Die Strafbarkeit deutscher Ärzte wegen elektiver Wunschamputationen aufgrund von Body Integrity Identity Disorder (BIID)
Recht auf Behinderung?
Zusammenfassung
Der Autor befasst sich mit der Strafbarkeit von Ärzten, die gesunde Gliedmaßen auf Wunsch der Patienten amputieren. Er beleuchtet sowohl medizinische als auch ethische und philosophische Aspekte für die juristische Bewertung von elektiven Wunschamputationen.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Vorwort
- Inhaltsverzeichnis
- § 1 Einleitung
- § 2 Medizinisches
- I. Phänomen BIID
- 1. Problemaufriss
- 2. Begriffserklärung
- 3. Abgrenzung von BIID zu anderen Phänomenen
- A. Apotemnophilie und Acrotomophilie
- B. Körperdysmorphophobie (KD) (englisch: Body Dysmorphic Disorder)
- C. Factitious Disorder (FDD) nach Bruno
- D. Schmerz-Störung (CRPS)
- E. Zusammenfassung
- 4. Robert-Smith-Fall
- II. Forschungsstand
- 1. Einleitung
- 2. Studien und Fallbeispiele
- 3. Unerforschtheit des Phänomens BIID
- 4. Ursprung in Kindheit
- 5. Neurologischer Ursprung
- A. Anosognosie
- B. Pötzlsyndrom
- C. Alien-Hand-Syndrome
- D. Zusammenfassung
- 6. Psychologischer und Psychiatrischer Ursprung
- 7. Zwischenergebnis
- 8. Therapierbarkeit und Heilungsmethoden
- A. Psychotherapie und Psychiatrische Behandlung
- B. Antidepressiva
- C. Movement Therapie
- D. Vestibular Caloric Stimulation
- E. Repetitive Magnetic Stimulation (rTMS)
- F. Stimulationselektroden im Gehirn
- G. Amputation
- H. Zwischenergebnis
- § 3 Körperverletzungstatbestand
- I. Einleitung
- II. Geschützte Rechtsgüter
- III. Objektiver Tatbestand
- 1. Voraussetzungen von § 223 Abs. 1 StGB
- 2. Streitstand zum ärztlichen Heileingriff
- A. Ärztlicher Heileingriff als tatbestandliche Körperverletzung (Rspr. und die ihr folgende Literatur)
- B. Ärztlicher Heileingriff als tatbestandslose Handlung
- a. Wunschamputation als Heileingriff
- b. Meinungsspektrum zur Bewertung eines Heileingriffs
- aa. Therapieerfolg als Entscheidungskriterium
- bb. Kunstgerechtheit der Ausführung als Entscheidungskriterium
- cc. Problematik der Indikation zur Bestimmung der Heileingriffsqualität
- aaa. Phänomen BIID als absolute Indikation
- bbb. Phänomen BIID als relative Indikation
- ccc. Zwischenergebnis
- dd. Bedeutung der fehlenden Indikation im Fall von BIID
- ee. Begriffe Gesundheit und Krankheit als Leitgröße
- aaa. Lebensweltlicher Krankheitsbegriff
- bbb. Medizinischer Krankheitsbegriff
- (1) Streng objektive Betrachtungsweise
- (2) Subjektivierte Betrachtungsweise
- (3) Aspekte der individuellen Lebensqualität
- (4) Ansicht der Zentralen Ethikkommission
- (5) Zwischenergebnis
- ccc. Juristische Bewertung
- c. Zwischenergebnis
- IV. Qualifikation
- V. Subjektiver Tatbestand
- VI. Ergebnis
- § 4 Rechtfertigende Einwilligung
- I. Einleitung
- II. Rechtsnatur der Einwilligung
- 1. Historischer Kontext der Einwilligung
- 2. Wesen der Einwilligung und Verortung im Deliktsaufbau
- 3. Rechtsgedanke hinter dem Institut der Einwilligung
- III. Voraussetzungen der Einwilligung
- 1. Objektive Voraussetzungen der Einwilligung
- A. Eindeutige Willensäußerung
- B. Disponibilität des Rechtsguts
- C. Einwilligungsfähigkeit
- a. Amputationswunsch als autonome Entscheidung im Sinne der Einwilligungsfähigkeit
- b. BIID als Ausschlussgrund für autonome, freie Entscheidungen
- c. Autonomie und Selbstbestimmung trotz BIID
- d. Zirkelschlussargument
- e. Vernunftkontrolle der Entscheidung im Rahmen der Einwilligungsfähigkeit
- f. Zwischenergebnis
- D. Keine wesentlichen Willensmängel i.S.d. informed consent
- 2. Subjektive Voraussetzungen und Ergebnis
- IV. Ergebnis
- § 5 Schranken der Einwilligung
- I. Einleitung
- II. Die relative Einwilligungssperre des § 228 StGB
- 1. Streitstand zum Sittenwidrigkeitsparagrafen (§ 228 StGB)
- A. Moralisch-sittliche Betrachtungsweise
- B. Objektiv-rechtliche Betrachtungsweise
- a. Lehre vom Tatzweck
- b. Schwere- und Folgentheorie
- c. Entwicklung der Rechtsprechung
- d. Ergebnis
- 2. Verfassungsmäßigkeit der Norm
- 3. Auslegung der Norm im Lichte der Grundrechte
- A. Vergleichsfälle zu Wunschamputationen innerhalb von BIID und deren juristische Lösung
- B. Transsexualität und geschlechtsumwandelnde Operationen
- a. Einleitung
- b. Forschungsstand
- c. Pretendingverhalten im Vergleich
- d. Rechtliche Aspekte von Geschlechtsumwandlungen zur Zeit vor dem TSG (Transsexuellengesetz)
- e. Gesetzliche Regelung durch das TSG („kleine“ und „große“ Lösung)
- f. Neuere verfassungsrechtliche Aspekte zum TSG
- g. Rechtsprechung des EGMR
- h. Medizinische Richtlinien für die Durchführung von geschlechtsangleichenden Operationen
- i. Ergebnis und Vergleich mit BIID
- C. Schönheitsoperationen und Body Modifications
- a. Geschichtliche und gesellschaftliche Aspekte
- b. Neuzeitliches Verständnis des Körpers
- D. Lebendorganspende
- E. Kastrationen und Sterilisationen
- F. Zwischenergebnis
- G. Betrachtung der vorgetragenen Pro- und Kontraargumente im Lichte der Grundrechte
- a. Nichtschadensgrundsatz vs. Fürsorgeprinzip des ärztlichen Standesrechts
- b. Aspekte der Risikoverringerung
- c. Linderung Leidensdruck
- d. Sogwirkung
- e. Komplikationen und Nebenwirkungen der Amputation
- f. Gesellschaftliche Reaktionen
- g. Grundrechtliches und menschenrechtliches Verbot der impliziten Abwertung behinderter Menschen
- aa. Menschenwürdeprinzip (Art. 1 Abs. 1 GG) und Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 GG)
- bb. Gesellschaftliche Ächtung von Behinderung
- cc. Subjektive oder objektive Bewertung von Behinderung
- dd. Behinderung unter Effizienz- und Moralaspekten
- ee. Zwischenergebnis
- III. Ergebnis
- § 6 Blick in das anglo-amerikanische Recht
- I. Zulässigkeit von elektiven Wunschamputationen in den USA
- 1. Fall People vs. Brown
- 2. Rechtslage in den USA
- II. Zulässigkeit von elektiven Wunschamputationen im Vereinigten Königreich (UK)
- III. Ergebnis
- § 7 Ergebnis und Konsequenzen für das Medizinstrafrecht
- Literaturverzeichnis
- Reihenübersicht
Martin J. Kirstgen
Die Strafbarkeit deutscher Ärzte wegen
elektiver Wunschamputationen aufgrund
von Body Integrity Identity Disorder (BIID)
Recht auf Behinderung?
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Zugl.: Köln, Univ., Diss., 2017
D 38
ISSN 2197‐8417
ISBN 978‐3‐631‐74749‐0 (Print)
E‐ISBN 978‐3‐631‐75909‐7 (E‐PDF)
E‐ISBN 978‐3‐631‐75910‐3 (EPUB)
E‐ISBN 978‐3‐631‐75911‐0 (MOBI)
DOI 10.3726/b14264
© Peter Lang GmbH
Internationaler Verlag der Wissenschaften
Berlin 2018
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Diese Publikation wurde begutachtet.
Über das Buch
Gibt es ein Recht auf Behinderung? Für die meisten Menschen scheint dies eine außergewöhnliche Frage – denn sie würden nicht freiwillig eine Körperbehinderung in Kauf nehmen. Anders ist es jedoch bei Betroffenen von Body Integrity Identity Disorder (BIID). Obwohl diese Menschen körperlich gesund sind, möchten sie ihre Unversehrtheit gegen die psychische Genesung eintauschen und akzeptieren hierfür eine körperliche Behinderung.
Der Autor befasst sich mit der Strafbarkeit von Ärzten, die gesunde Gliedmaßen auf Wunsch der Patienten amputieren. Er beleuchtet sowohl medizinische als auch ethische und philosophische Aspekte für die juristische Bewertung von elektiven Wunschamputationen.
Vorwort
Die vorliegende Arbeit untersucht die Strafbarkeit deutscher Ärzte wegen elektiver Wunschamputationen aufgrund von Body Integrity Identity Disorder. Insbesondere vor dem Hintergrund des immensen Leidensdrucks der Betroffenen von BIID und neuer medizinischer Randphänomene war eine Auseinandersetzung mit dem Ausgleich von physischer und psychischer Gesundheit im deutschen Medizinstrafrecht von wissenschaftlichem Interesse.
Die Arbeit wurde im Sommersemester 2017 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Forschungen und Literatur wurden bis einschließlich Oktober 2017 berücksichtigt.
Mein Dank gilt in erster Linie meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Martin Paul Waßmer, welcher direkt von der Bearbeitung des Themas überzeugt war und mich mit Engagement unterstützt hat. Ihm möchte ich darüber hinaus auch für die freundliche Aufnahme in der Reihe Waßmer, Deutsches, europäisches und internationales Strafrecht und Strafprozessrecht danken. Ganz herzlich möchte ich mich auch bei Frau Prof. Dr. Bettina Noltenius bedanken. Nicht nur für die sehr zügige Erstellung des Zweitgutachtens und die selbstlose Bereitschaft einen geeigneten Tag für die mündliche Prüfung zu finden sondern auch für die große Unterstützung bei der Literaturrecherche und allen sonstigen Belangen, die diese Dissertation ermöglicht haben.
Mein besonderer Dank gilt weiterhin meiner Familie und meinen Freunden, die mir stets in allen Phasen der Dissertation und darüber hinaus mit aller erdenklichen Unterstützung zur Seite standen. Bedanken möchte ich mich insbesondere bei meinen Eltern, meiner Schwester Anna und meiner Großmutter Frau Elisabeth Britz. Darüber hinaus natürlich bei meiner Cousine Julia und bei Herrn Cornelius Claudius Diekmeyer, die mich nicht nur bei der aufwendigen Literaturrecherche bestmöglich unterstützt haben, sondern mir auch sonst in jeder Hinsicht mit Fürsprache und Beistand zur Seite gestanden haben. Besonderer Dank gilt natürlich auch meinen beiden Taufpaten. Namentlich Herrn Helmut Kirstgen, für die Übernahme der aufwendigen Korrekturarbeiten und Frau Edith Paula Maevis, die mir – ihrem Wunsch gemäß – posthum ein sorgenfreies Promotionsstudium ermöglicht hat. Danken möchte ich des Weiteren Herrn Prof. Dr. Jörn Lüdemann, Herrn Alexander Wach und Herrn Peter Glaubach, die mich während meines Promotionsvorhabens mit tatkräftiger Unterstützung und zielführenden Diskussionen begleitet haben. Weiterer Dank gilt Prof. Dr. Erich Kasten für die schnelle und unbürokratische Vermittlung von Kontakten zu BIID-←7 | 8→Betroffenen, die ich aus Gründen der zugesicherten Vertraulichkeit nicht namentlich erwähnen möchte, sich aber sicherlich angesprochen fühlen. Nur durch den persönlichen Kontakt war es möglich, das Ausmaß des enormen Leids der Betroffenen zu erfassen. Ohne den Beistand von allen erdenklichen Seiten wäre diese Arbeit so nicht möglich gewesen.
Inhaltsverzeichnis
3. Abgrenzung von BIID zu anderen Phänomenen
A. Apotemnophilie und Acrotomophilie
B. Körperdysmorphophobie (KD) (englisch: Body Dysmorphic Disorder)
C. Factitious Disorder (FDD) nach Bruno
3. Unerforschtheit des Phänomens BIID
6. Psychologischer und Psychiatrischer Ursprung
8. Therapierbarkeit und Heilungsmethoden
A. Psychotherapie und Psychiatrische Behandlung
D. Vestibular Caloric Stimulation
E. Repetitive Magnetic Stimulation (rTMS)
F. Stimulationselektroden im Gehirn
H. Zwischenergebnis ←9 | 10→
§ 3 Körperverletzungstatbestand
1. Voraussetzungen von § 223 Abs. 1 StGB
2. Streitstand zum ärztlichen Heileingriff
A. Ärztlicher Heileingriff als tatbestandliche Körperverletzung (Rspr. und die ihr folgende Literatur)
B. Ärztlicher Heileingriff als tatbestandslose Handlung
a. Wunschamputation als Heileingriff
b. Meinungsspektrum zur Bewertung eines Heileingriffs
aa. Therapieerfolg als Entscheidungskriterium
bb. Kunstgerechtheit der Ausführung als Entscheidungskriterium
cc. Problematik der Indikation zur Bestimmung der Heileingriffsqualität
aaa. Phänomen BIID als absolute Indikation
bbb. Phänomen BIID als relative Indikation
dd. Bedeutung der fehlenden Indikation im Fall von BIID
ee. Begriffe Gesundheit und Krankheit als Leitgröße
aaa. Lebensweltlicher Krankheitsbegriff
bbb. Medizinischer Krankheitsbegriff
(1) Streng objektive Betrachtungsweise
(2) Subjektivierte Betrachtungsweise
(3) Aspekte der individuellen Lebensqualität
(4) Ansicht der Zentralen Ethikkommission
VI. Ergebnis ←10 | 11→
Details
- Seiten
- 298
- ISBN (PDF)
- 9783631759097
- ISBN (ePUB)
- 9783631759103
- ISBN (MOBI)
- 9783631759110
- ISBN (Hardcover)
- 9783631747490
- DOI
- 10.3726/b14264
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2018 (November)
- Schlagworte
- Krankheitsbegriff Heileingriff Hippokratischer Eid Sittenwidrigkeit Geschlechtsumwandlungen Xenomelie
- Erschienen
- Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien. 2018. 298 S.
- Produktsicherheit
- Peter Lang Group AG