess als multi-ethnische, multikulturelle und mehrsprachige Nation vor große Herausforderungen gestellt. Vom Norden bis zum Süden des Landes werden in Mali 13 Landessprachen gesprochen, die sich (mit regionalen Varietäten) grob in die der Niger-Kongo Sprachfamilie (Mande-, Dogon- und Senoufo-Sprachen), der Sprachgruppe Senegambia (Fulfulde) und der afro-asiatischen Familie (Berber/Tamasheq, Songhoy, Hassaniya) unterteilen lassen. Die Sprecher dieser Sprachen verkehren im administrativen Alltag untereinander meist auf Französisch als der Amtssprache. Die Nationalsprachen korrelieren mit entsprechenden ethnischen Gruppen wie Bambara, Tuareg, Songhoy, Peul, Dogon, Senoufo, Bozo etc.
Diese ethnolinguistische Vielfalt wäre unter friedlichen Umständen noch zu bewältigen. Aber die ständigen und anhaltenden bewaffneten Konflikte im Norden des Landes stellen für die Regierung, aber auch für das ganze Volk die größte Herausforderung dar. Seit der ersten Revolte von 1963 bis 1964 hat sich geradezu eine Tradition von Aufständen im Norden Malis entwickelt, die allgemein als Tuareg-Rebellionen bekannt sind. Sie sind ein politisches Indiz für Misserfolge und Hindernisse im Entwicklungsprozess des malischen Staates, ja sie stellen ←15 | 16→letztlich sogar eine ernste Gefahr dar für die Existenz der Nation. Die unilaterale Unabhängigkeitserklärung des Mouvement National pour Libération de L’Azawad (MNLA) im April 2012 zeigt das nur zu deutlich. Wie jede kriegerische Auseinandersetzung verursachen die Rebellionen unzählige Opfer, die als Flüchtlinge, Verletzte oder Tote den höchsten Preis bezahlen. Die allgemein prekäre Sicherheitslage beeinträchtigt überdies natürlich jede wirtschaftliche Entwicklung. Gewisse Sektoren wie der Tourismus leiden erst recht darunter. Eine Destabilisierung der staatlichen Institutionen, der Verwaltung, der Gesundheits- und Bildungsversorgung in den betroffenen Regionen ist die unvermeidliche Folge.
Dadurch wandeln sich die vorgeblichen Motive für die wiederkehrenden Rebellionen, ging es am Anfang noch um einen Kampf für die Rechte einer ethnischen Minderheit, so steht inzwischen die Ungleichheit der sozialen Lebensbedingungen als Folge von Instabilität, Unsicherheit und Unterentwicklung im Vordergrund. Seit dem letzten Aufstand (2012-2014) sind die Institutionen im Norden Malis nicht mehr funktionsfähig. Seit 2012 bekommen die Kinder in Kidal keine Schulbildung mehr, die Gesundheitsdienste sind nicht mehr in der Lage, die lokale Bevölkerung angemessen zu versorgen. Diese Folgen stehen in krassem Widerspruch zu den ursprünglichen Beweggründen der Tuareg-Rebellionen, für die neben der ethnischen Komponente auch die wirtschaftliche Entwicklung und die Verbesserung der Lebensbedingungen in den saharischen Gebieten ins Feld geführt wurden.1 Die Tuareg leiden dabei selber am schwersten unter den Konsequenzen der Konflikte.
Deshalb mehren aus ihren Reihen Stimmen, die z.B. im Rahmen der Plateforme des cadres et des leaders kel-tamasheks die politische und soziale Legitimität der im Namen der Tuareg geführten Aufstände infrage stellen. Das Entstehen neuer sozialer Klassen hat im postkolonialen Mali auch in der Tuareg-Kultur zu einer Spaltung der Bewegung beigetragen, in der sich évolués und ishumar unversöhnlich gegenüberstehen.2 Der Wandel der Motive für die Aufstände wird ←16 | 17→zudem von den Tuareg im Sahel ganz anders wahrgenommen als von denen im Exil.3 Dieser Unterschied manifestiert sich heute z.B. in der Entstehung neuer bewaffneter Tuareg-Organisationen wie der Groupe d’Auto-défense Touarègue Imghad et Alliés (Gatia), die sich für die Eindämmung der Unabhängigkeitsbewegung des Mouvement national de libération de l’Azawad (Mnla) einsetzen und zum malischen Staat bekennen.
Angesichts der Komplexität dieser Wirklichkeit machen es sich die europäischen Medien, besonders die in Deutschland, mit ihren Darstellungen der anhaltenden Konflikte im Sahel als Rebellionen 'der' malischen Tuareg zu einfach. Auch die Verwendung von verallgemeinernden Kategorien wie 'Weiße' vs. 'Schwarze', 'Nomaden' vs. 'Bauern', 'Mehrheiten' vs. 'Minderheiten', 'Norden' vs. 'Süden' etc. wird der unübersichtlichen Lage nicht ausreichend gerecht.
Dies ist der Ansatz der hier vorgelegten eingehenden Untersuchung der deutschsprachigen Presseberichterstattung über die Konflikte in Mali auf der Grundlage eines umfangreichen Corpus ausgewählter Zeitungsartikel, die dazu im deutschen Sprachraum erschienen sind. Damit will sie mit dem methodischen Instrumentarium der modernen linguistischen Diskursanalyse zu einem genaueren und umfassenderen Verständnis der Hintergründe der bewaffneten Auseinandersetzungen im Norden Malis beitragen. Daraus erwächst zugleich eine kritische Würdigung essentialistischer und primordialer Engführungen in der medialen Wahrnehmung der Tuareg-Rebellionen.
Vielmehr will das Buch zu einem differenzierteren Blick auf die Knflikte nicht nur in Mali, sondern in Afrika überhaupt beitragen, denn nur ihr vertieftes Verständnis birgt die Wurzel ihrer Lösung, ohne die das Land wie der Kontinent keine Perspektive für eine friedliche und, im Glücksfalle, nachhaltige und demokratische Entwicklung hätte. Das läge – unter dem Eindruck der aktuellen Migrationskrisen – nicht zuletzt auch im Interesse des Nachbarkontinents Europa im allgemeinen und des deutschsprachigen Raums im besonderen. Daraus gewinnt diese fundierte Studie zur Mediendiskursforschung ihre zusätzliche Aktualität.
Berlin / Kapstadt, im Juni 2018
Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Ernest W.B. Hess-Lüttich←17 | 18→
Literatur
Klute, Georg 2013: Tuareg-Aufstand in der Wüste. Ein Beitrag zur Anthropologie der Gewalt und des Krieges, Köln: Rüdiger Köppe
Maiga, Tiessa-Farma 1997: Le Mali: de la sécheresse à la rébellion nomade: chronique et analyse d'un double phénomène du contre développement en Afrique sahelienne, Diss.phil. Paris / Montréal: Harmattan
1Tiessa-Farma Maiga 1997: Le Mali: de la sécheresse à la rébellion nomade: chronique et analyse d'un double phénomène du contre développement en Afrique sahelienne, Diss.phil. Paris / Montréal: Harmattan
2Als évolués gelten diejenigen, die sich an westlichen Standard orientieren und über eine entsprechende Bildung und Ausbildung verfügen; die meisten von ihnen sind als Beamte der Regierung oder im Rahmen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) tätig. Ihnen stehen als neue soziale Gruppe die ishumar gegenüber – die Bezeichnung stammt aus einer targisierten Form des französischen Wortes chômeur (dt. Arbeitsloser) –, die sich über staatliche Grenzen Algeriens, Malis, Nigers, Mauretaniens, Libyens hinweg zum 'Meister der Sahara' erhoben haben.
3Georg Klute 2013: Tuareg-Aufstand in der Wüste. Ein Beitrag zur Anthropologie der Gewalt und des Krieges, Köln: Rüdiger Köppe
« Les chefs blancs, disaient [les vieux Peuls de Djénné], présentent leurs ennemis à nos enfants, donc indirectement à nous-mêmes, comme s’ils étaient des sorciers et des diables ; mais il est impensable que toute une race soit uniquement constituée de mauvaises gens. Les hommes sont comme les herbes et les plantes des champs : les espèces vénéneuses poussent à côté des espèces guérisseuses, et les plantes comestibles à côté de celles qui ne le sont pas. Chez tous les hommes, à part les sages ou les saints, on trouve un trait commun : chacun est porté à dénigrer son ennemi ou son adversaire et à le présenter comme un vaurien. Pourtant, bien peu se rendent compte qu’en diminuant la valeur de leur rival, ils ne font que minimiser leur propre valeur. »
(Amadou Hampâté Bâ 1991: 396)
Dieses Zitat kann als „roter Faden“ in der vorliegenden Dissertationsarbeit betrachtet werden. Einerseits beschreibt das Zitat einen Zeitraum, nämlich die Kolonialzeit Frankreichs, die im vorliegenden Forschungsprojekt die Grundlage der „historischen Kontextualisierung“ darstellt. Ebenfalls interpretieren viele Expertinnen und Experten die Tuareg-Rebellionen als Konsequenzen wirtschaftlicher, politischer sowie soziokultureller Entscheidungen der Kolonialmacht im Entstehungsprozess postkolonialer afrikanischer Nationen. Andererseits steht die Kritik der „alten Peul von Djénné“ in Übereinstimmung mit dem Postulat des Verfassers dieser Dissertationsarbeit. Beide stellen alle Formen von pars pro toto Generalisierungen über Menschengruppen bzw. Kollektive, wie dies in Medien geschieht, infrage.
Die vorliegende Dissertationsarbeit will einen ähnlich kritischen Blick auf die Darstellung der Tuareg-Rebellionen in Mali werfen. Mithilfe der diskurslinguistischen qualitativen Analyse ausgewählter Zeitungsartikel aus dem deutschsprachigen Raum werden Konstruktionsstrategien des Mediendiskurses über die involvierten sozialen Akteurinnen und Akteure in den Tuareg- Rebellionen herausgearbeitet. Untersucht werden semantische, syntaktische und lexikalische Eigenschaften in ausgewählten Zeitungsartikeln. Auch Analyseebenen wie sprachliche Mittel (Metaphern, Metonymien, Synekdochen etc.) und Argumentationsformen sind Teil der Untersuchung. Außerdem unternimmt der Autor der vorliegenden Dissertationsarbeit eine ausführliche Beschreibung der bewaffneten Konflikte im Norden Malis von der Kolonialzeit Frankreichs ←19 | 20→bis zum Jahr 2006. Schließlich werden theoretische Konzepte wie (Sozial-)Konstruktivismus (Siebert 2004) und Feindbild (Reisigl 2012) verwendet, um die im Mediendiskurs vorherrschenden Polarisierungen wie „weiss“ vs. „schwarz“, „Nomaden“ vs. „Bauern“, „Norden“ vs. „Süden“ etc. anzuprangern.
« Que ceux qui ont pris des armes par […] dignité se convainquent que c’est seulement au sein de la nation malienne que cette dignité sera la mieux assurée. Que ceux qui ne sont que des insoumis ou bandits de grands chemins et par conséquence se sont mis au banc de la société et de leur propre communauté, soient traqués et punis conformément aux lois de la République ».4
Aus dieser Aussage des ehemaligen „Homme fort de Bamako“ Amadou Toumani Touré (ATT)5 lassen sich unterschiedlichste Bezeichnungen für den Feind in der großen Rebellion der Jahre 1990 bis 1996 ablesen. Es kann zwischen den Kategorien „ceux qui ont pris des armes par […] dignité“, „des insoumis“ und „des bandits de grands chemins“ differenziert werden. Einerseits spricht ATT die Kategorie der Rebellen an, die sich durch die Rebellion gegen die Militärdiktatur von General Moussa Traoré (GMT) erhoben haben. Diese Rebellengruppe wurde durch die Bewegungen „Mouvement Patriotique de l’Azawad“ (MPA) oder „Mouvement Patriotique pour la Libération de l’Azawad“ (MPLA) vertreten, die nach dem Friedensabkommen von Tamanrasset im Januar 1991 sowie dem Pacte National im April 1992 Mali als ihre Heimat anerkannten. Dank dieser Haltung wird in den politischen und intellektuellen Kreisen der malischen Elite die Rebellion von 1990 bis 1996 als wichtiger Bestandteil der Demokratisierungsbewegung im ganzen Land gegen das Diktat von GMT betrachtet (vgl. Bourgeot 2013, Doumbi-Fakoly 2004). In diesem Sinne zeigt eine großMehrheit der Elite ein klares Verständnis für die politischen Beweggründe dieses bewaffneten Konfliktes.←21 | 22→
Andererseits unterscheidet ATT in dem oben angebrachten Zitat noch zwischen den „insoumis“ und den „bandits de grands chemins“. Diese letzten Bezeichnungen beziehen sich meist auf die in der Tuareg-Gesellschaft entstandene soziale Gruppe der Ishumar, auf die im Verlauf des vorliegenden Dissertationsprojektes ausführlicher einzugehen sein wird. Die Ishumar sind für ihre Abneigung gegenüber allen Gesetzformen innerhalb der Staatsgrenzen im Sahara-Bereich bekannt.
Diese diskursive Unterscheidung entsprach auch im Jahr 1994 der Realität zwischen den diversen politischen und militärischen Protagonisten auf dem Terrain. Trotz des Friedensabkommens von Tamanrasset kehrte im nördlichen Landesteil Malis der Frieden nicht zurück. Ganz im Gegenteil gingen aus diesem Abkommen verschiedenste Rebellenorganisationen wie unter anderem „Le Front Populaire pour la Libération de l’Azawad“ (FPLA), „Le Front Islamique Arabe de l’Azawad“ (FIAA) und „L’Armée Révolutionnaire pour la Libération de l’Azawad“ (ARLA) hervor, die sich von der zentralen Regierung distanzierten (vgl. Lecocq 2010, Ag Mohamed/Coulibaly/Drabo 1995). Wie an späterer Stelle in diesem Forschungsprojekt noch berichtet wird, nennt Lecocq (2010) diese Phase des Aufstandes von 1990 bis 1996 die „konfuse Rebellion“.
Diese Situation führte zu einer Lage der allgemeinen Unsicherheit im gesamten Norden. In den malischen Zeitungen war zu diesem Thema Verschiedenes zu lesen, darunter: „Double attaque au Nord: 20 morts, 20 blessés“6, „Port d’armes interdit au Nord“7, „Problème du Nord: l’Assemblée Nationale exige plus de fermeté“8, „Attaques répétées au Nord“9, „TENENKOU sous le feu des bandits“10 oder „Communauté touarègue: psychose de l’insécurité“11. All diese Artikel berichten über die unüberschaubare Unsicherheitslage im Norden, die aus der Präsenz zahlreicher bewaffneter Gruppen mit verschiedensten politischen sowie militärischen Zielsetzungen im selben Gebiet resultierte.
Auch in deutschsprachigen Zeitungen sind unterschiedlichste Titel zur selben Thematik zu finden: „Tuareg-Rebellion in Mali soll beigelegt werden – Verhandlungen“12, „Kämpfe im Norden von Mali: Mehr als dreissig ←22 | 23→Todesopfer“13, „Malis Tuareg-Rebellen strecken weitere Friedensfühler aus. Die Aufständischen im benachbarten Niger dementieren die angekündigte Waffenniederlegung“14, „Ende der Tuareg-Revolte im Norden Malis? Neues Friedensabkommen unterzeichnet“15, „AFRIKA: Separatisten, Rebellen, wackelige Regime“16.
Anhand dieser Schlagzeilen wird ersichtlich, dass Begriffe wie Rebellion, Rebellen, Aufstand, Aufständische, Revolte und Separatisten den Mediendiskurs über die Tuareg-Rebellionen in Mali dominieren. Die oben erwähnten Kategorisierungen stellen eine Definitionsproblematik bezogen auf die (Selbst-)Wahrnehmung in der diskursiven Konstruktion des Feindbildes dar, indem ATT diskursive Strategien der Ein- und/oder Ausschließung der Dichotomie Freund/Feind anhand der erwähnten Mechanismen nach Kategorien verwendet. Implizit unterscheidet er zwischen den Rebellen, „[les] insoumis“, und den Banditen. Oft beschreibt die malische Presse „[les] insoumis“ als die „Irredentisten“17.
Im Rahmen der vorliegenden Dissertationsarbeit stehen dieselben Nominalisierungen im Mediendiskurs auch im Zentrum der Diskussion sowie der diskurslinguistischen Analyse über die angesprochenen bewaffneten Konflikte im Norden Malis. Deshalb sollen sie im Folgenden erläutert werden.
3.1Irredentismus und/oder Irredentist oder Autonomist?
« Dans le discours historique que le Capitaine Diby Silas Diarra, alors Commandant du Cercle de Kidal, a prononcé, le 22 septembre 1964 dans la capitale des Ifoghas, à l’occasion du quatrième anniversaire de l’indépendance du Mali, transparaît la stratégie qui a permis au premier président du jeune État malien, Modibo Kéïta, de juguler les premières manifestations de l’irrédentisme targui inspiré par les forces néocolonialistes. »18
In einem Artikel über die erste Rebellion in Mali (1963–1964) beschreibt der Autor den Umgang der damaligen Regierung mit diesem Aufstand. Zur Illustration führt er seinen Artikel mit einem Zitat des Vertreters des malischen Staates ←23 | 24→in der Region von Kidal ein. Daraus ist die epistemologische Konstruktion des politischen Diskurses in Mali über diese Rebellion zu entnehmen. Zudem zeigen Begriffe wie „irrédentisme targui“ und „les forces néocolonialistes“ die Interpretation dieses Aufstandes von denselben Akteuren auf. Der Autor der vorliegenden Arbeit behauptet, dass in Mali ein Konsens über die Wahrnehmung der Tuareg-Rebellionen herrscht. Diese Konflikte hätten aufgrund der noch auszubeutenden Ressourcen bzw. Bodenschätze in diesem Landesteil exogene Ursachen, die hauptsächlich das ehemalige Kolonialland Frankreich zu verantworten hat (vgl. Wiedemann 2012). Dies illustriert die folgende Schlagzeile über die Rebellion von 2012 unter Leitung des „Mouvement National de Libération de l’Azawad“ (MNLA): „Le deal France/MNLA: Un véritable complot contre le Mali“19. Darauf basierend werden die Tuareg-Rebellionen als irredentistische Bewegungen wahrgenommen. Im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS) wird der Terminus Irredentismus wie folgt definiert:
„Der Begriff Irredentismus umschreibt zunächst die Geisteshaltung jener, die nach der Einigung Italiens 1861 die Befreiung (ital. redimere) der unter Österreich-Ungarn verbliebenen italienischen Gebiete Trentino und Triest befürworteten. Ab Ende des 19. Jh. wurde die in ihrer Bedeutung erweiterte Bezeichnung Irredentist nicht nur auf die Befürworter eines Anschlusses der italienischen Schweiz an Italien angewandt, sondern auch auf besonders überzeugte Verfechter der Italianità“
(HLS)20.
So beschrieben symbolisiert Irredentismus primär die politische Einstellung, der zufolge alle Mitglieder einer kulturellen sowie sprachlichen Gemeinschaft unter demselben politischen Dach eines Einheitsstaates zu vereinigen sind. Laut dieser Definition waren Ende des 19. Jahrhunderts Irredentisten Menschen, die von der Zusammengehörigkeit aller italienischsprachigen Gemeinschaften zum italienischen Staat bzw. zu Italien als Herkunftsland und -kultur oder der italianità überzeugt waren. In diesem Kontext hat die Schweiz auch ihre Erfahrungen mit dieser Geisteshaltung gemacht, indem ihre Einheit als Land mit diversen sprachlichen und kulturellen Unterschieden bedroht war. Diesem Konzept zufolge würden zum Beispiel die Schweizer Kantone Tessin und Graubünden Italien als Mutterkultur angehören (vgl. Brosi 1935). So dargestellt bildete das Phänomen vom italienischen Irredentismus eine Gefahr für die territoriale Integrität der Eidgenossenschaft.←24 | 25→
3.1.1Merkmale des Irredentismus
Im Rahmen seiner Beschreibung dieser Problematik in der Schweiz gibt Brosi (1935) einen groben Überblick über das Phänomen des Irredentismus, das in den Jahren 1930 zu einer weltweiten Thematik geworden war. Dabei interessiert er sich vor allem für die zahlreichen irredentistischen Fälle in Europa, deren Konsequenzen auch heute noch aktuell sind. Darunter können die Abspaltungsversuche der belgischen Kultureinheiten und die politischen Umwälzungen im ehemaligen Jugoslawien zählen. Zudem thematisiert Brosi (ebenda) die damals geltenden Sprüche als ausgeprägte Formen von Irredentismus wie „Asien den Asiaten“ und „Afrika den Afrikanern“, die in jener Zeit als Lösung gegen den europäischen Kolonialismus gedient haben sollen. Aber Brosi (1935) kritisiert das vehement und warnt vor der Gefahr der Germania irredenta:
„[…] [Z]u böser Letzt Europas gefährlichster Irredentaherd: Deutschland. Das dritte21 Reich träumt von einem Imperium teutonicum und erhebt den Herrschaftsanspruch auf alles, was deutscher Zunge oder was germanischer Rasse ist. Es propagiert die Irredentaidee mit allen Mitteln moderner Propaganda, erstrebt für die deutschsprachigen Minderheiten eine Art Kulturprotektorat und verbreitet eine Gefühlsirredenta, die später einmal den Reichstitel zur Angliederung abgeben soll, sobald die historische Stunde geschlagen hat. Eine neue große Irredentawelt tut sich auf: die Germania irredenta“
(Brosi 1935: 8 f.).
Diese Wahrnehmung zeigt, dass Brosi (ebenda) diese politische Einstellung ferner als größte Gefahr für Europa und speziell für die Schweiz verstand. Von den italienischen und deutschen Seiten ihrer Grenzen war die Existenz der Schweiz als einheitliche Willensnation von Irredentisten bedroht. In seiner Analyse unterscheidet Brosi (1935) zwischen zwei Formen von redenzione.
Erstere besteht darin, im Rahmen desselben staatlichen Verbandes zu bleiben, um später mehr Autonomie in der politischen sowie wirtschaftlichen Entscheidungsfindung im Leben der betroffenen Gemeinschaft zu haben. Letztere bedeutet die komplette Abspaltung von einem Staat, um sich entweder als eigenständiges Land mit entsprechenden politischen Machtorganen zu etablieren oder einem anderen politischen Machtsystem mit gleichen kulturellen sowie sprachlichen Werten beizutreten. In diesem Kontext sind redentori diejenigen Personen, die den einen oder anderen Typ der redenzione bereits erlangt haben. Hingegen werden mit irredenti diejenigen bezeichnet, die ihre Abspaltungszielsetzungen ←25 | 26→in Form einer Autonomie oder einer Unabhängigkeit noch nicht erreicht haben (vgl. Brosi 1935). Dementsprechend definiert Brosi (1935) Irredentismus wie folgt:
„Wort und Begriff entstammen der italienischen Sprache. Redimere heisst erlösen, befreien; redento bedeutet erlöst, irredento unerlöst. Voraussetzung und Anlass waren die terre irredente d.h. vom Regno losgelöste, der Geschichte, Sprache und Kultur nach italienische Volksteile“
(Brosi 1935: 19).
Darauf basierend setzt Irredentismus folgende Merkmale voraus:
•ethnische Gemeinsamkeiten,
•sprachliche Gemeinsamkeiten,
Details
- Pages
- 452
- Publication Year
- 2018
- ISBN (PDF)
- 9783631746295
- ISBN (ePUB)
- 9783631746301
- ISBN (MOBI)
- 9783631746318
- ISBN (Hardcover)
- 9783631746288
- DOI
- 10.3726/b13277
- Language
- German
- Publication date
- 2018 (December)
- Keywords
- Mediendiskurs Mediale Repräsentation Afrika Pilotstudie Diskursanalyse Qualitative Diskursanalyse Beschreibung der sozialen Akteure Polarisierungen von Menschengruppen
- Published
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien. 2018. 452 S., 2 s/w Abb., 20 s/w. Tab.