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Die grenzüberschreitende Sitzverlegung von Gesellschaften innerhalb der Europäischen Union – eine Analyse anhand der Niederlassungsfreiheit

by Adrian Druzga (Author)
©2020 Thesis 412 Pages

Summary

Das europarechtszentrierte Werk analysiert die grenzüberschreitende Sitzverlegung von Gesellschaften anhand der Dogmatik der Niederlassungsfreiheit, ohne dabei nationale Gesichtspunkte auszublenden. Der Autor analysiert eingehend die gesamte EuGH-Rechtsprechung von Daily Mail bis zu den neusten Urteilen Kornhaas und Polbud. Das Ergebnis zeigt eine bei derzeitigem Stand der Binnenmarktharmonisierung konsistente Linie, die im Hinblick auf die Auslegung der Niederlassungsfreiheit aber auch kritikabel ist. Der Autor schließt das Werk mit einem eigenen rechtfertigungsbasierten System der „Mobilitätsfreiheit" ab. Dabei zeigt er eine an den aufgezeigten Problemfeldern orientierte, dogmatisch stringente, grundfreiheitskonvergente und mobilitätsbezogene Lösungsmöglichkeit auf.

Table Of Contents

  • Cover
  • Title Page
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A. Einleitung
  • B. Die Niederlassungsfreiheit
  • I. Das Ziel der Niederlassungsfreiheit
  • II. Der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit
  • 1. Der sachliche Schutzbereich
  • a) Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit
  • b) Grenzüberschreitender Bezug
  • c) Die sachlich geschützte Tätigkeit
  • d) Bereichsausnahme
  • e) Missbrauch
  • 2. Persönlicher Schutzbereich
  • 3. Räumlicher und zeitlicher Schutzbereich
  • III. Niederlassungsformen: Primäre und sekundäre Niederlassungsfreiheit
  • IV. Die Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit
  • 1. Diskriminierungsverbot
  • 2. Beschränkungsverbot
  • 3. Verengung des Beschränkungsverbots (durch die Keck-Formel)
  • V. Rechtfertigungsmöglichkeiten
  • 1. Schranken
  • a) Geschriebene Schranken des Art. 52 Abs. 1 AEUV
  • b) Ungeschriebene Schranken – Zwingende Gründe des Allgemeinwohls
  • c) EU-Grundrechte und sonstiges Primärrecht
  • 2. Die Schranken-Schranke der Verhältnismäßigkeit
  • C. Die grenzüberschreitende Sitzverlegung von Gesellschaften
  • I. Der Sitz der Gesellschaft
  • II. Die Verlegung des Gesellschaftssitzes
  • 1. Satzungs- und Verwaltungssitzverlegung
  • 2. Formwechselnde und formwahrende Satzungssitzverlegung
  • 3. Verschmelzungen
  • 4. Spaltungen
  • 5. Verschiedene Perspektiven der Sitzverlegung (hinein/hinaus)
  • D. Internationales Privatrecht in der Schnittstelle von nationalem und europäischem Recht – Die Problematik des Art. 54 AEUV
  • I. Das Kollisionsrecht der Mitgliedstaaten und das Gesellschaftsstatut
  • II. Die Ermittlung des Gesellschaftsstatuts
  • 1. Die Sitztheorie
  • 2. Die Gründungstheorie
  • 3. Kollisionsrechtliche Folgen der Sitz- und Gründungstheorie aus der Perspektive einer Hinein- und einer Hinausverlegung des Sitzes
  • E. Die Leitentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit mit Bezug zur Sitzverlegung von Gesellschaften
  • I. The Queen / H.M. Treasury and Commissioners of Inland revenue, ex Parte Daily Mail and General Trust plc.391 (Daily Mail)
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Entscheidung
  • 3. Verweis für Problemfelder und Diskussionsschwerpunkte
  • II. Centros Ltd. / Erhvervs- og Selskabsstyrelsen411 (Centros)
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Entscheidung
  • 3. Problemfelder und Diskussionsschwerpunkte
  • a) Zur Sitz- und Gründungstheorie – die Beziehung zu Daily Mail
  • b) Vorrang des Europarechts vor dem Kollisionsrecht der Mitgliedstaaten
  • c) Problematik: Briefkastengesellschaft
  • d) Wettbewerb der Gesellschaftsrechte / Grenzen der Niederlassungsfreiheit
  • e) Die Pflicht zur Anerkennung von Gesellschaften durch Mitgliedstaaten, Rechtfertigungsmöglichkeiten und Ausblick
  • III. Überseering BV / Nordic Construction Company Baumanagement GmbH (NCC)468 (Überseering)
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Entscheidung
  • a) Ausführungen des Bundesgerichtshofs
  • b) Ausführungen und Argumente der am Rechtsstreit beteiligten Parteien
  • c) Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs
  • 3. Problemfelder und Diskussionsschwerpunkte
  • a) Zur Sitz- und Gründungstheorie im Allgemeinen und zur deutschen Personengesellschaftslösung
  • b) Die Schlussanträge von Generalanwalt Colomer
  • c) Die Auseinandersetzung mit Daily Mail
  • d) Verbindliche Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes für die Gesellschaftskollisionsrechte der Mitgliedstaaten
  • e) Wettbewerb der Gesellschaftsrechte
  • f) Rechtfertigungsmöglichkeiten und Sonderanknüpfungen
  • g) Harmonisierung – Sitzverlegungs-Richtlinie – Ausblick
  • IV. Kamer von Koophandel en Fabrieken voor Amsterdam / Inspire Art Ltd.571 (Inspire Art)
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Entscheidung
  • a) (Keine) Ausnahmen von der Kontrolle anhand der Niederlassungsfreiheit
  • b) Ausführungen und Argumente der am Rechtsstreit beteiligten Parteien (Anwendbarkeit, Schutzbereich und Beeinträchtigung)
  • c) Erwiderung des Europäischen Gerichtshofes
  • d) Ausführungen und Argumente der am Rechtsstreit beteiligten Parteien (Zum Vorliegen von Rechtfertigungsgründen und der Verhältnismäßigkeit)
  • e) Erwiderung des Europäischen Gerichtshofes
  • 3. Problemfelder und Diskussionsschwerpunkte
  • a) Zur Sitz- und Gründungstheorie und Vorgaben der Niederlassungsfreiheit für die nationalen Kollisionsrechte
  • b) Sonderanknüpfungen
  • aa) Zulässigkeit etwaiger Sonderanknüpfungen
  • bb) Der Missbrauch der Niederlassungsfreiheit
  • cc) Durchgriffshaftung
  • (1) Unterkapitalisierung
  • (2) Vermögensvermischung
  • (3) Existenzvernichtung
  • (4) Fazit: Durchgriffshaftung
  • ee) Insolvenz
  • ff) Mitbestimmung
  • gg) Fazit
  • c) Der Beschränkungsbegriff und die Anwendung der Keck-Formel
  • d) Wegzug von Gesellschaften: Die Rechtssache De Lasteyrie du Saillant
  • e) Primär- und Sekundärniederlassung
  • f) Rechtspolitik und Ausblick
  • V. Sevic Systems AG825 (Sevic)
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Entscheidung
  • 3. Problemfelder und Diskussionsschwerpunkte
  • a) Verhältnis der Verschmelzungs-Richtlinie848 zum Urteil Sevic
  • b) Die Verschmelzungsfähigkeit von Personengesellschaften
  • c) Grenzüberschreitende Spaltungen und Formwechsel
  • d) Wegzugssachverhalte bzw. Hinausumwandlungen
  • e) Schützenswerte Interessen der Mitgliedstaaten – zwingende Gründe des Allgemeinwohls
  • f) Diskriminierung oder Beschränkung
  • g) Rechtspolitik und Ausblick
  • VI. Cadbury Schweppes plc. und Cadbury Schweppes Overseas Ltd./ Commissioners of Inland Revenue977 (Cadbury Schweppes)
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Entscheidung
  • 3. Problemfelder und Diskussionsschwerpunkte
  • a) Die Entscheidung Cadbury Schweppes als Wendepunkt
  • b) Missbrauch: Cadbury-Schweppes-Kriterien und Briefkastengesellschaften
  • c) Missbrauchsprüfung erst auf Rechtfertigungsebene
  • d) Andere Rechtfertigungsgründe als der Missbrauch
  • e) Keine Begrenzung auf Steuerrecht und Kompetenz der Mitgliedstaaten
  • f) Beziehung zur Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit
  • g) Sonstige Kritikpunkte und Ausblick
  • VII. Cartesio Oktató és Szolgáltató bt (Cartesio)1109
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Entscheidung
  • 3. Problemfelder und Diskussionsschwerpunkte
  • a) Der Gerichtshof folgt dem Generalanwalt nicht
  • b) Die Unterscheidung von Zuzugs- und Wegzugsfällen und die Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung
  • c) Das Recht auf formwechselnden Wegzug
  • d) Die Gleichstellung von natürlichen und juristischen Personen
  • e) Bereichsausnahme und mitgliedstaatliche Autonomie
  • f) Auslegung am Wortlaut des Art. 54 AEUV und Relativierung
  • g) Anwendungsbereich des Art. 54 AEUV: Personengesellschaften
  • h) Keine Harmonisierung erforderlich und dennoch gewünscht
  • i) Das Ideal eines beschränkungsfreien Binnenraumes
  • j) Die Niederlassungsfreiheit gibt die Gründungstheorie nicht vor
  • k) Auswirkungen auf deutsches Recht (MoMiG, Kollisionsrecht)
  • l) Die isolierte Satzungssitzverlegung
  • m) Wettbewerb der Rechtsordnungen
  • n) Kritik am EuGH, Rechtspolitik und Ausblick
  • VIII. National Grid Indus BV / Inspecteur van de Belastingsdienst Rijnmond / kantoor Rotterdam (National Grid Indus)1421
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Entscheidung
  • a) Besteuerung aufgrund der Sitzverlegung: Anwendung des Art. 49 AEUV
  • b) Besteuerung nicht realisierter Wertzuwächse
  • aa) Festsetzung der Steuerschuld im Wegzugszeitpunkt
  • bb) Unverzügliche Einziehung der Steuerschuld im Zeitpunkt des Wegzugs
  • 3. Problemfelder und Diskussionsschwerpunkte
  • a) Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit – Der Unterschied zwischen steuer- und gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen
  • b) Das Verhältnis von National Grid Indus zu Daily Mail1494
  • c) Beschränkungsebene – speziell: unberücksichtigte Wertminderungen
  • d) Die steuerrechtliche Diskrepanz zwischen natürlichen und juristischen Personen – das Verhältnis zu den Urteilen De Lasteyrie und N
  • e) Milderes Mittel – Wahlrecht: Verwaltungsaufwand / Sofortbesteuerung
  • f) Steuerstundung gegen Sicherheitsleistung und Verzinsung
  • g) Auswirkungen auf das nationale (deutsche) Recht
  • h) Kritik am EuGH, Rechtspolitik und Ausblick
  • IX. VALE Építési kft (Vale)1651
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Entscheidung
  • 3. Problemfelder und Diskussionsschwerpunkte
  • a) Hypothetischer Charakter der Vorlagefragen
  • b) Terminologie: Neugründung, Sitzverlegung, Umwandlung, Formwechsel
  • c) Bestätigung: Grenzüberschreitender Formwechsel hinein und hinaus – die Auseinandersetzung mit Sevic und Cartesio
  • d) Das Kriterium der Realwirtschaftlichkeit – Centros etc. „overruled“?
  • e) Die isolierte Satzungssitzverlegung
  • f) Realwirtschaftlichkeit: Tatbestand oder Rechtfertigungsebene
  • g) Die Intensität der wirtschaftlichen Betätigung
  • h) Lag eine Diskriminierung oder Beschränkung vor?
  • i) Praxis: Ablauf eines grenzüberschreitenden Formwechsels im deutschen Recht – Prinzipien der Äquivalenz und Effektivität
  • aa) Kollisionsrechtliche Grundlagen
  • bb) Das deutsche Umwandlungsrecht
  • cc) Die Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsätze
  • j) Rechtfertigung: Erlaubnis drittschützender Vorschriften
  • k) Ausblick: Rechtspolitik und Folgen für die Sitzverlegungs-Richtlinie
  • F. Ergebnis: Welche Form der Sitzverlegung ist unter welchen Voraussetzungen von der Niederlassungsfreiheit umfasst?
  • I. Die grenzüberschreitende Verwaltungssitzverlegung
  • 1. Die Zuzugsperspektive (hinein)
  • 2. Die Wegzugsperspektive (hinaus)
  • II. Die grenzüberschreitende Satzungssitzverlegung (ohne Formwechsel)
  • 1. Die Zuzugsperspektive (hinein)
  • 2. Die Wegzugsperspektive (hinaus)
  • III. Die simultane Verlegung von Satzungs- und Verwaltungssitz
  • 1. Die Zuzugsperspektive (hinein)
  • 2. Die Wegzugsperspektive (hinaus)
  • IV. Die grenzüberschreitende Verschmelzung
  • 1. Die Zuzugsperspektive (hinein)
  • 2. Die Wegzugsperspektive (hinaus)
  • V. Die grenzüberschreitende Spaltung
  • 1. Die Zuzugsperspektive (hinein)
  • 2. Die Wegzugsperspektive (hinaus)
  • VI. Der grenzüberschreitende Formwechsel
  • 1. Die Zuzugsperspektive (hinein)
  • 2. Die Wegzugsperspektive (hinaus)
  • VII. Zusammenfassung
  • VIII. Neueste Entwicklung: Polbud – Wykonawstwo sp. z o.o.2111 bestätigt das Ergebnis
  • G. Fazit und Abgleich mit der Auslegung der Art. 49, 54 AEUV
  • I. Die Rolle der Rechtsprechung des EuGH
  • II. Auslegung und Bewertung
  • 1. Wortlautauslegung
  • a) Die Vorschriften der Art. 49, 54 AEUV
  • b) Ergebnisse aus der Rechtsprechung entgegen dem Wortlaut
  • aa) Die Gleichstellung von natürlichen und juristischen Personen
  • bb) Anknüpfungsautonomie im Bereich der (Fort-)Existenz der Gesellschaft
  • cc) (partielle) Wegzugsfreiheit
  • dd) Etablierung des Herkunftslandprinzips
  • 2. Historische Auslegung
  • a) Die Vorschriften der Art. 49, 54 AEUV und Niederlassungsabkommen
  • b) Einfluss der historischen Auslegung
  • aa) Die Gleichstellung von natürlichen und juristischen Personen
  • bb) Anknüpfungsautonomie im Bereich der (Fort-)Existenz der Gesellschaft
  • cc) (Partielle) Wegzugsfreiheit
  • dd) Etablierung des Herkunftslandprinzips
  • 3. Systematische Auslegung (Konvergenz)
  • a) Die Systematik der Art. 49, 54 AEUV
  • b) Einfluss der systematischen Auslegung
  • aa) Die Gleichstellung von natürlichen und juristischen Personen
  • bb) Anknüpfungsautonomie im Bereich der (Fort-)Existenz der Gesellschaft
  • cc) (partielle) Wegzugsfreiheit
  • dd) Etablierung des Herkunftslandprinzips
  • 4. Teleologische Auslegung
  • a) Sinn und Zweck der Art. 49, 54 AEUV
  • b) Einfluss der teleologischen Auslegung
  • aa) Die Gleichstellung von natürlichen und juristischen Personen
  • bb) Anknüpfungsautonomie im Bereich der (Fort-)Existenz der Gesellschaft
  • cc) (partielle) Wegzugsfreiheit
  • dd) Etablierung des Herkunftslandprinzips
  • 5. Bewertung
  • a) Die Gleichstellung von natürlichen und juristischen Personen
  • b) Anknüpfungsautonomie im Bereich der (Fort-)Existenz der Gesellschaft
  • c) (partielle) Wegzugsfreiheit
  • d) Etablierung des Herkunftslandprinzips
  • e) Gesamtüberblick
  • 6. Anschließende Frage: Ein Wettbewerb der Rechtsordnungen?
  • H. Das System der „Mobilitätsfreiheit“ innerhalb der Dogmatik der Niederlassungsfreiheit unter Klärung weiterer offener Problemfelder
  • I. Die Souveränitätsfrage und Systemerläuterungen
  • II. Die Ebene des Schutzbereichs
  • 1. Sachlicher Schutzbereich
  • a) Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit: Bereichsausnahme, grenzüberschreitender Bezug und Missbrauch
  • b) sachlich geschützte Tätigkeit
  • 2. Persönlicher Schutzbereich
  • III. Die Ebene der Beeinträchtigung
  • 1. Die Unterscheidung von Diskriminierungen und Beschränkungen
  • 2. Die Keck-Formel und das Marktzugangskriterium
  • a) Bisheriger Meinungsstand
  • b) Neue Entwicklung durch das Urteil Kornhaas2511
  • aa) Sachverhalt
  • bb) Entscheidungsgründe
  • cc) Bewertung: Übertragung der Keck-Formel / des Marktzugangskriteriums
  • c) Integration in das System der Mobilitätsfreiheit
  • IV. Die Ebene der Rechtfertigung
  • 1. Schranken
  • a) Die Differenzierung von geschriebenen und ungeschriebenen Schranken
  • b) Die für die Niederlassungsfreiheit besonders relevanten zwingenden Gründe des Allgemeinwohls (Cassis)
  • 2. Schranken-Schranken: Die Verhältnismäßigkeit
  • a) Die Grundtendenz / Allgemeine Belange
  • b) Briefkastengesellschaften / Wirtschaftliche Realität 2621
  • c) Form der Sitzverlegung
  • d) Die Wegzugs- und die Zuzugsperspektive
  • e) Die Unterschiede von natürlichen und juristischen Personen
  • f) Das Informationsmodell
  • g) Sonderanknüpfungen: Die Bewertung verschiedener Haftungstatbestände und sonstiger Schutzvorschriften
  • aa) Gläubigerschutz im Insolvenzrecht
  • bb) Gläubigerschutz: Speziell Durchgriffs- und Existenzvernichtungshaftung
  • cc) Arbeitnehmerschutz: Speziell Mitbestimmung
  • dd) Gesellschafterschutz: Speziell Minderheitsgesellschafter
  • ee) Steuerrecht
  • V. Abschließend: Die Sitzverlegungs-Richtlinie
  • I. Thesenartige Zusammenfassung
  • Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

–    a.A. andere Ansicht(en)
–    ABl. Amtsblatt
–    Abs. Absatz/Absätze
–    aE am Ende
–    AG Aktiengesellschaft
–    allg. allgemein
–    Anh. Anhang
–    Anm. Anmerkung
–    Aufl. Auflage
–    Bd. Band
–    bez. bezüglich
–    Bsp. Beispiel
–    bspw. beispielsweise
–    bzw. beziehungsweise
–    ca. circa
–    d.h. das heißt
–    Darst. Darstellung
–    dt. deutsch
–    Einl. Einleitung
–    engl. englisch
–    EU Europäische Union
–    EuR Europarecht
–    Fn. Fußnote
–    frz. französisch
–    FS Festschrift
–    GA Generalanwalt
–    ggf. gegebenenfalls
–    GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
–    grds. grundsätzlich
–    idS in diesem Sinne
–    iE im Ergebnis
–    insb. insbesondere
–    Int. international
–    iRv im Rahmen von
–    iSd im Sinne des/der
–    iSe im Sinne eines/einer
–    iSv im Sinne von
–    KG Kommanditgesellschaft
–    Kom. Kommission
–    lit. littera←19 | 20→
–    lt. laut
–    Ltd. Limited
–    m. Verw. mit Verweis
–    m.w.N. mit weiteren Nachweisen
–    Nr. Nummer
–    RbaGes Rechtsvorschriften über beherrschte ausländische Gesellschaften
–    Rn. Randnummer
–    Rs. Rechtssache
–    S. siehe
–    s.a. siehe auch
–    s.a.o. siehe auch oben
–    SCE Societas Cooperativa Europaea
–    SE Societas Europaea
–    s.o. siehe oben
–    sog. sogenannt/sogenannte
–    sys. systematisch(e)
–    UG Unternehmergesellschaft
–    u.A. unter Anderem
–    u.v.m. und viele mehr
–    Urt. Urteil
–    v. von
–    verb. verbunden
–    versch. verschieden(e)
–    VO Verordnung
–    Vorb. Vorbemerkung
–    z.B. zum Beispiel
–    zw. zwischen
–    zzt. zurzeit

Für alle sonstigen Abkürzungen wird auf das Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache von Hildebert Kirchner in der 8. Auflage 2015 verwiesen.

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A. Einleitung

Die grenzüberschreitende Sitzverlegung ist ein Thema, welches die juristische Literatur seit Jahrzehnten bewegt und einige europäische und nationale Leitentscheidungen sowie zahlreiche Kommentierungen hervorbrachte. Diese Arbeit analysiert diese Thematik anhand der Niederlassungsfreiheit und soll einen primär europarechtlichen Blick auf die Materie ermöglichen. Die Diskussion um die Mobilität von Gesellschaften ist ansonsten vielfach von einer eher nationalen Betrachtungsweise geprägt. Die Arbeit blendet dabei nationale Gesichtspunkte und insbesondere das nationale Gesellschaftsrecht nicht aus, da sich die Sitzverlegung unter der Niederlassungsfreiheit im Schnittfeld zwischen nationalem und Europarecht vollzieht. Allerdings wird der Schwerpunkt bewusst auf die europarechtliche Dimension und die Dogmatik der Niederlassungsfreiheit gelegt.

Zunächst werden eingehend der Inhalt, die Wirkung und die Prüfung der Niederlassungsfreiheit vorgestellt, da sie den Maßstab der Analyse darstellt (B.). Dabei wird bereits auf die Unterschiede zwischen juristischen und natürlichen Personen hingewiesen. Daraufhin werden die grenzüberschreitende Sitzverlegung erläutert und ihre verschiedenen Ausprägungsformen aufgezeigt (C.). Für das Verständnis der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften ist ein Blick auf Art. 54 AEUV, seine Wirkungsweise und sein Verhältnis zum Internationalen Privatrecht der Mitgliedstaaten unumgänglich (D.). Hierauf gründet sich eine Vielzahl von Problemen der grenzüberschreitenden Sitzverlegung.

Aufgrund bisher fehlender sekundärrechtlicher Harmonisierung der Sitzverlegung und mannigfaltiger Unterschiede in den gesellschaftsrechtlichen Regelungen der Mitgliedstaaten kam und kommt der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Sitzverlegung von Gesellschaften eine herausragende Bedeutung zu.1 Die Leitfälle und ihre kritische Bewertung in der Literatur werden deshalb äußerst intensiv anhand von besonders relevanten Themengebieten vorgestellt (E.). Dabei wird zumeist die Perspektive der unmittelbaren Zeit nach den Urteilen eingenommen. Dies soll die Entwicklung der Rechtsprechung und die Auseinandersetzung innerhalb der Literatur deutlich machen sowie aufzeigen, wie sich bestimmte Themenkomplexe entwickelt haben und ob Problemfelder möglicherweise aufgelöst wurden oder weiter bestehen. Auch wird so nach und nach der derzeitige Stand der Niederlassungsfreiheit und der Sitzverlegung deutlich.

Es folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Rechtsprechung zum Gehalt der Niederlassungsfreiheit hinsichtlich der Sitzverlegung von Gesellschaften nach den einzelnen Formen und jeweils aus Zuzugs- und Wegzugsperspektive erläutert (F.). Diese Ergebnisse, die nicht immer den Wortlaut der Normen widerspiegeln, werden eingehend anhand von Art. 49, 54 AEUV analysiert und bewertet (G.).

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Darauf aufbauend wird ein potenzielles System der „Mobilitätsfreiheit“ unter der Niederlassungsfreiheit vorgestellt (H.). Es soll – anders als die bisherige Rechtsprechung – umfassend alle Formen der Sitzverlegung, unabhängig von der Perspektive des Weg- oder Zuzugs einer Gesellschaft, schützen und ein dogmatisch stringentes, mit den anderen Grundfreiheiten konvergentes, vor allem rechtfertigungsbasiertes Modell der Mobilität von Gesellschaften unter der Niederlassungsfreiheit aufzeigen. Hierbei werden einzelne aufgezeigte Problemfelder (E., G.) insbesondere innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung aufgegriffen und einem handhabbaren Mechanismus zugeführt. Dieses System beansprucht, im Hinblick auf den derzeitigen Stand der Binnenmarktintegration keine absolute Richtigkeit, sondern soll nur eine andere Form der Problemlösung darstellen. Abschließend folgt ein kurzes, thesenartiges Resümee der wesentlichen Ergebnisse (I.).


1 S. exemplarisch Forsthoff, EuZW 2015, 248 ff.

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B. Die Niederlassungsfreiheit

I. Das Ziel der Niederlassungsfreiheit

Als Personenverkehrsfreiheit ist die Niederlassungsfreiheit Teil des funktionierenden Binnenmarktes (Art. 26 Abs. 2 AEUV).2 Sie schützt nach Art. 49, 54 AEUV die freie Wahl des Standorts natürlicher und juristischer Personen3 und eröffnet den unternehmerischen Standortwettbewerb.4 Die Unternehmer sollen den Ort ihrer Niederlassung im europäischen Binnenmarkt nur anhand wirtschaftlich rationaler Kriterien wählen.5 Dies wird in aller Regel der Ort sein, welcher die günstigsten Rahmen-, d.h. Rechts-, Umwelt-, Investitions-, und Strukturbedingungen bietet.6

II. Der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit

Der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit kann wie bei jeder Grundfreiheit in den sachlichen, persönlichen, räumlichen und zeitlichen Schutzbereich unterteilt werden.7

1. Der sachliche Schutzbereich

Der sachliche Schutzbereich ist eröffnet, sofern die Grundfreiheiten anwendbar sind, ein grenzüberschreitender Bezug sowie eine sachlich geschützte Tätigkeit vorliegen und weder eine Bereichsausnahme noch eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Grundfreiheit einschlägig ist.8

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a) Anwendbarkeit der Niederlassungsfreiheit

Das Europäische Niederlassungsrecht ist, ähnlich wie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, sehr weitgehend sekundärrechtlich harmonisiert.9 Die Niederlassungsfreiheit findet keine Anwendung, sofern eine nach Art. 288 AEUV abschließende Regelung ergangen ist, welche die Grundfreiheit nach dem Lex-Specialis-Grundsatz verdrängt.10

b) Grenzüberschreitender Bezug

Die Grundfreiheiten entfalten ihre Schutzwirkung nur bei Sachverhalten mit Auslandsbezug.11 Für die Niederlassungsfreiheit ist dies bereits im Wortlaut des Art. 49 AEUV angelegt: „Beschränkungen…eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind…verboten.“12 Eine reine Inländerdiskriminierung, ergo eine Schlechterstellung von Inländern gegenüber Ausländern, insbesondere in Folge einer Abschaffung bereits festgestellter Diskriminierungen oder Beschränkungen, gehört nicht zum Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit.13 Der EuGH ließ ehemals nur potenzielle Grenzübertritte nicht ausreichen.14 Die Anforderungen an die Auslandsberührung sind allerdings mehr und mehr aufgeweicht worden, sodass nunmehr auch hypothetische Grenzüberschreitungen genügen.15 Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die Niederlassungsfreiheit einerseits gegen den Aufnahmestaat (Zuzugsfall) und andererseits auch gegen den Herkunftsstaat (Wegzugsfall) richten kann.16

c) Die sachlich geschützte Tätigkeit

Der Begriff der Niederlassung wird im AEUV nicht legal definiert, sondern allenfalls umschrieben.17 Nach Art. 49 AEUV „umfasst die Niederlassungsfreiheit die ←24 | 25→Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen…nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats…“. Der EuGH liest aus dieser Formulierung die folgenden Voraussetzungen für eine Niederlassung iSd Art. 49 AEUV heraus: Eine Niederlassung umfasst die tatsächliche Ausübung einer selbstständigen, wirtschaftlichen Tätigkeit durch eine feste Einrichtung auf unbestimmte Zeit, welche eine Eingliederung in die nationale Volkswirtschaft des Mitgliedstaates impliziert.18 Der Begriff der Niederlassung ist weit auszulegen.19

Die Niederlassungsfreiheit erfordert eine wirtschaftliche Erwerbstätigkeit. Die Tätigkeit muss auf einen Erwerbszweck gerichtet sein, wobei weder Gewinnerzielungsabsicht noch Deckung des Lebensunterhalts notwendig, aber in jedem Fall ausreichend sind.20 Auch können religiöse, gemeinnützige, politische, kulturelle oder sportliche Tätigkeiten im Einzelfall vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst sein, sofern sie erwerbsorientiert durchgeführt werden und damit Teil des Wirtschaftslebens sind.21 Die Tätigkeit muss keinem Berufsbild zugeordnet werden können.22 Auch sittenwidrige und verbotene Tätigkeiten fallen im Grundsatz in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit.23 Dies entspricht dem Effet-Utile-Grundsatz, wonach das Europarecht möglichst weite Geltung beanspruchen soll.24 Eine Korrektur dieser Problematik ist sodann im Einzelfall auf Rechtfertigungsebene möglich.25 Eine allenfalls faktische Ausnahme vom Schutz der Niederlassungsfreiheit besteht nur dort, wo eine Tätigkeit in allen Mitgliedstaaten verboten ist.26

Es muss sich des Weiteren um eine selbstständige Tätigkeit handeln. Diese liegt vor, wenn jemand weisungsunabhängig, in eigener Verantwortung und auf eigenes ←25 | 26→Risiko tätig wird.27 Das Merkmal der Selbstständigkeit grenzt die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) von der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV) ab – ein Arbeitnehmer ist den Weisungen seines Vorgesetzten unterworfen.28 Die Führungskräfte eines Unternehmens sind in ihrer Tätigkeit, sofern sie eine bestimmte Entscheidungsgewalt innehaben, von der Niederlassungsfreiheit geschützt, ohne bestimmte Partizipationsrechte jedoch von der Arbeitnehmerfreizügigkeit.29

Die in der Rechtssache Factortame II entwickelte und im Urteil Vale erneut aufgegriffene Definition der Niederlassung beinhaltet auch die „tatsächliche Ausübung“ einer Wirtschaftstätigkeit (s.o.).30 Ob es sich hier allerdings um ein ausschließendes Tatbestandsmerkmal oder um eine auf der Rechtfertigungsebene zu berücksichtigende Tatsache handelt, ist noch umstritten.31 Dies beruht insbesondere auf systematischen Widersprüchen innerhalb zweier EuGH-Urteile. Es ist weiterhin umstritten, weil die „Ausübung einer tatsächlichen Tätigkeit“ in der Rechtssache Cadbury Schweppes erst auf Rechtfertigungsebene geprüft wurde und im Urteil Vale unter dem Prüfungspunkt „Vorliegen einer Beschränkung und…Rechtfertigung“. Allerdings verweist der EuGH auch immer auf den Begriff der Niederlassung,32 was wiederum für die Annahme eines Tatbestandsmerkmals spricht. Dieser Streitpunkt wird im weiteren Verlauf noch behandelt.

Die tatsächliche Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit ist bereits Ausdruck der Funktion der Niederlassungsfreiheit.33 Abstrakte Kriterien für das Vorliegen einer tatsächlichen Tätigkeit am Standort sind nur schwer zu entwickeln.34 Allenfalls Indizien können Personal oder Infrastruktur sein.35 Ob am Ort der Niederlassung tatsächliche Aktivität herrscht, ist mit einem Vergleich zwischen ←26 | 27→Investitionsumfang und wirtschaftlicher Tätigkeit zu ermitteln.36 Sofern es gänzlich an Aktivitäten fehlt, ist das Merkmal in jedem Fall nicht erfüllt.37

Eine Niederlassung bedarf auch einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit im Zielmitgliedstaat. Hier soll die Niederlassungs- wiederum von der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) abgegrenzt werden.38 Eine „Niederlassung ohne Niederlassung“ (ohne Infrastruktur) kann es nicht geben.39 Musterbeispiele für eine feste Einrichtung sind Fabrik-, Lager- und Büroräume.40 Bei atypischen Infrastrukturen wie etwa Schiffen, Kraftfahr- oder Flugzeugen muss ein bestimmter Grad an Organisation hinzutreten.41 Es werden ansonsten aber keine hohen Hürden für das Merkmal der festen Einrichtung aufgestellt. Es soll nur die Möglichkeit schaffen, in stabiler und kontinuierlicher Weise am staatlichen Wirtschaftsleben teilzunehmen.42 Die bloße Unterhaltung von Websites, Telefonanschlüssen oder Mailadressen genügt daher nicht.43 Allerdings ist eine feste Einrichtung allein auch nicht ausreichend.44 Ein Dienstleistungserbringer kann im Zielstaat ebenfalls mittels gewisser Infrastruktur über einen bestimmten längeren Zeitraum, Leistungen erbringen und somit unter die Dienstleistungsfreiheit fallen.45

Hinzukommen muss eine gewisse Dauer der Tätigkeitsausübung. Die Dienstleistungsfreiheit schützt nur die vorübergehende Erbringung wirtschaftlicher Tätigkeiten.46 Welche Dauer für eine Niederlassung notwendig ist, lässt sich allerdings nicht genau bestimmen. Die Rechtsprechung hat über die Jahre einen „Strauß“ an Kriterien (Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr, Kontinuität der Leistungserbringung) entwickelt, welcher für die Abgrenzung zwischen den Grundfreiheiten ←27 | 28→Indizwirkung entfaltet.47 Am Ende sind alle Elemente in einer Gesamtschau im jeweiligen Einzelfall zusammenzutragen und gegeneinander abzuwägen.48 Es kommt für die Annahme einer Niederlassung schlussendlich darauf an, ob mit der Tätigkeitsausübung eine Eingliederung in die mitgliedstaatliche Volkswirtschaft einhergeht.49

d) Bereichsausnahme

Die Niederlassungsfreiheit beinhaltet in Art. 51 Abs. 1 AEUV eine Bereichsausnahme für Tätigkeiten, die „mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind“. Eine Bereichsausnahme verschließt bei Einschlägigkeit bereits den Schutzbereich der jeweiligen Grundfreiheit.50 Der EuGH legt Bereichsausnahmen wegen ihres Ausnahmecharakters im Grundsatz eng aus.51 Der Begriff der „öffentlichen Gewalt“ ist autonom europarechtlich auszulegen.52 Es handelt sich bei dem Begriff allerdings eher um eine rahmengebende Terminologie, welche ausfüllend auf die nationalen Regeln der Mitgliedstaaten angewiesen ist, als um eine abschließende Definition,53 zumal Sinn und Zweck der Bereichsausnahme auch ist, den Mitgliedstaaten weiterhin große Autonomie im Bereich ihrer eigenen Organisation staatlicher Gewalt zu gewähren.54

„Öffentliche Gewalt“ liegt vor, wenn die Tätigkeit eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt darstellt.55 Die dominanten ←28 | 29→Faktoren sind hierbei die Ausübung von Zwangsbefugnissen und die autonome Entscheidungsfindung.56 Dabei muss allerdings nicht immer eine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes bestehen, auch schlicht-hoheitliches Handeln kann ausreichend sein.57 Die Bereichsausnahme der Niederlassungsfreiheit umfasst, im Gegensatz zur Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 Abs. 4 AEUV), nur einen Teilbereich einer konkreten Tätigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt und keinen gesamten „Branchen- oder Sektorausschluss“.58 Eine abstrakte Definition lässt sich nicht erreichen und eine einzelfallabhängige Betrachtung entspricht auch eher dem Geist der Niederlassungsfreiheit.59 Der EuGH schließt allerdings explizit aus, dass Hilfs- und Vorbereitungstätigkeiten für die Ausübung öffentlicher Gewalt von Art. 51 Abs. 1 AEUV umfasst sind.60 Er hat bspw. öffentliche Krankentransporte, Bewachungs- und Sicherheitsmaßnahmen sowie die anwaltliche und notarielle Tätigkeit von Art. 51 Abs. 1 AEUV ausgenommen.61 Es besteht auch die Möglichkeit, Bereichsausnahmen für die Niederlassungsfreiheit auf sekundärrechtlicher Ebene zu treffen (Art. 51 Abs. 2 AEUV).62

e) Missbrauch

Schlussendlich ist auch eine missbräuchliche Berufung auf die Grundfreiheiten nicht statthaft.63 Die Figur des Rechtsmissbrauchs ist ein im allgemeinen EU-Recht anerkannter Rechtsgrundsatz.64 Generell bedeutet ein Missbrauch der ←29 | 30→Grundfreiheiten die grenzüberschreitende Nutzung des Wirtschaftsverkehrs, um ungerechtfertigte Vorteile zu generieren.65 Eine klare Definition oder dogmatische Herleitung des Missbrauchstatbestands existiert allerdings nicht.66 Besondere Bedeutung erfuhr er durch die Rechtsprechung des EuGH zur Mobilität von Gesellschaften, also durch Entscheidungen zur Niederlassungsfreiheit.67 Heftig umstritten war und ist dabei das Thema der Briefkastengesellschaften.68 Fest steht allerdings, dass das alleinige Ausnutzen von gesellschafts- oder steuerrechtlichen Regelungsgefällen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten keinen Missbrauch darstellt.69 Allerdings soll eine gänzlich fehlende Tätigkeit am Zielort eines Unternehmens einen Missbrauch darstellen, wobei noch nicht eindeutig feststellbar ist, ob dieser Umstand auf Schutzbereichs- oder Rechtfertigungsebene zu berücksichtigen ist (s.o. bereits zum Begriff der Niederlassung).70 Gleichwohl ist ein Missbrauch wegen des Ausnahmecharakters nur selten anzunehmen.71

2. Persönlicher Schutzbereich

Die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV schützt wortlautgemäß die „Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates“. Somit fällt jeder Unionsbürger iSd Art. 20 AEUV im Grundsatz in den persönlichen Anwendungsbereich.72 Drittstaatenangehörige können sich prinzipiell nicht auf das Niederlassungsrecht berufen, es sei denn, sie sind Familienangehörige einer durch die Grundfreiheit berechtigten Person.73 Das Besondere am personellen Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit ist allerdings, dass er der einzige ist, welcher explizit und in einer zusätzlichen Norm (Art. 54 AEUV) auf juristische Personen erstreckt wird.74 Die Norm findet über den Verweis aus Art. 62 AEUV auch für die Dienstleistungsfreiheit Anwendung. ←30 | 31→Laut allgemeiner Meinung75 sind Personenmehrheiten ebenfalls vom persönlichen Schutzbereich der Warenverkehrs- sowie Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit umfasst.76

Nach Art. 54 Abs. 1 AEUV „stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaften…den natürlichen Personen gleich“. Damit findet das gesamte Kapitel über die Niederlassungsfreiheit (Art. 49–55 AEUV) auch auf juristische Personen Anwendung, welche „ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben“. Als Gesellschaften gelten solche des „bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts…und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts“, welche einen Erwerbszweck verfolgen (Art. 54 Abs. 2 AEUV).77

Der Begriff der „Gesellschaft“ iSv Art. 54 AEUV muss nach unionsrechtlichen Grundsätzen ausgelegt werden.78 Dies gilt auch dann, wenn eine Gesellschaft nach nationalen Rechtsvorschriften gegründet wird.79 Außerdem ist der Begriff möglichst weit zu verstehen.80 Trotz der zumindest unglücklichen Formulierung der „sonstigen juristischen Personen“ muss eine Gesellschaft keine juristische Person im nationalen Sinne darstellen.81 Teichmann verweist hierbei auf das deutlich weitere Verständnis juristischer Person im französischen Recht und auf die englische Sprachfassung, welche sich neben den „companies“ (Kapitalgesellschaften) auch auf „firms“ (Personengesellschaften) bezieht.82 Zwar sind nach nationalem Recht anerkannte juristische Personen definitiv als „Gesellschaften“ iSv Art. 54 AEUV zu qualifizieren, allerdings reicht eine eigene Rechtspersönlichkeit oder eine nur hinreichend rechtliche Struktur (auch Nicht- und Teilrechtsfähigkeit) ebenfalls aus.83 Damit sind bspw. auch die deutsche GbR und die OHG Gesellschaften nach Art. 54 AEUV.84

←31 | 32→

Art. 54 Abs. 2 AEUV setzt eine Erwerbstätigkeit von Gesellschaften voraus. Dies ergibt sich allerdings überwiegend schon aus dem sachlichen Schutzbereich (s.o.), welcher für natürliche und juristische Personen gleichermaßen gilt.85 Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts sind vom Schutzbereich umfasst, sofern sie keine Hoheitsgewalt ausüben.86 Ausgenommen sind hingegen rein karitative, religiöse oder soziale Personenmehrheiten ohne hinreichenden Bezug zum Wirtschaftsleben.87

Des Weiteren muss eine Gesellschaft „nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet“ sein sowie den „satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung“ in der EU haben. Diese zwei Voraussetzungen ersetzen die „Staatsangehörigkeit“ natürlicher Personen als Anknüpfungspunkt für die EU-Zugehörigkeit.88 Die Staatsangehörigkeit der Anteilseigner oder Geschäftsführer ist bei der Beurteilung der Zugehörigkeit irrelevant.89 Eine Gesellschaft gilt als „nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet“, wenn sie die nationalen Gründungsvoraussetzungen eines Mitgliedstaates erfüllt und somit als wirksam gegründet angesehen werden kann.90 Ebenso wie bei der Staatsangehörigkeit natürlicher Personen, richtet sich diese Voraussetzung für Gesellschaften ausschließlich nach dem Recht der Mitgliedstaaten.91

Fraglich ist allerdings, ob eine einmal nach dem Recht eines beliebigen Mitgliedstaates wirksam gegründete Gesellschaft auch wirksam nach diesem Recht fortbestehen muss, um in den Genuss der Niederlassungsfreiheit zu gelangen. Unsicher ist mit anderen Worten, ob die mitgliedstaatliche Autonomie bei der Bestimmung der Gründungsvoraussetzungen einer Gesellschaft auch für die Fortexistenz gilt.92 Der EuGH geht von dieser Auslegung des Art. 54 AEUV aus.93 Diese ←32 | 33→Deutung wurde insbesondere vor dem Hintergrund des klaren Wortlauts („gegründeten Gesellschaften“ und nicht auch „fortexistierenden“) häufig kritisiert,94 wegen einer strukturellen Vergleichbarkeit von Gründung und Fortbestand einer Gesellschaft aber auch befürwortet.95 Auf diese essenzielle Fragestellung wird an späterer Stelle noch zurückzukommen sein.96

Außerdem muss die Gesellschaft zwingend über eine der aufgeführten Sitzvarianten innerhalb eines Mitgliedstaates verfügen. Aufgrund der Unterschiede in den nationalen Gesellschaftsrechten der Mitgliedstaaten werden der satzungsmäßige Sitz, die Hauptverwaltung und die Hauptniederlassung gleich geachtet.97 Das heißt, dass auch nur ein Alternativ- und kein Kumulativverhältnis zwischen den drei Optionen besteht.98 Die Hauptverwaltung ist dabei der sichtbare Ort der unternehmerischen Leitung, die Hauptniederlassung stellt den Ort des tatsächlichen Geschäftsschwerpunkts dar und der satzungsmäßige Sitz ist der Ort, welcher in der Satzung angegeben ist.99 Darüber hinaus stellt Art. 54 AEUV kein Erfordernis der Ansässigkeit innerhalb der EU auf. Allerdings folgt dies, zumindest für die sekundäre Niederlassungsfreiheit (zur Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Niederlassungsfreiheit s.u.), bereits aus Art. 49 Abs. 1 S. 2.100 Ansässigkeit in einem Mitgliedstaat liegt vor, wenn die natürliche Person oder Gesellschaft überwiegend in die nationale Volkswirtschaft integriert ist.101 Dies ist auch aus dem allgemeinen Programm zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von 1962 herauszulesen.102 Allerdings wird das Merkmal der Ansässigkeit auch kritisch gesehen.103

←33 | 34→

3. Räumlicher und zeitlicher Schutzbereich

Die Niederlassungsfreiheit gilt im gesamten territorialen Anwendungsbereich (Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten) des Unionsrechts (Art. 52 EUV; 355 AEUV).104 Grundsätzlich ist sie also nicht auf Niederlassungen in Drittländern anzuwenden.105 Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn das zugrundeliegende Rechtsverhältnis oder die Auswirkungen einer unionsauswärtigen Tätigkeit einen hinreichend engen Bezug zur EU aufweisen.106 Mit Ablauf der Übergangsfrist gelten die Grundfreiheiten unmittelbar in den Mitgliedstaaten.107 Bei einem Neubeitritt richtet sich die zeitliche Geltung nach dem Beitrittsvertrag.108 Die Grundfreiheiten gelten auf unbestimmte Zeit (Art. 53 EUV; 356 AEUV).109

III. Niederlassungsformen: Primäre und sekundäre Niederlassungsfreiheit

Bei der Niederlassungsfreiheit wird unterschieden zwischen der primären (Art. 49 Abs. 1 S. 1 AEUV) und der sekundären Ausprägungsform (Art. 49 Abs. 1 S. 2 AEUV).110 Die primäre Niederlassungsfreiheit schützt die grenzüberschreitende Neuaufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit, also die Gründung einer Hauptniederlassung oder die grenzüberschreitende Verlagerung eben dieser.111 Die sekundäre Form umfasst dagegen die grenzüberschreitende Begründung rechtlich oder wirtschaftlich abhängiger Filialen unter Beibehaltung der Hauptniederlassung.112

Bei den Sekundärniederlassungen handelt es sich insbesondere um Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochterunternehmen.113 Die Aufzählung im AEUV ist allerdings nicht abschließend.114 Vielmehr ist jede Art von Hilfsstützpunkt ←34 | 35→umfasst.115 Tochtergesellschaften sind juristisch selbstständig, können alleine haften, bei Abwicklung der Muttergesellschaften fortbestehen und sind im Grundsatz in ihren Entscheidungen frei.116 Agenturen und Zweigniederlassungen sind rechtlich unselbstständig.117 Als sekundäre Niederlassungen gelten auch rechtlich verselbstständigte Teileinheiten eines Unternehmens, wenn sie beauftragt sind, für das Hauptunternehmen dauerhaft als Agentur tätig zu werden.118

Zwischen der Primär- und Sekundärniederlassung ist grundsätzlich nach wirtschaftlichem Schwerpunkt zu unterscheiden.119 Allerdings hat der EuGH in der Centros-Entscheidung entschieden, dass auch eine Niederlassung, über welche die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird, als Sekundärform angesehen werden kann.120 Hierbei wird es entscheidend darauf ankommen, wie die Gesellschaftsstrukturen zwischen den Niederlassungen ausgestaltet sind und welcher Teil des Unternehmens über den anderen herrscht (Primärniederlassung).121 Allerdings sind beide Niederlassungsformen qualitativ gleich zu behandeln und unterliegen deshalb dem gleichen Schutzmaßstab.122 Trotzdem soll die sekundäre Niederlassungsfreiheit die wirtschaftlich relevantere und bedeutendere sein.123

IV. Die Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit

Als Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit können Diskriminierungen oder Beschränkungen durch Verpflichtete der Grundfreiheit angesehen werden.124 Verpflichtete sind dabei in erster Linie die Mitgliedstaaten.125 Aber auch die EU und unter bestimmten Umständen private Akteure können durch die Niederlassungsfreiheit gebunden sein.126 Eine Beeinträchtigung kann in einer Handlung, Duldung ←35 | 36→oder Unterlassung liegen und rein tatsächlicher oder rechtlicher Natur sein.127 Sie kann sowohl vom Herkunfts- als auch vom Aufnahmestaat aus erfolgen.128

1. Diskriminierungsverbot

Die Niederlassungsfreiheit beinhaltet ein Verbot von diskriminierenden Maßnahmen.129 Sie ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Diskriminierungsverbots iSv Art. 18 AEUV.130 Eine Diskriminierung ist dabei eine Schlechterstellung von grenzüberschreitenden Sachverhalten gegenüber rein inländischen.131 Hierbei wird unterschieden zwischen offenen oder unmittelbaren Diskriminierungen, welche Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten ausdrücklich benachteiligen, und versteckten oder mittelbaren Diskriminierungen, welche vordergründig nicht auf die Staatsangehörigkeit abstellen, aber typischerweise Ausländer stärker treffen als Inländer.132 Im Bereich der juristischen Personen (Art. 54 AEUV) tritt der Ort des Sitzes als Anknüpfung an die Stelle der Staatsangehörigkeit, weshalb es eine Diskriminierung darstellt, Gesellschaften mit Sitz im Ausland schlechter zu behandeln.133

Der EuGH hat sich zur Konkretisierung von Diskriminierungen des Öfteren auf das Allgemeine Programm zur Aufhebung von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit berufen.134 Neben den unmittelbar niederlassungsrelevanten Tätigkeiten bezieht sich das Diskriminierungsverbot auch auf sog. „Umfeldmaßnahmen“, wie etwa die Gewährung einer Studienbeihilfe für das Kind eines niedergelassenen Unternehmers.135

Offene Diskriminierungen sind vor allem Inländervorbehalte für bestimmte Tätigkeiten oder Zulassungserfordernisse für Ausländer.136 Eine offene ←36 | 37→Diskriminierung von Gesellschaften liegt z.B. vor, wenn eine Tätigkeit nur durch juristische Personen mit Inlandssitz ausgeübt werden darf.137 Versteckte Diskriminierungen sind häufig Wohnsitz- oder Spracherfordernisse.138 Auch im Steuerrecht sind solche indirekten Diskriminierungen häufiger anzutreffen.139 So hat der EuGH bspw. eine versteckte Diskriminierung bei einer Regel angenommen, welche eine steuerliche Abzugsfähigkeit von Forschungsausgaben nur für Unternehmen mit Hauptsitz im betroffenen Mitgliedstaat vorsah, wodurch sekundäre Niederlassungen (meist ohne Forschungseinrichtung) benachteiligt würden.140 Der Unterscheidung kommt speziell bei der Rechtfertigung von Beeinträchtigungen Bedeutung zu, da offene Diskriminierungen nur durch die geschriebenen Rechtfertigungsgründe des Art. 52 AEUV gedeckt sein können.141

2. Beschränkungsverbot

Neben der gleichheitsrechtlichen Funktion (Diskriminierungsverbot) der Grundfreiheiten haben diese anerkanntermaßen auch eine freiheitsfördernde Funktion (Beschränkungsverbot).142 Diese wurde spätestens mit dem Urteil Dassonville für die Warenverkehrsfreiheit anerkannt, allerdings erst spät mit den Entscheidungen Klopp und Vlassopoulou auch für die Niederlassungsfreiheit bestätigt.143 Mittlerweile hat der EuGH auch eine allgemeine Beschränkungsformel für die Niederlassungsfreiheit entwickelt: Als Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit „sind alle Maßnahmen anzusehen, die die Ausübung dieser Freiheit(en) unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen“.144

Gegen das Verständnis als Beschränkungsverbot kann vorgebracht werden, dass der Begriff der Niederlassung zwingend eine Integration in die Marktwirtschaft des Mitgliedstaates beinhaltet. Dies spricht ebenso wie der Wortlaut des Art. 49 Abs. 2 AEUV („nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates“) gegen ein ←37 | 38→niederlassungsrechtliches Verbot von Beschränkungen.145 Allerdings spricht neben der Rechtsprechung des EuGH auch der Grundsatz der Konvergenz der Grundfreiheiten für eine Übertragung bzw. gleichförmige Prüfung.146 Der ausdrückliche Wortlaut („Beschränkungen“) des Art. 49 Abs. 1 AEUV bestätigt ebenfalls das Verständnis als Beschränkungsverbot.147 Außerdem können Beschränkungen partiell schwerer wiegen als Diskriminierungen und die Verwirklichung des Binnenmarktes ernsthaft gefährden.148 Das Beschränkungsverbot spiegelt das Ziel der Niederlassungsfreiheit wider, einen möglichst freien Marktzugang für sich Niederlassende zu gewähren und dabei gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.149

Beschränkungen sind Beeinträchtigungen der Niederlassungsfreiheit, welche unterschiedslos, d.h. für In- und Ausländer gleichermaßen gelten und trotzdem die grenzüberschreitende Ausübung der Freiheit behindern.150 Hierunter sind für die Niederlassungsfreiheit insbesondere spezifische Zugangsbehinderungen zu verstehen, welche den Zutritt zum Markt eines Mitgliedstaates bzw. der einschlägigen Rechtsordnung aus ökonomischer Sicht weniger attraktiv erscheinen lassen.151 Ein gänzliches Verbot spezieller Tätigkeiten ist bspw. nicht diskriminierend. Allerdings schränkt es den Marktzugang für diese Tätigkeit vollständig ein und stellt somit eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Gleiches gilt für staatliche Monopole.152 Weitere besondere Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit sind etwa Verbote von Mehrfachniederlassungen innerhalb der EU153, Bedürfnisprüfungen154, Sondervorgaben an das Mindestkapital155 oder Qualifikationsanforderungen156.

←38 | 39→

3. Verengung des Beschränkungsverbots (durch die Keck-Formel)

Da die Niederlassungsfreiheit mittlerweile unumstritten auch ein Beschränkungsverbot beinhaltet, liegt der Schwerpunkt der Diskussion nunmehr bei der Frage um die Reichweite des Beschränkungsverbots.157 Es haben sich hierzu einige Ansätze herauskristallisiert. Der Gerichtshof selbst spricht zur Konturierung des Beschränkungsverbots von „ernsthaften Hindernissen“ oder einer „abschreckenden Wirkung“ bestimmter Regeln. Allerdings sieht er auch „geringfügige oder unbedeutende Beschränkungen“ als mitumfasst an.158 Ein bestimmtes Ausmaß an Intensität des staatlichen Eingriffs, etwa in Form eines Spürbarkeitserfordernisses, ist demgemäß nicht notwendig.159 Der EuGH hat allerdings keine Beschränkungen angenommen, wenn Maßnahmen in ihrer beschränkenden Wirkung auf die Niederlassungsfreiheit zu „ungewiss“ oder zu „mittelbar“ waren.160

Eine dogmatischere Lösung bietet die sog. Keck-Formel, welche zur Eingrenzung des „uferlosen“ Beschränkungsverbots iSd Dassonville-Formel entwickelt wurde.161 Für Waren unterscheidet sie, ob eine Maßnahme vertriebs- oder produktbezogen ist.162 Vertriebsbezogene Maßnahmen sind solche, die die Art und Weise des Verkaufs oder Vertriebs, also das „Wie“ regeln, ohne mit dem Produkt verbunden zu sein.163 Dagegen sind produktbezogene Maßnahmen solche, die sich auf das Produkt selbst beziehen, etwa die Ausmaße oder das Aussehen der Verpackung.164 Rein vertriebsbezogene Regeln sind nicht als Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit anzusehen.165 Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn sie ←39 | 40→zwar nur das „Wie“ regeln, aber trotzdem den Marktzugang hinreichend schwer beschränken.166

Man kann diese Formel auf die Niederlassungsfreiheit übertragen.167 Produktbezogene Maßnahmen entsprächen hierbei niederlassungsbezogenen Maßnahmen und vertriebsbezogene entsprächen solchen, die lediglich die Ausübung der Niederlassungsfreiheit („Wie“) betreffen.168 Viele Stimmen in der Literatur sprechen sich iSd Konvergenz der Grundfreiheiten für eine Übertragung der Keck-Formel auf die Niederlassungsfreiheit aus.169 Dabei ist die Keck-Formel selbst bei der Warenverkehrsfreiheit nicht über jeden Zweifel erhaben und kritikabel.170 Sie ist zu „formalistisch“, schafft eine Art „Schein-Rechtssicherheit“ und wird der tatsächlichen Komplexität der Sachverhalte nicht gerecht.171 Eine gänzliche Übertragung auf die Niederlassungsfreiheit erscheint unpassend.172 Eine Begriffspaarbildung, wie bei produkt- und vertriebsbezogenen Maßnahmen, ist schwer möglich und widerspricht dem Wortlaut des Art. 49 AEUV, welcher die „Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten“ gleichermaßen schützt.173

Einige Autoren konzentrieren sich deshalb nur auf das Marktzugangskriterium, welches jeder Beschränkungsprüfung innewohnt und zur Eingrenzung des Beschränkungsverbots besser zur Übertragung auf alle Grundfreiheiten geeignet sein soll.174 In diese Richtung tendiert nunmehr auch der EuGH.175 Sofern eine Regel ein Marktzugangshindernis für niederlassungswillige natürliche Personen oder Gesellschaften darstellt, ist sie als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit anzusehen.176 Somit könnte man die tragenden Beweggründe der Keck-Formel auch ←40 | 41→für die Niederlassungsfreiheit fruchtbar machen.177 Es wäre auch der Einwand ausgeräumt, die Weite des Beschränkungsbegriffs führe bei der Niederlassungsfreiheit zu einer Generalüberprüfung aller nationalen Gesellschaftsrechtsordnungen.178 Allerdings kann auch das Marktzugangskriterium unter dem Gesichtspunkt der Unschärfe kritisiert werden.179 Trotzdem herrscht relative Einigkeit über das Bedürfnis einer Verkürzung des Beschränkungsbegriffs bei der Niederlassungsfreiheit.180 Diese Ausführungen sollen an dieser Stelle genügen und das Thema Keck-Formel an späterer Stelle erneut aufgegriffen werden.181

V. Rechtfertigungsmöglichkeiten

Sofern eine Schutzbereichsbeeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit vorliegt, ist eine Tendenz zu Gunsten eines Verstoßes erkennbar. Allerdings besteht die Möglichkeit, eine Beeinträchtigung zu rechtfertigen und diese Vermutung zu widerlegen.182 Dabei trägt der Verpflichtete die Beweislast.183 Dafür bedarf es einer sog. Schranke der Grundfreiheiten, quasi das Einfallstor einer Rechtfertigungsprüfung.184 Der allgemeinen Dogmatik der Grundfreiheiten entsprechend besteht die Möglichkeit einer Rechtfertigung einerseits aus den geschriebenen Schranken (für die Niederlassungsfreiheit nach Art. 52 Abs. 1 AEUV) und andererseits aus den ungeschrieben Schranken, den sog. „zwingenden Gründen des Allgemeinwohls“ iSd Cassis-Rechtsprechung185, nebst sonstigem Primärrecht wie etwa den EU-Grundrechten.186 Eine Schranke allein ist jedoch nicht ausreichend. Auch diese muss im Lichte der Grundfreiheiten ausgelegt werden. So sind die Schranken-Schranken ebenfalls zu berücksichtigen, wobei insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hervorzuheben ist.187

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1. Schranken

a) Geschriebene Schranken des Art. 52 Abs. 1 AEUV

Ausdrückliche Schranken der Niederlassungsfreiheit sind die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit (Art. 52 Abs. 1 AEUV).188 Dieser Ordre-Public-Vorbehalt gilt als Rechtfertigungsgrund gleichermaßen sowohl für offene als auch versteckte Diskriminierungen sowie unterschiedslos geltende Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit.189 Als verengende Sondervorschrift ist sie wie alle Schranken eng auszulegen.190

Wortlautgemäß verweist Art. 52 Abs. 1 AEUV auf „Sonderregelungen für Ausländer“.191 Deshalb sehen einige Autoren das vorrangige Anwendungsgebiet der Schranke im nationalen Ausländerrecht der Mitgliedstaaten.192 Allerdings beschränkt sie sich nicht auf diesen Bereich, sondern gilt für alle Regeln, die Ausländer unterschiedlich behandeln.193 Der Wortlaut macht allerdings deutlich, dass die Mitgliedstaaten im Bereich der Niederlassungsfreiheit gegenüber Ausländern teilweise Maßnahmen ergreifen, die sie gegenüber ihren eigenen Staatsangehörigen nicht ergreifen dürfen.194

Die aufgezählten Begriffe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit sind europarechtliche Termini, welche autonom auszulegen sind.195 Unter dem Begriff der öffentlichen Ordnung ist jede Rechtsverletzung zu subsumieren, sofern sie eine tatsächliche und hinreichende Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft darstellt.196 Was dabei ein Grundbelang der Gesellschaft darstellen kann, ist unter Beachtung eines europäischen Rechtsrahmens nach nationalen ←42 | 43→Prinzipien der Mitgliedstaaten zu bestimmen.197 Unter der öffentlichen Sicherheit ist die innere sowie äußere Sicherheit des Mitgliedstaates zu verstehen. Dabei umfasst die äußere Sicherheit alle außen- und sicherheitspolitischen sowie staatengemeinschaftlichen Belange. Die innere Sicherheit beinhaltet dagegen die Existenz und Funktion des Staates in Form seiner Einrichtungen, welche für das Überleben der Bevölkerung notwendig sind.198

Zur öffentlichen Gesundheit ist der Schutz vor Krankheiten sowie die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in einem Mitgliedstaat zu zählen.199 Zur Konkretisierung kann auf die Freizügigkeits-Richtlinie verwiesen werden. In Art. 29 sind unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Gesundheit Krankheiten beschrieben, welche ein epidemisches Potenzial beinhalten oder auf sonstige Weise übertragbar sind bzw. infektiöse oder parasitäre pathologische Erscheinungen.200 Unter dem Aspekt der Gesundheitsversorgung ist vor allem eine qualitativ hochwertige, ausgewogene sowie allen zugängliche ärztliche und klinische Versorgung, nebst Arzneimittelversorgung, zu fassen.201

Über Art. 54 Abs. 1 AEUV finden die in Art. 52 AEUV genannten Rechtfertigungsgründe selbstverständlich auch Anwendung auf juristische Personen.202 Der Anwendungsbereich ist aber eher gering. Allerdings kann es wegen der besonderen mitgliedstaatlichen Autonomie der Mitgliedstaaten in Bezug auf ihr eigenes nationales und Internationales Gesellschaftsrecht teilweise zu schwierigen Abgrenzungsfragen kommen: Wann ist eine gesellschaftsrechtliche Regel etwa, ähnlich dem Ausländerpolizeirecht bei natürlichen Personen, nach Art. 52 AEUV zu rechtfertigen, wann aber spiegelt sie nur eine an Art. 54 AEUV zu messende, also keinen Rechtfertigungsgrund darstellende, gesellschaftsrechtliche Besonderheit wider?203

←43 | 44→
b) Ungeschriebene Schranken – Zwingende Gründe des Allgemeinwohls

In Fällen, in denen Gesellschaften betroffen sind, finden die ungeschriebenen Schranken iSd Cassis-de-Dijon-Formel dagegen deutlich häufiger Verwendung. Aber auch bei natürlichen Personen wird diese Form der Schranken häufiger bemüht.204 Der EuGH hat, zunächst für die Warenverkehrsfreiheit, eine Möglichkeit gesucht, die ausufernde Anwendung der Dassonville-Formel, den weiten Beschränkungsbegriff, einzudämmen.205 Durch das Urteil Rewe-Zentral-Finanz („Cassis de Dijon“) wurde eine weitere, nicht im AEUV enthaltene Rechtfertigungsmöglichkeit für unterschiedslos geltende Maßnahmen eingeführt.206 Durch die Konvergenzbestrebungen findet diese auch bei der Niederlassungsfreiheit Anwendung.207

Der EuGH hat die Cassis-de-Dijon-Formel mit der Zeit auch für versteckte Diskriminierungen genutzt.208 Dies ist darauf zurückzuführen, dass versteckte Diskriminierungen und Beschränkungen sich nicht eindeutig auseinanderhalten lassen und in sie ihrer Wirkung meist gleich intensiv sind.209 Offene Diskriminierungen lassen sich allerdings nur nach den geschriebenen Schranken rechtfertigen.210 Zwar wird dies vermehrt in Zweifel gezogen und eine formale Unterscheidung zwischen offener bzw. versteckter Diskriminierung sowie Beschränkungen aufgegeben,211 jedoch verstoßen offene Diskriminierung in besonders starkem Maße gegen die Konzeption eines freien Marktes, was eine hohe Schwelle und enge Auslegung der Rechtfertigungsgründe notwendig macht.212 Anerkannte zwingende Gründe des Allgemeinwohls, also Rechtfertigungsgründe iSd Cassis-de-Dijon-Rechtsprechung, sind bspw. der Verbraucher- oder Umweltschutz sowie die ←44 | 45→Verkehrssicherheit.213 Für die Niederlassungsfreiheit, das Gesellschaftsrecht und mögliche Sitzverlegungen besonders relevant sind die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen, der Gläubigerschutz, der Schutz von Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern sowie bestimmte verpflichtende Berufsregeln.214 Allerdings sind diese Gründe nicht abschließend geregelt, sodass alle staatlich legitimen Interessen und Gemeinwohlbelange nicht-wirtschaftlicher Natur als Rechtfertigungsgründe in Betracht kommen.215

c) EU-Grundrechte und sonstiges Primärrecht

Neben den „typischen“ Schranken können auch Unionsgrundrechte den Grundfreiheiten Schranken setzen.216 Hierbei ist auf den Fall Schmidberger zu verweisen, bei welchem die Demonstrationsfreiheit als Schranke für die Warenverkehrsfreiheit diente. Die Frage war, ob der österreichische Staat eine Sperrung der Brenner-Autobahn durch Protestierende auflösen musste, um den freien Warenfluss auf der Fernstraße zu ermöglichen.217

2. Die Schranken-Schranke der Verhältnismäßigkeit

Zwar ist anerkannt, dass auch Unionsgrundrechte und sonstiges EU-Primärrecht bei einem Verstoß gegen die Grundfreiheiten als Schranken-Schranken dienen können.218 Die bedeutendere Schranken-Schranke ist hingegen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.219 Die Voraussetzung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung lässt sich den geschrieben Schranken entnehmen, die allesamt auf „gerechtfertigte“ Eingriffe verweisen.220 Allerdings ist die Verhältnismäßigkeit auch ein ←45 | 46→anerkannter EU-Rechtsgrundsatz und hat seinen Niederschlag im EUV erhalten (Art. 5 Abs. 4).221

Ähnlich den deutschen Grundrechten besteht eine nationale Maßnahme diesen Test nur, wenn sie einem legitimen Ziel dient und geeignet, erforderlich sowie angemessen ist.222 Allerdings legt der EuGH, anders als vielleicht von der Prüfung deutscher Grundrechte bekannt, seinen Prüfungsschwerpunkt meist auf die Geeignetheit und Erforderlichkeit.223 So formuliert der Gerichtshof bspw. für die Niederlassungsfreiheit, dass eine Rechtfertigung nur möglich ist, sofern die Maßnahme „in nicht-diskriminierender Weise angewandt wird…, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, geeignet ist, die Verwirklichung des mit der Maßnahme verfolgten Ziels zu gewährleisten und…nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist“.224 Bei dieser Maßgabe handelt es sich um die sog. Gebhard-Formel oder den Vier-Konditionen-Test.225 Allerdings beinhaltet die Stufe der Erforderlichkeit dann auch die Gesichtspunkte der Angemessenheit, was zu einem Ausgleich der widerstreitenden Interessen von Verpflichtetem und Berechtigtem der Grundfreiheiten führt. Faktisch handelt es sich also um eine den deutschen Grundrechten ähnliche, aber weniger strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung.226

Eine Maßnahme ist geeignet, wenn sie den ihr zugrundeliegenden Zweck erreichen kann.227 Sie ist erforderlich, wenn sie das mildeste Mittel bei höchstmöglicher Effektivität darstellt,228 und angemessen, wenn sie die widerstreitenden Interessen zum größtmöglichen Einklang bringt.229 Auf die Verhältnismäßigkeit sind je nach Art der Beeinträchtigung unterschiedliche Maßstäbe anzuwenden. So sind offene Diskriminierungen im Grundsatz schwerer zu rechtfertigen als versteckte, ←46 | 47→welche grundsätzlich wiederum schwerer wiegen als Beschränkungen.230 Diese schematische Unterscheidung wird zwar nicht durchgängig eingehalten, kann jedoch als Anhaltspunkt dienen. Ebenfalls unterschiedliche Maßstäbe sind an die verschiedenen Grundfreiheiten zu stellen: So kann einem sich Niederlassenden (Niederlassungsfreiheit) mehr abverlangt werden, weil dieser sich freiwillig dem Rechtsregime des Mitgliedstaates unterwirft und dort bereits bestimmte handels- und gesellschaftsrechtliche Regeln vorherrschen.231 Den Mitgliedstaaten kommt insoweit ein weiterer Ermessensspielraum zu, jedoch ist die Kontrolldichte auch bei der Niederlassungsfreiheit als hoch einzustufen.232

Unverhältnismäßig sind etwa Maßnahmen, welche vorsehen, dass nur diplomierte Optiker ein Optikergeschäft unterhalten dürfen und die Anzahl strikt auf ein Geschäft limitiert ist. Unverhältnismäßig sind auch das Vorschreiben eines Mindestkapitals für zuziehende ausländische Gesellschaften, welche nach ihrem Gründungsrecht ein solches Mindestkapital nicht aufweisen müssen, zu strikte Sprachanforderungen für Zahnärzte, damit diese angemessen mit Muttersprachlern im Zielstaat kommunizieren können, Verweise im Steuerrecht, welche besagen, dass eine Überprüfbarkeit von bestimmten Tatsachen im Ausland zu schwierig ist, oder aber Zweigstellenverbote für bestimmte Tätigkeiten, die eine dauerhafte, direkt persönliche Beratung sicherstellen sollen, wenn eine solche auch mit Mitteln der Fernkommunikation sichergestellt werden kann.233

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2 Forsthoff in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 49 AEUV, Rn. 4; Kingreen in: v. Bogdandy/Bast, EU-Verfassungsrecht, S. 718.

3 Streinz, EuR, Rn. 938; Herdegen, EuR, § 16, Rn. 22; Möslein, JA 2007, 833 (834 f.).

4 Müller-Graff in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 49 AEUV, Rn. 5; Korte in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 49 AEUV, Rn. 1; Ego in: MüKo AktG, Bd. 7, B., Rn. 2.

5 Tietje in: Ehlers, EU-Grundrechte und -freiheiten, § 10, Rn. 2; Hobe, EuR, Rn. 837; Thiermann, Verschmelzungen, S. 119.

Details

Pages
412
Publication Year
2020
ISBN (PDF)
9783631812044
ISBN (ePUB)
9783631812051
ISBN (MOBI)
9783631812068
ISBN (Hardcover)
9783631803219
DOI
10.3726/b16544
Language
German
Publication date
2019 (December)
Keywords
Wegzugsfreiheit Grundfreiheiten Gründungstheorie Mobilitätsfreiheit Marktzugang Herkunftslandprinzip Anknüpfungsautonomie Beschränkungsverbot Sonderanknüpfungen Sitzverlegungs-Richtlinie
Published
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2020. 412 S.

Biographical notes

Adrian Druzga (Author)

Adrian Druzga studierte Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhems-Universität zu Münster. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Handels- und Gesellschaftsrecht der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Technischen Universität in Dortmund tätig und hielt unter anderem die Vorlesung zum Europäischen Wirtschaftsrecht.

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Title: Die grenzüberschreitende Sitzverlegung von Gesellschaften innerhalb der Europäischen Union – eine Analyse anhand der Niederlassungsfreiheit