Regionale Energiewende
Akteure und Prozesse in Erneuerbare-Energie-Regionen
Summary
Excerpt
Table Of Contents
- Cover
- Titel
- Copyright
- Autorenangaben
- Über das Buch
- Zitierfähigkeit des eBooks
- Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Thematische Einführung
- 1.2 Fragestellung
- 1.3 Gliederung der Arbeit
- 1.4 Methodik und Forschungsdesign
- 1.4.1 Projektkontext 100ee-Regionen
- 1.4.2 Begründung der Fallauswahl
- 1.4.3 Material, Erhebungs- und Auswertungsmethoden
- 1.4.4 Methodische Herausforderungen
- 2 Entwicklung und Rahmenbedingungen der Energiewende
- 2.1 Nachhaltigkeit und Agenda 21
- 2.2 Zentraler und dezentraler Ausbau der erneuerbaren Energien
- 2.3 Aktueller Ausbaustand der erneuerbaren Energien in Deutschland
- 2.4 Wirtschaftliche Betrachtung erneuerbarer Energien
- 2.5 Akzeptanz erneuerbarer Energien
- 2.6 Mehrebenenbetrachtung des Ausbaus der erneuerbaren Energien
- 2.6.1 Internationale Ebene
- 2.6.2 Europäische Ebene
- 2.6.3 Nationale Ebene
- 2.6.4 Ebene der Bundesländer
- 2.6.5 Kommunen im politisch-administrativen Staatsaufbau
- 3 Theoretisch-Konzeptionelles Design
- 3.1 Akteurszentrierter Institutionalismus
- 3.2 Politikfeldanalyse
- 3.3 Governance
- 3.3.1 Multi-Level-Governance
- 3.3.2 Regional Governance
- 3.4 Governanceformationen im Bereich der erneuerbaren Energien
- 3.4.1 Akteursgruppen
- 3.4.2 Steuerungsformen, Interessen und Rollen von Akteuren
- 3.5 Methodische Schlüsse und Operationalisierung der Analyse
- 4 Erneuerbare-Energie-Regionen
- 4.1 EE-Region Hameln-Pyrmont
- 4.1.1 Konstituierung der Region
- 4.1.2 Institutioneller Kontext
- 4.1.3 Prozess des Ausbaus der erneuerbaren Energien
- 4.1.4 Akteurskonstellationen
- 4.1.5 Prozesslogik in der EE-Region Hameln-Pyrmont
- 4.1.6 Fazit: Einflussfaktoren der EE-Entwicklung in Hameln-Pyrmont
- 4.2 EE-Region Marburg-Biedenkopf
- 4.2.1 Konstituierung der Region
- 4.2.2 Institutioneller Kontext
- 4.2.3 Prozess des Ausbaus der erneuerbaren Energien
- 4.2.4 Akteurskonstellationen
- 4.2.5 Prozesslogik in der EE-Region Marburg-Biedenkopf
- 4.2.6 Fazit: Einflussfaktoren der EE-Entwicklung in Marburg-Biedenkopf
- 4.3 EE-Region Oberland
- 4.3.1 Konstituierung der Region
- 4.3.2 Institutioneller Kontext
- 4.3.3 Prozess des Ausbaus der erneuerbaren Energien
- 4.3.4 Akteurskonstellationen
- 4.3.5 Prozesslogik in der EE-Region Oberland
- 4.3.6 Fazit: Einflussfaktoren der EE-Entwicklung im Oberland
- 4.4 EE-Region Lübow-Krassow
- 4.4.1 Konstituierung der Region
- 4.4.2 Institutioneller Kontext
- 4.4.3 Prozess des Ausbaus der erneuerbaren Energien
- 4.4.4 Akteurskonstellationen
- 4.4.5 Prozesslogik in der EE-Region Lübow-Krassow
- 4.4.6 Fazit: Einflussfaktoren der EE-Entwicklung in Lübow-Krassow
- 5 Ergebnisse und Forschungsperspektiven
- 5.1 Theoretisch-konzeptionelle Ergebnisse
- 5.2 Vergleichende Betrachtung der Fallstudien
- 5.2.1 Konstituierung der Region
- 5.2.2 Institutioneller Kontext
- 5.2.3 Prozess des Ausbaus der erneuerbaren Energien
- 5.2.4 Akteurskonstellationen
- 5.3 Erfolgsfaktoren der EE-Regionen
- 5.4 Reichweite der Ergebnisse und Forschungsperspektive
- 6 Literaturverzeichnis
- 7 Anhang
- 7.1 Interviewleitfaden
- 7.2 Liste der besuchten Veranstaltungen
← xiv | 1 → 1 Einleitung
„Der Ausschuss hat alle verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse überprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass zwei weitgefasste Bereiche derzeit einen unverhältnismäßig hohen Einfluss auf die Menschen und die lebenserhaltenden Systeme des Planeten haben – das sind der Energiebereich in Form fossiler Brennstoffe sowie die Landwirtschaft (...).“ Achim Steiner, Untergeneralsekretär der UNO und UNEP-Exekutivdirektor (Europäische Kommission 2010)
1.1 Thematische Einführung
Spätestens seit dem Atomunfall von Fukushima am 11. März 2011 und dem danach von der Bundesregierung beschlossenen Ausstieg1 aus der Atomenergie ist Deutschland auf dem Pfad der „Energiewende“2. Das aktuelle Energiekonzept der deutschen Bundesregierung aus dem Jahr 2010 (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und Bundesministerium für Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit 2010) wurde im Juni 2011 um die Energiewendebeschlüsse erweitertet, die u. a. den Ausstieg aus der Atomenergie bis zum Jahr 2022 und die Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien3 im Stromverbrauch auf bis zu 80 Prozent bis zum Jahr 2050 vorsehen (vgl. Bundesministerium für Umwelt 2011). Darüber hinaus existieren verschiedene Studien4, welche Szenarien für den Ausbau von erneuerbaren Energien für Deutschland beschreiben. Konsens besteht über die Notwendigkeit des Ausbaus ← 1 | 2 → der erneuerbaren Energien5, diskutiert werden jedoch unterschiedliche Ausgestaltungen der Systeme, von überwiegend dezentraler Versorgung mit erneuerbaren Energien (z. B. Kenkmann und Timpe 2012) bis hin zu einer vornehmlich zentral organisierten Energieversorgung (z. B. Höflich, Noster et al. 2012).
Bestrebung zum Ausbau der erneuerbaren Energien haben eine lange Tradition6. Sie sind mitunter mit viel Überzeugungsarbeit verbunden gewesen, was zum Teil heute noch der Fall ist.
Die Gründe für die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energie sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von klimapolitischen Interessen7, dem Wunsch nach Versorgungssicherheit8 bis hin zu wirtschaftlichen Motiven wie der regionalen Wertschöpfung, dem Erhalt von Energieausgaben in der Region und der damit verbundenen Stärkung der regionalen Wirtschaftsstrukturen (siehe Kapitel 2.4) (vgl. Stöhr 2008: 57 f.; Fischedick, Arnold et al. 2010). Besonders Faktoren mit ökonomischem Bezug haben eine sehr förderliche Wirkung auf den Ausbau von erneuerbaren Energien; langfristige Dynamiken wie Demografie oder Siedlungsstrukturen spielen häufig eine untergeordnete Rolle (vgl. Fischedick, Arnold et al. 2010).
Die Debatten in Medien, Politik und Wissenschaft werden zunehmend von der Art und Weise des Ausbaus der erneuerbaren Energien geprägt.
Lange Zeit ist die Stromversorgung ausschließlich zentral organisiert worden (siehe Kapitel 2.2). Eine Reihe von Faktoren führten zu einer Entwicklung ← 2 | 3 → von Alternativen zu diesen zentralistischen Strukturen, zum Beispiel die Ölpreiskrisen der 1970er Jahre oder Umweltschutz- und Anti-Atomkraftdebatten (siehe Kapitel 2). Mit der Liberalisierung im Stromsektor im Jahr 1998 wurden Voraussetzungen geschaffen, die zu einer zunehmenden Dezentralität des Systems geführt haben. Damit erhöhte sich die Anzahl der Bürger und kleiner Energieversorger, die eigene Anlagen bauen und betreiben.9 Neben dem zunehmend dezentralen System existieren jedoch weiter zentrale Energieversorgungsstrukturen, was der Ausbau von Offshore-Windparks oder Großprojekte wie Desertec belegen (siehe Kapitel 2.2).
Für die Umsetzung des dezentralen Ausbaus der erneuerbaren Energien spielt die regionale Ebene zunehmend eine bedeutende Rolle. Akteure10 in vielen Regionen haben begonnen, die Energieversorgung ihres Gebiets auf erneuerbare Energien umzustellen. Die Größe des Gebietes, auf das sich die Umstellung beschränkt, wird je nach Region11 unterschiedlich definiert.
Die Funktionen, Motive und Aufgaben der regional beteiligten Akteure sind sehr unterschiedlich verteilt. Eine wichtige Frage ist in diesem Zusammenhang, auf welche Art und Weise die Prozesse zum Ausbau der erneuerbaren Energien auf regionaler Ebene angestoßen werden und ablaufen. Ferner interessiert, welche (Schlüssel-)Akteure an der Umsetzung des Ausbaus beteiligt sind. Dies bedeutet, dass bestehende und neue Akteure umfassend analysiert werden müssen, um regionale Prozesse zu verstehen. Schließlich spielen auch die Einflussfaktoren der übergeordneten Ebenen (Bundesländer, National, EU und International) auf den regionalen Prozess eine Rolle.
← 3 | 4 → Vorliegende Arbeit widmet sich diesem Fragenkomplex mit einem Fokus auf regionale Ausbauprozesse in deutschen Landkreisen oder Teillandkreisen. Eine zentrale Annahme ist, dass sich trotz unterschiedlicher Kontextfaktoren (z. B. regionale Zuschnitte, Zusammensetzung der Akteursstruktur und institutionelle Einflüsse) Aktionsmuster von Akteuren im Prozess des regionalen Ausbaus von erneuerbaren Energien identifizieren lassen. Aspekte der Gestaltung politischer Prozesse auf regionaler Ebene und der Zusammenarbeit von unterschiedlichen Akteuren mit unterschiedlicher Ausprägung der Akteursrollen rücken damit in den Fokus der Betrachtungen.
Fragen nach Einflussfaktoren für den zunehmenden Ausbau der erneuerbaren Energien werden vor allem seit der Einführung des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG) diskutiert (siehe Kapitel 2.6.3.1). Daher wird die Forschung im Bereich der erneuerbaren Energien bisher besonders von diesen rechtlichen Aspekten (z. B. die Untersuchung nationaler Förderinstrumente wie dem EEG (z. B. Hohmeyer 2002; Dagger 2009), aber auch von technischen (z. B. Kaltschmitt, Streicher et al. 2005) und zunehmend wirtschaftlichen Aspekten (z. B. Krewitt und Schlomann 2006) beherrscht.
Sozialwissenschaftliche Studien beschäftigen sich vor allem mit der Analyse vom Ausbau der erneuerbaren Energien auf nationaler Ebene.
Jänicke, Kunig et al. (1999) sehen als entscheidenden Faktor für den Erfolg im Bereich der Umweltpolitik – zu dem Bereich zählen sie auch den Ausbau der erneuerbaren Energien – vor allem Eigenschaften von Akteuren, z. B. ihre Stärke, ihr strategisches Geschick und ihre Vernetzung. Daneben rechnen sie auch strukturelle und situative Handlungsbedingungen wie politische, institutionelle, ökonomische und informationell-kognitive Bedingungen zur den Erfolgsfaktoren. Die dritte Gruppe bestimmt den Schwierigkeitsgrad des zu lösenden Problems, etwa Handlungsdruck, Politisierbarkeit des Problems und verfügbare technische Lösungen.
Als weitere Erfolgsbedingungen identifiziert Reiche (2004: 17) für den Ausbau erneuerbarer Energien:
•geographische Faktoren: u. a. Verfügbarkeit heimischer Ressourcen, Sonnen- und Windintensität, Niederschlagsmenge,
•ökonomische Faktoren: u. a. Höhe der Energiepreise (besonders Gas und Öl), Subventionen für fossile Energien und Atom, Internationalisierung externer Kosten,
•politische Faktoren: Ziele und Definitionen, Beschlüsse zur Nutzung von Atomkraft, internationale Verpflichtungen, administrative Zuständigkeiten, ← 4 | 5 → wettbewerbliche Marktstrukturen, Regulierungen (Einspeisevergütungen, Quote etc.),
•technologische Faktoren: Zustand der Netzinfrastruktur, Entwicklungsstand der Technologien im Bereich erneuerbare Energien,
•kognitive Faktoren: öffentliche Meinung zu erneuerbaren Energien, dominierendes Belief-System. In Deutschland werden erneuerbare Energien von einer Mehrzahl der Bevölkerung akzeptiert (siehe Kapitel 2.5).
Im politisch-instrumentellen Bereich hält Reiche den regulativen Kontext auf bundesstaatlicher Ebene ursächlich für den erfolgreichen Ausbau von erneuerbaren Energien (vgl. Reiche 2004: 201 ff.).12 Im deutschen Regulierungssystem sieht er die ambitionierten Zielsetzungen und flexiblen Instrumente im Rahmen eines breiten Policy-Mixes und besonders das EEG als bedeutsam für die erfolgreiche Entwicklung an.13
Details
- Pages
- XIV, 278
- Publication Year
- 2014
- ISBN (PDF)
- 9783653039696
- ISBN (MOBI)
- 9783653990171
- ISBN (ePUB)
- 9783653990188
- ISBN (Softcover)
- 9783631649138
- DOI
- 10.3726/978-3-653-03969-6
- Language
- German
- Publication date
- 2014 (January)
- Keywords
- Erneuerbare Energien regionaler Ausbau Akteurskonstellationen
- Published
- Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. XIV, 278 S., 1 Tab.