Friedrich Corleis (1853-1896)
Uhrmacher und Dichter aus Altona
Summary
Excerpt
Table Of Contents
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitendes
- 2 Der Uhrmacher
- 2.1 Oberndorf
- 2.2 Altona
- 2.3 Corleis’ Laufbahn
- 3 Der Dichter
- 3.1 Wie Corleis zum Schreiben kam
- 3.2 Gedichte vom guten Leben
- 3.3 Historisches auf der Bühne
- Frithjof, 1884
- Doppelter Kampf, 1884
- Gustav Adolf. Ein Festspiel, 1894
- Meckelnborgsche Revolutschon, 1894
- 3.4 Kritik und Vision
- In eigener Schlinge, 1895
- Die Tragödie der Idee. Modernes Drama in fünf Aufzügen, 1895
- 4 Resümee
- 5 Anhang
- Die Tragödie der Idee. Modernes Drama in fünf Aufzügen
- Erster Aufzug
- Zweiter Aufzug
- Dritter Aufzug
- Vierter Aufzug
- Fünfter Aufzug
- 6 Verwendete Literatur
- Abbildungverzeichnis
1 Einleitendes
In diesem Buch steht ein ganz besonderer Uhrmacher und -händler im Mittelpunkt. Es handelt sich um Friedrich Corleis aus Altona, geboren 1853, gestorben 1896. Drei von ihm signierte Uhrwerke und eine komplette Herrentaschenuhr sind bekannt. Corleis war aber mehr als nur ein Uhrmacher: Er war ein Uhrmacher, der sich zum Dichter berufen fühlte. Das ist eine einmalige Kombination. Der Aufbau dieses Buches ergibt sich damit wie von selbst: Der erste Teil befasst sich mit dem Uhrmacher Corleis, der zweite mit dem Dichter.
Es geht um den Aufstieg und Fall des Friedrich Corleis. Zunächst galt es, die Herkunft zu erforschen. Es galt, Corleis’ Begabung(en) zu erkennen, auch seinen unbedingten Willen, sich zu bilden und in seiner Wahlheimat Altona weiterzukommen. Er stieg auf und wurde zum angesehenen Bürger. Über die Person Corleis hinaus soll erkundet werden, was sein Fortkommen als Uhrmacher ermöglichte.
Friedrich Corleis war ein Bürger und zugleich ein Dichter. Was konnte er in diesem Rahmen erreichen? Erkannte der Autor Corleis die Schwächen, Unzulänglichkeiten der bürgerlichen Welt? Ist eine Entwicklung des Dichters Corleis zu erkennen? Besonders wichtig ist die Frage, was ‚Zeit‘ für Corleis bedeutete. Der Uhrmacher legt natürlich Wert auf präzise Technik und Genauigkeit. Für den Dichter ist es nicht so eindeutig. Sein Umgang mit der Zeit ist komplexer, denn die vom Menschen gefühlte und gelebte Zeit unterscheidet sich von dem, was die Uhr angibt. Spiegelt sich das in Corleis’ dichterischem Werk? Entwirft er ein den Sehnsüchten und Träumen des Menschen angemessenes Verständnis vom Umgang mit der Zeit? Diese Fragen sind in ihren historischen Kontext einzuordnen und Corleis’ Position zu bestimmen.
Es ist schwierig, etwas über Friedrich Corleis zu erfahren.1 Deshalb ist es wie bei einem Mosaik. Ein Teilchen kommt zum anderen – so entsteht das ←9 | 10→Bild. Einige Teilchen werden fehlen, daher werden blinde Flecken bleiben. Aber das Gesamtbild des Uhrmachers und Dichters Corleis wird hoffentlich erkennbar sein.
1 Die in der Zeitschrift Klassik Uhren (Januar/Februar 2016, S. 25) veröffentlichte Bitte, Informationen aller Art zu Corleis einzusenden, war vergeblich. Einige Informationen, die hier dankbar aufgegriffen werden, finden sich in Ihno Fleßners Verzeichnis der Chronometermacher (3. erw. Aufl., Rastede 2014, S. 7) sowie in dem Standardwerk Meister der Uhrmacherkunst 1977. Zu Friedrich Corleis’ Werdegang liegen nur zwei wesentliche Quellen vor. Einmal ein Nachruf von Hermann Heuer, Hamburg, d. 20. November 1907 unterzeichnet und in der zweiten Ausgabe von Corleis’ Gedichten abgedruckt. Ferner gibt es einen Nekrolog. Er ist geschrieben von J. Fr. Flickenschild und datiert Mai 1901. Der Nekrolog ist als ‚Vorrede‘ eingebunden in ein Exemplar von Corleis’ Bühnenstück mit dem Titel Die Tragödie der Idee; dieses Exemplar liegt in der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek. Beides, Drama und Vorrede, gehören, wie die Formate und die Papiersorten beweisen, ursprünglich nicht zusammen. Sie sind erst später, wie und warum auch immer, in einem Bibliothekseinband miteinander verbunden worden, und so blieb der Nekrolog erhalten. Ein Glücksfall. Der Autor Flickenschild bezeichnet sich als engen Bekannten, ja Freund von Corleis. Gerade weil auch kritische Töne nicht fehlen, darf man das hier Gesagte als authentisch ansehen. (Diese Quellen werden zitiert als „Heuer“ und „Flickenschild“) Wichtig waren ferner die Kirchenbücher von Oberndorf an der Oste, dem Geburtsort von Friedrich Corleis. Dazu kommen schließlich noch die Altonaischen Adressbücher und einige Dokumente, die das Freie Deutsche Hochstift besitzt, darunter ein von Corleis eigenhändig geschriebener Lebenslauf. Die Erwähnungen bei Wolff 1901 und Schröder 1909 führen nicht weiter.
2 Der Uhrmacher
2.1 Oberndorf
Friedrich Corleis wurde 1853 in Oberndorf an der Oste geboren. Einst blühte dieser Ort. Es arbeiteten viele Ziegeleien.2 1838 liefen in die Oste 5807 Schiffe ein, 5491 liefen aus.3 Nach dem Hamburger Brand von 1842 brauchte man in der Hansestadt dringend Ziegel, die wurden in und bei Oberndorf hergestellt, und der Transportweg über die Oste und dann die Elbe war bequem und kostengünstig. Ökonomische Prosperität herrschte in Corleis’ Geburtsort – den Bewohnern standen Arbeitsplätze und ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung. 1852 hatten acht seegehende Ewer Oberndorf als Heimathafen, 1899 waren es deren 17.4 Kurz vor und nach 1900 existierten zahlreiche Betriebe in Oberndorf, darunter zwei Uhrmachergeschäfte.5 Prosperität und die genaue Uhrzeit – das gab es auch in Oberndorf. In den 1950er Jahren blühte der Ort noch.6
Ein Johann Georg Corleis erscheint im Oberndorfer Kirchenbuch, als Beruf wird ‚Uhrmacher‘ angegeben. Was die damalige Uhrmacherei und den Umgang mit Uhren angeht, behalf man sich bisweilen mit Fachfremden. Johann Heinrich Voss wirkte eine Zeit lang in dem Oberndorf benachbarten Otterndorf und berichtet in seiner Verserzählung Luise (1795) von einem 70-jährigen Weber, „zum Weben zu schwach“: „selbstgelehret auch stellt’ er der gnädigen Gräfin die Schlossuhr“.7
Aber natürlich wurden gelernte Uhrmacher gebraucht. Mancher wird dabei sein Handwerk mit bäuerlicher Tätigkeit verbunden haben. Aus der französischen Schweiz wird berichtet: „Es kam oft vor, dass das Familienoberhaupt schon um vier Uhr morgens beim Scheine der Lampe an seinen Uhren arbeitete. Dann versorgte er das Vieh, um wieder in seine Werkstatt ←11 | 12→zurückzukehren, wo sich nach und nach die ganze Familie zur Arbeit einfand. Von Zeit zu Zeit ging er oder einer seiner Söhne zur Scheune oder in den Stall, und das wechselte so ab bis 10 Uhr abends. Nach fünfzehnstündiger Arbeitszeit hatte dann jeder Anspruch auf den Schlaf des Gerechten.“8 Auch den wandernden Uhrmacher gab es, „den Werkzeugkasten auf dem Rücken und wie ein Hausierer seine Dienste anbietend“.9
Johann Georg Corleis hatte sicher ein anderes Niveau, denn die Uhrmacherei war sein einziger Broterwerb, und er muss eine eigene Werkstatt/Laden gehabt haben. Jedenfalls wird er im Kirchenbuch nur „Uhrmacher“ genannt. Einiges war da zu leisten. Jacob Auch, Hofmechanikus in Weimar, hat 1827 ausführlich beschrieben, was ein ‚Landuhrmacher‘ können muss, will er, wenn er eine Uhr überholt, nicht „ein bloßer Putzer und Uhrenausfummler“ sein.10 Die Fähigkeiten, die Auch von einem guten ‚Landuhrmacher‘ und seinem Lehrling verlangt, überraschen, denn die Fertigungstiefe ist enorm. Praktisch alle Teile einer Uhr soll der Uhrmacher herstellen können – eine „Meisteruhr“ sei doch den „Fabrikuhren“ in jedem Fall vorzuziehen. Allerdings müsse die „Meisteruhr“ natürlich viel teurer sein.11 Es gab denn auch im ländlichen Raum sehr gut qualifizierte Uhrmacher – hochwertige Standuhren, ferner Wand- und Kaminuhren wurden hergestellt.12
Hat Johann Georg Corleis das, was Auch von einem Uhrmacher auf dem Lande fordert, beherrscht, und sei es auch nur zum Teil, muss er große Fähigkeiten besessen haben. Die normale Tätigkeit des ‚Landuhrmachers‘ sah aber sicher anders aus. Für den Alltag waren preiswerte Taschenuhren entscheidend, die aus der Schweiz importiert wurden. Wartung, Reparaturen, vielleicht Fertigung von Ersatzteilen und der Verkauf von qualitativ durchschnittlichen Uhren, das vor allem sicherte den Lebensunterhalt.
←12 | 13→Das Geburts- und Taufbuch der Parochie Oberdorf verzeichnet: „Corleis, Johann Friedrich Adolph, den 21.1.1853, 9 und halb Uhr“.13 Die Trauung der Eltern hatte im August 1849 stattgefunden. Als Vater wird Johann Georg genannt, als Mutter Auguste Adelheit, geb. Birkner. Nur wenige Wochen später, am 8. März wurde das Kind von Pastor Joh. Christ. Plate14 in der schönen Kirche Oberndorfs über dem uralten Taufbecken getauft. Am 26. Juni 1855 sollte dann noch eine Tochter zur Welt kommen, ihr Name war Anna Maria Corleis.
1880 sendete Johann Friedrich Adolph Corleis, der sich nur Friedrich nannte, dem Freien Deutschen Hochstift die folgenden Zeilen über seine frühen Jahre: „In Oberndorf a. d. Oste, einem kleinen Dorf bin ich geboren im Jahre 1853. Mir wurden nur die bescheidensten Anfänge eines Wissens zu Teil, und ich hielt es für unmöglich etwas geistig Bedeutendes leisten zu können, der Kreis meiner Anschauungen war sehr beschränkt und ich folgte dem Wunsche meiner Eltern gemäß, die mich in einem benachbarten Dorfe in die Lehre gaben.“
Der junge Corleis beschritt den Weg seines Vaters und wurde Uhrmacher. 1878 findet sich in der Deutschen Uhrmacher-Zeitung die Bemerkung, der Uhrmacher-Stand rekrutiere sich „im allgemeinen, wenn auch nicht aus ärmeren, so doch aus den weniger bemittelten Klassen“15. Für Friedrich Corleis war der Uhrmacherberuf eine Chance aufzusteigen. Corleis bemerkte dem Hochstift gegenüber dankbar und stolz zugleich: „Gründlich erlernte ich die Uhrmacherei und öffnete mir dadurch eine Bahn in die Welt, welche ich mit 19 Jahren mutig beschritt.“ Eine Bahn in die Welt – ein anderes Handwerk hätte kaum derartige Chancen geboten. Gerade in den Zentren der beginnenden Industrialisierung und in den Metropolen des Handels und der Schifffahrt waren Uhrmacher gefragt.
Welche Voraussetzungen musste ein junger Mann mitbringen, der Uhrmacher werden wollte? In einem Fachbuch aus dem Jahr 1911 heißt es: „Der Knabe, der sich entschließt, Uhrmacher zu werden, soll vor allem einen hellen Kopf und Begabung für technische Dinge haben. […] Ein weiteres ←13 | 14→Erfordernis ist eine nicht zu schwere Hand, die auch keine Schweißhand sein darf. Ferner muss er Lust zu handwerklichen Verrichtungen zeigen. Ein Knabe, der nie Hammer, Säge und Schnitzmesser zur Hand nimmt, sondern stets nur über Büchern sitzt oder nur Sinn für Pferde oder anderes Getier hat, wird sicherlich kein guter Uhrmacher werden.“16 Friedrich Corleis saß, wie sich noch zeigen wird, stets „über Büchern“. Doch die anderen Voraussetzungen wird er erfüllt haben. Auch hatte er wohl keine „Schweißhand“.
Noch eine Stimme aus späterer Zeit. Hans Jendritzki (1907–1996), seit 1940 Fachlehrer an der Uhrmacherschule in Hamburg, schrieb: „Der lange Aufenthalt in der Werkstatt und besonders die sitzende Lebensweise machen den Uhrmacherberuf nur für wirklich gesunde Jungen (oder Mädchen) geeignet. […] Die feinen Teile machen eine absolut ruhige und feinfühlige Hand zur Bedingung. Zitternde oder schweißige Hände sind allerdings unmöglich für einen guten Uhrmacher.“17 Lehrlinge wurden allerorten dringend gebraucht. Jendritzki fügte auch hinzu: „Was sollte aus unserem modernen Zeitalter überhaupt werden, wenn es keine Uhren und keine Uhrmacher gäbe?!“
So sah Corleis’ frühes Leben aus: „Der Lehrling muss seine Lehrzeit gleich beim Eintritt der Jünglingsjahre anfangen, im vierzehnten oder fünfzehnten, weil die Dauer derselben gewöhnlich sechs Jahre erfordert […]. Je jünger er ist, desto bildungsfähiger und umfassender ist sein Geist, und umso gelehriger wird er die Elemente dieser Kunst, die man ihm auseinandersetzt, aufnehmen und im Gedächtnis behalten.“18 Friedrich Corleis hatte mit 19 Jahren seine Ausbildung abgeschlossen, begann sie also mit 13 oder 14 Jahren. Wie sah es mit der Arbeitszeit aus? Der Lehrling hatte stets bereit zu sein: „An Sonn- und Festtagen muss er bis 2 Uhr Nachmittags in seiner Werkstatt bleiben, nachher kann er sich einige Erholung gönnen, nur muss er sich zur Zeit, wenn sein Herr zu Abend speist, oder wenigstens zur Zeit, wo der ordentliche Mann sich niederzulegen pflegt, wieder einfinden.“19
Friedrich Corleis verließ nach der Lehre seine Heimat. Warum entschloss er sich dazu? In der Zeitschrift Fliegende Blätter erschienen in der Nummer ←14 | 15→2264 vom 16. Dezember 1888 Anzeigen von Uhrenhändlern, die Taschenuhren anboten. Die Preisunterschiede waren erheblich. Eine Herrentaschenuhr mit der einfachen, wenig präzisen Zylinderhemmung in einem unedlen Gehäuse war für etwa 20 Mark zu erwerben. Eine Uhr mit Ankergang im Silbergehäuse kostete knapp das Doppelte, eine goldene Uhr das Vierfache. Konkurrenzlos billig waren amerikanische Waterbury-Taschenuhren, die es ab 10 Mark gab, und das mit einer Garantie von zwei Jahren. Am oberen Ende der Preisskala standen Glashütter Uhren, die in Silber zwischen 125 und 175 Mark kosteten, in Gold zwischen 240 und 1000 Mark. Bald wird Friedrich Corleis denn auch aufgegangen sein, dass vollkommenere Uhren gefertigt wurden, als es sie in seiner engeren Heimat gab.
Wichtig war auch die pure Menge, mit der gehandelt wurde. Schaut man in den Jahrgang 1876 des Allgemeinen Journals der Uhrmacherkunst, heißt es: „Beachtung für größere Uhrmachergeschäfte – Anker- und Zylinderuhren werden cartonweise zuverlässig gut repassiert [Schlussarbeiten, das Beheben von Fehlern] von einem selbständigen Uhrmacher einer Residenzstadt Norddeutschlands. Gef[ällige] offene Offerten unter ‚Vorwärts‘ an die Exped[ition] des Journals erbeten“. (1. April 1876)
Corleis hätte sicher wie sein Vater als ‚Landuhrmacher‘ seinen Lebensunterhalt verdienen können, wollte aber offensichtlich mehr. Er wollte lernen, mit technisch hochwertigen Uhren umzugehen. Corleis hatte die Absicht sich weiter zu qualifizieren und träumte bestimmt auch von einem gut gehenden eigenen Betrieb. Einem Betrieb, in dem vielleicht sogar ‚cartonweise‘ bestellt und verkauft wurde. Dazu musste er Oberndorf verlassen. Hier konnte er nicht weiterkommen.
Corleis stand nicht allein. Viele ehrgeizige Uhrmacher verließen ihre Heimat, gingen in die Welt, lernten und konnten sich – waren sie tüchtig und hatten sie Glück – beruflich etablieren. Aus dem Allgemeinen Journal der Uhrmacherkunst, Jahrgang 1876: „Ein junger Mann, welcher soeben die Lehre verlassen hat, wünscht, um sich weiter auszubilden, in einem ren[ommierten] Geschäfte platziert zu werden. Off[erte] unter ‚Strebsam‘ erbittet man an die Expedition dieses Journals.“ (1. Januar 1876) Ein anderes Beispiel: „Ein Uhrmachergehilfe, sicherer Arbeiter, geübt in allen feineren Arbeiten, mit Sprachkenntnissen der italienischen, französischen und englischen Sprache, sucht, gestützt auf gute Zeugnisse, eine Stelle noch weiter nach Süden, Griechenland, Süditalien oder Ägypten und Spanien. ←15 | 16→Darauf bezügliche Anträge werden erbeten an: Paul Bader, per Adr.: Signore Leone Radmann, via del Tribunale Zara, Dalmatien (Österreich).“ (22. November 1876) Das ist natürlich ein extremes Beispiel. Nach Ägypten wollten sicher nur wenige junge deutsche Uhrmacher. Die meisten blieben in Deutschland.
Ein Beispiel für Altona als Anziehungspunkt verschiedener Uhrmacher: Theodor Knoblich, 1827 in Friedland, Schlesien geboren, kam über mehrere Zwischenstationen nach Altona. Knoblich trat in ein bedeutendes Uhrengeschäft ein – das von Krille –, und übernahm es 1863 nach Krilles Tod. Es entstanden feinste Uhren. 1877 verlegte Knoblich sein Geschäft nach Hamburg, starb 1892.20 Altona war ein gutes Pflaster für tüchtige Uhrmacher. Wie Theodor Knoblich suchte Friedrich Corleis sein Glück denn auch in dieser Stadt.
2.2 Altona
Mehr als die Hälfte seines kurzen Lebens verbrachte Friedrich Corleis in Altona. Hier baute er sein Geschäft auf, hier dichtete er. Altona war lange dänisch gewesen. 1864 aber besiegten Preußen und Österreich die Dänen. Der Krieg wurde mit großer Härte geführt, man sprach vom Ort der militärischen Entscheidung gar als der ‚Schlachtbank Düppel‘.21 Das bislang dänische Altona kam nun in den österreichisch-preußischen Machtbereich, in den der Sieger also. Bismarck bemerkte damals lakonisch: „Es ist nicht leicht zu begreifen, weshalb eigentlich die Österreicher mit uns hierhergekommen sind, wo sie doch nicht bleiben können.“22 In einem Gespräch mit dem preußischen Kronprinzen sagte Bismarck am 4. Juli 1866, er wolle den „Ausschluss Österreichs aus Deutschland“, ferner die „Einigung des wesentlich protestantischen Norddeutschlands als Etappe zur großen Einheit“.23 So kam es. Als Friedrich Corleis nach Altona übersiedelte, war die Stadt preußisch geworden. Corleis war mit der preußischen Dominanz in Altona, dann im Deutschen Reich ganz offensichtlich einverstanden. Das ←16 | 17→beweist sein letztes Gedicht, der Prolog zum Geburtstage Seiner Majestät des Deutschen Kaisers am 27. Januar 1896.
Details
- Pages
- 202
- Publication Year
- 2019
- ISBN (PDF)
- 9783631803653
- ISBN (ePUB)
- 9783631803660
- ISBN (MOBI)
- 9783631803677
- ISBN (Softcover)
- 9783631794647
- DOI
- 10.3726/b16214
- Language
- German
- Publication date
- 2019 (October)
- Keywords
- Uhrmacherei Lyrik Drama Tragödie Arbeiterschaft Arbeiterpartei
- Published
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2019. 202 S., 1 farb. Abb., 3 s/w Abb.