Interferenzfehler deutschlernender Aserbaidschaner
Morpho-syntaktische und lexiko-semantische Interferenzfehler beim gesteuerten und ungesteuerten Fremdsprachenerwerb
Summary
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Table Of Contents
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Widmung
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlagen
- 1. Spracherwerbstheorien
- 1.1 Die behavioristische Spracherwerbstheorie
- 1.2 Die nativistische Spracherwerbstheorie
- 2. Zweit- und Fremdsprachenerwerbstheorien
- 2.1 Kontrastivhypothese
- 2.2 Die Identitätshypothese
- 2.3 Die Interlanguage-Hypothese
- 3. Spracherwerb aus der Sicht der Hirnforschung
- 4. Überblick über die Geschichte der Interferenzforschung und zentrale Hypothesen zur Interferenz
- 5. Gesteuerter und ungesteuerter Fremdsprachenerwerb
- Empirische Untersuchung
- 6. Datenerhebung und Probanden Beschreibung der Untersuchungsgruppe und methodische Vorgehensweise
- Fehleranalyse
- 7. Morpho-syntaktische Interferenzfehler
- 7.1 Genus der Substantive
- 7.2 Numerus/Pluralbildung der Substantive
- 7.3 Artikel und Artikelwörter
- 7.4 Adjektivdeklination
- 7.5 Präpositionen
- 7.6 Reflexive Verben
- 7.7 Verbvalenz
- 7.8 Das Kopulaverb „sein“
- 7.9 Subjekt-Prädikat-Kongruenz
- 7.10 Satzgliedstellung
- 7.11 Konjunktionen
- 8. Lexiko-semantische Interferenzfehler
- 8.1 Divergenzen
- 8.2 Lehnübersetzungen (wortwörtliche Übersetzungen)
- 8.3 Phraseologismen/Redewendungen
- 8.4 Falsche Freunde
- 9. Auswertung der Ergebnisse der empirischen Untersuchung
- 9.1 Auswertung der Ergebnisse im Bereiche der Morpho-Syntax
- 9.2 Auswertung der Ergebnisse im Bereiche der Lexiko-Semantik
- 10. Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen
- Anhang
- Anhang 1
- Anhang II
- Literaturverzeichnis
← 10 | 11 → Einleitung
Bis Anfang der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts war die Erforschung des Deutscherwerbs der aserbaidschanischen Muttersprachler aus politisch-historischen Gründen ausschließlich aus der Perspektive des Deutschen als Fremdsprache möglich. Mit der Wende und dem Zerfall der Sowjetunion begann die Migrationswelle der ehemaligen Sowjetbürger, darunter auch Aserbaidschaner, nach Westeuropa bzw. in die Bundesrepublik Deutschland. Somit bekam Deutsch für diese Migrantengruppen einen anderen Status, nämlich den Status des Deutschen als Zweitsprache.
Erwerb des Deutschen als Zweitsprache, also Deutscherwerb der aserbaidschanischen Muttersprachler unter den ungesteuerten Erwerbsbedingungen, ist ein relativ neues und unerforschtes Forschungsfeld. Da aber die Einwanderung der Aserbaidschaner in die BRD schon seit über 20 Jahren erfolgt, entsteht auch ein Bedarf nach der Erforschung des Erwerbs des Deutschen als Zweitsprache durch die aserbaidschanischsprachigen Einwanderer und der Rolle deren Muttersprache, des Aserbaidschanischen, die sie beim Deutscherwerb spielt.
Bekanntlich wird die Fremdsprache auf der Basis der Muttersprache bzw. Erstsprache erworben. Während des Erwerbsprozesses kommt es zu einer Wechselwirkung zwischen der Muttersprache und der Fremdsprache, so dass das Lernen dadurch schwerer oder leichter wird. Jeder, der einmal versucht hat eine Fremdsprache zu erlernen, weiß, dass eine der Muttersprache verwandte Sprache wesentlich einfacher zu lernen ist als eine nicht verwandte. Die Sprachen Deutsch und Aserbaidschanisch gehören zu unterschiedlichen Sprachfamilien, die erste gehört zu der Indoeuropäischen Sprachfamilie, die zweite Sprache aber zu den Turksprachen und weisen somit mehr Kontraste als Ähnlichkeiten auf. Als der wichtigste Unterschied ist vor allem dies zu betonen, dass Deutsch eine flektierende Sprache, Aserbaidschanisch aber eine agglutinierende ← 11 | 12 → Sprache ist, also werden die meisten grammatikalischen Strukturen durch Suffixe gebildet.
Die angehängten Suffixe passen ihre Vokale an den Vokal der letzten vorhergehenden Silbe an. Diese Anpassung erfolgt nach der Vokalharmonie, einem Lautgesetz, das ein weiteres kennzeichnendes Merkmal des Aserbaidschanischen darstellt. Entsprechend der Vokalharmonie enthält das angehängte Suffix entweder palatale Vokale (e, i, ö, ü), die im Mund vorn artikuliert werden, oder velare Vokale (a, ı, o, u), die im Mund hinten artikuliert werden.
Die stark abweichende Sprachstruktur des Aserbaidschanischen vom Deutschen bietet den aserbaidschanischen Lernenden nur wenige Möglichkeiten zur Aufstellung von Parallelen bzw. Ähnlichkeiten, die ihnen als „Lernbrücke“ bzw. zur besseren Verknüpfung im Gedächtnis helfen könnten.
Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, den Einfluss des Aserbaidschanischen als Muttersprache auf den Erwerb des Deutschen sowohl als Fremd- als auch Zweitsprache zu erforschen. Der Einfluss der Muttersprache auf die Fremdsprache ist wohl als Faktum unbestritten. Der Ausgangspunkt dieser Arbeit ist nun die Frage, ob und inwieweit sich der negative muttersprachliche Einfluss beim unterrichtsgesteuerten Fremdsprachlernen von dem negativen Einfluss der Muttersprache beim ungesteuerten Fremd- bzw. Zweitsprachenerwerb unterscheidet. Dabei soll der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit die Erwerbsform (gesteuert/ungesteuert) bzw. Erwerbsbedingungen die muttersprachlich bedingten Fehler der aserbaidschanischsprachigen Deutschlernenden beeinflussen.
Die vorliegende Promotionsarbeit verfolgt somit das Ziel, mit Hilfe einer kontrastiven Analyse und quantitativen Auswertung der im Rahmen der empirischen Untersuchung registrierten Interferenzfehler die folgenden Hypothesen zu überprüfen:
- Wie bekannt, unterscheiden sich Aserbaidschanisch und Deutsch sehr stark voneinander, also weisen diese Sprachen mehr Unterschiede als Ähnlichkeiten auf, was laut der Kontrastivhypothese für die aserbaidschanischen Deutschlernenden große Schwierigkeiten bereiten und entsprechend die Entstehung der muttersprachlich bedingten Fehler bzw. der Interferenzfehler begünstigen soll. Durch eine sprachvergleichende Interferenzfehleranalyse soll als erstes in Rahmen dieser Arbeit die ← 12 | 13 → Kontrastivhypothese am Beispiel des Aserbaidschanischen und Deutschen überprüft werden. Dabei wird untersucht, ob die vom Sprachvergleich vorausgesagten bzw. vermuteten Problembereiche tatsächlich interferenzanfällig sind und inwieweit es wahrscheinlich ist, durch eine kontrastive Fehleranalyse die Lerner auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der Muttersprache und der Zielsprache aufmerksam zu machen, um damit die möglichen Interferenzerscheinungen vermeiden zu können.
- Die zweite Arbeitshypothese besagt, dass die Erwerbsform einer Fremdsprache die Art und den Grad der Interferenzfehler in gewissem Maße beeinflusst. Unseres Erachtens ist beim gesteuerten DaF-Erwerb mit mehr Interferenzfehlern zu rechnen als beim ungesteuerten DaZ-Erwerb. Die empirische Untersuchung im Rahmen der vorliegenden Arbeit geht der Frage nach, ob sich die Interferenzfehler der aserbaidschanischen Deutschlernenden beim gesteuerten und ungesteuerten Fremdsprachenerwerb voneinander sowohl qualitativ als auch quantitativ unterscheiden.
- Die dritte Hypothese setzt voraus, dass im Bereich der Lexiko-Semantik mit mehr Interferenzfehlern beim unterrichtsgesteuerten Deutscherwerb im Ausland zu rechnen ist als beim ungesteuerten Zweitsprachenerwerb im Lande der Zielsprache. Wir gehen davon aus, dass die Lerner des Deutschen als Fremdsprache wegen des nicht vorhandenen deutschsprachlichen Umfelds und fehlender authentischer Kommunikationsmöglichkeiten beim Wortschatzgebrauch häufiger auf ihre Muttersprache zurückgreifen als die Lerner des Deutschen als Zweitsprache, die durch das Leben in der deutschen Gesellschaft und aus eigener Kommunikationserfahrung in der deutschen Sprache unbewusst die richtige Wortwahl treffen und somit die Interferenzfehler vermeiden.
Die vorliegende Forschungsarbeit umfasst zwei Teile: einen theoretischen und einen empirischen. Der theoretische Teil besteht aus fünf Kapiteln. Die ersten zwei Kapitel liefern einen theoretischen Überblick über die größten Erst- und Fremd- bzw. Zweitsprachenerwerbstheorien. Dabei werden sowohl die behavioristischen und nativistischen Spracherwerbstheorien als auch die wichtigsten Fremdsprachenerwerbshypothesen wie Kontrastiv-, Identitäts- und Interlanguage-Hypothese behandelt.
← 13 | 14 → Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem Spracherwerb aus der Sicht der Hirnforschung und versucht den aktuellen Forschungsstand auf diesem Forschungsgebiet darzustellen.
Das vierte Kapitel widmet sich dem Begriff der sprachlichen Interferenz und der Geschichte der Interferenzforschung.
Das fünfte Kapitel setzt sich mit der Problematik des gesteuerten und ungesteuerten Fremdsprachenerwerbs auseinander.
Im empirischen Teil der Arbeit werden die muttersprachlich bedingten interlingualen Interferenzfehler der deutschlernenden Aserbaidschaner analysiert. Diese Interferenzfehler werden den zwei Fehlerkorpora (DaF vs. DaZ) entnommen, die aus 60 (30 pro Korpus) schriftlichen Arbeiten der aserbaidschanischen Deutschlernenden bestehen. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht die Aufgabe, den Anteil der Interferenzfehler beim gesteuerten und ungesteuerten Deutscherwerb der aserbaidschanischen Muttersprachler zu ermitteln. Der Schwerpunkt der eigentlichen Untersuchung liegt dabei auf der morpho-syntaktischen und lexiko-semantischen Interferenz.
Der empirische Teil besteht aus vier Kapiteln.
Details
- Pages
- 164
- Publication Year
- 2014
- ISBN (PDF)
- 9783653045499
- ISBN (MOBI)
- 9783653982916
- ISBN (ePUB)
- 9783653982923
- ISBN (Hardcover)
- 9783631653562
- DOI
- 10.3726/978-3-653-04549-9
- Language
- German
- Publication date
- 2014 (June)
- Keywords
- Aserbaidschanisch Fremdsprachenerwerb Deutsch als Fremdsprache Sprachlehrforschung
- Published
- Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 164 S., 1 s/w Abb., 15 Tab.
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