Der Gruppenbezug jugendlicher Delinquenz
Zur Notwendigkeit der Berücksichtigung gruppenbezogener Straftaten bei der Anwendung und Auslegung von Jugendstrafrecht
Zusammenfassung
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Vorwort
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Untersuchungsgegenstand und Ziel der Arbeit
- II. Begriffsklärung
- 1. Gruppe – Gruppenbezug – Gruppendynamik
- 1.1 Peers/Peergroup
- 1.1.1 Organisiert – sozial angepasst – Sportverein, Jugendorganisation
- 1.1.2 Organisiert – sozial abweichend – (Jugend-)Bande, Gang
- 1.1.3 Unorganisiert – sozial angepasst – „Clique“ Street corner society
- 1.1.4 Unorganisiert – sozial abweichend – kriminelle Spontan- und Gelegenheitsgruppen
- 1.1.5 Heterogene und komplexe Peergroups?
- 1.2 Bande
- 1.2.1 Strafrechtlicher-, historisch-soziologischer und kriminologischer Bandenbegriff
- 1.2.2 Erscheinungsformen und Delikte der allgemeinen Bandenkriminalität
- 1.2.2.1 Vermögenskriminelle Banden
- 1.2.2.2 Gewalt-/Aggressionsorientierte Banden
- 1.2.2.3 Ethnische Banden
- 1.2.2.3.1 Politisch orientierte Tätergemeinschaften
- 1.2.2.3.2 Vermögenskriminelle Banden/Streetgangs
- 1.2.3 Eurogangparadox
- 1.3 Kultur und Subkultur
- 1.4 Mittäterschaft
- 1.5 Mittäterschaft und gruppendynamische Prozesse
- 1.6 Gruppenbezug und Tätergemeinschaft
- 2. Begriffsverwendung in dieser Arbeit
- B. Hauptteil
- I. Allgemeiner Peergroupeinfluss
- 1. Die Peergroup als Sozialisationsinstanz
- 1.1 Historischer Aspekt: Der Bedeutungszuwachs der Peergroup
- 1.1.1 Die Wandervogelbewegung (1896–1913)
- 1.1.2 Bündische Jugend (1919–1933)
- 1.1.3 Die Halbstarken
- 1.1.4 Die Beatbewegung und weitere Jugendkulturen der 1960er Jahre
- 1.1.5 Punk
- 1.1.6 Skinheads, Hooligans und Neonazis
- 1.1.7 Die Jugendkulturen der 1990er Jahre bis zur Gegenwart
- 1.1.8 Zusammenfassung
- 1.2 Befragungsergebnisse zur Cliqueneinbindung Jugendlicher (Shell Jugendstudien)
- 1.2.1 Jugend ’92
- 1.2.2 Jugend ’97
- 1.2.3 Jugend 2002
- 1.2.4 Jugend 2006
- 1.2.5 Jugend 2010
- 1.2.6 Auswertung der Ergebnisse
- 1.3 Verschulung des Jugendalters
- 2. Aspekte Jugendlicher Gruppenbildung – Ein Ausblick
- II. Entwicklungspsychologische Befunde zur Bedeutung der Gleichaltrigen auf Einstellung und Verhaltensweisen von Jugendlichen
- 1. Freundschaften und Cliquen
- 2. Funktion und Bedeutung der Peers
- 2.1 Eltern-Kind- und Peer-Beziehungen im Vergleich
- 2.2 Funktionen der Peers in ihrer Rolle als Sozialisationsinstanz
- 2.3 Zur Bedeutung der Peers aus Sicht der Jugendlichen
- 2.4 Gefahren und Risiken einer jugendlichen Peerbeziehung
- 3. Feststellungen und Ausblick
- III. Der Gruppenbezug jugendlicher Delinquenz
- 1. Empirische Befunde zur Häufigkeit/Verbreitung (Zahlen, Daten, Fakten)
- 1.1 Hellfeld
- 1.1.1 Niedersachen
- 1.1.2 Berlin
- 1.1.3 Saarland
- 1.1.4 Baden-Württemberg
- 1.1.5 Sachsen-Anhalt
- 1.1.6 Zusammenfassung: Hellfeld
- 1.2 Dunkelfeld
- 1.2.1 Warr
- 1.2.2 Beulke
- 1.2.3 Wetzels/Enzmann/Mecklenburg/Pfeiffer
- 1.2.4 Wilmers/Enzmann/Schaefer/Herbers/Greve/Wetzels
- 1.2.5 Baier
- 1.2.6 Zusammenfassung: Dunkelfeld
- 1.3 Folgerungen und Kategorisierung
- 2. Erklärungsversuche
- 2.1 Erkenntnisse sozialpsychologischer Forschung
- 2.1.1 Bildung und Weitergabe sozialer Normen
- 2.1.2 Bedingungen menschlich konformen Verhaltens
- 2.1.3 Soziale Normen, konformes Verhalten und Gruppendelinquenz
- 2.1.4 Das Konzept der Gruppenpolarisierung
- 2.1.5 Gruppendelinquenz, Gruppenpolarisierung und Risikoverhalten
- 2.1.6 Jugendliches Risikoverhalten im Gruppenkontext
- 2.1.7 Risikoverhalten in Adoleszenz und Erwachsenenalter
- 2.2 Kriminologische Theorien
- 2.2.1 Grobüberblick
- 2.2.2 Ausgewählte (geeignete, erklärungskräftige) Theorien für die Erklärung abweichenden Verhaltens
- 2.2.2.1 Subkulturansätze
- 2.2.2.2 Theorien des differentiellen Lernens und der differentiellen Assoziation
- 2.2.2.3 Techniken der Neutralisierung
- 2.2.2.4 Folgerungen
- 2.3 Gängige Hypothesen zum Zusammenhang von Peerdelinquenz und individuellem normabweichenden Verhalten
- 2.3.1 Reine Selektionshypothese
- 2.3.2 Reine Sozialisationshypothese
- 2.3.3 Interaktionales Modell
- 2.3.4 Entwicklungsorientiertes Modell
- 2.4 Das Mehrfaktorenmodell
- 3. Spezielle Gruppenphänomene
- 3.1 Besondere Gefahren des Gruppenbezuges
- 3.1.1 Konformitätsdruck
- 3.1.2 Verstärkerwirkung der Gruppe
- 3.1.3 Größere Bereitschaft zum Risiko
- 3.1.4 Der Kontakt zur devianten Peergroup und die Anpassung an soziale Normen
- 3.2 Das modifizierte Mehrfaktorenmodell
- 3.3 Die Tatbegehung – Ein gruppendynamischer Prozess?
- 3.3.1 „Intensivtäter in Berlin“
- 3.3.1.1 Typische Konfliktsituation
- 3.3.1.2 Sekundäranalyse
- 3.3.2 Zu den Anforderungen an künftige Untersuchungen/Forschung
- IV. Zur Begründung der strafrechtlichen Berücksichtigung gruppenbezogener Straftaten von Jugendlichen
- 1. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse
- 2. Der Gruppenbezug im Rahmen der allgemeinen strafrechtlichen Schuldminderungs- und Schuldausschließungsgründe des StGB
- 2.1 Schumacher
- 2.2 Kritik
- 2.3 Jäger
- 2.4 Kritik
- 2.5 Verlagerung der Diskussion
- 3. Besonderheiten des Jugendstrafrechts
- 3.1 Der Erziehungsgedanke im Jugendstrafrecht
- 3.2 Das Jugendstrafrecht als individuelles spezialpräventives Täterstrafrecht
- 3.3 Probleme der täterstrafrechtlichen Ausrichtung des Jugendstrafrechts
- 3.4 Zur Ungleichbehandlung jugendlicher und erwachsener Gruppendelinquenz
- 4. Jugendstrafrechtliche Konsequenzen gruppendynamischer Einflüsse
- 4.1 Das Verhältnis des § 3 JGG zu den §§ 17, 20, 21 StGB
- 4.2 Der Status quo in der (jugend-)strafrechtlichen Rechtsprechung und Literatur
- 4.2.1 Berücksichtigung gruppendynamischer Aspekte in der Rechtsprechung
- 4.2.1.1 BGH 1. Strafsenat, Urteil vom 03.12.1985
- 4.2.1.2 BGH 2. Strafsenat, Beschluss vom 11.01.1991
- 4.2.1.3 BGH 1. Strafsenat, Urteil vom 17.10.2000
- 4.2.1.4 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.12 2000
- 4.2.1.5 BGH 1. Strafsenat, Urteil vom 11.03.2003
- 4.2.1.6 BGH 5. Strafsenat, Urteil vom 20.01.2004
- 4.2.1.7 LG Verden, Urteil vom 02.07.2004
- 4.2.1.8 OLG Hamm, Urteil vom 01.02.2006
- 4.2.1.9 LG Düsseldorf 7. Große Strafkammer, Urteil vom 17. 11.2006
- 4.2.1.10 LG Bonn 8. Große Strafkammer, Urteil vom 04.10.2007
- 4.2.1.11 OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.04.2008
- 4.2.1.12 LG Darmstadt, Beschluss vom 10.04.2008
- 4.2.1.13 LG Köln 2. Große Strafkammer, Urteil vom 10.07.2008
- 4.2.1.14 BGH 5. Strafkammer, Beschluss vom 27.11.2008
- 4.2.1.15 BGH 5. Strafsenat, Beschluss vom 28.04.2010
- 4.2.1.16 BGH 1. Strafsenat, Beschluss vom 20.02.2013
- 4.2.2 Erste Auffälligkeiten und Gedanken
- 4.2.3 Berücksichtigung gruppendynamischer Aspekte in der jugendstrafrechtlichen Literatur
- 4.2.3.1 § 105 JGG
- 4.2.3.2 §§ 17 Abs. 2, 18 JGG
- 4.2.3.3 §§ 32 JGG und weitere Prognoseentscheidungen
- 4.2.3.4 §§ 20, 21 StGB
- 4.2.3.5 § 228 StGB
- 4.2.3.6 Berücksichtigung außerhalb des JGG und StGB
- 4.2.4 Stellungnahme
- 4.3 Die Sachverhalte – Ein Spiegelbild der Arbeitshypothesen?
- 4.3.1 Situative Analyse
- 4.3.2 Täterbiographische Analyse
- 4.3.2.1 Jugendkultureller Bezug
- 4.3.2.2 Strafrechtliche Vorbelastungen
- 4.3.3 Fazit
- 5. Der Gruppenbezug jugendlicher Delinquenz unter dem Aspekt der Strafzumessung
- 5.1 Die Gruppensituation als Solche
- 5.2 Der kriminelle Werdegang unter dem Aspekt des Gruppenbezuges
- 5.3 Das Tatmotiv vs. Opferperspektive
- 6. Der Gruppenbezug: Strafmilderungsgrund oder Grund der Strafschärfung
- 6.1 Spontan- und Gelegenheitsdelinquenz in der Gruppe
- 6.2 Gruppenersttäter ohne kriminelle Vorbelastung
- 6.3 Einschlägig vorbestrafte Gruppentäter
- 7. Umsetzung in der jugendstrafrechtlichen Praxis
- 8. Der Gruppenbezug juveniler Delinquenz – Kein autonomer Schuldminderungsgrund
- 9. Zur Notwendigkeit der weiteren Berücksichtigung jugendspezifischer Besonderheiten
- 9.1 Die verschiedenen Standpunkte
- 9.2 Stellungnahme
- 9.3 Zur jugendspezifischen Auslegung der bandenmäßigen Begehung als tatbestandliches Qualifikationsmerkmal oder als Regelbeispiel eines besonders schweren Falls
- 9.3.1 Zur Anwendbarkeit des § 244a StGB auf Jugendbanden
- 9.3.2 Stellungnahme
- C. Resumée
- Anhang
- Literatur
← XIV | 1 → A. Einleitung
Immer wieder wird in den Medien von bandenartigen Gruppierungen Jugendlicher berichtet, die hauptsächlich durch Gewalt- aber auch Eigentumsdelikte auffallen und die Bevölkerung durch ihr brutales und rücksichtsloses Verhalten verunsichern.1
Vor nicht allzu langer Zeit hat ein eben solcher Fall, der sich in einem Münchener U-Bahnhof ereignete, eine erneute Debatte über die Verschärfung des Jugendstrafrechts ausgelöst.2 Gegenstand dieser Debatte sind beispielsweise die Senkung bzw. Anhebung der Strafmündigkeitsgrenze oder die Forderung, Heranwachsende grundsätzlich nach Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen. In dem Zusammenhang wurde aber auch zunehmend über präventive Maßnahmen zur Eindämmung von Jugendgewalt diskutiert. Allerdings traten auch hier erneut Fehlvorstellungen gegenüber dem deutschen Jugendstrafrecht zu Tage.
Bei der Forderung nach härteren Bestrafungen zum Zwecke der Abschreckung wird immer wieder verkannt, dass Prävention oft mehr erreicht als Repression und dass Strafe die Rückfallwahrscheinlichkeit jugendlicher Straftäter sogar erhöht.3
Mit dem Gesetz zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten haben die Jugendgerichte seit März 2013 die Möglichkeit, neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe zusätzlich bis zu vier Wochen Dauerarrest zu verhängen. Durch diesen sogenannten Warnschussarrest soll den Straftätern die Konsequenz ihres Handelns aufgezeigt werden, die eine Bewährungsstrafe oftmals wie einen Freispruch empfinden. Darüber hinaus wurde mit diesem Gesetz ab September 2012 das Höchstmaß der Jugendstrafe bei Mord für Heranwachsende heraufgesetzt. Wird die besondere Schwere der Schuld festgestellt, können sie ab sofort zu maximal fünfzehn statt bisher zehn Jahren Haft verurteilt werden.4 Diese aktuelle Gesetzesänderung ist unter anderem Ergebnis dieser fortlaufenden Debatte.
← 1 | 2 → Mit der „tödlichen Prügelattacke vom Berliner Alexanderplatz“ wird nunmehr anknüpfend an die „Intensivtäterproblematik“ die Frage aufgeworfen, wie in der Gesellschaft mit jugendlichen Straftätern umgegangen werden soll, die sich durch Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nicht von einer weiteren Straftatbegehung abbringen lassen.5
Was allgemein im Rahmen jugendstrafrechtlicher Debatten zu kurz kommt, ist der Gruppenbezug als Merkmal (schwerer) jugendlicher Delinquenz: Wie Jäger erkannt hat, werden Gruppenstraftaten unter anderen Voraussetzungen begangen, die wesentlich von denen der Individualdelinquenz abweichen. Insbesondere zwei Eigenschaften sind es, die in diesem Zusammenhang hervorzuheben sind:
„1. die mit ihnen verbundenen kollektiven Veränderungen moralischer Wertorientierung, die zur Schwächung oder sogar völligen Suspendierung sonst wirksamer Normvorstellungen, Kulturverbote, Hemmungen und Schuldmechanismen führen, sowie 2. die besondere Bedeutung situativer Einflüsse, externer Handlungsbedingungen und gruppendynamischer Anpassungszwänge, die Einzelne zu Handlungen veranlassen, zu denen sie aus eigenem Antrieb niemals fähig wären.“6
Dieses Merkmal kommt jedoch nicht nur im Rahmen jugendstrafrechtlicher Debatten zu kurz; auch aus forschungsperspektivischer Sicht besteht Anlass sich dem Thema ausführlich zu widmen. Die Relevanz dieses Themas ergibt sich konkret aus den oben genannten Debatten. Denn selten werden diese im Zusammenhang mit Straftaten von jugendlichen Einzeltätern geführt. Grundsätzlich ist es eine Gruppenstraftat, welche die Diskussion neu entflammen lässt und ihr neuen Nährstoff liefert.
Zwar gibt es in der Literatur Beiträge, die sich mit kollektiver Delinquenz unter dem Aspekt gruppendynamischer Prozesse auseinandersetzen, jedoch bleiben die dortigen Ausführungen überwiegend thesenartig. Auch in der Rechtsprechung hat sich keine klare Linie abgezeichnet, wann, wie und in welchem Umfang Aspekte des Gruppenbezuges zu berücksichtigen sind.
I. Untersuchungsgegenstand und Ziel der Arbeit
In dieser Arbeit soll daher der Gruppenbezug jugendlicher Delinquenz näher untersucht werden. Der Fokus soll dabei zunächst allgemein auf dem jugendlichen Gruppenbildungsphänomen liegen. Im Anschluss daran gilt es den Gruppenbezug ← 2 | 3 → als zentrales Merkmal jugendlicher Delinquenz nachzuweisen und zu klären, was Jugendliche zu gruppendelinquentem Verhalten veranlasst und welche Wirkmechanismen dabei eine Rolle spielen.
Die Bearbeitung des Untersuchungsgegenstandes wird von den nachstehenden Arbeitshypothesen begleitet, die zum Teil an die Erkenntnisse Jägers anknüpfen:
Erstens: Jugendliche/Heranwachsende Täter legen im Rahmen einer Gruppe eine größere Bereitschaft zu kriminellem Verhalten an den Tag als Einzeltäter.
Zweitens: Ein jugendlicher Täter vermag im Rahmen der Gruppe/des Mittäters insbesondere Gewalttaten begehen, die er allein entweder gar nicht oder zumindest nicht in einem solchen Ausmaß oder in einer solchen Intensität begangen hätte. Kurzum: Jugendgruppen sind Träger von Gewalt.
Drittens: Speziell im Rahmen spontaner ungeplanter Delinquenz kann die akute Tatsituation und die sich entwickelnde Gruppendynamik zur Eskalation des Gruppenverhaltens führen.
Ziel dieser Arbeit ist es, zu klären, inwieweit das strafrechtliche Handeln junger Menschen aus einer Gruppe heraus strafschärfend oder strafmildernd zu berücksichtigen ist.
In dem Zusammenhang hat eine Auseinandersetzung mit dem Status quo in Rechtsprechung und Literatur hinsichtlich der Berücksichtigung des Gruppenbezuges stattzufinden. Letzteres soll im Rückgriff bzw. unter Berücksichtigung von Forschungsbefunden aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zu der Bedeutung von Peergroup-Sozialisation, in Verbindung mit Aspekten aus Kriminalitätstheorien, sowie dem Erziehungsgedanken und einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Jugendstrafrecht als Täterstrafrecht erfolgen.
Abschließend soll die Frage nach der Notwendigkeit einer jugendspezifischen Auslegung materieller und prozessualer Regelungen unter dem Aspekt des Gruppenbezuges aufgegriffen werden.
Es soll eine klare Linie geschaffen werden, wie in Zukunft rechtlich mit dem Gruppenbezug als Aspekt der Strafzumessung und im Rahmen der Straftatbestände des Allgemeinen Strafrechts umzugehen ist. Dem Ganzen liegt der Anspruch zu Grunde, eine Änderung des Jugendgerichtsgesetztes möglichst zu umgehen.
II. Begriffsklärung
Dem hiesigen Ziel hat eine umfangreiche Klärung gewisser Begrifflichkeiten vorauszugehen, die in dieser Arbeit immer wieder auftauchen und mithin Voraussetzung sowohl für das allgemeine Verständnis als auch für die Ergebnisfindung sind.
← 3 | 4 → 1. Gruppe – Gruppenbezug – Gruppendynamik
Einer der bedeutendsten Termini im Sprachgebrauch zur Charakterisierung gewisser Kriterien und Konstitutionen der Realität ist die Gruppe.7 Allein in der Sozialpsychologie gibt es eine Menge verschiedener Definitionen:
Lindgren definiert die Gruppe wie folgt: „Wenn zwei oder mehr Personen in irgendeiner Beziehung zueinander stehen, bilden sie eine Gruppe.“8
Für Lewin ist ein gemeinsames Schicksal von Entscheidung: Menschen seien durch das Erleben entsprechender Handlungsergebnisse als eine Gruppe anzusehen.9
Sader weist darauf hin, dass der Gruppenbegriff „ein Konstruktbegriff (sei), den wir an die Phänomene um uns herum herantragen, um etwas Ordnung in unsere Gedanken und Wahrnehmungen zu bekommen.“10
Was wohl jede Definition von Gruppe eint, ist, dass diese mehr als eine Person voraussetzt und dass die Menschen irgendwie miteinander in Verbindung stehen.11 Unterschiede ergeben sich dann aus dem „irgendetwas“.12
Nach Wellhöfer kristallisieren sich aus diversen Definitionen folgende wesentliche Gruppenaspekte heraus: verhaltensintegrierendes Rollensystem, enge soziale Interaktion, gemeinsame Normen und Ziele, Wirkungen des sozialen Kraftfeldes, Gruppenvorteil und Wir-Gefühl.13
Details
- Seiten
- XIV, 251
- Erscheinungsjahr
- 2014
- ISBN (PDF)
- 9783653043631
- ISBN (MOBI)
- 9783653981155
- ISBN (ePUB)
- 9783653981162
- ISBN (Paperback)
- 9783631652633
- DOI
- 10.3726/978-3-653-04363-1
- Sprache
- Deutsch
- Erscheinungsdatum
- 2014 (März)
- Schlagworte
- Gruppendelinquenz Jugendstrafrecht Peergroup Strafzumessung Sozialisation
- Erschienen
- Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. XIV, 251 S., 17 Tab., 5 Graf.
- Produktsicherheit
- Peter Lang Group AG